ADB:Rahl, Karl

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Rahl, Karl Heinrich“ von Franz Vallentin (Kunsthistoriker) in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 189–190, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rahl,_Karl&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 11:47 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Raders, Ludwig
Band 53 (1907), S. 189–190 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Carl Heinrich Rahl in der Wikipedia
Carl Heinrich Rahl in Wikidata
GND-Nummer 116324562
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|53|189|190|Rahl, Karl Heinrich|Franz Vallentin (Kunsthistoriker)|ADB:Rahl, Karl}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116324562}}    

Rahl: Karl Heinrich R., Kupferstecher, geboren am 11. Juli 1779 in Hofen bei Heidelberg, † am 12. August 1843 in Wien. Seine Ausbildung begann er als rein technischer Lehrling bei einem Silberarbeiter, in dessen Werkstatt sein Vater, ein Kattundrucker, ihn gegeben hatte. Die Gelegenheit zu zeichnen und zu graviren, die er hier fand, brachten ihn zum Bewußtsein seiner künstlerischen Neigungen, und so versuchte er sich bereits in kleinen radirten Landschaften. Sich ganz der Kunst hinzugeben verboten ihm seine beschränkten Mittel. Jedoch vergrößerte sich sein Gesichtskreis, als er in Heilbronn an dem dortigen Industrie-Comptoir angestellt wurde, für das er namentlich Karten, Pläne und Vignetten arbeitete, auch schon Aufträge erhielt wie das Porträt Wieland’s für einen Almanach Lang’s und das Porträt Ammon’s zu stechen. In dieser Zeit übte er sich vornehmlich in der Punktirmanier. Die kleinen Verhältnisse in Heilbronn genügten seinem Streben bald nicht mehr. Es trieb ihn hinaus in weniger enge, kunstbewegte Kreise, die ihm mehr Nahrung zur Weiterbildung seiner noch unsicheren und unfertigen Fähigkeiten geben konnten. Er setzte es 1799 durch, nach Wien überzusiedeln, das fortan sein ständiger Wohnsitz bis zu seinem Tode blieb. Anfangs mußte er auch hier durch mehr handwerkliche Arbeit sein Brot zu verdienen suchen, die ihn aber doch nie aus der manuellen und technischen Uebung, deren er noch bedurfte, kommen ließen. Seine Beschäftigung bestand damals namentlich in Schriftstechen und Arbeiten in Punktirmanier, in der er einige diesmal schon geschicktere Bildnisse lieferte. Indem er sich nun von der Punktirmanier mit ernstlichem Fleiß ganz der Radirung und dem Stich zuwandte, gelang es ihm, sich allmählich in immer größeren Kreisen einen Namen zu machen, der ihn dem Milieu, dem er entstammte, völlig enthob und ihm nach und nach ein unbestrittenes Ansehen in seiner Zeit verschaffte und sicherte. Einer besonderen Erfindungsgabe wie auch einer hervorragenden eigenartigen Persönlichkeit oder technischen Ausdrucksform entbehrend, bot er dafür in seinem schlichten Ernst und Fleiß ein Aequivalent, das seine Zeit, der es schon lange gerade an reproducirenden Stechern seiner Art mangelte, wohl zu schätzen wußte. 1815 wurde er Mitglied der k. k. Akademie der Künste in Wien, erhielt 1829 den Titel eines Kammerkupferstechers. In den Jahren 1816–42 enthielten die Jahresausstellungen der Akademie der bildenden Künste eine reichliche Anzahl seiner Werke, die das Publicum mit ihm bekannt machten und ihm bei der damaligen Kritik höchst lobende Beurtheilungen eintrugen. Nach vierjähriger Bewerbung um eine Professur an der Akademie erhielt er sie endlich 1840, worauf 1842 die ehrende Ernennung zum Professor in Florenz folgte. Nicht lange konnte er, der sich aus kleinen Verhältnissen durch eine außerordentliche Energie emporgearbeitet hatte, die Früchte seiner mühevollen Laufbahn genießen. Denn schon ein Jahr nach dieser letzten Ehrung ereilte ihn er Tod.

