ADB:Oeder, Georg Ludwig

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Artikel „Oeder, Georg Ludwig“ von Carl Gustav Adolf Siegfried in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 147, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Oeder,_Georg_Ludwig&oldid=- (Version vom 23. April 2024, 16:06 Uhr UTC)
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Oeder: Georg Ludwig O., geb. am 28. Januar 1694 zu Schopfloch bei Dinkelsbühl, studirte in Jena, wo er sich 1714 habilitirte. Später ward er Gymnasiallehrer zu Heilbronn, 1724 zu Ansbach, 1730 Rector daselbst, 1737 Prediger in Feuchtwangen im Ansbachischen, 1743 Dr. theol., † am 24. April 1760. (Meusel, Lexikon Bd. 10. S. 156.)

Neben den zahlreichen Schriften verschiedenen Inhalts, welche bei Meusel a. a. O. S. 156–160 aufgeführt sind, machte zu ihrer Zeit ein gewisses Aufsehen seine dort weggelassene „freie Untersuchung über einige Bücher des Alten Testaments“ (1756 verfaßt, vgl. Michaelis, orientalische und exegetische Bibl., Band 2. S. 44), welche nach seinem Tode 1771 von G. J. L. Vogel herausgegeben wurde. Sie gehörte zu den ersten Regungen einer Kritik, welche obwol von dem Inspirationsdogma noch gebunden, der wissenschaftlichen Wahrheit etwas Luft zu machen suchte durch Lockerung der Schranken des Canons. Der Verfasser fand in den Büchern Esther, Chronik, Esra, Nehemia und in den letzten (bei Diestel, Geschichte des Alten Testaments S. 604 steht fälschlich: „ersten“) 9 Capiteln des Ezechiel Ungereimtheiten, Widersprüche und allerlei Anstöße, aus denen er schloß, daß diese Bücher dem Canon, einer Sammlung von göttlich beglaubigtem Gehalt, nicht könnten angehört haben. Und nachdem ihm diese Ueberzeugung aus inneren Gründen feststand, suchte er auch die äußeren Zeugnisse auf seine Seite zu bringen und die Zulänglichkeit der Belege für die Canonicität dieser Schriften zu entkräften. Bei Ezechiel zweifelt er nur die Echtheit der letzten 9 Capitel an, die Capitel 1–39 hält er für ezechielisch und canonisch. Bei dieser Verwirrung der Fragen der historischen Kritik mit denen der Canonicität konnte unmöglich viel Vernünftiges herauskommen und so wurde es denn schon den damaligen Beurtheilern nicht schwer, das Unzureichende dieser Ausführungen aufzudecken. Wenig von Belang war zwar die zelotische Gegenschrift von P. A. Müller (Belehrung vom Canon des Alten Testaments 1774) und das flache Geschwätz von Johann David Michaelis (oriental. und exegetische Bibliothek Bd. 2. S. 1–58 vgl. dazu Bd. 6. S. 124–154). Treffender hat aber Eichhorn in seiner Einleitung in das Alte Testament Bd. 3 S. 619. 649. Bd. 4. S. 250–253 Oeder’s unhaltbare Aufstellungen widerlegt, besonders die abenteuerliche Annahme, die Capitel 40–48 des Ezechiel seien ein Machwerk eines Samaritaners, der unter der Maske des Propheten den Juden die Meinung beibringen wollte, ihr nachexilischer Tempel sei falsch gebaut, um sie dadurch zu veranlassen, denselben wieder niederzureißen. Nützlich waren in Oeder’s Buche die Zusammenstellungen der kritischen Zweifel, welche die Kirchenväter über die genannten Bücher geäußert haben.

Sonst s. auch Rosenmüller, Hdb. f. d. Lit. der bibl. Krit. Bd. 1. S. 109 bis 111. – Ueber Oeder’s Kritik der Apokalypse s. Meyer, Gesch. der Schrifterklärung Bd. 5. S. 614.