Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section/H07

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Heft 6 des Voigtländischen Kreises Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen von Gustav Adolf Poenicke
Heft 7 der Section Voigtländischer Kreis
Heft 8 des Voigtländischen Kreises
Die Beschreibungen sind auch als Einzeltexte verfügbar unter:
  1. Mechelgrün
  2. Pirk
  3. Sorga
  4. Nosswitz


[49]
Mechelgrün.


Mechelgrün, noch im sechszehnten Jahrhundert Mechtelsgrün genannt, liegt eine Stunde östlich von Plauen in einem freundlichen offenen Thale an dem bei Lottengrün entspringenden Bache. Der Ort raint mit den Fluren von Neuensalz, Friesen, Theuma und Siebenhitz und besitzt ein Areal von 679 Ackern 177 □ R. mit 8373 Steuereinheiten, hat zwei Mühlen, einen Gasthof und ist nach Theuma eingepfarrt. Westlich vom Oberdorfe liegt eine abgesonderte Schäferei und durch das Unterdorf führt die Strasse von Plauen nach Auerbach; durch die westlich gelegenen Fluren aber die Oelsnitz-Leipziger Chaussee. Die Einwohnerschaft besteht aus dreihundert Seelen.

In Mechelgrün befinden sich zwei zusammengebaute Rittergüter, welche in der ersten Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts bei einer Erbtheilung aus dem einen vorhandenen Gute entstanden. Die Gründung des Rittersitzes fällt in das zwölfte Jahrhundert und der Name rührt wahrscheinlich von einer Edelfrau, Mechthilde, her, die zu den ersten Besitzern des Ortes gehörte, obgleich eine Voigtländische Chronik das Dorf „Michaelsgrün“ nennt und demnach dessen Namen von einem Michael ableitet. Da man nun annehmen kann, dass die Endsilbe grün soviel als „eine im Walde gegründete Anlage“ bedeuten soll, so geht daraus der Beweis hervor, dass die Sorben damals schon längst in den Distrikten von Gera, Weida und Ronneburg die deutschen Urwaldungen niedergeschlagen hatten, da in dieser Gegend kaum eine einzige Ortschaft mit dieser Endsilbe gefunden wird, sondern solche nur in dem Reussischen, Sächsischen und Baierischen Voigtlande vorkommen.

Die ältesten Nachrichten über Mechelgrün gehen bis zum vierzehnten Jahrhundert herab, wo das Gut sich im Besitz der angesehenen Voigtländischen Adelsfamilie von Rabe[VL 1]befand. Hermann von Rabe[VL 1] besass es 1380 und hinterliess es nebst Reussa seinem Sohne Heinze. Als die Hussiten das Voigtland verwüsteten sass auf dem Mechelgrüner Schlosse Conrad von Rabe, dessen Bruder, Hans, bei der Erstürmung des Ratschins zu Plauen getödtet wurde, wodurch des Gefallenen Gut, Reussa, an einen jüngeren Bruder, Heinze von Rabe[VL 1], fiel. Um das Jahr 1450 gehörte Mechelgrün dem Ritter Jahn von Rabe, dessen Sohn Hans es zu Ende des funfzehnten Jahrhunderts an den Ritter Anshelm von Tettau verkaufte. Dieser reiche Edelmann besass die Herrschaft Schwarzenberg, welche er vom Herzog Albrecht von Sachsen erkauft oder ertauscht hatte, und wohnte auf der Burg Schwarzenberg. Seine Gemahlin, Eva von Kostengrün, gebar ihm zwei Söhne, Wilhelm und Anshelm, von denen jener als Amtmann zu Schneeberg starb, nachdem er in seiner Ehe mit Dorotheen von Oelsnitz nur einen Sohn, Wilhelm, erzielt hatte, der 1524 mit Tode abging. Die nächsten Erben Wilhelms von Tettau waren seine Vettern Albrecht, Georg, Christoph und Marquard, die auf Mechelgrün wohnten und 1525 eine Gütertheilung vornahmen, bei der Albrecht dieses Rittergut erhielt und sich am Donnerstag nach Matthiä von seinen Unterthanen huldigen liess. Georg, dem ein Antheil von Mechelgrün zufiel, gründete das zweite Rittergut, über das er 1526 die Lehn erhielt; seinen Antheil an Schwarzenberg aber verkaufte er 1533 für 10700 Gulden dem Landesherrn. Albrechts Gemahlin war Judith von Magwitz, die ihm zwei Töchter, Catharinen und Sibyllen, sowie einen Sohn, Christoph, schenkte, der auch Schilbach, Neuensalza, Ober- und Unterlossa und Marienei besass, sich mit Apollonia von Falkenstein vermählte und um das Jahr 1570 mit Tode abging. Sein Sohn Anshelm war verehelicht mit Anna von Zedwitz aus Neidberg, die ihm nur ein Kind, Adam, gebar. Dieser Adam von Tettau, vermählt mit Susanne von Feilitzsch aus Heinersgrün, verkaufte das Rittergut Mechelgrün unteren Theils an einen Herrn von Seling (1600), Obermechelgrün aber an einen Herrn von Seidewitz. Bald jedoch scheint Obermechelgrün wieder an die Familie von Tettau gekommen zu sein; denn es finden sich noch ein Wilhelm von Tettau auf Mechelgrün, der mit Elisabeth von Steinbach aus Stöckicht verheirathet war und am 27. September 1669 starb. Sein Sohn, Engelhard von Tettau auf Mechelgrün, verehelichte sich mit Sabinen von Wolfersdorf aus Markersdorf, dessen Sohn, Ferdinand Engelhard, sich noch 1736 im Besitze des Gutes befand. Von ihm kam Obermechelgrün an die Familie Adler, die das Gut noch im gegenwärtigen Jahrhundert besass und es an die Familie Uibrig verkaufte, welcher Untermechelgrün schon seit langer Zeit gehörte. Der jetzige Besitzer der vereinigten Rittergüter zu Mechelgrün ist Herr H. M. Uibrig. – Zu dem Rittergute Mechelgrün gehören ausser dem Dorfe und beiden hiesigen Mühlen auch Antheile der Ortschaften Drossdorf, Grossfriesen, Kleinfriesen, [50] Lottengrün, Theuma, Zschockau, Kottengrün, das Dorf Neuhaus mit dem Harzhause bei Bergen, das Jägerhaus im Jägerwalde, die Garküche und das Haus Uebermaass bei Kottengrün und die Mittelmühle.

