ADB:Petri, Julius

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Artikel „Petri, Julius“ von Erich Schmidt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 31–32, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Petri,_Julius&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 08:16 Uhr UTC)
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Petri: Julius P., Dichter, wurde am 11. September 1868 zu Lippstadt in Westfalen als ältestes von sieben Kindern eines tüchtigen Klempnermeisters geboren, den schon im Frühjahr 1881 jähe Krankheit hinwegraffte. Die Mutter litt nicht, daß der begabte Junge aus dem Realgymnasium in die Werkstatt trat, wozu er sich sogleich erbot, und sie blieb ihrem höheren Pflichtgefühl treu, als der Berliner Student nach dem Tode des brüderlichen Werkführers wiederum Ersatz leisten wollte. Sie überwand dann auch die Bedenken gegen den Fortgang des Germanisten, der 1891 mit einer tüchtigen Studie über Otto Ludwig’s Bernauerin-Dramen promovirt hatte, zur freien Schriftstellerei. Daheim schuf er, der Protestant unter Katholiken, seinen ersten, auf religiösen Conflicten beruhenden Roman „Pater Peccavi“ (Stuttgart, Cotta, 1892), und bewies darin trotz ungleicher Ausführung eine ins Tiefe bohrende und mit starken Gegensätzen wirkende Kraft, während ein symbolisches Opernbuch „Dichter und Welt“ für den befreundeten Componisten W. v. Baußnern der herben und derben Art unsers Westfalen nicht lag. Von Hannover, wo er an der Leitung einer Schülerpension theilgenommen und seinen Motivschatz im Stillen gemehrt hatte, kam er nach Berlin zurück. Die bescheidene, doch durch des Verlegers und des Leiters Wohlwollen angenehm ausgestattete Stellung im Redactionszimmer der „Deutschen Rundschau“ sicherte sein Dasein und ließ ihm Muße zu regem Schaffen, zu ästhetischen Studien. In allen Gattungen griff er aus, des Könnens und des Gelingens froh, doch ohne jede kraftgeniale Ueberhebung. Da befiel den scheinbar Kerngesunden ein tückisches Herzleiden, dem er sich mit zäher Energie entgegenstemmte, aber schon am 16. November 1894 erlag. Am letzten Tage noch hat der Sterbende Abschiedsgrüße für die nächsten Freunde dictirt und mühsam unterzeichnet. Wir haben einiges hier und da Gedruckte, vor allem aber die bedeutendsten Theile, auch humoristische, des großen handschriftlichen Nachlasses als stattlichen Band unter dem Titel „Rothe Erde“ herausgegeben (Berlin, Gebr. Paetel, 1895). P. selbst hatte einen Cyklus „Was ist Wahrheit?“ bedacht. Unsre Ueberschrift soll die Novellen und ein Romanfragment, die sich um Gebundenheit und Freiheit des Sittlichen wie des Sinnlichen drehen, die Lyrik mit ihren Drostischen Heimathszügen, das an Tolstoi und Hauptmann mahnende theils gewaltige, theils gewaltsame Trauerspiel „Bauernblut“ (aufgeführt im [32] Berliner Neuen Theater, 9. Mai 1897) als westfälisches Gewächs kennzeichnen. Nach „Wahrheit“ aber hat P. selbst, der Mensch und der Dichter, stets in ehrlichem Kampfe gestrebt. Ueberall arbeitet er aus örtlicher, confessioneller, geistiger Enge auf Licht und Wärme hin, doch der reifende Künstler steht nicht im Dienste der Tendenz, sondern der Lebensgestaltung. Seine Herkunft hatte ihn mit urwüchsiger Härte ausgerüstet, die durch die innigste Sohnes- und Bruderliebe erweicht war und sich mit jugendlichem Frohsinn wohl vertrug. Unablässiger Bildungseifer versprach die Schranken seiner Welt- und Menschenkenntniß immer weiter hinauszurücken. Petri’s früher Tod hat unsere Litteratur um schöne Hoffnungen betrogen.