Ältere Geschichte des Steinkohlen-Bergbaues und der Eisen- und Stahl-Erzeugung in der Grafschaft Mark

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Autor: Friedrich Harkort
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Titel: Ältere Geschichte des Steinkohlen-Bergbaues und der Eisen- und Stahl-Erzeugung in der Grafschaft Mark
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Erscheinungsdatum: 1855
Verlag: Gustav Butz
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Erscheinungsort: Hagen
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Ältere Geschichte

des

Steinkohlen-Bergbaues

und der

Eisen- und Stahl-Erzeugung

in der

Grafschaft Mark.

Von

Friedrich Harkort.

___________________________________________

Herausgegeben durch den technischen Verein.
___________________________________________

Motto:Johannes Müller.
„Wer Eisen hat, gebietet über Gold!“0
Johannes Müller.




Hagen, 1855.

Druck und Commissions-Verlag von Gustav Butz.

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Vorwort.

Der Zweck des technischen Vereins ist nicht allein den lebendigen Austausch der Ideen und Erfahrungen unter seinen Mitgliedern zu befördern, sondern auch, wie es seiner praktischen Richtung angemessen erscheint, solche in weiteren Kreisen zu verbreiten. Aus diesen Gründen sollen seine Verhandlungen theilweise in zwanglosen Heften und nach Materien gesondert, zum Druck befördert werden, in so fern das Publikum dem ersten Versuche seine Unterstützung leiht.

Hagen und Dortmund, im December 1854.
Der Vorstand des technischen Vereins. 


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Ältere Geschichte des Steinkohlen-Bergbaus und der Eisen-
und Stahl-Erzeugung in der Grafschaft Mark.




Motto:Johannes Müller.
„Wer Eisen hat, gebietet über Gold!“0
Johannes Müller.


Die Grundlage der National-Ökonomie ist die Statistik, denn nur durch ihre Hülfe gelangen wir dahin, die Fortschritte, oder Stillstand und Rückschritt der verschiedenen Gewerbe und die relative Wichtigkeit der einzelnen Zweige im Staatshaushalt richtig beurtheilen zu können. Leider ist bis heute in Preußen zu wenig für diese Wissenschaft geschehen; die im Budget bewilligte Summe von 17.877 Thlr. für das statistische und meteorologische Büreau ist durchaus ungenügend, wenn wir damit die Leistungen des kleinen Königreichs Belgien in diesem Fache vergleichen! Die bei uns eingescheuerten officiellen Zahlen sind sehr unzuverläßig und werden es bleiben, so lange nicht in jedem landräthlichen Kreise sich statistische Vereine bilden, welche das reiche Material sammeln und sichten, um damit den Centralpunkt zu unterstützen. Um dahin zu gelangen muß im Volke die Überzeugung wurzeln: daß statistische Angaben nicht mit Steuererhöhungen zusammenhängen! Die Aufgabe unseres Vereins ist die, im eigenen Interesse nicht allein richtige Zahlen zu ermitteln, sondern auch gleichzeitig die daraus gezogenen Resultate zum praktischen Verständniß zu bringen.

Das eiserne Zeitalter ist der Macht der Industrie gewichen; sie ist es, welche der Civilisation und dem friedlichen Fortschritt der Nation die Wege bahnt, und wenn sie durch die blinden Anhänger des Feudalwesens angegriffen und geschmähet wird, so ist es eben die Statistik, welche die| schlagenden Waffen zur Vertheidigung liefert. Beispielsweise begegne ich hier einigen dieser Anklagen im Namen der westlichen Provinzen, welche den eigentlichen Heerd des preußischen Gewerbfleißes bilden. Da heißt es: die Industrie übt einen verderblichen Einfluß auf die Gesundheit der Bevölkerung! Nehmen wir dagegen die Tabellen der Sterblichkeit im Jahre 1849 zur Hand, so findet sich das Sachverhältniß: im Westen auf 40 Lebende 1 Gestorbenen, der Osten auf 311/2 : 1 Todten. Dadurch ist der Beweis geführt, daß mit der Dichtigkeit der Bevölkerung die Gesundheitspflege und die Lebensdauer steigen.

Das Proletariat soll sich in den industriellen Landestheilen in erschreckender Weise vermehren! Die Zahlen beweisen das Gegentheil.