Die Schicksale, welche das nahe Plauen berührten, mögen auch mehr oder weniger Mechelgrün betroffen haben, namentlich brannten die Hussiten das hiesige Schloss nieder, misshandelten die Bewohner und verwüsteten die Fluren. Eine traurige Berühmtheit aber erlangte nächst einigen nahen Dörfern die Einwohnerschaft Mechelgrüns in dem furchtbaren Bauernaufstande des Jahres 1525. Schon 1493 hatten die unerträglichen Bedrückungen des Adels und der Geistlichen die verzweifelnden Bauern zu einem Trotzbündniss veranlasst, ohne dass es jedoch zum Handeln kam, und 1505 sowie 1513 bildete sich abermals eine Verschwörung, deren Haupturheber und Leiter, Jost Fritz, im Dorfe Lehen bei Freiburg wohnte. Noch vor dem Ausbruche der Revolution wurde jedoch das Geheimniss verrathen, einige Rädelsführer starben auf dem Schaffot und die rebellischen Bauern mussten die härteste Behandlung dulden, Jost Fritz aber war glücklich entkommen und erschien bald wieder im Würtembergischen unter dem Namen „des armen Conz“ wo er in Gemeinschaft mit dem kühnen Gugel Bastian eine neue weitverzweigte Verschwörung des Landvolkes anzettelte. Markgraf Philipp suchte vergeblich mit Waffengewalt und Henkerschwert den Aufstand zu unterdrücken, die Gährung dauerte fort, der Bund griff immer weiter um sich und der Adel begann zu zittern. Jost Fritz mit einigen Auserwählten war die Seele der Bewegung, aus seinen Schlupfwinkeln ertheilte er die vorzüglichsten Rathschläge und Anordnungen, und vergeblich waren alle Bemühungen sich des gefährlichen Rebellenhäuptlings zu bemächtigen.

So vergingen Jahre ehe die missvergnügten Bauern es wagten mit offener Gewalt aufzutreten. Erst 1523 brach der Aufstand in Schwaben aus und wie ein Lauffeuer verbreitete sich derselbe über Hessen, Braunschweig, Thüringen und unser Voigtland, ja selbst die beiden Reichsstädte Nordhausen und Mühlhausen waren übermüthig genug sich mit den Rebellen zu vereinigen. Die Klagepunkte der Bauern, deren Abstellung sie unverzüglich und ohne Bedingungen verlangten, waren folgende:

1. Verlangten sie die Erlaubniss, sich ihre eigenen Pfarrer zu wählen die ihnen Gottes Wort rein und lauter predigten, sowie sie wieder zu entsetzen, wenn dieses nicht geschähe.
2. Sollte man ihnen von keiner anderen Sache mehr den Zehnten abfordern als vom Getreide, und auch von diesem sollte man theils die Geistlichen besolden, theils unter die Armen vertheilen, theils zu öffentlichen Bedürfnissen verwenden.
3. Weil Christus sie in den Stand der Freiheit versetzt, sollte man sie nicht als Leibeigene behandeln, doch verständen sie das nicht, als sollten sie keine Obrigkeit haben, nein, sie wüssten wohl, dass Gott sie lehrete in Geboten zu leben, ihn und ihren Nächsten zu lieben, der Obrigkeit gehorsam zu sein und sich gegen Jedermann zu demüthigen.
4. u. 5. Wälder, Jagden, Fischereien und Vogelfang sollten frei und deren Gebrauch Jedem erlaubt sein, weil Gott bei der Schöpfung einem jeden Menschen das Recht und die Herrschaft über die Thiere gegeben. Nur wer etwas erkauft hätte, sollte das Seine ungestört benutzen.
6. 7. u. 8. Sollte man die Frohndienste vermindern, ingleichen die Zinsen.
9. Sollte man die Strafen und Bussen, die ihnen ihre Geistlichen auferlegten, nach einer christlichen Ordnung einrichten.
10. u. 11. Sollte man die Aecker und Wiesen, die man mit Unrecht an sich gebracht und den Gemeinden entrissen, wieder herausgeben und den Tod oder Leibfall (Sterbefall), nach dem man Wittwen und Waisen das ihrige nehme, abschaffen.
12. Wollten sie von diesen Artikeln abstehen die dem göttlichen Worte nicht gemäss wären, und wenn man sie ihnen auch jetzt zustände fände aber später dass sie nach der Schrift unächt wären, so sollten sie von Stunde an ab und todt sein und nichts mehr gelten.

