Zum Inhalt springen

ADB:Meyerbeer, Giacomo

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Meyerbeer, Giacomo“ von Arnold Niggli in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 631–640, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Meyerbeer,_Giacomo&oldid=- (Version vom 14. Dezember 2024, 22:48 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Meyerheim, Eduard
Band 21 (1885), S. 631–640 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Giacomo Meyerbeer in der Wikipedia
Giacomo Meyerbeer in Wikidata
GND-Nummer 118581945
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|21|631|640|Meyerbeer, Giacomo|Arnold Niggli|ADB:Meyerbeer, Giacomo}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118581945}}    

Meyerbeer: Giacomo M., der bekannte Operncomponist, wurde den 5. September 1791, dem Todesjahre Mozart’s, als der Sohn des Bankiers Jakob Herz Beer und der Amalie Meyer[WS 1] in Berlin geboren und hieß ursprünglich Jakob Liebmann Beer. Den Namen Meyer fügte er später hinzu, um die Bedingung zu erfüllen, unter der ihn ein reicher Verwandter zum Erben eingesetzt hatte. Der Vater, geb. den 10. Juni 1769, hatte in der preußischen Hauptstadt eine Zuckersiederei errichtet und war rasch zu Reichthum gelangt. [632] Scharfem Verstand gesellte sich bei ihm ein schönheitsempfänglicher Sinn, der ihn die Werke der Dichtkunst ebenso eifrig pflegen ließ wie die aufklärende Popularphilosophie des 18. Jahrhunderts. Auch Musik liebte er sehr, ohne übrigens selbst zu singen oder zu spielen. Die Mutter, eine Urenkelin von Wolf Tausk aus Wien und Tochter des sogenannten „Berliner Krösus“ Liebmann Meyer Wulf[WS 2], zeichnete sich durch seltene Herzensgüte und Freigebigkeit aus. Als sie am 24. Juni 1854 in Berlin starb, folgte ihrem Sarg die ganze Stadt. Noch mehr denn ihr Mann war sie für Musik und Poesie eingenommen, stand in lebhaftem Verkehr mit den litterarischen und künstlerischen Koryphäen der Zeit und schwärmte besonders für Klopstock und Schiller. – Dem ersten Sohn Jakob folgten drei weitere: Heinrich, geb. 1794, Wilhelm, geb. 1797, der sich, obwol von Beruf Kaufmann, als vorzüglicher Astronom auszeichnete und eine eigene Sternwarte in Berlin besaß, endlich Michael Beer, geb. 1800, der feinfühlige Dichter des Paria und Struensee, Freund Immermann’s, den der Tod schon am 22. März 1833 in München wegraffte.

Bereits in frühesten Jahren trat Meyerbeer’s Neigung für die Tonkunst zu Tage. Vier Jahre alt bildete er aus seinen Spielkameraden ein Orchester, kritzelte denselben Noten vor und gerirte sich als Director. Im fünften erhielt er den ersten Clavierunterricht und bald darauf unterwies ihn der hochgeschätzte Franz Lauska[WS 3] in der Harmonielehre. Am 14. October 1800 spielte er in einem Patzig’schen Concert Mozart’s D-moll-Concert, sowie Variationen von Lauska mit glänzendem Erfolg. Als Muzio Clementi[WS 4] (neben Dussek und J. B. Cramer der erste Claviermeister der Zeit) 1802 auf einer Kunstreise nach Berlin kam und einige Monate bei der Meyerbeer’schen Familie logirte, empfing Jakob auch von ihm eine Anzahl fördernder Lectionen. Schon jetzt entstanden die ersten Compositionen – darunter eine Cantate für des Vaters Geburtstag. Nachdem ihn Karl Friedrich Zelter eine Zeit lang im Generalbaß unterrichtet und seinen Eintritt in die Singakademie (16. Juli 1805) veranlaßt, ging er 1806 von dem moros derben, wenig anziehenden Chordirector zu dem liebenswürdigen königl. Capellmeister Bernhard Anselm Weber über, dessen Lehrbegabung indes gleichfalls keine bedeutende war. Eine als Studie ausgearbeitete Fuge, die er damals zur Prüfung an Abbé Vogler in Darmstadt sandte, erhielt er nach Monaten mit einer umfangreichen Abhandlung über die Fuge zurück. Der seltsame, tiefes Wissen mit phantastischer Bizarrerie verbindende Gelehrte hatte die Schrift speciell für diesen Zweck verfaßt, bezeichnete übrigens Meyerbeer’s Arbeit als mehr fleißig denn reif und rieth ihm gründlichere Studien an. Als dann M. dem Abbé nach einiger Zeit eine zweite Fuge schickte, lud ihn dieser in so herzlicher, sein Talent freudig anerkennender Weise zur Erweiterung und Vertiefung seiner Kenntnisse zu sich nach Darmstadt ein, daß der junge Mann nicht zu widerstehen vermochte. Anfangs April 1810 langte er bei Vogler an und trat bei ihm in Kost und Logis. Seine Collegen, die ihren Verhältnissen entsprechend eine bescheidene Privatwohnung bezogen hatten, waren Carl Maria von Weber und der Tyroler Jos. Baptist Gänsbacher (Bd. VIII, S. 363). Rasch bildete sich ein herzliches Verhältniß zwischen den talentvollen Jünglingen und trotz der sehr verschiedenen Richtungen, welche Weber und M. einschlagen sollten, blieben sie bis zu des erstern frühem Tod aufrichtige Freunde. Da wurde denn unter des gelehrten Lehrers Leitung aufs eifrigste theoretisch gearbeitet, musicirt und kritisirt, aber auch das Leben genossen, Ausflüge auf der schönen Bergstraße, nach Mannheim und Heidelberg unternommen, wobei der stillere, gleichmäßig liebenswürdige M. die burschikose Genialität seiner Kameraden ebenso bewunderte wie diese die feinen Umgangsformen ihres jugendlichen Collegen.

