Seite:Raisonirendes Journal vom deutschen Theater zu Hamburg (1801) Seite 119.jpg

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lang in Ostindien gelebt – unter dieser Voraussetzung, und daß er indeßen für die iezigen Sitten seiner Vaterstadt ganz Fremdling geworden war, ließen sich der Ton, und die Manieren, in welchen Herr Löhrs deßen Rolle Heute spielte, allenfalls rechtfertigen; angezogen aber hätte Herr Löhrs, wenn nicht moderner, doch netter seyn sollen – solche Unterkleider, solche Stiefeln, wie er, trägt gewiß auch in Ostindien kein Mann von Distinction, und Vermögen.

Den ältern Neffen des Obersten, den Jacob von Dehnholm spielte Herr Herzfeld fehlerfrey, aber bey Weitem nicht mit der Energie, die er sonst in seine Rollen zu legen pflegt. Statt heuchlerischer Geschmeidigkeit characterisirte er die heutige mit einer Art von Pedanterie, die, nach meinem Gefühle, zur dichterischen Vorzeichnung nicht paßend genug ist.

In dem Carl von Dehnholm producirte Herr Bethmann, aus Berlin, seine zweyte Gastrolle auf Hamburgs deutscher Bühne. Wer den Jüngling von Erziehung, ausgebildeten Sitten, brausendem Temperamente, und unverdorbenem Herzen, leichsinnig durchs Erdenleben im Strohme moderner Zerstreuungen, ohne Hinsicht auf ein Ufer zum Landen, fortschwimmen sehen will, der halte sich an Das, was Herr Bethmann Heute auf der Bühne im Einzelnen, oder im Ganzen, vortrug, und er wird gewiß ein Tableau beobachten, deßen großen Werth seine Aehnlichkeit mit der Natur bestimmt – Wer diese Prüfung anstellt, wer diesen Werth erkennet, zolle dem iungen Künstler verdienten Beyfall! –