Die meisten dieser Forderungen waren nicht unbillig und selbst Luther erklärte sie für gerechtfertigt, allein die Mehrzahl der Edelleute und Klosterherren waren taub für alle Klagen, so dass die Bauern zur Verzweiflung getrieben, nunmehr Selbsthülfe versuchten. Luther missbilligte ihr Benehmen gar sehr und ermahnte sie herzlich, ihr Gewissen nicht zu verletzen, nicht allerlei Geistern und falschen Predigern zu glauben und sich nicht gegen die Obrigkeit zu empören, denn eine jegliche Seele solle der Obrigkeit unterthan sein, mit Furcht und Ehren, wer das Schwert nähme solle durch das Schwert umkommen, wie die Schrift sage; auch sei es Christen nicht erlaubt sich selbst zu rächen, dies wolle das natürliche, göttliche Recht. Ueberdies würden Frieden und Ordnung in der Welt aufhören, wenn sie die Obrigkeit vertilgen und ausrotten wollten, Einer würde gegen den Andern aufstehen, Jeder sich selbst rächen und so des Blutvergiessens und Mordens viel auf Erden sein. Darum seid unterthan, fügte er hinzu, nicht allein den guten Herren, sondern auch den bösen.

Furchtbar aber war die Vergeltung, welche das rasende Volk an den bisherigen Herren ausübte. Die Edelsitze wurden erstürmt, niedergebrannt und deren Bewohner unter schrecklichen Martern hingerichtet, die Frauen geschändet und verstümmelt, die Archive vernichtet und mit viehischer Rohheit Alles zerstört was den Bauern unter die Hände kam. Erschrocken flüchteten die Edelleute und Klosterbewohner in die nahen Städte, aber die Bauern fürchteten auch wohlvertheidigte Mauern nicht, sondern kamen in hellen Haufen heran, und verlangten mit den schrecklichsten Drohungen die Oeffnung der Thore. Manche Stadt leistete dem Verlangen der Rebellen Folge, andere aber setzten ihnen muthigen Widerstand entgegen. So kam im Mai des Jahres 1525 ein Haufen Bauern aus der Umgegend Plauens vor diese Stadt, hinter deren Mauern der benachbarte Adel Schutz gesucht hatte, und verlangten Einlass, der ihnen jedoch verweigert wurde. Die wüthenden Menschen begannen darauf eine förmliche Blokade und setzten der Stadt gewaltig zu, namentlich zeichneten sich die Bewohner Ober- und Unterlossas, Theumas, Mechelgrüns, Friesens und anderer nahen Dörfer durch ihre Ungeberdigkeit vor Allen aus. – „Es ist Theuma und Lossa auf“ sagte man noch lange nachher, um einen grossen Lärm zu bezeichnen. Die Wuth der genannten Einwohnerschaften gründete sich namentlich auf ihre Abhängigkeit von dem deutschen Orden, weshalb sie auch zuerst das nahegelegene [51] Schloss Dobenau, ein Besitzthum der deutschen Herren, angriffen und zerstörten. Die Stadt Plauen scheint in nicht geringer Gefahr gewesen zu sein, denn die Edelleute hatten Mühe den Bürgern Muth einzusprechen, und sie zur Vertheidigung der Mauern anzuregen. – Schon nach wenigen Tagen erhielt die Stadt Entsatz, indem einige Fähnlein Fussvolk mit Geschütz, sowie ein Geschwader Reiterei gegen die Rebellen anrückten, welche nach kurzem Besinnen sich zurückzogen. Bei Possig wurden sie jedoch eingeholt, umzingelt und zusammengehauen, so dass siebentausend Leichen das Schlachtfeld bedeckten. Durch die bald darauf erfolgte Schlacht bei Frankenhausen und des berüchtigten Thomas Münzers Gefangennahme erreichte der Bauernaufstand sein Ende, nachdem einige Hunderttausende dieser Elenden unter den Waffen der Kriegsleute oder dem Schwerte des Henkers ihren Tod gefunden hatten. Der bekannte Pirnaische Mönch, Johann Lindner, schreibt in seiner Chronik von der Bestrafung, welche Churfürst Johann und Herzog Philipp von Braunschweig, die 1500 Reiter, 760 Fussknechte nebst einem starken Tross bei sich hatten, in Weida an den Anführern der rebellischen Bauern ausübten: „1525 am Sct. Peters- und Paulstag liessen die forsten avs Duringen die hewptleute in der barfusenbruder-sacristey recken und peinigen mit der schärpfe des Schwerdtes und auf dem geweieten kirchhowe enthäupten; verbotten alda zu leuten und singen, legten nider alln Gotsdienst und machten aus der scholen eine Garküch; darunter sturb der burgermeister Villebold Plocz.“ – Vom Voigtlande aus rückten die Fürsten zu einem gleichen Strafakt nach Zwickau.

Auch im dreissigjährigen Kriege war Mechelgrün der Schauplatz mannigfaltiger trauriger Ereignisse. So kamen am 27. August 1633 kaiserliche Kriegsvölker hierher, die Alles ausplünderten, die Einwohner misshandelten und Feuer anlegten. Sie verbrannten in dem nahen Dorfe Theuma die Pfarre und sechs Bauergüter, ohne dass Jemand einen Löschversuch wagte. Die schreckliche Begleiterin des Krieges, die Pest, raffte zu dieser Zeit eine grosse Menge Menschen hinweg, dass in der Parochie Theuma nicht weniger als 331 Personen begraben wurden, und ein nahes Dorf, Frössig, welches bereits durch die Soldaten ausserordentlich gelitten hatte, gänzlich ausstarb, und jetzt nur noch wenige Spuren der dort gestandenen Gebäude vorhanden sind. Die Feld- und Wiesengrundstücken des vernichteten Dorfes wurden theils mit den Fluren des Dorfes Grossfriesen vereinigt, theils vermehrte man damit das Areal der Pfarre und des Diakonats zu Theuma. Die letzten Kriegsplagen erfuhr Mechelgrün, zugleich mit den Nachbarorten im Jahre 1806, wo das Soultsche Corps, welches in der Nähe Plauens ein Lager bezogen hatte, starke Plünderungszüge unternahm und manches Unheil anrichtete.