Nach Dieterici beläuft sich die Zahl der Unterstützungsbedürftigen in Pommern und Brandenburg auf 31/2% der Bevölkerung und die verwendeten Mittel steigen bis zu 12 Thaler pro Kopf. Rheinland und Westphalen zählen ebenfalls nur 31/2% und der Kostenaufwand erreicht nicht 5 Thaler pro Kopf, obgleich die Lebensmittel durchschnittlich theurer sind und dem Ackerbau, durch die größere Zahl der Abnehmer, ein ungleich größerer Markt des Absatzes eröffnet wird. Allerdings entsteht leichter Theurung und es wäre sehr zu wünschen, daß genaue und rasche Ärndteberichte der Speculation zeitig den Ausfall anzeigten, um die Zufuhren zu vermehren.

Weiter wird gesagt: daß die Fabriken nachtheilig auf den Volksunterricht einwirkten. Auch diese Anklage bestreiten wir. In Westphalen fehlen 3% der schulpflichtigen Kinder in den Schulen, dagegen in Berlin 5% und im Osten steigt die Zahl bis 9%. Diese Provinz zählt in 13 Kreisen 32 Fortbildungsschulen mit fast 2000 Schülern, ein Resultat, welchem im Osten kein ähnliches Beispiel gegenüber zu stellen ist.

Auch in Betreff der Fürsorge für die Zukunft stehen Rheinland und Westphalen in Preußen auf ehrenvoller Stelle; nur 1/4 der Gesammtbevölkerung bildend, besitzen sie 1/3 des in die Sparkassen eingelegten Kapitals. Die Regierungsbezirke Aachen und Arnsberg sind am höchsten betheiligt. –

Dessenohngeachtet bleibt in diesem Felde noch viel zu thun übrig und muß auch hier die Furcht beseitigt werden, daß die Steuern mit den Einlagen wachsen dürften. Vor allen Dingen gilt es den Fabrikarbeitern die Vortheile klar zu machen, welche ihnen der Beitritt zu Associationen der wechselseitigen Unterstützungen aller Art, gewähren. In England ist bereits die Hälfte der männlichen Bevölkerung über 20 Jahre| solchen Gesellschaften beigetreten. „Hilf dir selber so wird Gott helfen,“ dieser Grundsatz kann nicht zu oft nach allen Seiten hin zur praktischen Anwendung empfohlen werden.




Während die Geschichte ihre Jahrbücher mit den Drangsalen und dem Blut der Völker füllte, ist sie an der friedlichen Entwicklung des Handels, und namentlich der Gewerbe, stiefmütterlich vorüber gegangen. Die Lücken der Vergangenheit können wir nicht mehr ausfüllen, allein es ist um so mehr unsere Pflicht, der Gegenwart volle Rechnung zu tragen; jeder an seinem Orte, so auch unser Verein. – Die Arbeit bedarf des Materials und um so naturwüchsiger nennen wir eine Industrie, wenn der heimische Boden ihr solches reichlich darbietet.

Steinkohlen und Eisen sind in unseren Tagen die mächtigsten Hebel der Industrie und da die Natur Rheinland und Westphalen vorzugsweise mit diesen Schätzen beschenkt hat, so braucht man eben kein Prophet zu sein, um vorauszusehen, daß sie in wenigen Decennien den ganzen deutschen Gewerbfleiß überragen werden. Die Wichtigkeit der Steinkohlen trat mit der Abnahme des Holzes stets mehr in den Vordergrund; 1201 wurden sie bereits in Belgien verwendet. In England war schon 1305, unter Eduard III., von diesem Mineral in öffentlichen Urkunden die Rede. Älter sind die deutschen Nachrichten; 1129 bestätigte Kaiser Lothar der II. der Stadt Duisburg das Recht der Steinkohlengewinnung. Die Annalen der Stadt Essen erwähnen 1317 dieses Minerals, allein bis zur Einführung der Controle von Seiten des Staats sind die statistischen Nachrichten durchaus unzulänglich; im 17. Jahrhundert fand Bergbau bei Hörde statt. Das Aufblühen des westphälischen Bergbaus hängt eng mit der Schiffbarmachung des Ruhrstroms zusammen. 1769 weckte Engels in Werden diese Idee beim Abte von Werden, während gleichzeitig der Lehrer Müser in Blankenstein die Anlage der Galenschen Kohlenstraße aus dem Revier Stiepel zur Lippe ins Leben rief, um den Absatz nach Holland zu befördern. 1780 nahm der unvergeßliche von Heinitz, Minister Friedrichs des Großen, die vollständige Schiffbarmachung der Ruhr, von Hardenstein bei Witten bis Ruhrort, in die Hand und leitete so den großartigen Verkehr ein, welcher sich in unsern Tagen auf diesem Strome bewegt. Das Unternehmen trug den Character eines rein provinziellen; die Abgaben wurden zur Unterhaltung der Strombauten und Verbesserungen verwendet, der Überschuß| sollte ein Reserve-Kapital bilden, dessen Zinsen einst die Ermäßigung oder Erlassung der Abgaben erlaubten. Diese Erwartung ist theilweise in Erfüllung gegangen.