[633] Für Vogler’s 61. Geburtstag componirten sie gemeinsam eine Cantate, für das Hoftheater zu Wiesbaden eine kleine Oper, „Der Proceß“, die indes nicht zur Aufführung kam. Daneben schrieb M. eine Reihe von Canzonetten und Psalmen (130ster und 98ster) sowie die umfangreiche Cantate: „Gott und die Natur“, Text von Schreiber. Nach der erfolgreichen Aufführung der letzteren in Darmstadt ernannte ihn der Großherzog Ludwig I. zu seinem Hofcomponisten. Auch in Berlin wurde die Cantate den 8. Mai 1811 im Beisein des Tondichters sowie seines mit dorthin gereisten Freundes Weber mit Beifall reproducirt, obschon der Stil des Werkes schulmäßig streng und trocken ist, der musikalische Ausdruck mehr eine weltliche Geistesstimmung denn tiefe Religiosität verräth. Originelle Melodien treten auffällig spärlich darin hervor, während einzelne Scenen, wie die Schilderung des werdenden Lichtes, des wogenden Meeres, der Todtenauferstehung, des Componisten Talent für dramatische Charakteristik deutlich verrathen. Von weiteren Compositionen der Darmstädter Lehrjahre seien erwähnt: die warm empfundenen sieben Klopstock’schen Gesänge für vier Stimmen mit Pianofortebegleitung ad libitum, eine Anzahl ein- und mehrstimmiger Lieder, Tänze und Variationen für Clavier, verschiedene Clarinettensolis sowie das Monodram: „Les amours de Thevelinda“ für Sopran, Chor und obligate Clarinette. Die letzte Zeit des Darmstädter Aufenthaltes war durch die Composition seiner ersten Oper „Das Gelübde des Jephta“ ausgefüllt, zu der ihm A. von Schreiber ein ziemlich plumpes und unbehülfliches Libretto geliefert. M. hatte gehofft, das Werk, das er unter Vogler’s kritischem Einfluß aufs Sorgfältigste ausgearbeitet, in Darmstadt auf die Bühne zu bringen. Doch gelang ihm dies nicht. Dagegen wurde die Oper von der Hofbühne zu München angenommen und er eingeladen, selbst die letzten Proben und die erste Aufführung zu leiten. So nahm er denn von seinem Lehrer, der seinerseits eine nochmalige Rückkehr nach Darmstadt für zwecklos erklärte, Abschied und begab sich freudiger Erwartung voll nach der Isarstadt. Trotz der guten Besetzung und des trefflichen Münchener Orchesters vermochte indes das Werk nicht durchzuschlagen. Die Kenner rühmten den Ernst der künstlerischen Gesinnung, der sich darin ausspreche, den sorgfältig gefügten Satz, die geistvolle Instrumentation; die Massen aber ließ das akademisch regelrechte, jedoch effectlose Werk kühl. Besser als dem Operncomponisten erging es in München dem Virtuosen M., dessen Clavierspiel wie Improvisation die ungetheilteste Bewunderung erregten. In München wurde M. vom dortigen Hofschauspieler Wohlbrück der Text zu einer zweiactigen komischen Oper, „Alimelek, Wirth und Gast oder aus Scherz Ernst“ angeboten, deren Gegenstand die bekannte Geschichte vom erwachten Schläfer aus Tausend und Einer Nacht bildet. Der Musiker, hoffend, es werde ihm mit einem heitern Sujet besser gelingen denn mit einem oratorienhaft-biblischen Libretto, ging darauf ein. Doch that er auch diesmal einen Fehlgriff, da seine durch und durch reflectirte, schwerflüssige Natur ebenso wenig eine komische Ader besaß wie Spohr oder sein späterer großer Rivale Richard Wagner. Die Oper erlebte ihre erste Aufführung in Stuttgart, wurde von den Fachleuten der kunstvollen Formen, treffenden Declamation und orchestralen Feinheiten wegen gelobt, vermochte aber das größere Publicum nicht zu fesseln. Inzwischen hatte M. eine Cantate „Der Götterbesuch“ zur Feier des Geburtstages seiner Mutter, 10. Februar 1813, ferner ein Stabat mater, Tedeum und Miserere componirt und brachte mitten in der patriotischen Bewegung der Befreiungskriege, 12. October 1813, den Psalm „Gott ist mein Hirt“ für zwei Chöre und fünf Solostimmen in der Berliner Singakademie zur Aufführung. – Da Alimelek nach dem Stuttgarter Debut vom Kärtnerthortheater verlangt wurde, reiste der Componist aus der Residenz direct nach Wien, wo bereits der denkwürdige [634] Congreß begonnen hatte. Am Abend seiner Ankunft hörte er den Meister Joh. Nep. Hummel spielen und erhielt einen so tiefgehenden Eindruck, daß er sich unverzüglich in die eifrigsten Clavierstudien versenkte, um sich die Vorzüge der Weimarer Schule, den Hummel’schen Fingersatz, seine perlenden Läufe etc. anzueignen.