Ausser Mechelgrün sind auch Zschockau (695 Acker 217 □ Ruthen mit 4962 Steuereinheiten und 200 Personen), Grossfriesen (1134 Acker 203 □ Ruthen, 9808 Steuereinheiten, 325 Einwohner), Schloditz (335 Acker 175 □ Ruthen, 4962 Steuereinheiten, 157 Einwohner), Obermarxgrün (291 Acker 141 □ Ruthen, 4470 Steuereinheiten, 100 Einwohner), Altmannsgrün (226 Acker 14 □ Ruthen, 73 Einwohner), Lottengrün (568 Acker 271 □ Ruthen, 170 Einwohner und Drossdorf (547 Acker 174 □ Ruthen, 6514 Steuereinheiten, 146 Einwohner) in die Kirche zu Theuma eingepfarrt. Die früheren Besitzer der Mechelgrüner Rittergüter genossen vor vielen Jahrhunderten bereits das Recht, im unteren Schlosse eine Capelle zu halten, in welcher die beiden Geistlichen zu Theuma den Gottesdienst, sowie Taufen, Trauungen und das Abendmahl zu verrichten hatten. Diese Amtsverrichtungen wurden von den betreffenden Geistlichen bis zum Jahre 1841 in den Advents- und Passionszeiten, sowie an dem dritten Tage hoher Feste vollzogen, in diesem Jahre aber kamen die Rittergutsbesitzer um dessen Aufhebung ein und zahlen jetzt den Geistlichen und dem Schullehrer zu Theuma für die bei Gelegenheit des Gottesdienstes früher zu liefernden Mahlzeiten und Gebühren ein jährliches Aequivalent.

Die Kirche zu Theuma ist ein altes Gebäude, über dessen Entstehung keine Nachrichten vorhanden sind. Der Thurm ist siebzig Ellen hoch und gestattet eine vortreffliche Aussicht auf die weite Umgegend. Bis zum Jahre 1834 war die Kirche im Innern noch dunkel und unfreundlich, wurde aber zu dieser Zeit durch eine Stiftung des Wundarztes Fuchs verschönert, das Altergemälde aufgefrischt und manche vortheilhafte Abänderung vorgenommen. Auch bei den Armen des Ortes hat sich Fuchs ein segensreiches Andenken gegründet, indem er für sie 2000 Thaler legirte, von denen die Zinsen alljährlich vertheilt werden. Der Schullehrer hat die Verpflichtung mit den Chorknaben am Todestage des Stifters vor dessen ehemaligem Wohnhause zu singen und nach dem nächsten Sonntagsgottesdienste hält der Pfarrer eine Gedächtnissrede. Die Kirche besitzt 850 Thaler Vermögen und an Geschenken neuerer Zeit ein blaues Altartuch von dem Oberrichter Steps in Drossdorf und dem Begüterten Seling zu Theuma, sowie ein künstlich gearbeitetes reichvergoldetes eisernes Altargitter, ein Werk der Huf- und Waffenschmiede Sprenger, Vater und Sohn, zu Mechelgrün, die der Kirche selbiges 1837 als fromme Gabe darbrachten. – Das Filial, Tirpersdorf, ist eine Stunde von Theuma entlegen, umfasst 847 Acker mit 10269 Steuereinheiten und zählt 500 Einwohner. Aller vierzehn Tage wird hier von dem Diakonus Nachmittagsgottesdienst gehalten, die Taufen und Trauungen aber werden in der Mutterkirche verrichtet, sowie auch die in Tirpersdorf Verstorbenen ihre Ruhestätte auf dem Kirchhofe zu Theuma finden.

O. Moser.     



[52]
Pirk.


