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ADB:Utenhof, Wolfgang von

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Artikel „Utenhof, Wolfgang von“ von Rochus von Liliencron in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 410–415, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Utenhof,_Wolfgang_von&oldid=- (Version vom 29. November 2024, 23:06 Uhr UTC)
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Band 39 (1895), S. 410–415 (Quelle).
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Utenhof: Wolfgang v. U. (so scheint er selbst sich geschrieben zu haben; die heutige Schreibung der Familie ist Uttenhoven; daneben früher auch Utenhofen, Uttenhofen), bedeutender Gottorpischer Staatsmann aus dem in Thüringen, dem Voigtland, der Niederlausitz und Franken angesessenen Geschlecht des Namens, welches (nach Hellbach’s Adelslexikon) zuerst in einem Lehnbrief des Landgrafen Friedrich von Thüringen 1328 erscheint. Geboren gegen Ende des 15. Jahrhunderts im Amt Weida, welches damals zum Voigtlande gehörte, bezog er 1513 die Universität Wittenberg zum Studium beider Rechte, erwarb sich den Magistergrad und wurde 1518 zum Erzieher des im J. 1503 geborenen Herzogs Christian, Sohnes Herzog Friedrich’s I. von Schleswig-Holstein, nachmaligen Königs von Dänemark (s. A. D. B. IV, 184 und VII, 515), berufen. Hofmeister des jungen Herzogs war der berühmte Graf Johann Rantzau (s. A. D. B. XXVII, 280). U., der dem Herzog von der Universitat Wittenberg durch ein glänzendes Zeugniß empfohlen war, erwarb sich schnell das bald uneingeschränkte und bis zu K. Friedrich’s Tode unwandelbar gebliebene Vertrauen seines neuen Herrn und schon seit 1520 sehen wir ihn als Herzogl. Rath an wichtigen Verhandlungen theilnehmen, 1520 in Segeberg an den Waffenstillstandsverhandlungen zwischen König Christian II. von Dänemark und Lübeck; 1522 zu Nürnberg, von wo ihn die Reichsregierung in gleicher Angelegenheit nach Lübeck schickte. Daß seine Vermittlung hier ohne Folgen blieb, war wol seinem Herrn dem Herzog wie ihm selbst nicht unlieb. Die Folge der andauernden Wirren war 1523 die Vertreibung und Flucht Christian’s II. aus [411] Dänemark; U., jetzt zum Kanzler ernannt, tritt damit auf den Schauplatz der großen Politik und zwar mit festen Zielen für das Gottorpische Haus, die er in rastloser Thätigkeit im Verlaufe zweier Regierungen, Friedrich’s und Christian’s, verfolgt hat, theils im Einklang, theils aber auch offenbar in einem gewissen Gegensatz zu Johann Rantzau, der im Rathe der beiden Herzog-Könige die oberste Stelle einnahm; neben ihm besonders Melchior Rantzau und Wolf Pogwisch. Den Gegensatz kann man im allgemeinen so bezeichnen, daß in Utenhof’s Rechnung und Rathschlägen das Gottorpische Hausinteresse, in Johann Rantzau’s dagegen das Interesse der Herzogthümer in ihrem Verband und ihrer Selbständigkeit den obersten Gesichtspunkt bildete. Einstweilen freilich und auch später in den meisten Fragen fiel beides zusammen. Utenhof’s Wirksamkeit im einzelnen zu verfolgen, ist hier unmöglich; es hieße eine Geschichte der beiden Regierungen bis zu seinem Tode schreiben. Sein persönlicher Antheil an dem Gang der Entwickelung läßt sich auch aus den Acten meistens nicht einmal sicher feststellen. Nur so viel läßt sich sagen, daß jedenfalls bis zu Friedrich’s I. Tod (1533) sein schwerwiegender Rath wol in keiner wichtigen Sache gefehlt hat. Später ward dies, wie wir sehen werden, anders. Hier kann nur Einzelnes hervorgehoben werden. Das Ziel, was U. ins Auge faßte, sobald die von ihm zu Flensburg geführten letzten Unterhandlungen mit Christian II. gescheitert waren, war die Erwerbung der dänischen Krone für Friedrich I., den er auf der Reise nach Viborg begleitete, wohin ihn die Jüten gerufen hatten um ihm als „erwähltem König“ zu huldigen (26. März 1523). Während der weiteren Entwickelung in Dänemark, die am 7. August 1524 zur Krönung in Kopenhagen führte, entfaltete U. eine rastlose Thätigkeit zur Sicherung des Gewinnes in Nürnberg