ADB:Ribbeck, Konrad Gottlieb

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Artikel „Ribbeck, Konrad Gottlieb“ von Julius August Wagenmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 802–804, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ribbeck,_Konrad_Gottlieb&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 05:49 Uhr UTC)
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Ribbeck *): Konrad Gottlieb R., protestantischer Theolog, Prediger und Kirchenmann des 18–19. Jahrhunderts, geboren am 21. März 1759 zu Stolpe in Hinterpommern, † am 28. Juni 1826 in Berlin. – Er war der Sohn eines Predigers an der altstädtischen Kirche zu Stolpe, erhielt seine Vorbildung auf der Stadtschule seiner Vaterstadt und bezog im 17. Lebensjahre die Universität Halle, wo er 1776–79 bei beschränkten Mitteln mit großem Eifer dem Studium der Theologie unter der Leitung von J. S. Semler, J. A. Nösselt und G. Chr. Knapp sich widmete. Wie die meisten seiner theologischen Lehrer und Studiengenossen wandte auch R. der herrschenden Richtung der Aufklärung und des theologischen Rationalismus sich zu. Doch „verdankt er es der frühe befestigten Frömmigkeit seines Gemüths und dem Ernst seines Studiums, daß diese Richtung bei ihm der Tiefe und Innigkeit seines Glaubens keinen Eintrag that“. Nach Beendigung seiner Studien wurde er 1779 Lehrer beim Cadettencorps in Stolpe, 1780 aber Prediger zu Wilsleben und Winningen im Halberstädtischen, wo er sechs Jahre lange unter freundlichen Verhältnissen und mit segensreichem Erfolg wirkte. 1780 war er in die Ehe getreten mit Joh. Wilhelmine geb. Haken, Tochter des Hauptpastors in Stolpe. Einen neuen, noch größern Wirkungskreis fand R. 1786–1805 in Magdeburg als Pastor an der Heiligen Geistkirche, wo er neben seinem ausgedehnten und anstrengenden Prediger- und Seelsorgerberuf auch litterarisch sich vortheilhaft bekannt machte durch Herausgabe zahlreicher einzelner Predigten und Predigtsammlungen (Magdeburg 1789–94, 3 Bände; 1796–1804, 6 Bände), sowie durch seine Mitarbeit bei der Herausgabe des Magdeburgischen Gesangbuchs (1805). Seine bewährte Geschäftstüchtigkeit auf dem Gebiete des Kirchen- und Schulwesens veranlaßte 1800 seine Ernennung zum königlichen Consistorialrath, 1805 aber seine Berufung nach Berlin an die Stelle Spalding’s und Zöllner’s als Propst und Prediger an der Nicolai- und Marienkirche und als königl. Oberconsistorialrath, [803] – eine Stellung, die um so arbeitsvoller war, da zu derselben auch die Aufsicht über bedeutende Stiftungen und die Ertheilung des Religionsunterrichts am Berliner Gymnasium gehörte. In diesem ehrenvollen und einflußreichen Amte, mitten in einer denkwürdigen, zum Theil stürmisch bewegten Zeit, in den Jahren des Falls und der Auferstehung Preußens, als beliebter und geachteter Prediger und Seelsorger der hauptstädtischen Gemeinde, als Beichtvater der Königin Luise und anderer Glieder des königlichen Hauses, als Rathgeber des Königs im obersten Kirchenregiment, als Mitglied verschiedener zur Verbesserung des Kirchenwesens berufenen Commissionen, insbesondere der 1814 von König Friedrich Wilhelm III. ernannten sog. liturgischen Commission, als glücklicher Familienvater und treuer Freund seiner Freunde und Collegen, war es ihm bei seiner überaus rüstigen Gesundheit und unermüdlichen Arbeitskraft vergönnt, noch über 20 Jahre im Frieden und Segen zu wirken, bis