ADB:Starck, Johann Friedrich

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Artikel „Starck, Johann Friedrich“ von Karl Friedrich Ledderhose in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 463–465, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Starck,_Johann_Friedrich&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 18:38 Uhr UTC)
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Starck: Johann Friedrich St., lutherischer Pfarrer und Consistorialrath zu Frankfurt a. M., Verfasser des Gebetbuches „Tägliches Handbuch in guten und bösen Tagen“, eines unter dem evangelischen Volke außerordentlich verbreiteten Buches. Es zeichnet sich durch seine volksthümlichen, innigen Betrachtungen und Gebete aus. St. hat noch viele religiöse Schriften, z. B. „Betrachtungen auf alle Tage“ geschrieben, auch an tausend Kirchenlieder gedichtet, von denen jedoch nur wenige Aufnahme in Gesangbücher gefunden haben. Er steht auf dem Bekenntnißgrunde der lutherischen Kirche. Er ist am 10. October 1680 zu Hildesheim geboren, woselbst sein Vater Johann Oyer St. das Bäckerhandwerk betrieb. Er war durch Kriegsläufte aus seiner Vaterstadt Frankfurt dahin verschlagen worden. Die Eltern hatten im Sinne, ihn ein Handwerk lernen zu lassen, aber der schon herangewachsene Knabe zeigte keine Lust dazu, sondern äußerte dringend den Wunsch, zu studiren. Er besuchte dann mit Uebereinsiimmung seiner Eltern das Gymnasium zu Hildesheim. Zwei mit ihm nahe verwandte Frankfurter Pfarrer, Starck und Johann Balthasar Ritter, wünschten, ihn mehr in der Nähe zu haben, um ihm mit Rath und That beizustehen. Im J. 1702 bezog er deshalb die Universität Gießen. Damals zeichnete sich diese Hochschule durch entschieden christlich gesinnte und berühmte Lehrer aus; namentlich finden wir als solche die Professoren May und Lange. Der auserwählte Theolog Philipp Jacob Spener, einst Pfarrer in Frankfurt, hatte auch auf die Gießener Professoren Einfluß gewonnen. Wie Spener, so hielten auch diese gläubigen Professoren Privaterbauungsstunden. St. besuchte sie mit reichem Gewinn für sein Inneres. Als er seinen Frankfurter Verwandten die Mittheilung machte, er möchte gerne die Universität Straßburg besuchen, riethen sie ihm, lieber nach Frankfurt zu kommen. Hier versah er zuerst in Sachsenhausen, dann in Frankfurt selber die Stelle eines Hauslehrers. Im Frühling 1707 wurde er nach wohlbestandenem Examen unter die Frankfurter Candidaten aufgenommen und hatte im Armen- und Waisenhaus zu predigen. Ganz unerwartet erging von Genf aus der Ruf an ihn, das Diakonat an der deutschen [464] Kirche daselbst zu übernehmen. Er erkannte darin einen Ruf vom Herrn und langte im November 1709 bei seiner Gemeinde an. Ueber zwei Jahre verwaltete er mit Treue und Geschick sein Amt. Wir begegnen ihm auf seiner Rückreise zuerst in Paris. Er hatte sich nämlich in Genf die französische Sprache so angeeignet, daß er darin mit Leichtigkeit und Geschick predigen konnte. In Paris beschäftigte er sich viel mit den daselbst aufgehäuften gelehrten Schätzen und knüpfte mit berühmten Gelehrten und Rednern persönliche Verbindungen an. Doch zog es ihn nach Frankfurt, besonders deshalb, weil nach dem Tod des deutschen Kaisers Josef I. gerade in Frankfurt, dem Wahlort der deutschen Kaiser, die neue Wahl stattfinden sollte. Er wollte sich die mit der Wahl verbundenen Festlichkeiten ansehen. Er trat nun wieder sein Amt im Armen- und Waisenhause an und verband damit die Stelle eines Hauslehrers bei den