Als er bald darauf mit der Sängerin Harlaß (Bd. X, S. 602) und dem trefflichen Clarinettistcn Bärmann (Bd. II, S. 69) in Wiener Concerten auftrat, erregte seine Virtuosität solche Bewunderung, daß selbst ein Ignaz Moscheles Bedenken trug, sich nach ihm hören zu lassen. Außer einer Reihe für sein öffentliches Spiel bestimmter Clavierconcerte, Variationen und Rondos componirte er in Wien, dem Geist der Zeit seinen Tribut zollend, das „Kriegslied eines freien Volkes“ von Gubitz, sowie Arndt’s Deutsches Vaterland für Männerstimmen und Blechinstrumente. Doch sollte dem ehrgeizigen, nervös empfindlichen Jüngling auch in Wien eine bittere Enttäuschung nicht erspart bleiben. Seine Oper „Alimelek“, welche den 20. November 1814 zur Aufführung gelangte, machte hier noch entschiedeneres Fiasco denn in Stuttgart. Nach den ziemlich übereinstimmenden Angaben der Quellen war es Hofkapellmeister Salieri, der den Niedergeschlagenen aufrichtete und ihm den Rath gab, für einige Zeit nach Italien zu gehen, um in der Schule der dortigen Operncomponisten stimmgerecht und dankbar schreiben zu lernen. M. entschloß sich, dem Wink zu folgen. Nach mehrmonatlichem Aufenthalt in Paris brach er anfangs des Jahres 1816 nach Venedig auf. Er gerieth dort mitten in den Taumel, in welchen Rossini’s neue Carnevalsoper „Tancredi“ die leicht entzündlichen Südländer versetzt. Hier hatte er nun Gelegenheit, an der Quelle die Grazie und sinnliche Schönheit italienischer Melodik, aber auch das farbenbunte, genußfreudige Treiben italienischen Volkslebens kennen zu lernen. Er studirte Rossinische Partituren bis zum Auswendiglernen, vertiefte sich in die Gesangschulen der welschen Meister, stellte über Land und Leute die eifrigsten Beobachtungen an. Die Umwandlung, die sich in seinem ganzen Wesen vollzog, bezeichnet er in einem Briefe an Dr. J. Schucht[WS 5] vom 15. December 1856 selbst als eine „Evolution seiner Natur“, die gegen die verstandeskühle, contrapunktische Richtung seines früheren Schaffens reagirte. „Das bisher durch die polyphonen Rechenexempel unterdrückte Gefühlsleben ward durch die italienischen Zephirlüfte und Nachtigallenmelodien nicht nur erweckt, sondern auch zur Thätigkeit, zur Manifestation seiner selbst sollicitirt. Freilich, ein Umschlag ins entgegengesetzte Extrem, jedoch hervorgegangen aus Studienrichtung und Lebensgang.“ – So trat er denn nach nahezu zweijähriger Vorbereitung 1818 mit der zweiactigen Opera semiseria „Romilda e Constanza“ zuerst vor das italienische Publicum. Das frischerfundene gesangvolle Werk errang am 19. Juni im Teatro nuovo zu Padua einen so günstigen Erfolg, daß er den Auftrag erhielt, für den nächsten Carneval in Turin eine Oper zu schreiben. Er wählte das viel componirte Textbuch Metastasio’s „Semiramide riconosciuta“. Bald darauf lud ihn die Direction des Teatro Benedetto zu Venedig ein, die zweiactige tragische Oper „Emma di Resburgo“, Text von Rossi[WS 6], für die Lagunenstadt zu componiren, so daß er nun willkommene Arbeit die Fülle besaß. Die Aufnahme der Turiner Oper beim Carneval 1819 war eine höchst ehrenvolle, die der Emma von Resburg in Venedig eine begeisterte, obschon ihr das Teatro Fenice in Rossini’s Eduardo e Cristina eine gefährliche Nebenbuhlerin entgegengestellt. Das letztere Werk wurde bald auch jenseits der Alpen, in Berlin, Dresden etc. bekannt und fand beim Publicum günstige Aufnahme, während die deutsch gesinnten Musiker, namentlich Carl Maria von Weber, den Abfall des Componisten von der vaterländischen Kunst, sein Haschen nach dem Beifall der Menge scharf genug tadelten. – Inzwischen [635] fuhr Maestro M. fort, die Ohren der dankbaren Italiener mit seinen gefälligen Melodien zu kitzeln. Kaum war Emma von Resburg über die Bühne gegangen, als die Mailänder Scala eine Oper „Margaretha von Anjou“, Text von Rossi, bei ihm bestellte: am 14. November wurde sie zum ersten Mal aufgeführt und bejubelt. Etwas weniger glücklich war der Componist mit der für den Mailänder Carneval von 1822 bestimmten Oper „L’Esule di Granada“, die er theilweise im Haus des kunstsinnigen Lord Westmoreland[WS 7], Attaché’s der englischen Gesandtschaft zu Mailand, niederschrieb. Obschon die Hauptrollen mit der Pisaroni[WS 8] und dem Bassisten Lablache[WS 9] besetzt waren, schlug das gründlicher ausgearbeitete Werk