ADB:Karl Wilhelm Friedrich

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Artikel „Karl Friedrich Wilhelm, Markgraf von Brandenburg zu Ansbach“ von Siegfried Hänle in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 260–263, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Karl_Wilhelm_Friedrich&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 06:07 Uhr UTC)
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Karl Friedrich Wilhelm (aus Versehen getauft Karl Wilhelm Friedrich), Markgraf von Brandenburg zu Ansbach, geb. den 12. Mai 1712, Sohn des Ansbacher Markgrafen Wilhelm Friedrich und seiner Gemahlin Christiana Charlotte, geb. Herzogin zu Württemberg, verheirathete sich am 30. Mai 1729 [261] mit der zweiten Tochter des Königs von Preußen Friedrich Wilhelm I., Friederike Louise, verlor seinen Vater 1721, stand bis 1729 unter der Vormundschaft seiner Mutter, die das Land klug und kräftig regierte und starb am 3. August 1757 zu Gunzenhausen. – Seine Erziehung wurde zwar sorgfältig geleitet, aber Lehrern so verschiedenen Charakters anvertraut, daß vielleicht nicht mit Unrecht hieraus ein nachtheiliger Einfluß auf seinen späteren Charakter gefolgert wird. Er wurde auf dem Waldschlosse Bruckberg, etwa 3 Stunden von Ansbach gelegen, von dem Hofe und der Stadt entfernt gehalten. Unter seinen Lehrern seien hier genannt: der schlesische Dichter Neukirch, Uebersetzer des Telemaque, der pedantische Geheimrath v. Brehmer und die Geistlichen Georgi und Schülin, beides verdienstvolle gelehrte Männer aber schwerlich passende Prinzenerzieher. Nachdem der Prinz von 1725–1728 zu seiner Ausbildung auf Reisen gewesen, insbesondere Berlin, Holland und Paris besucht hatte, feierte er 1729 seine Hochzeit in der preußischen Hauptstadt – das Tagebuch eines seiner Begleiter v. Nostiz über die Vermählungsfeierlichkeiten und Festivitäten ist noch erhalten – und übernahm nach seiner Rückkehr die Regierung des Landes. Noch in demselben Jahre starb seine Mutter. Bei den Ereignissen, welche während seiner Herrschaft Deutschland bewegten, stand Anfangs der Markgraf auf preußischer Seite und es erlangte sein Hof durch seine persönlichen Beziehungen zum preußischen Königshause eine gewisse Wichtigkeit. 1730 war Friedrich Wilhelm I. mit dem Kronprinzen bei seinem Schwiegersohne in Ansbach und Prinz Friedrich soll Willens gewesen sein von hier aus seine geplante Flucht auszuführen, aber bei seinem Schwager nicht die gehörige Unterstützung gefunden haben. Während des österreichischen Erbfolgestreites sah Ansbach und das benachbarte Lustschloß Triesdorf bald den preußischen, bald den baierischen, bald den französischen, bald den österreichischen Gesandten; Karl VII. übernachtete auf seiner Reise nach Frankfurt selbst im markgräflichen Schlosse zu Crailsheim. Französische Truppen zogen durch das Ansbachische und auch der Rückzug des Marschalls von Belle-Isle ging durch dasselbe. Bezüglich Schlesiens war Friedrich II. 1743 selbst in Ansbach, um den Verzicht des markgräflichen Hauses auf Schlesien vom Markgrafen zu erlangen. Ansbachische Hülfstruppen gingen in demselben Jahre nach Preußen ab und im J. 1752 erneuerte K. mit dem großen König und dem Markgrafen von Bayreuth die hohenzollernschen Hausverträge (Pactum Fridericianum). Aber bald darauf erkalteten die Beziehungen zu Preußen. Hieran mochten verschiedene Gründe mitgewirkt haben, einmal das Verhältniß des Markgrafen zu seiner Gemahlin, die er vernachlässigte, dann die Einwirkungen seines Ministers Christoph Ludwig v. Seckendorff, der dem Berliner Hofe persönlich feindlich gesinnt war – ein zweiter