Fast an der westlichen Spitze des Königlich Sächsischen Voigtlandes, 2 Stunden von der Hauptstadt des Voigtlandes, von Plauen, 1½ Stunde von der Stadt Oelsnitz und 4 Stunden von der Curia Variscorum im Regnitzlande, von der Stadt Hof entfernt, in einem engen, nach Osten hin in das Elsterthal ausmündenden im Westen sich aufwärts in mehrere kleine Wiesengründe und nach und nach sich verflachende Bergrücken auslaufenden Thale an dem grünenden Ufer der krystallhellen Feile, die hier bald sprudelnd und murmelnd, bald schäumend und tosend dem Hauptflusse des Voigtlandes, der Elster zueilt und mit ihr in ihrer Umarmung schwesterlich thalabwärts zieht, liegt an der Strasse von Plauen nach Hof das dermalen zum Amtsbezirk Voigtsberg gehörige, altschriftsässige frühere Mannlehn- jetzt allodificirte Rittergut Pirk, das sowohl hinsichtlich seiner wahrhaft schönen und romantischen Lage und Umfänglichkeit, seiner Ausdehnung, als auch der Fruchtbarkeit des Bodens und des dermaligen zeitgemässen Culturzustandes zu den ersten und schönsten und wohl auch gesegnetsten und besten Rittersitzen des Voigtlandes zu zählen ist. Hingezwängt in ein enges Thal, auf dessen südlicher Seite der Bergriese des westlichen Voigtlandes, der Eichelberg, mit seinem waldumwachsenen Haupte wohlgefällig auf die freundliche Schöpfung im Thale niedersieht, und für sie dem gegenüber in nördlicher Richtung über „dem Flau“ fast ebenso hoch ansteigende Haferpühl mit dem Hundsloch, dem Scharfenberg als Bruder und Schirmvoigt zu Schutz und Trutz gegen verheerende Stürme aus Westen und Norden die Hand darbietet, während gegen feindliche Wetter aus Osten die Schönecke die Schutz- und Scheidewand bildet, deshalb so genannt, weil sie die freundlichste und malerischste Fernsicht gewährt in das über Magwitz den alten Stein und Dobeneck nach Oelsnitz hin auflaufende Elsterthal, auf die Planschwitzer Höhen, in die erlenreichen Gründe des Triebelbachs und der Feile, sowie hinab zu der engen Thalschlucht, wo die zum Schlosse Pirk gehörige Mühle – ehemals auch die Klostermühle genannt – mit ihrem lebendigen Getriebe und Geklapper die stille Ruhe und Einsamkeit des hier scheinbar zu Ende gekommenen und mit Felsen und Wald verbarricadirten Elsterthales unterbricht, eine Erscheinung, die den aufmerksamen Beobachter der Natur, der in diesen zerrissenen Klüften und Schluchten, in diesen himmelanstrebenden Bergriesen, dem Eichelberge vor sich und in den engen und tiefen Thälern unter sich die vulkanische Wirkung der Schöpfung der Vorzeit nicht verkennen kann, unwillkührlich zu der Annahme und Ueberzeugung führt, dass an dieser Gegend die Hand des Herrn eben so gewaltig und herrschend, als schaffend und segnend sich erwiesen hat, liegt das freundliche Schloss mit seinem Wirthschaftsgehöfte und dem dazu gehörigen Dörfchen, fast versteckt unter grünenden Linden und Eichen, und dem Wanderer wird eine um so grössere plötzliche Ueberraschung bei diesem Anblick je weniger er in diesem Versteck auf eine solche Erscheinung vorbereitet war. Die eigentlichen wahren Wirthschaftsgebäude des Rittergutes Pirk bilden ein regelmässiges Quadrat; auf der östlichen Seite steht das eigentliche Schloss oder Herrenhaus, ein vor ungefähr 60 Jahren im modernen Geschmacke wenn auch nicht im neuesten Style errichtetes Gebäude, und ihm gegenüber erhebt sich ein in neuerer Zeit, erst vor ohngefähr 20 Jahren errichtetes, sehr geschmackvolles Seitengebäude, welches ebenfalls eine prächtige herrschaftliche Wohnung bietet und dessen Souterrains und Nebenflügel zu Wirthschaftszwecken benutzt werden; die Stallungen und das Gesindehaus finden sich auf der nördlichen Seite, während die Fronte gegen Süden nach dem Eichelberg hin, durch die Scheunen, Schuppen und Brennereigebäude gebildet wird. Sämmtliche Wohngebäude sind mit Schiefer gedeckt und Blitzableitern versehen, und das Gehöfte bildet ein sich abgeschlossenes, mit zwei Thüren versehenes Ganzes und befriedigt das Auge eben so durch die natürliche Regelmässigkeit seiner Anlage, als auch durch die Zweckmässigkeit und Sauberkeit seiner Ausführung. Allein so ist es nicht immer hier gewesen. Denn blicken wir auf die Geschichte zurück, so finden wir, dass in den früheren Zeiten die Ehre eines Rittersitzes dem Dorfe Pirk nicht zu Theil ward, dass sich vielmehr hier früher bloss zwei Vorwerke – „oberen und niederen Bergk“ in alten Urkunden genannt – befanden, die mit der bereits erwähnten zum Gute gehörigen Mühle dem ehemaligen alten und berühmten Rittersitze Türbel angehörten, der sich bei dem nahen Dörfchen Türbel befand und auf dessen noch sichtbaren Ruinen noch heute zu Tage mehrere zum Rittergute Pirk gehörige Wirthschaftsgehäude, darunter die Schäferei mit Wohnung für den Schäfer und eine Scheune befindet. Der alte Rittersitz Türbel aber, das eigentliche Stammgut des jetzigen Pirker Besitzthums, war in den ältesten Zeiten eine der mächtigsten angesehensten Besitzungen des Voigtlandes, wie das schon die Menge der bei demselben ehemals zu Lehen gegangenen Besitzungen in der Umgegend ausser allen Zweifel setzen. Das ehemalige Schloss Türbel selbst, von dem jetzt nur noch einige wenige Rudera zu sehen sind, lag dem Gasthofe zum Rosenthal gegenüber auf einem hohen Felsvorsprung hart an der Elster, hatte, so viel man jetzt noch wahrnehmen kann, zwei tiefe Graben und mehrere Vorfestungswerke, die nach dem Gebrauche und dem Bedürfnisse der damaligen Zeit eingerichtet waren. Wer der Begründer dieses Schlosses [53] gewesen sei, lässt sich nicht ermitteln, unstreitig aber verdankt es, wie auch schon sein Name anzeigt, seinen Ursprung der ehemals auch in hiesiger Gegend heimischen Nation der Sorben-Wenden und diente später nach dem Eindringen der deutschen Eroberer unter dem deutschen König Heinrich dem Finkler mit den übrigen in dieser Gegend gelegenen Burgen und Schlössern zu Wiedersberg, Magwitz, Stein, Dobeneck, Voigtsberg u. s. w. als eine Zweig- und Grenzveste ebenso gegen die unterjochten Bewohner des Landes als gegen von aussen andrängende Feinde. Wer seine ersten Besitzer in dieser Zeit gewesen, ist ebenfalls nicht zu ermitteln, doch nicht ohne Grund vermuthet man in demselben Voigtliche Vasallen und namentlich ward frühzeitig schon in verschiedenen alten Urkunden das edle Geschlecht der Sacke, denen der grösste Theil dieser ganzen Gegend früher zugehörte und deshalb das „Sacksländchen“ genannt ward, als Besitzer und Inhaber des Schlosses Türbel mit „oberen und niederen Bergk“ angegeben, und nur so viel ist gewiss, dass die früheren Besitzer der Veste Türbel zu den angesehensten Vasallen des Voigtlandes zählten. Als der letzte Besitzer von Türbel und Pirk aus diesem Geschlechte wird Nikol Sack im Jahre 1521 erwähnt, der sich bei der Ausbreitung der Reformation im Voigtlande sehr thätig bewiess, deshalb mit Luthern im Briefwechsel stand, aber leider das Unglück hatte, dass sein Rittersitz Türbel dabei von den rebellischen Bauern im Bauernkriege 1525 mit niedergebrannt und verwüstet wurde. Von dieser Zeit an scheint man die Brandstätte nicht wieder bebaut, vielmehr den Sitz der zu diesem Schlosse gehörigen Oeconomiewirthschaft der Bequemlichkeit halber in das nahe Dörfchen Pirk verlegt, beide daselbst befindlichen Vorwerke in Eins verschmolzen und daraus sowie aus den zum Burgstadel Türbel eigentlich gehörigen Grundstücken ein Ganzes und zwar denjenigen Gütercomplex gebildet zu haben, wie er sich dermalen noch, jedoch mit Ausnahme des Eichelbergs, der Angerleuten und des Fischerholzes, welche damals zum Schlosse Voigtsberg gehörten und erst am 10. October 1616, von denen von Reitzenstein dazu erkauft wurden, vorfindet. Das edle Geschlecht der Sacke erlosch jedoch in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts mit dem Absterben Nickol Sacks des Jüngeren, worauf ein gewisser Christoph von Beulwitz diese Güter käuflich an sich brachte, der auch damit von dem Churfürsten von Sachsen beliehen ward und bei dessen Familie bis zu Ende des 16. Jahrhunderts auch diese Besitzung geblieben ist. Hierauf brachte Christoph Carl von Reitzenstein dieses Gut käuflich an sich, erweiterte dasselbe durch den obgenannten theilweisen Ankauf des Eichelberges (ein Theil kam an Taltiz) der Angerleuten und des Fischerholzes im Jahre 1616 und vererbte es bei seinem Tode auf seine Söhne Georg Peter, Veit Siegmund, Hanns Friedrich und Adam Ernst von Reitzenstein, die es denn auch am 9. September 1643 zu Dresden vom damaligen Churfürsten Johann Georg I. als ein rechtes Mannlehn sämmtlich in Lehn erhielten, wobei Carl Siegmund und Joseph Adam die Stolzen von Simsdorf als Mitbelehnte auftraten. Der gemeinschaftliche Besitz dieses Rittergutes, das durch den dreissigjährigen Krieg sehr herabgekommen und ruinirt worden war, scheint von Seiten der Gebrüder von Reitzenstein nicht von langer Dauer gewesen zu sein; denn bald darauf traten die der fränkischen Ritterschaft angehörigen Grafen von Tettenbach als Besitzer von Türbel mit Pirk und Geilsdorf auf, denen jedoch schon gegen das Ende des 17. und zu Anfang des 18. Jahrhunderts die Herren von Naundorf auf Geilsdorf folgten, welche aber eben so wenig wie ihre Vorgänger sich dauernd im Besitze dieses Schlosses zu erhalten vermochten, sich vielmehr genöthigt sahen, das Rittergut Türbel mit Pirk nebst allen Zubehörungen und mit allen Rechten und Gerechtigkeiten 1748 an einen bürgerlichen Privatmann Herrn Johann Friedrich Hüttner käuflich zu überlassen, bei dessen Familie und Nachkommen es auch seit dieser Zeit in ruhigem und ungestörtem Besitze geblieben ist. Die beiden dermaligen Besitzer, die Urenkel Johann Friedrich Hüttners, des Begründers dieser Familie, sind die Gevettern Hüttner, Herr Wilhelm und Herr Franz Eduard Hüttner, und es ist sichere Hoffnung vorhanden, dass dieses alte Patriziergeschlecht, das nun seit mehr als hundert Jahren auf diesem Gute sesshaft und heimisch ist und so lange hin in Segen gewaltet und geblüht hat, dessen Name im Lande weit und breit einen gar guten Klang hat, auch für die Zukunft in diesem schönen Besitzthume schalten und walten werde, was um so mehr zu wünschen, als die dermaligen Herren Besitzer stets mit väterlicher Liberalität und in patriarchalischer Weise für das Wohl nicht nur ihrer Untergebenen gesorgt haben, sondern überall, wo es galt, Gutes zu schaffen und zu unterstützen, eine offene Hand hatten und auch gewiss in Zukunft haben werden!