Das angesammelte Kapital beträgt weit über eine halbe Million Thaler und ist, gegen sehr billige Zinsen, zur Anlage des Duisburger Kanals, des Hafens in Ruhrort u. s. w. verwendet. Die Zinsen ertragen jährlich 24.000 Thlr. und die Schifffahrtsabgaben von 1852 84.600 Thlr., während die Unterhaltung nur 80.000 Thlr. in Anspruch nimmt.

Im Jahre 1832 belief sich der Verkehr auf 81/2 Million Scheffel, während 1852 fast 14 Millionen Centner verschifft wurden, außerdem beförderte die Prinz-Wilhelm-Eisenbahn über 2 Millionen Scheffel aus dem Stromrevier.

Vielleicht wären so günstige Resultate nie erreicht worden, wenn nicht der selige Oberpräsident von Vincke sich der Ruhrschifffahrt, während der langen Dauer seines amtlichen Wirkens, unermüdlich angenommen hätte!

Als ausgezeichneter Strombaumeister bewährte sich der Herr Baurath Nobiling[WS 1].

Der stets wachsende Absatz der Steinkohlen-Gruben ging, gleichzeitig mit den Verschiffungen auf der Ruhr, aus dem Verbrauch der mannigfaltigen Fabriken hervor.

     1787 waren 1023 Bergarbeiter in der Mark beschäftigt
     1852 waren8216 Bergrbeiter .. dr Mrk beschftigt

1787 betrug die jährliche Steinkohlengewinnung 1.769.000 Scheffel.

1821 förderte die Grafschaft Mark 04.500.000 Scheffel
181 förerte Essen und Werden 03.250.000 Schffel
07.750.000 Scheffel.
1830 förderte die Grafschaft Mark 06.000.000 Scheffel
181 förerte Essen und Werden 05.000.000 Schffel
11.000.000 Scheffel.
1836 förderte die Grafschaft Mark 08.000.000 Scheffel
181 förerte Essen und Werden 06.000.000 Schffel
14.000.000 Scheffel.
1852 förderte die Grafschaft Mark 19.500.000 Scheffel
181 förerte Essen und Werden 18.000.000 Schffel
37.500.000 Scheffel.
| also seit 1836 bis 1852 in 16 Jahren 231/2 Millionen Scheffel oder jährlich 11/2 Mill. Scheffel Zuwachs!

Der Grund dieser außerordentlichen Vermehrung liegt in Verbreitung der Dampfmaschinen, Coaks-Verbrauch der Eisenbahnen und dem Entstehen der großen Eisenwerke.

Die sämmtliche Steinkohlengewinnung Preußens mag 1851 90 Millionen Scheffel betragen haben; unsere Bergamtsbezirke Essen und Bochum lieferten also fast die Hälfte! Es ist berechnet worden, daß die Kohlenlager derselben noch auf 5000 Jahre hinaus, bei einer solchen Förderung, aushalten werden, allein es fehlt der Maaßstab der Progression des Mehrverbrauchs; z. B. verbrauchte Paris

1820 0.500.000 Hectoliter Steinkohlen und
1852 3.800.000 Hectliter Steikohlen

Wir folgern daraus die Unschädlichkeit der belgischen Concurrenz, welche sich mehr und mehr dem französischen Markte zuwenden wird. Seit 1837 stieg der Werth der Preußischen Bergbau-Producte von 23 Millionen Thaler auf 44 Millionen und wir dürfen einer außergewöhnlichen Steigerung in Westphalen entgegen sehen, welche die Auffindung so beträchtlicher Lager von Eisensteinen im Kohlenreviere herbei führen muß. Unter so günstigen Aussichten wird unausbleiblich der Werth des Grubeneigenthums steigen und ist hier der Speculation ein weites sicheres Feld eröffnet. Was den technischen Betrieb des Steinkohlen-Bergbaus anbetrifft, so mag hier noch die Bemerkung statt finden: daß es gilt größere Massen an einem Punkte zu Tage zu schaffen. England ist in dieser Beziehung weiter!