Seckendorff aus einer andern Linie, preußisch gesinnt, Christoph Friedrich v. Seckendorff, war Premierminister – endlich einzelne untergeordnete Differenzen. Trotzdem hatte sich der Markgraf beim Beginn des siebenjährigen Krieges für Neutralität entschieden, änderte aber, nachdem der kaiserliche Gesandte Wiedemann in Ansbach mit ihm verhandelt hatte, seinen Entschluß, und gab durch den geheimen Legationsrath Seefried, der vom kaiserlichen Hofe 400 Dukaten erhalten hatte „um sich bei den comitiis decenter produziren zu können“ in Regensburg sein Votum für den Krieg ab. Dem Markgrafen wurde ein jährliches Subsidium von 12 000–15 000 fl. von dem Gesandten zugesichert. Hiermit war eine gänzliche Veränderung in der Stellung der fürstlichen Räthe zu dem Markgrafen verbunden. Vergebens waren die Gegenvorstellungen Preußens. Friedrich II. selbst hatte an den Markgrafen geschrieben und am Ende seines Briefes gesagt: „que le Roy ne souhaitait rien avec plus d’Empressement que de se voir dispenser de temoigner à S. A. son juste ressentiment, mais de lui marquer plutôt les sentiments d’Amitié etc.“ [262] „Le ressentiment“ blieb nicht aus, ein preußisches Freicorps erschien alsbald im Fürstenthume und erhob Brandschatzungen in Schwabach, Cadolzburg, Ammendorf und Fürth. Als in Mögeldorf von den nürnbergischen und ansbachischen Unterthanen Contributionen verlangt wurden und der dortige Amtmann dagegen Wildpret anbot, erwiderte man ihm, das Wildpret worauf man jage, sei die Neutralität. Der Markgraf flüchtete nach Uffenheim, Marktsteft und Würzburg, die Vorstellungen, die ihm von verschiedenen Seiten gemacht wurden, seine Politik zu ändern und denen auch der Erbprinz in einem eigenhändigen Briefe sich angeschlossen hatte, blieben fruchtlos. Nachdem das Freicorps das Land verlassen hatte, kehrte der Markgraf nach Gunzenhausen zurück, wurde aber kurze Zeit darauf von einem Schlaganfalle getroffen und von ihm dahingerafft. – Die bedeutendste Erwerbung während seiner Regierung war die der Reichsgrafschaft Sayn-Altenkirchen, welche ihm als Erben seiner Urgroßmutter, der sächsisch-eisenachischen Prinzessin Eleonore Erdmuthe Louise, der Gemahlin des Markgrafen Johann Friedrich, nach dem Tode des Herzogs von Sachsen-Eisenach, Wilhelm Heinrich, 1741 zufiel. – Die Herrschaft des Markgrafen war nach mannigfachen Richtungen hin, eine nützliche für das Land; er war wahrhaft bestrebt, freilich in seinem Sinne, das Land gut zu regieren, es verging kein Jahr, ohne daß Organisationsveränderungen vorgenommen wurden, Ordnungen und Reglements erschienen (Trennung der Criminalrechtspflege von der Civiljustiz, eine Gerichts- und Proceßordnung, Wechselordnung etc. etc.), die auch zum größten Theile segensreich wirkten. Manche seiner Verordnungen sind bis zur Stunde in Kraft und Geltung. Seine religiöse Gesinnung bewährte sich in dem Neubau vieler Kirchen, seine Toleranz in der Begünstigung der französischen Colonie in Schwabach. Er sah es gerne, wenn industrielle Unternehmungen in seinem Lande aufkamen. Während seiner Regierungszeit entstanden Schulen und Schulbauten, wurde das Gymnasium Carolinum zu Ansbach gestiftet, eine Münz- und Kunstkammer gerichtet, die Schloßbibliothek bereichert und dem Publikum zugänglich gemacht; fanden geschichtliche Forschungen vielfache Förderung (Georgi, Falckenstein, Schütz, Jung, Stieber, Strebel). Damals schrieb der markgräfliche Kammerjunker v. Cronegk seinen vielbewunderten Codrus, malte der jüdische Künstler Pinhas seine geschätzten Porträte. Den Bauten in den Städten wendete er große Aufmerksamkeit zu und begünstigte sie durch „Baugnaden“, insbesondere gewann Ansbach durch Anlage eines neuen Stadtviertels, durch den Ausbau der von seiner Mutter begonnenen Residenz, durch den Umbau der Stiftskirche etc. etc. ein stattlicheres Ansehen. Seine Strafrechtspflege zeigt zwar auch seine gute Absicht, war aber auch zuweilen bei dem leidenschaftlichen jähzornigen Charakter des Fürsten nicht frei von grausamen Gewaltakten, die ihm den Beinamen „der böse“ oder „der wilde Markgraf“ zuzogen. So ließ er einen Soldaten, der einen unbedeutenden Diebstahl bei einem Ansbacher Bürger verübte, sofort an dem Hause desselben aufknüpfen. Sein Zorn traf besonders diejenigen, welche gegen die Jagdgesetze frevelten und die Deserteure, verschonte aber auch die Personen seines Hofes und seiner Rathsstuben nicht (Hinrichtung des Oberst Enzel, Gefangennahme des v. Rauber). Mehrmals finden sich aber auch Andeutungen, daß gegen ihn „conspirirt“ wurde. – Er war mildthätig, freigebig und trotz all seiner Gewalthandlungen im Allgemeinen wohlwollend. Seine Finanzwirthschaft war, obgleich die Unterthanen, namentlich durch die indirekten Steuern ziemlich belastet gewesen sind, keine glückliche; er hinterließ eine Schuldenlast von 2 300 000 Thalern. Von seiner Gemahlin hatte er zwei Söhne, der erste starb in seiner Jugend, der zweite, Karl Alexander, wurde sein Nachfolger. Das eheliche Leben des Markgrafen wurde durch die damals übliche Maitressenwirthschaft getrübt und die Markgräfin, die in Schwermuth verfiel, zog sich nach [263] ihrem Schlosse Schwaningen zurück. Eine seiner Maitressen gewann besondere Bedeutung, weil der Markgraf ihr und ihren Kindern mit großer Zuneigung zugethan war, sie in den Adelsstand erhob und mit Gütern reichlich bedachte; sie wurde die Stammmutter eines noch blühenden fränkischen Adelsgeschlechtes. Daß diese Zustände auch auf die Verwaltung des Landes zurückwirkten, war natürlich. Zwei Belege hierzu liefert der Sturz des Günstlings Schauenfels und des Hofjuden Ischerle. Ersterer, ein Wirthssohn aus Leutershausen, eine Zeit lang der Liebling des Markgrafen, von ihm zum Freiherrn von Schauenfels erhoben, fiel, weil er eine Maitresse des Markgrafen nicht heirathen wollte, und konnte von Glück sagen, daß er den verschiedenen gegen ihn angestrengten Untersuchungen sich entwand und in die Dunkelheit zurückkehren durfte; letzterer, eine Zeit lang übermächtig im Fürstenthume, wurde wegen Unterschlagungen, hauptsächlich aber deshalb in Untersuchung genommen, weil eine Maitresse des Markgrafen ihre Gunst zwischen diesem und dem Juden theilte und daraus Inconvenienzen für den Markgrafen entstanden. Ischerle (Israel Nathan) verschwand und verkam. Hingerichtet, wie allgemein behauptet worden ist, wurde er wahrscheinlich nicht. – Dem Markgrafen ward nachgerühmt, daß er das Lateinische flüssig gesprochen habe, einer der besten Reiter seiner Zeit und einer der besten Falkoniere aller Zeiten gewesen sei.

Falckenstein, Nordgauische Alterthümer, Dritter Theil. Lang, Geschichte des vorletzten Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Denkwürdigkeiten der Markgräfin von Bayreuth. F. F. Spieß, Münzbelustigungen. Fünf Theile. Zimmermann, Die neueren Spuren der Vorsorge Gottes, Schwabach 1741. Büttner, Frankonia, II. Band. Haenle, Geschichte der Juden im Fürstenthume Ansbach. Jahresbericht des histor. Vereins für Mittelfranken, 1865 und 1866. Stieber, Annalen der Regierung des Markgrafen Karl Friedrich Wilhelm (Manuscript des historischen Vereins für Mittelfranken). Untersuchungsakt gegen Ischerle (Nürnberger Kreisarchiv). Gedichte von Karl Knebel (Handschrift im Privatbesitz).