Anlangend die klimatischen Verhältnisse, so ist zu bemerken, dass das Rittergut Pirk, wie es schon seine Lage mit sich bringt, fast von allen im Voigtlande vorkommenden Witterungseinflüssen betroffen wird. Denn während in den tiefen Thälern der Elster und der Feile oft schon lange der Frühling eingezogen ist und Wohnung gefunden hat, deckt und umhüllt das Haupt des Eichelberges noch oft Schnee, Eis und Nebel, und die noch darüber hinaus gelegenen Besitzungen, wie der grosse und kleine Kulm, das Dohnenholz, der Bramacker zwischen Bösenbrunn und Bobenneukirchen haben die Witterung mit den an sie grenzenden Orten und Gegenden gemein. Im Ganzen genommen aber gehört die Gegend von Türbel und Pirk zu den fruchtbaren und gesegneteren des Voigtlandes, und in dem hinter dem herrschaftlichen Gehöfte gelegenen schönen und prächtigen Garten, der seines Gleichen im Voigtlande nur wenige finden dürfte, gedeihen nicht nur alle edleren und feineren Blumen, Gemüse und Gewächse des heimathlichen Bodens, sondern auch das Land, wo die Citronen und Orangen blühen, findet hier seine Vertretung in freudig gedeihenden und lieblich duftenden Bäumen, und in ihrem kühlenden, erquickenden Schatten, den sie während der Sommermonate in der freien Natur gegen drückende Schwüle und Sommerhitze darbieten, gedenkt man unwillkührlich des gemüthlichen Dichters, der in seinem „Spaziergange nach Syracus“ uns so Herrliches und Schönes von den Orangenhainen und Citronenwäldern Welschlands und Siciliens vorplaudert!