ihn im 67. Lebensjahre nach kurzer Krankheit ein sanfter Tod abrief. Sein König hatte ihn durch die Verleihung hoher Orden und Titel, die theologische Facultät durch die theologische Doctorwürde geehrt; die Liebe und Verehrung seiner Gemeinde erwarb er sich durch die Würde seines Wesens, die Klarheit seines Geistes, die Milde seines Herzens. Seine überwiegend verstandesmäßigen, lehrhaften und moralisirenden Predigten und Reden, wie seine „Beiträge zur moralisch-religiösen Belehrung und Erbauung“, verfaßt, wie er selbst sagt, „mit Rücksicht auf den Geist und die Bedürfnisse der Zeit und des Orts“, ermangelten doch nicht der inneren Wärme und scheinen bei dem würdevollen Eindruck seiner ganzen Persönlichkeit, seiner kräftigen Stimme, seinem langsamen, feierlichen und tiefbewegenden Vortrag die beabsichtigte Wirkung bei seinen anhänglichen Zuhörern nicht verfehlt zu haben. Ihm und dem mit ihm aufs engste verbundenen Collegen, dem Propst zu St. Petri, G. A. L. Hanstein (s. A. D. B. X, 543 ff.), gebührt, wie ein Zeitgenosse bezeugt, unzweifelhaft der Ruhm, durch ihre Amtstreue, ihre homiletische und seelsorgerliche Begabung, ihre miteinanderwirkende Freundschaft den sehr gesunkenen Sinn der Berliner Bevölkerung für gottesdienstliche Andacht neu belebt zu haben, wie sie denn auch während der Leidenszeit des preußischen Staates dazu beitrugen, die Gemüther aufrecht zu halten und nachher an den beginnenden Erneuerungen der dortigen Religionszustände einen ehrenvollen Theil nahmen. Beide dringen in ihren Predigen in einer reinen gebildeten Sprache, im Tone edler Popularität auf Frömmigkeit und Tugend, auf den Glauben an Gott, Vorsehung, Tugend, ewige Vergeltung, überzeugt, „daß die einfachen Lehren der Vernunftreligion und die ebenso einfachen Lehren des Evangeliums in ihrer ursprünglichen Lauterkeit, Klarheit und Einfalt für jeden denkenden Menschen begreiflich sind, während die dunklen, ihrer Natur nach unbegreiflichen Lehren, die Menschenlehren und Sectenlehren, vom christlichen Volks- und Jugendunterrichte auszuschließen seien“. Beide sind also Repräsentanten und zwar bei ihrer hohen kirchlichen Stellung und ihrer ausgebreiteten litterarischen Thätigkeit auf homiletischen Gebiete hervorragende Repräsentanten jenes gemäßigten, redlichen und wohlmeinenden Rationalismus oder rationalen Supranaturalismus, dem sittlicher Ernst und religiöse Wärme in Bezug auf die allgemeinen Lehren des Christenthums nicht abzusprechen, dem aber das tiefere Verständniß der christlichen Heilswahrheit verschlossen ist – ein Standpunkt, der trotz aller seiner Mängel in jenen Zeiten der fast allgemeinen Entfremdung von Religion und Kirche immerhin als ein Verdienst und als Uebergang zu Besserem bezeichnet werden kann.

Die Titel seiner verschiedenen Schriften, meist einzelner Predigten und Predigtsammlungen (im Ganzen 33 Nummern) siehe bei Meusel, Gel. Teutschland VI, 337; X, 474; bei Hitzig, Gel. Berlin 1825; bei Döring a. a. O. [804] Nachrichten über sein Leben geben die Darmst. Allg. K. Zeitung 1826, Nr. 113; Neuer Nekrolog der Deutschen 1826, I, 382 ff.; Döring, Kanzelredner des 18. u. 19. Jahrh., S. 336 ff. Zur Charakteristik seiner Predigtweise vgl. besonders K. H. Sack, Geschichte der Predigt von Mosheim bis Schleiermacher, S. 226 ff.; Schenk, Geschichte der Kanzelberedsamkeit, S. 246; Stiebritz, Zur Geschichte der Predigt, S. 37 fg.

[802] *) Zu S. 398.