ADB:Schwan, Christian Friedrich

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Artikel „Schwan, Christian Friedrich“ von E. Hermann. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 176–177, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schwan,_Christian_Friedrich&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 21:20 Uhr UTC)
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Schwan: Christian Friedrich S. ist am 12. December 1733 zu Prenzlau, wo sein Vater Buchhändler war, geboren. Nachdem er in Halle und Jena Theologie studirt hatte, begann er in den verschiedensten Stellungen ein unruhiges und wechselvolles Wanderleben. Wir finden ihn 1758 als Corrector der Akademie in St. Petersburg, 1762 als Auditeur bei dem Regiment des Prinzen Georg von Holstein-Gottorp, 1763 in derselben Stellung in preußischem Dienst, 1764 als Schriftsteller in Holland. Hier veröffentlichte er „Anecdotes russes ou lettres d’un officier allemand“. Eine deutsche Uebersetzung dieses Werkes mit Anmerkungen gab er 1765 in Frankfurt a./M. heraus. Ebendort legte er durch seine Vermählung mit der ältesten Tochter des Frankfurter Buchhändlers Eßlinger am 17. August 1765 den Grund zu einer langen und glücklichen Ehe. Er übernahm die Buchhandlung, welche sein Schwiegervater in Mannheim besaß, und machte sein Haus in der kurpfälzischen Residenz bald zu einem Mittelpunkt des dort erwachten litterarischen Lebens. Besonders lebhaften Antheil nahm er an der Gründung und Pflege des Mannheimer Nationaltheaters. Unter seinen zahlreichen Schauspielen und Operntexten wurde der Kaufmann von Smyrna (Musik von Abbé Vogler) auch in weiteren Kreisen freundlich aufgenommen. [177] Er selbst ließ sich durch den Beifall, welchen der Mannheimer Localpatriotismus ihm spendete, über die bescheidenen Grenzen seiner dichterischen Kraft nicht täuschen und fand größere Befriedigung im Umgang und der Förderung wahrhaft schöpferischer Geister als in den eigenen Productionen. Unter den letzteren legte er mehr Werth auf die wissenschaftlichen Sammelwerke als die poetischen Kleinigkeiten. Mit besonderem Eifer ging er an die Herstellung französischer Wörterbücher, von welchen das größte 1792–98 in 7 Quartbänden erschien. „Trocken ist freilich die Arbeit“, heißt es in den Dedicationsversen an einen Freund, „woran schon Jahre mich fesseln, Aber sie lohnt doch dem Geist mit mancher nützlichen Kenntniß. Muthig verfolg’ ich die Bahn, die endlich zum Ziele mich führet.“ Um in der unablässigen litterarischen Thätigkeit nicht durch die französischen Revolutionskriege gestört zu werden, verließ S. 1794 Mannheim und nahm seinen Aufenthalt zuerst in Heilbronn, dann in Stuttgart, zuletzt in Heidelberg. In Heidelberg ist er am 29. Juni 1815 gestorben. – Wichtiger als durch seine längst in Vergessenheit gerathenen Werke ist S. durch seine Beziehungen zu bedeutenden Zeitgenossen. Das gastliche Haus des vielgereisten Mannes von weiter Weltbildung scheint eine besondere Anziehungskraft gehabt zu haben. Als kenntnißreicher und wohlwollender Verleger und Buchhändler konnte der brave Herr Hofkammerrath (diesen Titel empfing er schon 1778) besonders jüngeren Schriftstellern mit Rath und That beistehen. Er verkehrte nicht nur mit kleineren Leuten wie J. N. Götz, Gotter, Lenz, Maler Müller, Schubart u. s. w.; auch Lessing, Wieland, Herder, Goethe und Schiller dankten ihm manchen Freundschaftsdienst und erlebten, wenn sie nach Mannheim kamen, in seinem Hause die angenehmsten Stunden. Besonders bedeutsam hat S. in Schiller’s Leben eingegriffen. Er war es, der Schiller’s Bekanntschaft mit Dalberg vermittelte und dadurch den Räubern den Weg aufs Theater bahnte. Schiller sah in ihm den zuverlässigsten unter seinen Freunden in Mannheim. Von Leipzig aus hielt er (24. April 1785) bei S. um die Hand seiner ältesten Tochter Margaretha an. Zu dem noch vorhandenen Originalbrief hat S. am Rande die Bemerkung geschrieben: „Laura in Schiller’s Resignation ist niemand anders als meine älteste Tochter. Ich gab derselben diesen Brief zu lesen und sagte Schiller, er möchte sich grade an meine Tochter wenden. Warum aus der Sache nichts geworden, ist mir ein Räthsel geblieben.“ In Wahrheit hat S. damals höflich ablehnend geantwortet, doch scheint der Grund der Ablehnung mehr bei der Tochter als bei dem Vater zu suchen. Vielleicht war das Verhältniß der Tochter zu G. Chr. Götz, dem Leiter und späteren Erben des Schwan’schen Geschäfts, mit welchem das Mädchen von frühester Kindheit auf im lebhaften Verkehr stand, das Haupthinderniß. Der Sohn dieses G. Chr. Götz, Friedrich Götz, Herausgeber der „Geliebten Schatten“, läßt in einer absichtlich etwas dunkel gehaltenen Anmerkung der Vermuthung Raum, daß Margaretha S. sich damals mit dem Gedanken getragen habe, Schauspielerin zu werden. Jedenfalls hat sich Schiller über die fehlgeschlagene Hoffnung bald zu trösten gewußt. Margaretha S. ist am 7. Januar 1796, noch nicht dreißig Jahre alt, gestorben.

E. Hermann.