nur theilweise durch. Im gleichen Jahr begab sich M. nach Rom, wo er unter der Aegide des Abtes Baini[WS 10] die Schätze der päpstlichen Bibliothek studirte und vieles abschrieb, auch für die Sängerin Caroline Bassi[WS 11] einen „Almansor“ zu componiren begann, ohne ihn indeß zu vollenden. In Neapel, das er von Rom aus aufsuchte und für dessen Theater San Carlo er gleichfalls eine neue Oper liefern wollte, gelangte er – vom Zauber der Natur umstrickt – vollends nicht zur Arbeit. Frühjahr 1824 finden wir ihn in Berlin wieder. Die Aufführung einer für letzteres bestimmten Operette, „Das Brandenburger Thor“, kam nicht zu Stande. Dagegen schrieb er fleißig an der zweiactigen heroischen Oper: „Il Crociato in Egitto“, wozu er den Auftrag bei der Durchreise durch Venedig erhalten. October 1824 reiste er über Triest dorthin, um das Studium des neuen Werkes zu leiten. Die Oper mit den besten Kräften, wie Veluti[WS 12], Crivelli[WS 13], Bianchi[WS 14] und Madame Méric-Lalande[WS 15] am 16. December 1824 zuerst gegeben, erregte Stürme der Begeisterung. Sie beherrschte die ganze Saison und verbreitete den Ruhm des Componisten durch alle Lande. In der That stellt sich der Crociato als Meyerbeer’s beste Oper aus seiner italienischen Periode dar. Zwar fehlt es hier dem lyrischen Text gemäß an wahrhaft dramatischem Leben; das melodische Element wiegt vor, während Harmonie und Begleitung vielfach dürftig genannt werden müssen. Doch ist die Charakteristik weniger schablonenhaft, der Gesang bei aller einschmeichelnden Grazie und reicher Coloratur tiefer empfunden, unmittelbarer aus der Situation und Stimmung aufquellend als in früheren Opern.

M. selbst fühlte, daß er den italienischen Standpunkt überwunden habe und zu Anderem denn dem zweifelhaften Ruhm berufen sei, ein talentvoller Nachfolger Rossini’s zu heißen. Eine Reihe weiterer Gesuche der bedeutendsten italienischen Bühnen um Lieferung von Opern lehnte er ab, bereiste mit seiner Mutter, welche zum Carneval 1825 nach Venedig gekommen war, nochmals das Land seiner jugendlichen Triumphe und kehrte im Sommer genannten Jahres nach Berlin zurück. Der Tod seines Vaters im October 1825 trug dazu bei, den Künstler ernster zu stimmen und sein Wesen zu vertiefen. Holden Trost fand er übrigens in der erwiderten Neigung zu seiner Cousine Minna Mosson, einem eben so liebreizenden wie feingebildeten Mädchen, das er nach Ablauf des Trauerjahres 1827 als Gattin heimführte. Sie schenkte ihm fünf Kinder, von denen zwei zu Meyerbeer’s tiefem Herzeleid ganz jung starben, während drei verehelichte Töchter die Eltern überlebt haben. Inzwischen war ein entscheidendes Ereigniß für den Componisten, seine Uebersiedelung nach Paris, dem damaligen Centrum des musikalischen und künstlerischen Lebens in Europa, erfolgt. Bald nach der Aufführung des Crociato in Venedig hatte man das Werk auf das Repertoire der italienischen Oper zu Paris genommen. Der Intendant der letzteren, Baron von Larochefoucauld[WS 16] und sein artistischer Director Rossini, luden M. ein, persönlich die Leitung zu übernehmen. So fuhr er denn schon im December 1825 nach der französischen Hauptstadt ab, bezog im Hôtel Bristol, Rue Vivienne eine elegante Wohnung, die rasch ein Verkehrsmittelpunkt der bedeutendsten [636] Künstler werden sollte und begann die Proben des Crociato zu dirigiren. Obschon die Hauptrollen von der Pasta[WS 17] und Mombelli[WS 18], von Levasseur[WS 19] und Donzelli[WS 20] gesungen wurden, zündete das Werk nicht so wie auf den italienischen Bühnen und M. hatte daher vermehrten Grund, den mit seinen italienischen Arbeiten eingeschlagenen Weg nicht weiter zu verfolgen, vor Allem aber die Geschmacksrichtung der Franzosen wie die geistige Strömung der Zeit überhaupt genauer zu erforschen. Er that dies auch eine Reihe von Jahren mit jener Unermüdlichkeit und zähen Energie, die ihm bis zum Tode eigen blieb. Die Vorliebe für pittoreske Romantik, kecke Situationsmalerei, für das local und national Charakteristische lag damals in der Luft. Bereits hatte der Franzose Auber[WS 21] in einer Reihe komischer Opern das Nationalleben seiner Landsleute, ihre bewegliche Grazie, ihre heitere Sinnenlust auf die Bühne gebracht. 