und an den norddeutschen Fürstenhöfen. Von besonderer Wichtigkeit wurden die Beziehungen zum Hochmeister Albrecht, welche zu knüpfen ihm gelang und welche, nachdem sich Albrecht zum Herzog von Preußen erklärt hatte, 1526 zu dessen Vermählung mit König Friedrich’s Tochter Dorothea führten. Der Herzog gewann fortan den wichtigsten Einfluß am Gottorpischen Hof. Zwischen dem herzoglichen Paare und U. bildete sich bald ein vertrauensvolles Verhältniß und es entspann sich eine Correspondenz, welche oft die wichtigsten Einblicke in die Verhältnisse der folgenden Periode gewährt. Wiederholt sieht man in schwierigsten Lagen U. dem herzoglichen Paare Winke geben, welche diese dann bei ihren Schreiben und Sendungen nach Gottorp und Kopenhagen zu Grunde legen. Wenn U. nicht durch diplomatische und geschäftliche Reisen ferngehalten wurde weilte er stets am Hofe des Königs, dem sein täglicher Rath unentbehrlich war. Aus diesem Grunde lehnte der König z. B. 1528 die Bitte des Landgrafen Philipp ab, ihm U. für eine Sendung nach Frankreich zu schicken. Sein Kanzlerthum aber bezog sich immer nur auf die Herzogthümer. Für Dänemark hatte der König seine eigenen Räthe. Uebrigens stand U. um diese Zeit auch mit dem dänischen Adel, in dessen Händen im Reichsrath die entscheidende Macht lag, auf gutem Fuß. Seine Politik ging dahin, das Verhältniß zwischen Dänemark und den Herzogthümern so zu gestalten, daß beide Theile in der dauernden Verbindung ihren Vortheil erkännten und daß der bis zu schroffer Abneigung herangewachsene Gegensatz zwischen der deutschen und dänischen Aristokratie ausgeglichen werde. Sein dänischer Biograph Heise (s. u.) meint nicht mit Unrecht, man könne ihn mit dem jüngeren Parteinamen als eine Art von Gesammtstaatsmann bezeichnen. Mit seinem einstigen Zögling und nachmaligen König aber, dem jungen Herzog Christian gerieth er, von anderem abgesehen, auch hierüber in ein gespanntes Verhältniß. U. rechtfertigt sich darüber in einem merkwürdigen Brief vom 25. April 1527 an Herzog Albrecht: es sei sehr zu beklagen, daß Herzog Christian die Dänen so oft vor [412] den Kopf stoße. Ein weiterer Grund der Spannung lag in Herzog Christian’s rücksichtslosem Eifer für Durchführung der Reformation. U. selbst hatte wol eine gut lutherische Gesinnung von Wittenberg mitgebracht und er suchte ja die Deckung seines Herrn gegen den vertriebenen Christian II. und seine Helfer, unter denen dessen Schwager Kaiser Karl V. natürlich obenanstand, hauptsächlich im Kreise der protestantischen Fürsten. Aber er theilte offenbar und vertrat die vorsichtigere Haltung seines königlichen Herrn, der die ohnehin kaum zu überwindenden Schwierigkeiten seiner Lage nicht noch durch den Kirchenstreit vermehren wollte. K. Friedrich wußte in kluger Ruhe mit der hohen Geistlichkeit im Königreich und in den Herzogthümern ein leidliches Verhältniß zu wahren, ohne sich doch zum Einschreiten gegen die lutherischen Prädicanten nöthigen zu lassen. Diese, denen die freie Predigt unverkümmert blieb, machten daher in den Herzogthümern wie beim Volk, so auch unter dem Adel, die Rantzau’s an der Spitze, in Dänemark wenigstens unter dem Volk sichere und unaufhaltsame Fortschritte. Gerade dadurch reifte in diesen Landen die Reformation ohne große Erschütterungen in solcher Weise heran, daß hernach König Christian III. die Frucht nur zu pflücken brauchte. Jedenfalls gebührt hieran U. ein Theil des Verdienstes. Im Juli 1532 brachte U. den wichtigen Alliancetractat zwischen Friedrich I. und Herzog Albrecht von Preußen zu Stande. Ob er an der heimtückischen Gefangensetzung Christian’s II. in Sonderburg einen persönlichen Antheil gehabt hat, läßt sich nicht erkennen, sein Name wird dabei nirgends genannt. Die geschehene That mit allen Künsten der Sophistik und der Verdrehung zu rechtfertigen hat er allerdings nachher nicht abgelehnt und der Behauptung und Ausnutzung der Folgen dieses bedenklichen Gewaltstreichs hat er bis in seine letzten Lebenstage seine ganze Diplomatie gewidmet.

