ADB:Kalide, Theodor

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Artikel „Kalide, Theodor“ von Lionel von Donop in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 22–23, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kalide,_Theodor&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 01:53 Uhr UTC)
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Kalide: Theodor K., namhafter Bildhauer, ist am 8. Februar 1801 zu Königshütte bei Beuthen in Oberschlesien als der Sohn eines Hütteninspectors geboren. Zunächst dem Berufe des Vaters folgend betrieb er seine Vorstudien in der Eisengießerei zu Gleiwitz. Kleine Modelle, in denen er Begabung für plastische Aufgabe kund gab, gewannen Gottfried Schadow’s Theilnahme, der ihn in seiner Werkstatt für die Sculptur auszubilden begann. In Rauch’s Atelier beendete er seine Lehrjahre. Anfänglich vom Einflusse des Meisters beherrscht, verließ er später den strengeren Stil zu Gunsten einer von naturalistischer und malerischer Auffassung getragenen Richtung, welche der künstlerischen Gesinnung der Gegenwart nahe liegt. [23] Talent und Neigung für die Bildung der Thierfigur offenbarte er zunächst durch seinen sterbenden Löwen für das Grabdenkmal Scharnhorst’s auf dem Invalidenkirchhofe zu Berlin und durch zwei colossale ruhende Hirschgestalten. Als populäres Werk Kalide’s ist die in Bronze ausgeführte, im Schloßgarten zu Charlottenburg als Fontäne dienende Gruppe „Der Knabe mit dem Schwan“ hervorzuheben. Die von naiver Frische und Grazie belebte Composition erwarb ihm auf der Ausstellung in London im J. 1851 die Preismedaille und gab Veranlassung zu zahlreichen Nachbildungen. Geringeren Beifall fand die später entstandene Gruppe „Der Knabe kämpfend mit dem Ziegenbock“. Nachdem K. eine große Vase mit Reliefdarstellungen der acht Provinzen Preußens für Friedrich Wilhelm III. modellirt hatte, nahm er einen mehrjährigen Aufenthalt in Italien, wo die Plastik der Renaissance seiner Empfindungsweise wahlverwandter erschien als die Antike. Seine sich steigernde Vorliebe für Energie und Leidenschaft in Form und Bewegung fand ihr Musterbild in Michelangelo’s gewaltigen Werken. Als eine Arbeit von kühner realistischer Composition und Ausführung wird die in Königshütte 1853 aufgestellte Statue des Ministers von Reden in Bergmannskostüm gerühmt. Bald nach der Heimkehr aus Italien um 1848 begann K. auch sein vielfach angefeindetes Hauptwerk: „Die Bachantin auf dem Panther“. Die jugendliche, von feuriger Lust und Weinseligkeit durchglühte Mänade ruht rücklings in keckem Uebermuthe auf den Panther hingestreckt, welcher aus der von ihrer Hand dargebotenen Schale schlürft. Der Modellirung und dem Ausdruck des ungezügelten Lebens, mit dem K. den carrarischen Stein zu beseelen verstand, wird der unbefangene, von der Keuschheit des Marmors zugleich gefesselte Blick des modernen Menschen die richtige Würdigung nicht versagen. Das epochemachende Werk, an einzelnen Bruchstellen von Reinh. Begas ergänzt, hat seit 1878 in der königl. Nationalgallerie zu Berlin eine bleibende Stätte gefunden. Das letzte, doch unbedeutende Werk des Künstlers war eine Madonna mit dem Kinde. K. starb plötzlich am Schlagfluß den 26. August 1863 auf einer Besuchsreise in seiner Heimath. Er war Professor und Mitglied der Akademie der Künste in Berlin.