1828 erschien die Stumme von Portici, mit der er auch auf dem Gebiet der heroisch-tragischen Oper seinen Meisterwurf that, ein Werk von hinreißendem Pathos, mit bewunderungswürdigem Geschick in die Localfarben des Südens getaucht, der unmittelbare Vorläufer der Julirevolution. Und als hätte das romantische Fieber selbst den Sybariten Rossini angesteckt, schrieb dieser zur nämlichen Zeit seinen Wilhelm Tell, um sich 1830 mit diesem Meisterwerk von einer ganz neuen Seite zu zeigen, zugleich aber auch seine ruhmreicbe Thätigkeit als Operncomponist zu beschließen. Unter diesen Verhältnissen mußte man es als einen glücklichen Griff bezeichnen, als der Dichter Delavigne[WS 22], mit dem sich M. wegen eines Tcxtes in Verbindung gesetzt, einen phantastischen Stoff aus dem Mittelalter, der Blüthezeit des Ritter- und Klosterwesens, in Vorschlag brachte. Robert, der Sohn des Teufels, der alle Mädchen verführt hat, wird durch edle Frauenliebe, durch die heiligen Gesänge der christlichen Religion gerettet und einem würdigeren Dasein zurückgegeben. So kam unter der entscheidenden Mitwirkung Scribes[WS 23], dessen Autorität M. nicht entbehren wollte, nach Ueberwindung zahlloser Schwierigkeiten, jenes Unicum von Phantastik, Schwulst und Unnatur, aber auch packender Situations- und Charakterzeichnung, glänzender Diction, hinreißender Effecte zu Stande, das uns heute als Libretto des Robert vorliegt. Wenige Tage vor Ausbruch der Julirevolution überreichte M. das vollendete Werk der Direction der Großen Oper. In dieser hocherregten Zeit wollte indeß keiner der rasch wechselnden Unternehmer den Versuch mit einem so kostspieligen Ausstattungsstück wagen, und schon beabsichtigte M. die Oper ganz zurückzuziehen, als der neue Leiter des Institutes, Dr. Véron[WS 24], sich verbindlich machte, sofort mit den Proben zu beginnen. Doch verzögerte sich die erste Aufführung bis zum 22. November 1831, wodurch die erwartungsvolle Spannung des Publicums gesteigert wurde. Trotz verschiedener störender Zwischenfälle fand die Oper eine begeisterte Aufnahme und mußte schon am 24. November wiederholt werden. Die Vorzüge und Mängel der Meyerbeer’schen Schreibweise treten kaum in einer anderen Oper prägnanter zu Tage wie im Robert, Melodien von bestrickendem Reiz, ächt dramatische Declamation, eine Rhythmik voll französischer Elasticität, glänzende Instrumentirung, aber auch ein widerliches Coquettiren mit allen möglichen Stilformen und unvermittelten Klangeffecten, coloraturverbrämte Arien nach italienischer Schablone neben einfachen Liedsätzen oder kunstreich polyphon gearbeiteten Partien, das Accompagnement in der einen Gesangsstrophe blos von einem Soloinstrument bestritten, in der anderen das volle Orchester in Athem haltend, neben Stellen von ächter Empfindung und schlagender Charakteristik hohles Pathos und aufgebauschte Phrase. So erscheint es erklärlich, daß das Werk, wie in Paris, auch bei der ersten Aufführung zu Berlin, den 26. Juni 1832, die Massen mit sich fortriß, während sich hier freilich ein großer Theil der Gebildeten entschieden ablehnend verhielt und die schwerfällige Textübersetzung [637] des Dresdener Hofrathes Th. Hell die Federn der Kritik verschärfte. 1833 ernannte das Institut de France den nach Paris zurückgekehrten Componisten zu seinem Mitglied und die Direction der Großen Oper übertrug ihm die Composition des wiederum von Scribe verfaßten Hugenottentextes. Hier bot sich nun M. Gelegenheit, sein Talent an einem geschichtlichen Stoff zu bewähren, die Gestalten der Oper statt auf den phantastischen Nebel mittelalterlicher Sage auf einen bestimmten historischen Hintergrund zu bannen. Die Begeisterung, mit der er sich an diese Aufgabe machte, verbürgte seinen Beruf für dieselbe. Durch die Erkrankung seiner Frau, die einen längeren Aufenthalt in Italien bedingte, ward die Vollendung des Werkes über den festgesetzten Termin hinaus verzögert und M. veranlaßt, die bedungene Conventionalstrafe von 30 000 Gulden zu bezahlen, die man ihm indeß später zurückerstattete. – Am 21. Februar 1836 fand die erste Aufführung mit Nourrit[WS 25] als Raoul, Mademoiselle Falcon[WS 26] als Valentine, Levasseur als Marcel statt. Im umgekehrten Verhältniß wie beim Robert ging diesmal die kritische Kennerschaft mit begeisterter Lobpreisung der Oper voran, während die Massen erst bei den folgenden Vorstellungen recht warm wurden. So manches Unerquickliche