Als Friedrich I. am 10. April 1533 auf Schloß Gottorp, wo er stets am liebsten verweilte, starb, war in Lübeck die Wullenwebersche Umwälzung (s. d. A. Wullenweber) bereits eingetreten und es folgte die große Katastrophe, vor der U. schon längst gewarnt hatte: die sogenannte Grafenfehde, die neue Erhebung in Dänemark und Norwegen unter dem Aushängeschilde der Wiederherstellung Christian’s II., thatsächlich ein Kampf Lübecks an der Spitze der Hansa zur Erlangung einer Großmachtstellung in der Ostsee und zur Verdrängung des niederländischen Handels aus den Ostseelanden; die Eroberung Kopenhagens durch die hansische Macht unter dem Grafen Christoph von Oldenburg (s. A. D. B. IV, 241) und Herzog Albrecht von Mecklenburg-Güstrow (s. A. D. B. I, 276) und zugleich unter dem dänischen Adel und den Bischöfen der Versuch, die Gelegenheit auszubeuten, um die ganze Regierung Dänemarks an sich zu reißen. Während daher Christian III. in Kiel am 8. Juni 1533 die Erbhuldigung der Herzogthümer empfing, schob der dänische Reichsrath, indem er an dem Grundsatz der völligen Wahlfreiheit festhielt, unter nichtigen Vorwänden die Wahl hinaus. U. fand sich der Gefahr gegenüber, sein ganzes politisches System zusammenbrechen zu sehen. Die Gefahr war um so größer, weil den schleswig-holsteinischen Ständen die eigene Unabhängigkeit weit wichtiger war, als die Verbindung mit Dänemark unter demselben Herrscher und weil der junge Herzog sogar schon immer Neigung gezeigt hatte, die dänische Krone fahren zu lassen. Zuvörderst galt es aber, der den beiden Landen gemeinsam von der Hansa drohenden Gefahr durch eine veränderte politische Frontstellung zu begegnen. Wir finden U., der durch ein ihm von K. Friedrich I. schon 1526 verliehenes dänisches Lehn (Hindsgavl auf Fünen) das Recht der Theilnahme am Reichsrath hatte, 1533 in Kopenhagen, um für den Anschluß an die Niederlande zu wirken. Er geht sogar im Auftrag des dänischen Reichsraths als Gesandter nach den Niederlanden; das gesuchte Bündniß wurde im Genter Tractat [413] vom 9. September 1533 erreicht. Seine Thätigkeit im Rath des Herzogs wurde aber um diese Zeit durch die angedeuteten Gegensätze dergestalt beeinträchtigt, daß er sich zurückziehen wollte. Er seinerseits unterschätzte den Charakter und die Fähigkeiten seines Zöglings. Wol hatte sich der Herzog bei ziemlich losem Leben bis dahin vielfach hier haltlos und unselbständig, dort zufahrend gezeigt; die schweren Zeiten haben ihn aber zu einem einsichtigen, großer und rascher Entschlüsse fähigen und dabei gegen die niedergeworfenen Gegner leidenschaftslos milden Regenten entwickelt. Auch U. mußte in einem Schreiben vom 19. November 1534 an Herzog Albrecht anerkennen, sein Herr sei „gar ein frommer, günstiger und milder Fürst, der auch alle Sachen gern gut sähe, sich auch in seinen Sachen viel besser und gütiger, dann eine Zeitlang an ihm zu hoffen gewest, erzeigt“. Der versöhnend eingreifende Herzog Albrecht erreichte denn auch, daß U. sein Kanzleramt wieder aufnahm und weiter in der Umgebung Herzog Christian’s blieb. Jener Brief ward im Lager vor Lübeck geschrieben in dem Augenblick, als der Herzog die Lübecker zu dem Separatfrieden mit den Herzogthümern gezwungen hatte, der ihm im Norden freie Hand schaffte. An diesem Friedenstractat hatte jedenfalls U. wichtigen Antheil. Es folgte nun 1534 bis 1536 die Unterwerfung und allmähliche Huldigung Dänemarks (in Kopenhagen capitulirten Graf Christoph und