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ADB:Kerckring, Theodor

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Artikel „Kerckring, Theodor“ von August Hirsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 626, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kerckring,_Theodor&oldid=- (Version vom 6. Oktober 2024, 20:52 Uhr UTC)
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Kerckring: Theodor K., Arzt, ist im J. 1640 in Hamburg geboren. Ueber sein Leben und seinen Charakter sind abenteuerliche, nicht ganz verbürgte Gerüchte verbreitet. Er soll, wie es heißt, zu Amsterdam in Gemeinschaft mit Spinoza bei einem gelehrten Atheisten, Franz van Ende, Unterricht in der Philosophie genossen haben, zur Tochter desselben, einer sehr gelehrten Dame, welche ihren Vater in Behinderungsfällen im Unterrichte vertrat, in ein zärtliches Verhältniß getreten sein, dieselbe später geheirathet, dann aber vergiftet haben, um mit ihrer Magd eine eheliche Verbindung einzugehen. Sicher ist, daß er in Leyden unter Sylvius de la Boe – daher seine Hinneigung zur Humoralpathologie und die gründliche Verachtung der Jatrophysiker – und später in Amsterdam Medicin studirt, nach Beendigung seiner Studien eine größere Reise nach Frankreich gemacht hatte, sodann nach Amsterdam zurückgekehrt, hier zum Katholicismus übergetreten war und sich daselbst als praktischer Arzt niedergelassen hatte. Nach mehreren Jahren gab er seine ärztliche Thätigkeit auf, siedelte 1678 als Resident des Großherzogs von Toscana nach Hamburg über und ist hier am 2. Nov. 1693 gestorben. – Wie über seinen Charakter, so schwebt auch über seinen wissenschaftlichen Leistungen ein gewisses Dunkel. Haller nennt ihn einen „homo singularis, morum suspectorum, ὀψῳαθὴς und beschuldigt ihn der Unzuverlässigkeit und des Plagiarismus; immerhin sind seine Arbeiten im Gebiete der Anatomie und der Entwickelungsgeschichte nicht ohne Bedeutung, wenn auch dahin gestellt bleibt, wie viel ihm von denselben eigen ist. In seinem „Spicilegium anatomicum“, 1670 (1717) und in der „Anthropogenia ichnographia“ 1671 (1672), tritt er als beredter Vertheidiger der ovistischen Theorie auf und gibt eine sehr gründliche Schilderung der Skelettentwickelung im Fötus, wegen deren er übrigens von Drelincourt des Plagiats geziehen wird; er hat – zuerst – die vasa vasorum (an der Pfortader des Pferdes) nachgewiesen, die nach ihm (als plicae oder valvulae Kerckringii) benannten Falten der Dünndarmschleimhaut beschrieben und manche interessante Beiträge zur pathologischen Anatomie des Herzens, zur Geschwulstlehre u. a. gegeben. – Außer diesen anatomischen Schriften (gesammelt Lugd. Batav., 1717 [1729] erschienen) hat K. einen „Commentarius in currum triumphalem antimonii Basilii Valentini“, 1671 (1685) veröffentlicht, in welchem er die Darstellung des Antimonoxyds aus antimonsaurem Kali gelehrt hat, daher das (als Brechmittel benützte) Präparat lange Zeit unter dem Namen „materia perlata Kerckringii“ bekannt gewesen ist.

Vgl. hierzu Kestner, Med. Gelehrtenlexikon, S. 442. Haller, Bibl. anat. I. 570. Bibl. med.-pr. III. 268.