Gehen wir zum Eisenhüttenwesen über, so findet man nicht so glänzende Resultate. Die Geschichte schweigt über die Eisenschlacken, welche bis auf die Höhen unserer Berge zerstreut liegen, sie scheinen einer Zeit anzugehören, in welcher das Roheisen noch nicht in flüssiger Form dargestellt wurde; bei kleinen Handgebläsen wurde wahrscheinlich die Luppe direct aus dem Erze gewonnen. Im 13. Jahrhundert behielt sich der Graf v. d. Mark 1/2 des Eisensteins in der giegener Mark vor; 1334 wurden bereits viele Holzkohlen im Süderlande geschwält.

Unsere Eisenindustrie ist einst auf waldigen Gebirgsrücken geboren worden; dann hat sie sich, niedersteigend, an den Bächen, später an kleinen Flüssen und in neuerer Zeit, durch Hülfe der gesammelten Intelligenz und Kapitalien, an den Strömen Lenne, Ruhr und Lippe angesiedelt. In unseren Tagen, unabhängig von der Wasserkraft, unterstützt| durch die gewaltige Macht des Dampfes, ragen ihre Essen in der Ebene, inmitten der dichtesten Bevölkerung! Zeugen ihrer reißend schnellen Entwickelung, vermögen wir nicht, das Endziel auch nur annähernd zu bestimmen!

Den Namen Ozamund (Osamund) finden wir in den Tagen des Hansabundes in den alten flandrischen Zollrollen. Die Anfertigung geschah schon im 15. Jahrhundert bei Kierspe und Halver; bis zum 18. Jahrhundert stieg das jährliche Quantum auf 3 Millionen Pfund.

Im 14. und 15. Jahrhundert erschienen die siegenschen Kurbriefe, allein in der Grafschaft Mark, wo Iserlohn wahrscheinlich seinen Namen nach der Eisengewinnung trägt, sind wir arm an Nachrichten aus älterer Zeit; eben so Essen und Werden. Stahl wurde wohl zuerst bei Plettenberg geschmiedet. 1615 brachte Hermann Schmöle die Fabrikation des Kratzendraths nach Iserlohn. Grober Drath wurde schon 1534 in Altena in Menge gefertigt. 1661 führte der große Churfürst die ersten Klingenschmiede nach Eilpe. 1687 wanderte die Sensenfabrik von Cronenberg ein.

Die Fabrikation der blauen Sensen (steyrischen) brachte Gottfried Hallbach nach Remscheid und später J. H. Elbers nach Hagen. Braunstahl verfertigten zuerst im 18. Jahrhundert die Gebrüder Busch in Remscheid; Gußstahl Krupp in Essen und Lohmann in Witten.

Die ersten gründlichen statistischen Nachrichten über die Stahl- und Eisen-Industrie zwischen Lahn und Lippe verdanken wir dem verstorbenen Kriegs-Rath und Fabriken-Kommissarius Eversmann, dessen gründliches, mit einer Karte versehenes Werk, eine Fortsetzung bis in unsere Zeit verdiente. Die auf Eisenguß betriebenen Hochöfen in Sterkrade, Isselburg, Lünen, Warstein und Dülmen, welche durch ihren Poterieguß einen europäischen Ruf erlangt haben, sind erst in neuerer Zeit entstanden. Von einer Production von Maßeln kann kaum die Rede sein, obgleich der Sundwiger Hüttenbetrieb ein höheres Alter in Anspruch nehmen darf. Wir sind in Bezug auf Roheisen leider völlig abhängig von Belgien und England. 1849 wurden 2 Millionen Centner Roheisen eingeführt und 700.000 Centner Stabeisen. Diesem Industriezweige bleibt also noch ein weites Feld des Fortschritts geöffnet.

Von dem inländischen Roheisen-Quantum erzeugte das Siegen’sche ungefähr ein Viertel.

1840 lieferten dort 51 Hochöfen 332.000 Centner, dagegen
1847 liefrten  drt 53 Hochfen  580.000 Center

Allerdings eine Bewegung vorwärts, wozu seiner Zeit der Hütten-Inspector| Zintgraff den Anstoß gab; allein in einem kleinen Maßstabe, wenn wir die riesenhafte schottische Production damit vergleichen. Diese Abhängigkeit vom Auslande ist um so nachtheiliger für die einheimischen Gewerbe, weil die Werkstätten, welche sich mit der Verarbeitung des fremden Materials beschäftigen, durch das Schwanken der Preise so häufig leiden.

So kostete z. B. 1 Tonne Roheisen in Schottland

im
Januar
1852 37
Schilling
Juni
39
Sch
October
54
Sch
December
64
und 76 Schilling

also eine Steigerung um 100 Procent!