Herzog Albrecht am 28. Juli 1536), der Sturz Wullenweber’s, die Gefangensetzung der dänischen Bischöfe und die Abschaffung der weltlichen Bischofsmacht; die Reformation unter Bugenhagen’s Leitung, und die neue Verfassungsordnung in Dänemark. An diesen folgenreichen Thaten und Ereignissen hatte U. als deutscher Kanzler geschäftlich keinen Antheil. Daß sein guter Rath nicht fehlte, zeigen die Briefe. Bei den schon im Sommer 1535 zu Hamburg begonnenen, am 13. Januar 1536 fortgesetzten Unterhandlungen, die am 14. Februar zum Frieden zwischen dem nunmehrigen „erwählten“ König Christian III. (seine Krönung in Kopenhagen fand erst am 12. August 1537 statt) und Lübeck führten; finden wir dagegen U. als Hauptvertreter seines Herrn. Hier war es, wo U. den Lübecker Gesandten, die hartnäckig auf der Freigebung des gefangenen Christian II. bestanden, antwortete: lebend bekomme man ihn nicht; wenn in Sonderburg die ganze Besatzung bis auf Einen Mann falle, so werde dieser letzte König Christian’s Herz durchbohren. Der gefangene Wullenweber schob in seinen Aussagen die ganze Schuld am Bruch zwischen Lübeck und Christian III. auf die holsteinischen Räthe und vor allem auf U. wegen des erwähnten Bündnisses mit der niederländischen Regierung. Wenn jetzt der König seinen Schwager den Herzog Albrecht, für diesmal noch ohne Erfolg, bat, persönlich zu kommen, um ihn zu berathen, so entsprach er damit einem Wunsch, den U. schon längst gehegt und brieflich befürwortet hatte. Er war der Ueberzeugung, daß in Dänemark mit scharfem Besen gekehrt und durchgreifende Reformen ausgeführt werden müßten. Beides geschah ja in der That; wol auch dabei ist Utenhof’s Rath nicht ohne Einfluß gewesen. Er fürchtete stets des Königs zu nachgiebigen und milden Sinn. Bei der Uebergabe Kopenhagens war er zugegen; den capitulirenden beiden deutschen Fürsten nahm er den Eid ab. Im Winter und Frühjahr 1537 finden wir ihn zu neuen Verhandlungen mit dem Schmalkaldener Bund in Schmalkalden. – Inzwischen hatte sich aber sein Verhältniß zum König wieder so unfreundlich gestaltet, daß der König ihm sogar das Kanzlergehalt nicht mehr auszahlen wollte. Die Sache ist unklar. Es scheint sich um den aufs neue verschärften Gegensatz seiner Politik zu der der schleswig-holsteinischen Räthe, namentlich wol also Johann Rantzau’s zu handeln. Andeutungen dafür finden sich darin, daß U. schon 1533 die Erneuerung der sogen. Union, in der die Deutschen die wichtigste Garantie für die völlige Selbständigkeit der verbundenen Herzogthümer dem Königreich [414] gegenüber sahen, gemißbilligt hatte und daß er jetzt die Theilung der Herzogthümer unter dem König und seinen Brüdern förderte, um deren willen, als sie (nach Utenhof’s Tode) 1544 zu Stande kam, Rantzau sich im Unmuth zurückzog. Auch diesmal (1538) gelang es dem Herzog Albrecht, eine Aussöhnung zu vermitteln, obgleich U. in seiner schwer angegriffenen Gesundheit einen offenbar triftigen Grund hatte, sich von den aufreibenden Anstrengungen des täglichen Dienstes zurückzuziehen; er hatte sich schon wiederholt zur Erholung in seine Heimath begeben müssen. Wir sehen ihn übrigens um diese Zeit mit einer „jungen“ Frau verheirathet. Ein Gutachten, welches er in der z. Z. in den Vordergrund des politischen Interesses getretenen Frage der dänischen Thronfolge dem König-Herzog erstattete, zeigt in besonderer Deutlichkeit sein politisches System. Vor allen, schreibt er, solle der König im Reich (d. h. Dänemark) Christenglauben und Sitte wieder zu festen bestrebt sein und den eingerissenen Lastern steuern, die nachgerade eine allgemeine Auflösung aller Bande drohten. Durch fleißige Reisen im Reich solle er Bürger und Bauern an sich binden, ohne ihnen durch großes Gefolge zu kostspielige Lasten aufzubürden. Den erblichen Haß zwischen Dänen und Deutschen solle er beschwichtigen, damit bei seinem Tode das gottorpische Haus die dänische Krone nicht wieder verliere und beide Theile einträchtig beisammen blieben. Die Union von 1533 solle zwar erneuert werden, aber unter Entfernung derjenigen Bestimmungen, die die Herzogthümer dem Reich gegenüber ganz als unabhängigen Staat hinstellten. Dies erschwere eine günstige Einwirkung des Adels der einen Reichshälfte auf den der andern. Um diesen zu stärken, solle der König nach Möglichkeit Heirathen zwischen dem deutschen und dänischen Adel befördern, ferner möglichst viel Schleswig-Holsteiner und auch andere Deutsche mit dänischem Kronbesitz belehnen, auch umgekehrt einige Dänen in den Herzogthümern. Wenn Utenhof’s dänischer Biograph hierin eine Theorie der Verdeutschung Dänemarks sieht, so scheint das doch moderne Anschauung auf anders geartete Verhältnisse zu übertragen. U. glaubte offenbar nur, der König bedürfe ausländischer Elemente, auf die er sich verlassen könne, in höherem Maaße dem dänischen als dem deutschen Adel gegenüber, weil die Wirren der Zeit Dänemark nahezu an den Rand einer oligarchischen Adelsrepublik gebracht hatten. – Im Frühjahr 1539 ist U. mit der Abfassung einer „Chronik“ von Christian’s I. Zeiten an beschäftigt. Es wird das Fragment sein, welches im Danske Magazin 3 R. III 1–26 abgedruckt ist, ein unfertig gebliebener, immerhin lehrreicher Entwurf. Auch hier zeigt sich das von U. von Anfang an verfolgte Bestreben, das ausschließliche Erbrecht der Linie Friedrich’s I. an die Herzogthümer (mit Ausschluß der Descendenz seines älteren Bruders, des Königs Hans) zu erweisen. – Im Frühling 1540 reiste U. wieder in seine Heimath, zunächst nur zur Erholung; er ist aber nicht wieder nach Gottorp zurückgekehrt. Kanzler blieb er zwar bis zum Tode, ließ sich aber daneben zum kurfürstlichen Amtmann in Werdau ernennen, wo er fortan wohnte. In großer politischer Action erscheint er nur noch einmal 1541 als Gottorpischer Gesandter auf dem Nürnberger Reichstag. Der Kaiser trat hier für das behauptete dänische Erbrecht seiner Nichte ein, der Tochter des gefangenen Königs Christian, und Gemahlin des abenteuerlichen Pfalzgrafen Friedrich (s. A. D. B. VII, 603); sogar Landgraf Philipp ergriff die Partei des Pfalzgrafen, ohne Zweifel, weil er den Unberechenbaren damit für die Sache der Schmalkaldener zu gewinnen hoffte. U. kämpfte dawider in unverminderter Zähigkeit und Schärfe des Geists, hintertrieb jede schädliche Abmachung und erreichte beim Kaiser eine Verlängerung des ablaufenden niederländischen Stillstandes. – Zwischen dem 12. Januar und 11. Februar 1542 ist er dann, erst etwa 45 Jahre alt, gestorben. Sein Nachfolger als deutscher Kanzler König Christian’s III. war Andreas v. Barby.

[415] A. Heise, Wulfgang von Utenhof, Kongerne Frederik den 1stes og Christian den 3dies tyske Kansler (in: Histor. Tidskrift, sjerde Räkke, Sjette Bind 1877–78 S. 163–328). – Dietrich Schäfer, Geschichte von Dänemark (in Heeren, Ukert und Giesebrecht’s Gesch. d. europ. Staaten) Bd. 4 (die Geschichte Friedrich’s I. und Christian’s III. enthaltend).