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Donnerstag, 2. Sept. 43.     

     Gestern Abend Dr. Krappmann + Frau, wie immer sehr nett. Diese Menschen sind uns doch im Laufe der Zeit sehr gute Freunde geworden.

     Von Dr. Bohner gestern Antwort auf meinen Brief. Höflich, aber sehr nichtssagend. Er geht auf das Betragen seiner Tochter überhaupt nicht ein, – er lehnt es ausdrücklich ab, darauf zu antworten mit der merkwürdigen Begründung, daß Fritz selbständig um Margret gefreit habe u. nur er mit ihm zu verhandeln habe. – Er geht nur auf das Studium seiner Tochter ein u. erklärt, daß er ein solches sehr begrüßen würde, jedoch müsse Fritz die Kosten tragen. Er bestreitet, daß durch ein solches Studium diese Ehe gelockert würde, behauptet vielmehr, daß Margret im Winter hier ohne Beschäftigung sei u. daß Margret schon vor der Heirat gesagt hätte, sie wolle im Winter studieren. Das stimmt aber nicht, vielmehr hat sie mir ausdrücklich erklärt, sie wolle sich im Winter hier mit Unterricht befassen u. im Uebrigen wolle sie viel Lesen. – Er teilt mir mit, er habe Margret geschrieben, daß sie nach hier zurückkehren solle. – Das wird sie ja zunächst bestimmt nicht tun, – wir werden sehen. An Fritz hat er geschrieben, daß M. im Winter eine Beschäftigung braucht. Er schreibt ferner, Fritz habe ihm vor der Heirat gesagt, daß er Margret einen monatlichen Unterhalt von 200, – Rm. zusichere u. daß dieses Geld den Unterhalt während des Studiums reichlich decken würde. Ich weiß nicht, ob Fritz, der ja manchmal gern angibt u. sich aufspielt, dergleichen gesagt hat, doch kann ich mir das nicht gut denken, vor allem nicht in der Form, wie Dr. B. das aufzufassen scheint, daß M. von Fritz sozusagen ein Taschengeld von 200, – Rm. bekäme. Er kann damit doch höchstens gemeint haben, daß er alles in allem an Unterhalt Miete, Kleidung, Taschengeld usw. diesen Betrag aufwenden könne, – u. zwar wird er das wohl als Antwort auf die Frage des Vaters über die Sicherstellung seiner Tochter gesagt haben. – Diesen Brief werde ich jedenfalls nicht beantworten, denn am Schluß wiederholt Dr. B. nochmals, daß für ihn alles über Fritz gehen müsse.

Montag, 6. Sept. 1943.     

     Von Klaus Wegscheider Nachricht, daß seine Wohnung u. Praxis in der Innsbruckerstraße in Bln. total ausgebrannt ist. Er war einige Tage deshalb in Bln. Inzwischen ist ein neuer Angriff erfolgt, bei dem in 20 Minuten 1 Million Kilo Bomben abgeworfen worden sind. Es soll diesmal der Nordwesten drangewesen sein. Der Angriff soll weit stärker gewesen sein als der vorige, von dem wir jetzt erst langsam Einzelheiten hören. Von Lankwitz soll überhaupt kaum etwas übrig geblieben sein. – Inzwischen sind die Engländer in Calabrien gelandet, gegenüber Messina. Der Widerstand der Italiener scheint sehr schwach gewesen zu sein, sodaß man mit einem raschen Vormarsch u. wahrscheinlich weiteren Landungen an anderen Punkten rechnen kann. In Italien werden nun die Facistenführer verhaftet u. es ist wohl anzunehmen, daß Badoglio Frieden machen wird. Nach allem, was man hört, konzentrieren wir unsere Streitkräfte in Norditalien, wo am Po wohl eine Verteidigung versucht werden wird, falls die Italiener das nicht selbst verhindern. – In Dänemark u. Schweden nimmt die Deutschfeindlichkeit zu, die Russen machen Fortschritte, obgleich unsere Armeen sich sehr hartnäckig verteidigen. Es sollte mich nicht wundern, wenn die Engländer jetzt bald eine Landung in Dänemark versuchen, um die Ostsee zu öffnen. Der Weg nach Berlin liegt von dort her offen. –

     Gestern wieder sehr schöne Sonntagsandacht mit Ansprache über das Evangelium. Frau Monheim, Schw. Maria u. der alte Herr Heimann mit seiner Tochter. – Heute wieder Religionsunterricht, die Kinder sind sehr begeistert, es ist ein kathol. Junge dazugekommen, Jup Bierwirt. Mir macht es großen Spaß.

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Hans Brass: TBHB 1943-09-02. , 1943, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-09-02_001.jpg&oldid=- (Version vom 20.5.2024)