Zum Inhalt springen

ADB:Schwerd, Friedrich Magnus

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schwerd, Friedrich Magnus“ von Siegmund Günther in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 415–417, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schwerd,_Friedrich_Magnus&oldid=- (Version vom 6. Oktober 2024, 20:56 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Schwerdt, Heinrich
Band 33 (1891), S. 415–417 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Friedrich Magnus Schwerd in der Wikipedia
Friedrich Magnus Schwerd in Wikidata
GND-Nummer 115755659
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|33|415|417|Schwerd, Friedrich Magnus|Siegmund Günther|ADB:Schwerd, Friedrich Magnus}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=115755659}}    

Schwerd: Friedrich Magnus S., Astronom und Physiker, geb. am 8. März 1792 in Osthofen (bei Worms), † am 22. April 1871 in Speyer. Von F. Schwerd’s Jugendjahren ist wenig bekannt, vielmehr beginnt seine Biographie eigentlich erst mit dem Jahre 1814, in welchem er Lehrer am Progymnasium zu Speyer wurde. In dieser Stellung verblieb er vier Jahre lang und wurde [416] dann Professors der Mathematik und Physik am kgl. Lyceum. Er hat dieses Amt fast volle vierundfünfzig Jahre bekleidet.

So einfach der äußere Lebensgang des genialen Mannes war, mit einem umso reicheren Inhalte war dieses Leben erfüllt, denn S. hat sowohl als Geodät, wie auch als Physiker unsterbliches geleistet. Schon frühzeitig fühlte er sich durch die damals im Vordergrunde des Interesses stehenden Gradmessungsarbeiten zur Theilnahme an denselben angeregt, allein für ihn, den von äußeren Mitteln entblößten Schulmann, schien sich eine solche von selbst zu verbieten. Gleichwohl ließ er den Gedanken nicht aus den Augen und lieferte endlich wirklich eine Triangulation der Rheinpfalz, welche nach zwei Seiten hin von hoher Bedeutung war. Zum Theile spricht sich dies aus in dem etwas weitläufigen Titel des Werkes (Speyer 1822), in welchem er über seine Arbeit Bericht erstattete („Die kleine Speyerer Basis oder Beweis, daß man mit geringem Aufwande an Zeit, Mühe und Kosten durch eine kleine, genau gemessene Linie die Grundlage einer großen Triangulation bestimmen kann“). Bis dahin war es als unmöglich erachtet worden, von einer so kleinen Grundlinie aus ein ausgedehntes Dreiecksnetz festzulegen, aber freilich bedurfte es zur Erreichung des Zieles auch eines so hohen Maßes von Genauigkeit, wie es S. zu Gebote stand, der auch durch neue, scharfsinnig erdachte Mittel die Zwischenräume zwischen den an einander gelegten Maßstäben zu ermitteln wußte. Die andere Neuerung, von der wir sprechen, bestand darin, daß S. zur Ausgleichung seines Netzes ein Verfahren anwendete, welches allerdings von der Methode der kleinsten Quadrate abwich und deshalb von der Mitwelt weniger beachtet wurde, welches aber, einer strengen von Jordan vorgenommenen Revision zufolge, eine überraschende Genauigkeit gewährleistete. Schwerd’s Erfolge lenkten die Aufmerksamkeit der baierischen Regierung auf ihn, und diese bewilligte die Mittel zum Bau eines Observatoriums und zur Anschaffung eines 20zölligen Meridiankreises. Die von ihm mit den neuen Instrumenten angestellten Beobachtungen findet man theils in den „Astron. Nachrichten“ (Band 1 bis 13), theils in zwei selbstständig erschienenen Quartbänden (Speyer 1829–30) beschrieben. Zu bedauern ist, daß er später von der Beobachtungsthätigkeit sich fast ganz zurückzog, denn sein Sternkatalog, der 1751 Positionen enthält, und dessen Fundamentalsterne 12–20 mal beobachtet waren, zeugt von seiner Vertrautheit mit diesen schwierigen Arbeiten; übrigens hatte er auch eine jener Sternkarten übernommen, deren Ausarbeitung die Berliner Akademie, um die Auffindung der kleinen Planeten zu erleichtern, angeregt und unter die hervorragendsten Fachmänner des In- und Auslandes vertheilt hatte. In seinen späteren Jahren warf sich S. auf ein enger begrenztes Gebiet der Sternkunde, nämlich auf die Sternphotometrie; leider hat er von diesen Studien nicht mehr viel in die Oeffentlichkeit dringen lassen. Das Diaphragmen-Photometer, welches er für diesen Zweck construirte, darf aber neben den bekannten Apparaten von Seidel und Zöllner einen geachteten Platz beanspruchen.

Der reinen Mathematik trat S. nur gelegentlich näher. Da er im Anfange seiner Lehrthätigkeit, welche allseitig als eine gesegnete, erfolgreiche geschildert wird, auch in den Elementen zu unterrichten hatte, so verfaßte er ein eigenes arithmetisches Lehrbuch zur Einführung in das damals neue Decimalsystem. Veranlaßt durch den Achsenfehler seines Meridianfernrohres, schrieb er ferner 1830 ein interessantes Gymnasialprogramm, worin er den geometrischen Ort der Spitze eines beweglichen Winkels untersuchte, dessen Schenkel stets an einer Curve zweiter Ordnung berührend hingleiten.

Keine der Schriften Schwerd’s kann sich jedoch an Bedeutung messen mit dem 1835 zu Speyer herausgekommenen Werke „Die Beugungserscheinungen aus den Fundamentalsätzen der Undulationstheorie analytisch entwickelt und in Bildern [417] dargestellt“. Seitdem Fresnel die Interferenz auf Transversalschwingungen des Lichtäthers zurückgeführt hatte, war in der physikalischen Optik ein gewisser Stillstand eingetreten, bis S. einen neuen großartigen Fortschritt anbahnte. Mit den unscheinbarsten Vorrichtungen (vgl. auch Band 38 der Annalen der Physik und Chemie von Poggendorff) stellte er die schönen Farbenphänomene dar, welche sich ergeben, sobald Lichtstrahlen durch Hindernisse von ihrem gradlinigen Wege abgelenkt, gebeugt und zu gegenseitigem Interferiren gebracht werden; ein mit Asphaltlack geschwärztes Uhrglas, eine innen berußte Glasröhre, eine Vogelfeder genügten ihm als Beobachtungsmittel. Auch theoretisch hat S. diese Probleme aufs gründlichste durchgearbeitet, wobei er sich gewisse mathematische Hilfsmittel, die Summation trigonometrischer Reihen u. s. w., erst schaffen mußte, und sogar der Astronomie und der meteorologischen Optik gab er werthvolle Fingerzeige, welche mehrfach allerdings erst von der Folgezeit richtig verstanden und ausgenützt wurden.

Nekrolog von v. Kobell, Sitzungsber. d. k. bayer. Akad. d. Wissenschaften, 1872, II. S. 93 ff. – Nekrolog von Heel, Programmabhandlung des kgl. Gymnasiums zu Speyer, 1872.