auch in den Hugenotten mit unterläuft, so schwächlich und zwitterhaft einzelne Charaktere, wie die puppenhafte Königin, ja der Hauptheld Raoul selbst, erscheinen, so widerlich das zweideutige Spiel mit unsittlichen Situationen besonderes im zweiten Act berührt, das wird kein Unbefangener zu läugnen vermögen, daß die geschichtliche Idee des Ganzen, der Conflict fanatisirter Religionsparteien mit Meisterschaft zur Darstellung gebracht ist. Charakterzeichnungen wie diejenige des eisernen Marcel, des unbeugsam bigotten St. Bris werden stets Bewunderung verdienen, Scenen wie die Schwerterweihe, wie das große Duett zwischen Raoul und Valentine im vierten Act Muster dramatischer Musik bleiben. Während die Hugenotten ihren Triumphzug durch die Welt begannen, hatte M. eine längere Erholungsreise angetreten, die ihn nach Baden-Baden, Darmstadt, Berlin, Leipzig, Weimar und erst 1838 nach Paris zurückführte. Schon in diese Zeit fällt seine erste Beschäftigung mit der Afrikanerin, zu der ihm abermals Scribe das Libretto überreichte, die indeß unter fortwährenden Veränderungen des Textes wie der Musik erst nach mehr denn 25 Jahren fertig werden sollte. 1842 wurde M. von seinem König Friedrich Wilhelm IV. als Generalmusikdirector nach Berlin berufen, wo am 20. Mai genannten Jahres die erste Aufführung der Hugenotten unter jubelnden Beifallsbezeugungen vor sich ging. Zur Eröffnungsfeier des neuen Opernhauses, welches an der Stelle des am 18. August 1843 in Flammen aufgegangenen erstanden war, componirte M. nach einem Text L. Rellstab’s: „Das Feldlager in Schlesien“. Am 7. December 1844 fand die Einweihung des neuen Musentempels statt. Die Oper wirkte mit ihrem patriotischen Schwung, ihren malerischen Soldatenscenen um so zündender, als Jenny Lind[WS 27] die Rolle der Vielka sang, und vom Componisten persönlich instruirt, zu unvergleichlicher Darstellung brachte. Außer dem Feldlager entstanden während dieser Berliner Jahre eine Reihe von Gelegenheitscompositionen, Cantaten, Fackeltänzen zu Vermählungsfesten fürstlicher Personen, Psalmen und Motetten für den Domchor, unvollendete Chöre zu Aeschylus Eumeniden, vor Allem aber Ouverture und Zwischenactsmusik zum Trauerspiel Struensee von Michael Beer, welch letzteres Werk am 19. September 1846 im königl. Schauspielhaus die erste Aufführung erlebte und vermöge seiner stimmungsvoll-pathetischen Haltung einen tiefen Eindruck hinterließ. Anfangs 1847 ging das Feldlager etwas modificirt unter dem Titel: „Vielka“, vom Componisten selbst geleitet und wiederum mit Jenny Lind als Trägerin der Hauptrolle auch über die Bühne des Theaters an der Wien in der österreichischen Kaiserstadt. 1848 vollendete M. zu Paris, wo er [638] sich nach Lösung seiner Verpflichtungen als preußischer Generalmusikdirector neuerdings niedergelassen, die Partitur zum Propheten, dessen Textbuch er schon 1843 aus der Hand Scribes erhalten hatte. Am 16. April 1849 erlebte das Riesenwerk, für das längst alle Hebel der Reclame in Bewegung gesetzt waren, die erste Aufführung. Roger[WS 28] gab den Lucas, Madame Viardot-Garcia[WS 29] die Fides. Die Gunst der Zeit, in der noch die revolutionäre Bewegung des Vorjahres nachzitterte, trug das ihre dazu bei, den Erfolg zum denkbar glänzendsten zu machen. Der Grund, weshalb der Prophet trotzdem als Kunstwerk weit weniger befriedigt, wie die Hugenotten, liegt in dem Mangel einer consequent durchgeführten geschichtlichen Idee. Johann von Leyden ist kein Held, der für seine Ueberzeugung in den Kampf geht und tragisch endet; er ist von Anfang an ein selbstbewußter Betrüger, der sich nur deshalb an die Spitze der kirchlich-socialen Bewegung stellt, damit er seinen persönlichen Rachedurst befriedigen kann. Er vermag uns daher auch kein sittliches Interesse einzuflößen und all’ seine pathetischen Gefühlsäußerungen stellen sich als eitel Prahlerei und Lüge dar. Das Beste an der Oper bleibt die Exposition, in welcher die melancholische Landschaftsstimmung nicht weniger vortrefflich wiedergegeben ist als das düster-revolutionäre Element im Auftreten der drei Anabaptisten. – Nachdem M. im Juli 1849 der gleichfalls glorreichen Aufführung seiner Oper zu London beigewohnt, brachte er zu seiner Erholung längere Zeit auf Reisen sowie im Bad Gastein zu, das er von nun an ziemlich regelmäßig besuchte