Abgesehen von einigen unscheinbaren Abstechern in das Gebiet der Malerei und einigen nicht gerade erfindungsreichen aber sauber gearbeiteten gestochenen und radirten eigenen Compositionen lag seine Bedeutung für seine Zeit [190] namentlich in der graphischen Reproduction classischer und zeitgenössischer Meister. Das Bedürfniß seiner Zeit nach einer Kraft wie der seinigen beweisen die vielen Lobeserhebungen, die man ihm zu Theil werden ließ. Jedoch mit heutigem Auge gesehen fehlt seinem Oeuvre der Reiz einer starken künstlerischen Persönlichkeit, um für sich selbst einen Raum in der Geschichte der Kunst einnehmen zu können, und andererseits ist seine Lebensarbeit als ein für die damalige Zeit durchaus werthvolles kunsthistorisches Sammelwerk durch moderne Reproductionsverfahren überholt. Dennoch flößt es Achtung ein vor der eingehenden Sorgfalt und dem sichtlich ernsten Bemühen, sich in die Vorlagen einzufühlen. Ein schönes Verhältniß zu seinem begabteren Sohn, dem Historienmaler Karl Rahl, dessen erster Lehrer er war, liegt in der liebevollen nachbildenden Hingabe an dessen Compositionen.

K. H. Rahl’s Oeuvre umfaßt mehr als 500 Blätter. Man muß in ihm die Brotarbeiten von den aus eigenem Antrieb und mit Muße gearbeiteten zu unterscheiden wissen und ihnen danach gerecht zu werden suchen. Von den Werken, die namentlich aus Erwerbsnothwendigkeit geschaffen wurden, seien angeführt: 120 Vignetten für Schiller’s und Goethe’s Werke (theatralische Compositionen mit Bühnenphysiognomik), die Buchillustration einer bei Armbruster in Wien erschienenen Ausgabe der Meisterwerke deutscher Dichter und namentlich, im selben Verlag 1818 erschienen, die für ihn selbst nach seiner eigenen Aussage höchst lehrreichen 50 Blätter zu Lichtenberg’s Erklärung der Hogarth’schen Kupferstiche. Zu den am besten gelungenen und sorgfältigsten Blättern, die er mit Vorliebe in großem Folioformat anlegte, gehören folgende: nach Perugino, Madonna mit Kind (Liechtensteingalerie); Fra Bartolomeo, Darstellung im Tempel; Raphael, Heilige Margarethe; Correggio, Madonna mit Kind, hl. Magdalena (Kupfer- und Stahlstich), Heilige Nacht (Dresden); Giorgione, Ecce homo; Guido Reni, Mater dolorosa; Pordenone, hl. Justina; Caracci, Christus und die Samariterin am Brunnen; Domenichino, Die badende Oreade, Anbetung des Christkindes; van Dyck, Christus erscheint der Magdalena im Garten; Poussin, Zwei Landschaften; Peter Krafft, Schlacht bei Aspern; Waldmüller, Das Kind, das gehen lernt, Landmanns Ausgang; Schnorr von Carolsfeld, Die Kinder am Brunnen; Karl Rahl, Der Rütlischwur. Der bisher umfassendste Katalog seines Oeuvres ist in dem ihm gewidmeten Artikel in Wurzbach’s biographischem Lexikon zu finden.

Nagler, Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, Bd. XII). – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Geographie etc. (Wien, XII. Jahrg. 1821, Nr. 129, S. 511; XV. Jahrg. 1824, Nr. 29 u. 30, S. 179, Nr. 105 u. 106). – Kunst-Blatt (Stuttgart 1821, S. 279). – Die Nekrologe der typograph. Zeitschrift „Faust“ (Wien 1854, Nr. 8), der Sonntagsblätter (Wien 1843, II. Jahrg., S. 819 u. 840). – Wurzbach, Biographisches Lexikon für das Kaiserthum Oesterreich (1872, Bd. 24, S. 244).