Dabei betrug die schottische Roheisenproduction 1852, bei 143 Hochöfen, wovon 113 in Betrieb, 91/2 Millionen Centner!

Davon gingen ins Ausland 223.552 Tonnen
Nach englischen Häfen 210.507 To

Nach Holland wurden verschifft 24.148 Tonnen, wohl meistens nach Rheinland und Westphalen bestimmt.

Nach der Nord- und Ostsee 043.725 Tonnen.
Nch Frankreich 018.000 To
Nch Nordamerika 110,000 To

und diese letzten Ziffern ergeben, daß der Hauptabsatz außerhalb Europa liegt und erklären gleichzeitig die Preissteigerung. In den vereinigten Staaten wächst der Verbrauch rascher als wie die eigene Production, und bei dem gewaltigen Unternehmungsgeiste der anglo-sächsischen Race mag das Verhältniß lange dauernd bleiben.

Auch Schottlands Eisenerzeugung im Großen gehört der neueren Zeit an.

Erst 1819 entdeckte Mushed den Blakband-Eisenstein und 1825 wurde dieses Erz selbstständig verschmolzen und von da an sind in 27 Jahren solche staunenswerthe Resultate erreicht worden, welche zugleich Vorwurf und Sporn zur Nacheiferung für uns sind!

Um eine Einfuhr von 3 Millionen Centner Roh- und Stabeisen zu decken, würden ungefähr 40 schottische Hochöfen erforderlich sein, welche täglich 25.000 Scheffel Steinkohlen verbrauchten, einschließlich der 1.000.000 Centner Stabeisen etc., deren Darstellung 2.000.000 Scheffel erfordert, jährlich 9.500.000 Scheffel, gleich 1/4 der ganzen Förderung unserer Reviere! –

Auch in den Steinkohlengebirgen der Ruhr ist der Blakband in| großen Massen vorhanden und die Geschichte wird unserer Büreaukratie eben kein großes Lob des Scharfsinns zollen, daß wir 30 Jahre später als wie Schottland den vor Augen liegenden Schatz entdeckten! Um so rascher muß jetzt der Angriff erfolgen. Der Handelsvertrag mit Österreich sichert auf 12 Jahre hinaus einen Schutzzoll von mindestens 5 Sgr. pro Centner und öffnet sich hier dem Unternehmungsgeiste ein Betriebsfeld, welches eine großartige Neugestaltung unserer Eisenindustrie hervorbringen wird! –

Unsern Technikern ist hier eine Gelegenheit gegeben, das Verfahren des Auslandes den hiesigen Verhältnissen anzupassen und weiter auszubilden. Dazu rechnen wir billige Gewinnung der Eisensteine, Bau der Hochöfen in Eisen; Waschanstalten für die zu Coaks bestimmten Kohlen; Vercoakung der mageren Kohlen in geeigneten Öfen; Benutzung der Gase für die Kesselfeuerung; Gewinnung des Ammoniaks u. s. w. Gute Coaksbereitung und vorsichtige Röstung der Erze bleiben Haupterfordernisse.

Auch die unmittelbare Verbindung der Hochöfen mit den Raffinirfeuern wäre nicht außer Acht zu lassen.

In die Hände der Civilingenieure und Chemiker ist die fernere Entwickelung der Gewerbe unserer Provinz gelegt und wünschen wir von Herzen, daß sie durch treues Zusammenhalten einen Brennpunkt bilden mögen zur Förderung der eigenen Intelligenz und zur Belehrung des Landes. Kein Gewerbe steht heute einzeln da, sondern eins stützt sich auf das andere und die Folgen des Fortschritts oder des Zurückbleibens Einzelner ist Vortheil oder Nachtheil für Alle!

Im Regierungs-Bezirk Gumbinnen beschäftigen sich 63 % der Bevölkerung mit dem Ackerbau, dagegen im Regierungs-Bezirk Arnsberg nur 26 % und es wird nicht schwer zu entscheiden sein, wohin das Gewicht der größeren Wohlhabenheit und Intelligenz fällt.

Daß Landbau und Industrie Hand in Hand gehen und sich nicht feindselig gegenüber stehen dürfen, wird auch in den östlichen Provinzen des Staats immer mehr zur Anerkennung kommen.

Aufgabe unserer Abtheilung für Statistik wird es sein, die Resultate dieser erfreulichen Wechselwirkung durch Zahlen näher zu begründen.





Anmerkungen (Wikisource)

  1. Eduard Adolph Nobiling (1801–1882), siehe auch w:Wasser- und Schifffahrtsdirektion West