und erst in den letzten Lebensjahren mit Schwalbach vertauschte. Am 28. October 1850 dirigirte er den Propheten auch in Berlin und schrieb 1851 eine Ode für die Enthüllungsfeier des Standbildes Friedrichs des Großen. Dann beschäftigte ihn die Umarbeitung des Feldlagers für die Pariser Bühne, wofür ihm Scribe als neutralen Hintergrund das russische Reich und die Zeit Peters des Großen vorgeschlagen: am 16. Februar 1854 erschien die Oper als „Nordstern“ in der Opéra Comique zu Paris und wurde, trotzdem daß das Werk bunter und stilloser als alle früheren, sofort dermaßen Lieblingsstück der Pariser, daß es schon am 16. Februar 1855 seine hundertste Aufführung erlebte. Die Hauptarbeit Meyerbeer’s während der folgenden Jahre bildete die Composition der wiederum für die komische Oper zu Paris bestimmten „Dinorah“, oder wie sie nach dem Textbuch von Barbier[WS 30] und Carré[WS 31] ursprünglich hieß, der „Goldsucher“. Die Neuheit der Aufgabe, der dorfgeschichtlich-idyllische Stoff reizten den trotz zunehmender Kränklichkeit phantasiefrischen und unermüdlich thätigen Componisten, und besonders während eines längeren Aufenthaltes in Nizza (Spätherbst 1857 bis April 1858), zu dem ihn die Erkrankung einer Tochter veranlaßt, wurde die Oper lebhaft gefördert. Als sie den 4. April 1859 zu Paris in Scene ging und man M. am Schluß auf die Bühne nöthigte, erhob sich unter donnerndem Jubel das ganze Haus und Marie Cabel[WS 32], die Darstellerin der Hauptrolle, drückte dem Meister den aus der kaiserlichen Loge geflogenen Lorberkranz auf die Stirn. Auch im Coventgardentheater zu London debutirte „die Wallfahrt nach Ploermel“ am 25. Juni 1859 aufs Glänzendste. So anmuthsvolle und dramatisch wirksame Partien es enthält, gehört das Werk dennoch zu Meyerbeer’s schwächeren Schöpfungen. Wie die bretonische Legende durch die manierirte Textbehandlung den Beigeschmack des Erkünstelten, Gesucht-naiven erhält, so muthet uns auch die Schlichtheit der musikalischen Darstellung affectirt und gemacht an. Man fühlt allzusehr, daß das ländlich einfache, die Harmlosigkeit naiver Existenzen nicht das geeignete Object für die reflexionsreiche, farbenlüsterne Phantasie des Componisten bildet. Der Mischung von Tannenduft und Weihrauch, welche dem Stoff entspräche, ist eine zu starke Dosis Pariser Salonluft, ja wir möchten sagen, jenes eigenartigen Haut-goût beigesellt, der nun einmal sämmtliche Arbeiten [639] Meyerbeer’s mehr oder weniger pikant umwittert. – 1859 half M. die Säcularfeier Schiller’s verherrlichen, indem er für das großartige Fest, welches den 10. November im Circus der französischen Kaiserin[WS 33] abgehalten wurde, Ludwig Pfau’s[WS 34] Cantate sowie einen Schillermarsch componirte. Das bald darauf entstandene musikalische Intermezzo zu Henri Blaze de Bury’s[WS 35] Schauspiel „Goethe’s Jugendjahre“ gelangte nie zur Aufführung. Von ferneren Gelegenheitscompositionen dieser Zeit verdienen Erwähnung Marsch und Festhymne zur Krönungsfeierlichkeit Wilhelms I. (October 1861), ferner die Marschsuite für das Einweihungsconcert der Londoner Weltausstellung, welche bei der Feier des 1. Mai 1862 vom Componisten dirigirt und besonders glänzend aufgenommen wurde. Im Winter 1862/63 vollendete er endlich zu Berlin seine Afrikanerin und traf nach längerem Curaufenthalt in Schwalbach und dem Seebad Dieppe Mitte October 1863 zu Paris ein, um das Werk dem Minister und Marschall Vaillant[WS 36] in feierlicher Weise zu überreichen und bald darauf mit den Proben zu beginnen. Es sollte ihm nicht mehr vergönnt sein, das Schmerzenskind selbst aus der Taufe zu heben. Den 26. April 1864 wurde er von einem stärkeren Unwohlsein befallen und schon den 2. Mai Morgens 5 Uhr 40 Minuten war er eine Leiche. Die Ueberführung des Todten, der in der Familiengruft der Heimath beigesetzt werden sollte, nach dem Pariser Nordbahnhof den 6. sowie die Bestattung in Berlin am 9. Mai gestalteten sich zu solennen Acten von einem Pomp und einer Großartigkeit wie beim Heimgang eines Fürsten dieser Erde. Dem ächt humanen Sinn, den der Künstler stets an den Tag gelegt, entsprach auch sein Testament. Abgesehen von kleineren Legaten bestimmte er 10 000 Thaler zu einer Stiftung für junge Tonkünstler, welche mit den Zinsen Paris, Italien und Deutschland bereisen sollten, 10 000 Fr. für die