ADB:Böhm, Georg

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Artikel „Böhm, Georg“ von Philipp Spitta in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 62, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:B%C3%B6hm,_Georg&oldid=- (Version vom 19. März 2024, 05:32 Uhr UTC)
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Böhm: Georg B., soll 1661 zu Goldbach in Thüringen geboren sein. Er begab sich zur weiteren Ausbildung seiner bedeutenden musikalischen Talente nach dem Norden und hielt sich eine Weile in Hamburg auf. Seit 1698 war er Organist an der Johanneskirche in Lüneburg und bekleidete dieses Amt bis zu seinem Tode, der nicht vor dem J. 1739 erfolgt zu sein scheint. B. war ein bedeutender Orgel- und Clavierspieler und ein origineller, geistreicher Tonsetzer. Was von seinen Compositionen handschriftlich erhalten ist (veröffentlicht wurde bis jetzt so gut wie nichts), besteht aus drei Claviersuiten – Es-dur, C-moll, A-moll -, einer Ouverture mit Suite, D-dur -, einem Präludium mit Fuge, G-moll - und achtzehn Choralarbeiten, von denen ein großer Theil in Variationenform gehalten ist. Auch als Vocalcomponist war er thätig: man weiß unter anderm von einer Lucas-Passion seiner Arbeit; doch konnte bisher nur ein wenig bedeutendes vierstimmiges Neujahrslied wiederaufgefunden werden. Während der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts bildeten sich in der Kunst, einen Choral auf der Orgel zu behandeln, in Deutschland zwei Hauptrichtungen aus. Die eine, von Johann Pachelbel zuerst mit Entschiedenheit eingeschlagen, gründete sich auf die poetische Seite der Choralmelodie und ihre Bedeutung für die Kirche; sie fand vorzugsweise Pflege in Mitteldeutschland. Für die andere Richtung, deren Repräsentanten die nordländischen Orgelmeister waren, mit Dietrich Buxtehude an der Spitze, überwog die rein musikalische Bedeutung. B. zeigt sich von Pachelbel’s Weise berührt, tiefer erfaßt von derjenigen Buxtehude’s. Doch hat er auch von diesem sich mehr nur die Kunst thematischer Umbildung einer Melodie angeeignet, nicht zugleich auch der polyphonen Durcharbeitung. Ganz sein eigen ist die Art motivischer Zerlegung und Erweiterung einer Tonreihe, durch welche er aus einer Choralmelodie ganz neue, wesentlich homophon verlaufende Stücke schafft. In der Choralvariation zeigt er sich sehr erfinderisch, die Melodie immer neu zu umkleiden; hier, wie überhaupt in seinen Orgelcompositionen, finden sich viele claviermäßige Elemente und der Choral sinkt zur Bedeutung eines beliebigen Liedes herab. In den Claviercompositionen verbindet B. deutsche Tiefe und Sinnigkeit mit französischer Grazie; die Suiten in Es-dur und C-moll gehören zu den vorzüglichsten der Zeit, mögen sie auch den Kuhnau’schen und Krieger’schen an Glätte etwas nachstehen.