Uebergehend endlich zu den statistischen und kirchlichen Verhältnissen, so will man nur kurz bemerken, dass das zum Rittergute Pirk gehörige Areal, welches 526 Acker 175 □ Ruthen beträgt, mit 600316 Steuereinheiten belegt ist, dass bei demselben eine Branntweinbrennerei in Betrieb erhalten wird, und dass die dasige Bierbrauerei, die jedoch dermalen nur zu Bereitung des sogenannten „Haustrankes“ benutzt wird, eins der besten Getränke dieser Art im Voigtlande liefert, wie dies von jeher und männiglich bekannt ist. – Die Rindviehzucht, in echt voigtländischer Race bestehend, ist in vorzüglichem Zustande und dürfte in der Regel an 70 bis 80 Stück betragen; ein Gleiches [54] ist von der Schäferei zu melden, die sich seit Ablösung der Hute und Triftgerechtigkeit eher vermehrt und gebessert, als vermindert und verschlechtert hat, und wenigstens im Durchschnitt auf 500 Stück Schaafe zu zählen ist. Die zum Rittergute gehörige, an der Elster gelegene und seit 1841 neuerbaute Mühle liefert ausser den gewöhnlichen Mühlfabricaten auch Rüb- und anderes Oel, wozu die in Pirk, Geilsdorf und Umgegend nicht selten so prächtig gedeihenden Oelfrüchte an Raps und Rübsen die erforderlichen Stoffe liefern; mit Vorrath an Nutz-, Bau- und Brennholz aller Art ist das Gut ebenfalls reichlich versehen und an Fischerei hat es in der Elster, in der Feile und in seinen Teichen hinlängliche Nothdurft. Weder Kirche noch Schule ist hier vorhanden, sondern das Rittergut und Dorf Pirk mit Türbel ist in allen geistlichen Angelegenheiten nach Geilsdorf gewiesen und wird von da aus mit der Seelensorge und Schulpflege versehen. – Etwas Weiteres noch hinzuzufügen, dürfte überflüssig erscheinen, da die vorstehenden Mittheilungen über alle auf diesen Rittersitz anschlagenden Verhältnisse, soweit es hier gefordert werden kann, hinlänglichen Aufschluss geben und man erlaubt sich zum Schlusse nur noch den frommen Wunsch auszusprechen, dass die dermaligen Herren Besitzer, deren Einsicht und Mühewaltung das Rittergut Pirk seinen dermaligen zeitgemässen Flor verdankt, sich noch recht lange ihrer Schöpfung erfreuen und wie bisher ebenso zum Besten und Segen ihrer Familie und Angehörigen, als zu Nutz und Frommen ihrer Untergebenen, sowie der ganzen Gegend fortwirken mögen!

Dr. G. Jahn in Oelsnitz.     




Sorga
bei Auerbach.


Das Dorf Sorga, auch die Sorg genannt, liegt im Amte Plauen, kaum tausend Schritte östlich von der Stadt Auerbach, an der Lengefelder Strasse. Der Ort ist klein, aber wegen seiner Lage auf einem hohen Abhange, geniesst man von hier vorzüglich schöne Aussichten. Die Einwohnerschaft besteht aus hundertundsechszig Köpfen. Ausser dem Rittergute befinden sich zu Sorga auch zwei Mühlen und eine Schäferei.