Söhnen des Stadtschultheißen Johann Christoph v. Ochsenstein. Da geschah es, daß zu Sachsenhausen eine Pfarrstelle zu besetzen war. Seine Predigt machte einen solch tiefen Eindruck, daß er zum Pfarrer ernannt wurde. Acht Jahre lang arbeitete er mit großem Erfolg in Sachsenhausen. Doch die Frankfurter zogen ihn in die Stadt. Daselbst durchlief er die verschiedenen Stufen der pfarramtlichen Thätigkeit. Namentlich rühmte man ihn als Hospitalpfarrer. Er arbeitete daselbst in großem Segen, besonders hob man hervor, daß er mit nachdrücklichem Einflusse an Verbrechern, die zur Hinrichtung bestimmt waren, wirkte. Im J. 1742 wurde er Consistorialrath. Schon vor 25 Jahren war er in den Ehestand getreten mit Katharina Reuß, der Tochter eines Frankfurter Kaufmanns. Von seinen 7 Kindern überlebten ihn nur 2 Söhne, von welchen der eine Rechtsgelehrter, der andere (Johann Jacob St., bekanntlich Oheim von Goethe) Pfarrer in Frankfurt war. St. verwaltete sein Pfarramt nicht bloß nach den vorgeschriebenen Dienstpflichten, sondern er richtete nach der Art Spener’s Erbauungsstunden ein zur Weiterförderung im Christenthum. Ueber 30 Jahre hielt er nach dem Gottesdienst einen erbaulichen Vortrag, welcher von ernst gesinnten Seelen mit Segen benützt wurde. Jedoch nicht alle, welche die Kirche besuchten, waren mit dieser besonderen Art der Arbeit einverstanden. Er ging ihnen, wie sie meinten, zu weit, während andere hochmüthige Geister behaupteten, es gehe nicht weit genug, und sich deshalb von den Gnadenmitteln der Kirche, von dem Wort und den hl. Sacramenten, lossagten. Wie wir schon wissen, stand er in seinem Herzen in dem Bekenntniß der lutherischen Kirche, und von da aus kämpfte er in einigen Schriftchen gegen diese Separatisten. Vgl. darüber Walch, Einl. in die Religionsstreitigkeiten der evangelisch-lutherischen Kirche V, 1078–1085. Der Herr der Kirche hatte ihm in reichem Maße die Gabe verliehen, die Sünder zur Buße zu rufen, während sein geistvoller Mitarbeiter, Fresenius, besonders das verstand, die erweckten Seelen weiterzufördern. Doch wissen wir aus Starck’s Schriften, daß er auch ein Meister war im Trösten. Er war aber nicht bloß ein treuer Arbeiter in seinem Amte, sondern zitirte dasselbe auch durch einen musterhaften Lebenswandel. Während er in seiner Jugend mehr oder weniger mit Armuth zu kämpfen hatte, hatte ihn Gott in seinem Amte mit den Gütern dieser Welt reich gesegnet, welche er zum Dienst armer und kranker Leute benutzte. Im Frankfurter Armenhaus traf jedes Jahr ein Geschenk von 500 Gulden ein mit der Unterschrift: „Von einer Gott liebenden Seele.“ Erst nach seinem Tode erfuhr man, daß St. der Uebersender war. Während er in seinem bisherigen Leben sich nur der Gesundheit erfreuen konnte, ergriff ihn im J. 1755 eine Lungenentzündung. Obwohl er hergestellt schien, hatte er im Juni des folgenden Jahres heftige Fieberanfälle, und er hatte das Gefühl, daß sein Ende wohl bald kommen werde. Noch in diesem Monat ließ er sich nach einer herzlichen Beichte von seinem Beichtvater das hl. Abendmahl reichen. Als [465] ihn 3 Tage vor seinem Tod sein Seelsorger fragte, was er denn mache, antwortete er: „Ich bin allein mit dem alleinigen Gott beschäftigt.“ Seinen Leichentext hatte er mit Bezug auf seinen Namen selbst gewählt, er steht Psalm 28, 7. Er verschied am 17. Juli 1756 im Alter von 75 Jahren.

Die Frankfurter Originalausgabe des Handbuchs (besorgt von seinem Sohn Johann Jacob St.), sowie die Ausgabe Basel 1870 durch den Unterzeichneten.