Société des auteurs et compositeurs dramatiques, 10 000 Fr. endlich für die Association des artistes musiciens in Paris. – Am 28. April 1865 fand unter Entfaltung einer bis dahin unerhörten Decorationspracht die erste Aufführung der von Fétis[WS 37], Director des Brüsseler Conservatoriums, der letztwilligen Verfügung des Componisten gemäß, revidirten Afrikanerin in der Pariser Großen Oper statt und erregte einen unbeschreiblichen Enthusiasmus. Unmittelbar darauf erschien das Werk auch in London und Madrid, im November 1865 zu Berlin und Darmstadt, um sich in der Folge auf allen größeren Bühnen einzubürgern. Die Mängel der Afrikanerin sind im Wesentlichen schon durch den Text bedingt, der wiederum der ideellen Einheit entbehrt, statt einer logisch sich entwickelnden Handlung und consequenter Charakteristik eine äußerliche Zusammenstellung effectreicher Situationen bringt und aus dem geschichtlichen Helden Vasco de Gama einen zwischen der schwarzen Selica und der blonden Ines ewig hin- und herschwankenden Liebhaber gewöhnlichsten Schlages macht. Soweit sich das buntscheckig-phantastische Buch musikalisch verwerthen ließ, hat es M. in bewunderungswürdiger Weise gethan. Gleich in der großen Staatsrathsscene des ersten Actes löste er ein äußerst schwieriges Problem mit virtuoser Kunst. Das große Duett im vierten Act zwischen Vasco und Selica bleibt an melodischem Schwung kaum hinter dem berühmten Zwiegesang der Hugenotten zurück; Selica’s Sterbelied schlägt Töne von herzbewegender Schönheit an. – So schließt das Werk die Thätigkeit des Componisten würdig ab, eines Componisten, dessen Arbeiten durchschnittlich viel zu viel unreine Elemente enthalten, zu manierirt und stillos sind, um unsere Seelen gleich dem ächten Kunstwerk zu erheben und läuternd zu befreien, dessen großartiges Talent und eminentes Können aber immer wieder unsere Bewunderung herausfordern und dessen beste Schöpfungen sich vermöge ihrer eingeborenen, die Massen ergreifenden dramatischen Gewalt noch lange auf der Bühne erhalten werden.

[640] Dr. J. Schucht, Meyerbeer’s Leben und Bildungsgang (Leipzig 1869). Herm. Mendel, Giacomo Meyerbeer (Berlin 1869). Henry Blaze de Bury, Meyerbeer, sa vie, ses oeuvres et ses temps (Paris 1865). Arthur Pougin, Meyerbeer, notes biographiques (Paris 1864). Albert de Lasalle, Meyerbeer, sa vie et le Catalogue des ses ouevres (Paris 1864). J. P. Lyser, Giacomo Meyerbeer. Sein Leben, sein Wirken und seine Gegner (Dresden 1838). Derselbe, Meyerbeer und Jenny Lind (Paris 1854). Eugène (Jacquot) de Mèrecourt, Meyerbeer (Paris 1854). Parlowski, Notice biographique sur G. Meyerbeer (Paris 1849). Mons. Meyerbeer, Par un homme de rien (M. Louis de Loménie), (Paris 1844). Dr. E. Otto Lindner, Meyerbeer’s Prophet als Kunstwerk beurtheilt (1850). M. Beulé, Eloge de Meyerbeer (Paris 1865).


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Amalie Beer (1767/72–1854)
  2. Liepmann Meyer Wulff (1745–1812)
  3. Franz Seraphinus Lauska (1764–1825)
  4. Muzio Clementi (1752–1838)
  5. Jean Schucht (1822–1894)
  6. Gaetano Rossi (1774–1855)
  7. John Fane, 11th Earl of Westmorland (1784–1859)
  8. Benedetta Rosmunda Pisaroni (1793–1872)
  9. Luigi Lablache (1794–1858)
  10. Giuseppe Baini (1775–1844)
  11. Carolina Bassi (1781–1862)
  12. Giovanni Battista Velluti (1780–1861)
  13. Gaetano Crivelli (1768–1836)
  14. Luciano Bianchi
  15. Henriette Méric-Lalande (1798–1867)
  16. Louis François Sosthènes Ier de La Rochefoucauld (1785–1864)
  17. Giuditta Pasta (1798–1865)
  18. Maria Ester Mombelli (1794–?, aktiv bis 1827)
  19. Nicolas Levasseur (1791–1871)
  20. Domenico Donzelli(1790–1873)
  21. Daniel-François-Esprit Auber (1782–1871)
  22. Casimir Delavigne (1793–1843)
  23. Eugène Scribe (1791–1861)
  24. Louis Véron (1798–1867)
  25. Adolphe Nourrit (1802–1839)
  26. Cornélie Falcon (1814–1897)
  27. Jenny Lind (1820–1887)
  28. Gustave-Hippolyte Roger (1815–1879)
  29. Pauline Viardot-Garcia (1821–1910)
  30. Jules Barbier (1825–1901)
  31. Michel Carré (1821–1872)
  32. Marie Cabel (1827–1885)
  33. Kaiserin Eugénie (1826–1920)
  34. Ludwig Pfau (1821–1894), deutscher Schriftsteller, Journalist und Revolutionär.
  35. Henri Blaze de Bury (1813–1888)
  36. Jean-Baptiste Vaillant (1790–1872)
  37. François-Joseph Fétis (1784–1871)