ADB:Ostertag, Albert

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Artikel „Ostertag, Albert“ von Theodor Schott in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 520–521, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ostertag,_Albert&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 12:58 Uhr UTC)
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Ostertag: Albert O., evangelischer Theologe, geb. am 18. April 1810 zu Stuttgart, † als Lehrer am Missionshaus in Basel am 17. Februar 1871. Aus einer alten in Stuttgart einheimischen Familie stammend, der Sohn des Hofgürtlers Johann Friedrich O. und der Charlotte geb. Wenzler, hatte er das Glück, nach dem frühen Tode seines Vaters († am 20. April 1811) in dem zweiten Manne seiner Mutter, dem Gymnasialpräceptor Christoph Blumhard, einen trefflichen Ersatz, einen treuen väterlich besorgten Erzieher und Leiter seiner Studien zu finden; durch ihn trat er in den Kreis der strengreligiösen (pietistischen) Gemeinschaft in Stuttgart, auch für seinen zukünftigen Lebensberuf ist diese Verbindung entscheidend gewesen. Der religiös sehr ernst gerichtete, mit einem feinen tiefen Gemüth und guten Anlagen begabte Knabe ergriff aus freien Stücken das Studium der Theologie und bezog zu diesem Zwecke im Frühjahr 1828 die Universität Tübingen; ein Kreis gleichgesinnter Freunde war sein Umgang, seine theologische Entwickelung scheint nach seinem Tagebuche zu schließen, welches er von dieser Zeit bis zu seinem Lebensende führte, durch keine gewaltigen inneren Kämpfe gestört und unterbrochen worden zu sein, er blieb stets nach Glauben und Wandel auf der geraden Straße des positiven Christenthums, auf welche ihn eigener Wille und Familienbeziehungen gestellt hatten. Schon damals trat die ernste Neigung hervor, dem Dienste zum Wohle der Mitmenschen sich hinzugeben, sie wurde die schön und einfach durchgeführte Aufgabe seines Lebens. Ein großer Freund der Musik, mit einem hübschen poetischen Talente, welches sich in Gelegenheitsgedichten, besonders religiösen Inhalts gerne kundgab, mit offenem Sinn für die Schönheit der Natur, freundlich und von Herzen liebreich, war O. überall, wohin er kam, ebenso geliebt als geachtet. 1832 wurde er Vicar in Thailfingen bei Herrenberg, im März 1833 in Ebersbach bei Kirchheim, im Januar 1834 nahm er eine Hofmeisterstelle bei der Familie v. Palm in Stuttgart an, wobei er zugleich Stadtvicarsdienste versah und bald einen angesehenen Namen als guter Prediger erhielt. Nach wohlbestandener zweiter Prüfung (2. März 1836) unternahm er im Mai d. J. eine große ¾ Jahre währende Reise, welche ihn über Zürich, Basel, Hofwyl, Genf, Lyon, St. Etienne, Avignon, Marseille, Toulouse, Bordeaux, Orleans nach Paris zu einem längeren Aufenthalte führte; die Rückreise ging über Antwerpen den Rhein herauf; überall suchte er die wohlthätigen Anstalten, Hospitäler, Asyle, Kinderrettungsanstalten etc. auch bei Katholiken auf. [521] Reich an Erfahrungen, bekannt mit allen hervorragenden Persönlichkeiten jener eng verbundenen Welt, welche sich die Förderung der strengreligiösen Interessen mit den daraus sich ergebenden kirchlichen und socialen Aufgaben zum Ziele steckt, kehrte O. in die Heimath zurück (Februar 1837), um sie schon im März d. J. für immer zu verlassen. Ein Ruf seines Oheims, des Missionsinspectors Blumhard, führte ihn nach Basel, an der 1816 eröffneten Missionsschule nahm er eine Lehrstelle an; seiner Neigung und Anlage war die Verbindung von wissenschaftlicher und praktischer Thätigkeit, welche dieser Beruf mit sich brachte, vollständig angemessen; er konnte wirken für das, was sein Herz wünschte, für die Mission, für die Ausbreitung des Reiches Gottes nach verschiedenen Seiten, er konnte dem Forschungstriebe seines Geistes, der sich mit Vorliebe historischen Studien zuneigte, in seinen Lehrstunden und in sorgfältig ausgearbeiteten und elegant ausgeführten Schriften Genüge leisten. In richtiger Erkenntniß dieser Eigenart wählte das Basler Comité nach Blumhard’s Tode († am 19. December 1838) nicht ihn, sondern Wilhelm Hoffmann, seinen Landsmann, zum Missionsinspector; ein Antrag Steinkopf’s, sein Gehilfe im Predigtamt in London zu werden, scheiterte an Ostertag’s zarter Gesundheit, 1844; seitdem blieb er der Missionsarbeit treu, wurde auch Mitglied des Comité’s. Am 23. Juni 1840 heirathete er Marie Forkart von Speyr, auf ihrem Landsitz Gundeldingen bei Basel gründeten die gleichgesinnten Gatten, welchen das Elternglück versagt blieb, eine Heimath für Missionskinder, eines derselben, Emilie Kruse, adoptirten sie später förmlich; sie wurde die treue Pflegerin ihres Alters. Mit litterarischen Arbeiten: „Die Bibel und ihre Geschichte“, 1855, zum Jubiläum der Basler Bibelgesellschaft, nachher mehrfach aufgelegt; der Herausgabe der Bibelblätter, des Missionsmagazins (seit 1856), dem er eine neue mehr wissenschaftliche Richtung gab, wechselten ab die zahlreichen Reisen zu Versammlungen, Kirchentagen etc. An den Geschicken seiner deutschen Heimath in den Entscheidungsjahren 1848, 1866 und 1870 nahm er lebhaften Antheil; 1854 erwarb er sich mit einer Arbeit über chinesische Anthropologie den Doctortitel. In treuer Arbeit in der Schule, im Kreise seiner Missionstöchter, in regem Verkehr mit den unzähligen Fremden, welche Basel besuchten, mit den zahlreichen Freunden in Nah und Fern flossen die Tage dahin. Seit 1863 zwang ihn ein Herzleiden, seine litterarischen Arbeiten zu beschränken, am 15. Juni 1866 verlor er seine innig geliebte Gattin, am 17. Februar 1871 folgte er ihr nach langen geduldig getragenen Leiden im Tode. Seine sauber und fein ausgearbeiteten Schriften, dem Werke der Mission und Bibelverbreitung gewidmet, sind: „Züge aus dem Werke der Bibelverbreitung“, 1. 2., 1857; „Uebersichtliche Geschichte der protestantischen Missionen von der Reformation bis zur Gegenwart“, 1858, ein erweiterter Separatabdruck aus Herzog’s Realencyklopädie; „Entstehungsgeschichte der evangelischen Missionsgesellschaft zu Basel“, 1865, aus Anlaß des 50jährigen Jubiläums derselben verfaßt; „Wege der Bibel“, 1870; „Bilder aus dem Reiche Gottes“, 1–3, 1871–1872.

Vgl. die anziehende mit vielen Auszügen aus Briefen u. dem pünktlich geführten Tagebuch bereicherte Biographie: Dr. Albert O. Ein Lebensbild, Basel 1876, welche auch ein gut getroffenes Bild des Mannes gibt mit seiner vornehmen edlen Haltung u. dem feinen geistig belebten Gesichte.