Seite:Quantz Versuch Flöte 1752 Seite 295.jpg

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Tuttisätze müssen kurz gefasset seyn. 6) Die Abwechselungen der concertirenden Instrumente müssen dergestalt eingetheilet seyn, daß nicht eines zu viel, und das andere zu wenig gehöret werde. 7) Dann und wann muß nach einem Trio, ein kurzes Solo, von einem und dem andern Instrumente, mit eingeflochten werden. 8) Vor dem Schlusse müssen die Instrumente eine kurze Wiederholung dessen, so sie Anfangs gehabt haben, machen, und das letzte Tutti muß 9) mit den erhabensten und prächtigsten Gedanken aus dem ersten Ritornell, sich endigen. Ein solches Concert erfodert ein zahlreiches Accompagnement, einen großen Ort, eine ernsthafte Ausführung, und eine mäßige Geschwindigkeit.

32. §.

Der Concerte mit einem concertirenden Instrumente, oder der sogenannten Kammerconcerte, giebt es gleichfalls zwo Gattungen. Einige verlangen, so wie das Concerto grosso, ein starkes, die andern aber ein schwaches Accompagnement. Wird solches nicht beobachtet, so thut weder eins noch das andere seine gehörige Wirkung. Aus dem ersten Ritornell kann man abnehmen, von was für einer Gattung das Concert sey. Alles was ernsthaft, prächtig, und mehr harmonisch als melodisch gesetzet, auch mit vielem Unison untermischet ist; wobey die Harmonie sich nicht zu Achttheilen oder Viertheilen, sondern zu halben oder ganzen Tacten verändert; dessen Accompagnement muß stark besetzet werden. Was aber aus einer flüchtigen, scherzhaften, lustigen oder singenden Melodie besteht, und geschwinde Veränderungen der Harmonie machet; thut mit einem schwach besetzeten Accompagnement bessere Wirkung, als mit einem starken.

33. §.

Ein ernsthaftes, oder für das Große gesetzetes einfaches Concert verlanget im ersten Satze: 1) ein prächtiges und mit allen Stimmen wohl ausgearbeitetes Ritornell; 2) einen gefälligen und begreiflichen Gesang; 3) richtige Imitationen. 4) Die besten Gedanken des Ritornells können zergliedert, und unter oder zwischen die Solo vermischet werden. 5) die Grundstimme muß wohlklingend, und baßmäßig seyn. 6) Man mache nicht mehr Mittelstimmen, als es die Hauptstimme erlaubet: denn es thut oftmals bessere Wirkung, wenn man die Hauptstimmen verdoppelt; als wenn man die Mittelstimmen hinein zwingt. 7) Die Bewegungen der Grundstimme und der Mittelstimmen dürfen die Hauptstimme, weder an ihrer Lebhaftigkeit verhindern,

Empfohlene Zitierweise:
Johann Joachim Quantz: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Johann Friedrich Voß, Berlin 1752, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Quantz_Versuch_Fl%C3%B6te_1752_Seite_295.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)