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ADB:Gallus (Gründer von St. Gallen)

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Artikel „St. Gallus“ von Gerold Meyer von Knonau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 345–346, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gallus_(Gr%C3%BCnder_von_St._Gallen)&oldid=- (Version vom 21. Dezember 2024, 18:10 Uhr UTC)
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St. Gallus, irischer Mönch und Glaubensbote im 7. Jahrhundert. Ein Schüler und Begleiter des St. Columbanus (s. d. Art.), theilte G. die Schicksale seines Meisters bis 612 oder 613, wo der Lehrer nach Italien zog, während der Jünger am Bodensee zurückblieb. Erst auf dem Wege vom Hofe Theudebert’s II. über Mainz und Zürich nach Bregenz tritt G. nach den Nachrichten seines Biographen selbständiger neben Columbanus hervor. Die von Jonas erzählte und Columban zugeschriebene Störung eines von theilweise früher getauften Alemannen dargebrachten Wodansopfers wird zu einer von G. ausgehenden Zerstörung von heidnischen Heiligthümern ausgeschmückt und die Scene an das obere Ende des Zürichsees nach Tuggen, wo alte Traditionen allerdings auf Columban hinweisen, versetzt. Ebenso soll G. nachher bei der Reinigung einer durch alamannische Götzenbilder entweihten christlichen Kirche in Bregenz das Beste gethan, aber auch die Verfolgung durch den von den Heiden angerufenen [346] Herzog Cunzo von Ueberlingen herbeigeführt haben. Als Columban nach Italien zog, hielt, wie die Vita erzählt, ein Fieberanfall den Schüler G. zurück. Derselbe hielt sich zuerst in Arbon auf, wo die irischen Mönche in dem alten Römerplatz einen christlichen Geistlichen deutschen Namens getroffen hatten, begründete dann aber, 613 oder vielleicht erst 614, eine Einsiedelei im wilden Hochthale der Steinach, welche er bis zu seinem Tode nur noch sehr selten nothgedrungen verließ. Er starb am 16. October in einem nicht zu ermittelnden Jahre (wahrscheinlich etwa 627). Die legendarischen Ausschmückungen der Biographen erlauben blos sehr wenige sichere Angaben über Gallus’ Leben nach Columban’s Weggang. Nur so viel steht fest, daß von einer Thätigkeit desselben als Glaubensbote, als „Apostel Alamanniens“ kaum die Rede sein kann. Denn gerade das bedeutendste Ereigniß in Gallus’ Leben, eine etwa 615 oder 616 zu Constanz abgehaltenen Synode, beweist, wenn dieselbe überhaupt angenommen werden darf, das Ueberflüssige einer weiteren Glaubenspredigt in den Bodenseegegenden, da unter Vorsitz des gleichen kurz vorher noch Columban und G. so feindseligen Cunzo ein Schüler Gallus’, der Diacon Johannes von Grabs im Rheinthal, als Bischof von Constanz gewählt sein soll. Noch ein Jahrhundert bis auf den ersten Abt Otmar (s. d. Art.) blieb die Galluszelle eine von wenigen Brüdern bewohnte Einsiedelei ohne klösterliche Einrichtung im eigentlichen Sinne des Wortes und ohne höhere Bedeutung. Zunächst blieb neben Theodor Maginald, gleich jenem ein Schüler Gallus’, Wächter des Grabes: es ist jener Magnus, dessen Vita, angeblich von Theodor geschrieben, zu den plumpsten historiographischen Fälschungen des Mittelalters gehört (vgl. Rettberg, Kirchengeschichte Deutschlands Bd. II. S. 147–151). Gallus’ Leben beschrieb erst nach Otmar kurz nach 771 ein alamannischer Mönch in St. Gallen, unter Benutzung der Vita Columban’s von Jonas, doch mit dem Bestreben, G. auf Unkosten des Lehrers hervorzuheben, auch in dem Wunsche, St. Gallen schon mit merovingischen Herrschern in Verbindung erscheinen zu lassen; das viele legendarisch-miraculöse Beiwerk erschwert die Ausnützung sehr (Ausgabe vom Entdecker des Originals, J. v. Arx, sammt den angehängten Wundererzählungen des gleichen anonymen Autors in den Monumenta germaniae, Bd. II. S. 5–21; neue Ausgabe mit Commentar von Meyer von Knonau, Mittheilungen des historischen Vereins von St. Gallen, 12. Heft). Ueber G. vgl. neben Rettberg auch Hefele, Geschichte der Einführung des Christenthums im südwestlichen Deutschland, und Friedrich, Kirchengeschichte Deutschlands, Bd. II., sowie Meyer von Knonau, Die alamannischen Denkmäler in der Schweiz (Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich, 19. Bd. 2. Heft); ohne wissenschaftlichen Werth ist Greith, Geschichte der altirischen Kirche.