Das Rittergut Sorga, schon seit Jahrhunderten mit Auerbach oberen Theils combinirt, ward 1741 schriftsässig und besitzt auch Antheile an Eich, Brunn, Hinterhain, Dorfstadt, Ellefeld, Rebersgrün, Rützengrün und Schnarrtanne, sowie die Klöppermühle und das Hammerhaus zu Wernesgrün. Es stand vom Jahre 1348 bis 1413 unter der Herrschaft der Voigte von Plauen, von denen es mit Auerbach an die Burggrafen von Dohna gelangte, nachdem es eine kurze Zeit im Besitze des Markgrafen von Meissen gewesen war. Diesem alten Sächsischen Dynastengeschlecht gehörte Auerbach mit Zubehör noch 1485, und wurde während ihrer Herrschaft im Egerschen Vertrage von 1459 zu den Böhmischen Hauptlehen gerechnet. Wahrscheinlich schon zu Ende des funfzehnten Jahrhunderts kam diese Besitzung an die Herren von der Planitz, doch gab es zu damaliger Zeit in Auerbach nur ein Rittergut, das zweite entstand durch Erbtheilung erst im Jahre 1599. Der erste Herr von Planitz auf Auerbach und Sorga, Georg, war Statthalter der Burggrafen von Meissen und hinterliess nach seinem um 1505 erfolgten Tode die Güter Rudolphen von der Planitz, der sich den Reichsritterstand erwarb, von 1494 bis 1513 Amtshauptmann von Zwickau war, und bei der Belehnung Wolfs von Schönburg, Herrn zu Glauchau und Waldenburg, durch König Wladislaw im Schlosse zu Prag als Zeuge genannt wird (1497). Seine erste Gemahlin, Sophie von Kotzau, gebar ihm zwei Söhne und drei Töchter und starb 1519, worauf er sich mit Emerentia von Bock vermählte. Rudolph von der Planitz starb im Jahre 1530 auf dem Stammschlosse Planitz bei Zwickau und wurde in der dortigen Kirche beerdigt. Sein ältester Sohn, Hans von der Planitz, erbte Auerbach mit Sorga, Göltzsch und Belgershain, und erlangte durch unermüdlichen Fleiss eine grosse Gelehrsamkeit und hohe Ehren. Anfänglich war er Amtmann zu Grimma, später aber Kaiser Carls V. Rath, Orator und des kaiserlichen Kammergerichts zu Speier Assessor, auch wurde er sehr häufig zu den wichtigsten Gesandtschaften verwendet. Für die vielen Dienste, welche er dem Reiche und seinem Vaterlande geleistet, empfing Hans von der Planitz 1523 auf dem Reichstage zu Worms von Kaiser Carl V. das Privilegium: „sich nebst seinem Bruder Rudolph von der Planitz auf Wiesenburg nebst ihren Kindern, Vettern und allen deren Nachkommen beiderlei Geschlechts Edle von der Planitz zu nennen und zu schreiben und ihre Briefe mit rothem Wachse zu siegeln. Die Urkunde beweist, dass es damals drei [55] Linien der Familie Planitz, nämlich derer von Auerbach, Wiesenburg und Planitz, gab. Hans von der Planitz starb 1535 zu Weimar, wohin er mit dem Churfürsten Johann Friedrich zur Ausgleichung einer Streitigkeit mit Herzog Georg gereist war, wenige Stunden nach abgehaltener Tafel am Schlagfluss. Seine Gemahlin, Barbara von Schönberg aus dem Hause Schönau, gebar ihm drei Söhne und drei Töchter, von welchen Letzteren Dorothea mit Caspar von Schönberg auf Zschochau, Helene mit Jobst von Carlowitz auf Kreischa und Maria mit Heinrich von Lohma auf Liebsdorf vermählt wurden.

Von Hansens von der Planitz drei Söhnen erbte Hans Friedrich Belgershain, Balthasar Friedrich Göltzsch und Georg Auerbach mit Sorga. Letzterer war Rath des Burggrafen von Plauen, das erste Mal vermählt mit Magdalena von Ende, die am 5. September 1541 von einem Blitzstrahl erschlagen wurde, alsdann mit Margarethe von Schönberg aus Schönau. Er starb 1571. Von seinen zwei Söhnen erhielt Johann Dietrich Auerbach mit Sorga, Georg aber Rützengrün; da Jener indessen um das Jahr 1582 erblos mit Tode abging fielen dessen Besitzungen an seinen Bruder Georg, vermählt mit Margarethe von Wiesenburg, die kinderlos verstarb, worauf der Wittwer sich mit Barbara von Wiesenbach vereheligte, welche ihm nicht weniger als zwölf Kinder, fünf Söhne und sieben Töchter, schenkte. Georg von der Planitz starb am 31. August 1599 und bei der nunmehr erfolgenden Erbauseinandersetzung wurde das Rittergut Auerbach getheilt, wobei Johann Dietrich den oberen Theil, Johann Friedrich aber Sorga erhielt. Da Letzterer nur eine Tochter hinterliess, so fiel Sorga nach seinem Ableben an deren Gemahl Christoph von der Planitz auf Stützengrün, dessen Ehe kinderlos blieb, und es kam das Gut Sorga späterhin durch Kauf an Johann Heinrich von der Planitz auf Auerbach oberen Theils, der mit Maria von Schauroth vermählt war und fünf Kinder hinterliess. Derselbe starb 1643 und Johann Christoph, sein Bruder, vermählt mit Martha von Schauroth trat in den Besitz der Güter und hinterliess dieselben bei seinem 1657 erfolgtem Ableben dem ältesten Sohne Johann Heinrich, Herrn auf Auerbach, Sorga und Plohn, Rittmeister im Regiment Taube, Gemahl Charlottens von Metzsch aus Plohn, die ihm sechs Kinder gebar. Einer seiner Söhne, Heinrich Rudolph, wurde als Cornet 1696 bei einem Feldzuge in Brabant erstochen. Der Rittmeister von der Planitz starb in hohem Alter am 30. Mai 1712 und vererbte die Güter an seinen zweiten Sohn, Christian Ludwig, welcher bereits durch seine Gemahlin Sophie Polixena von Bose aus Mylau auch Lengefeld und Hohengrün besass. Derselbe war ein gelehrter Mann, der sich durch vieles Reisen auch zu einem gewandten und vortrefflichen Cavalier gebildet hatte. Nach seiner eben genannten Gemahlin frühzeitigem Tode verheirathete sich Ludwig von der Planitz mit Magdalena Elisabeth von Bose aus dem Hause Breitingen, und als auch diese starb mit Sophie Auguste von Kosswitz aus Grossböhla. Von seinen hinterlassenen elf Kindern kam Auerbach oberen Theils mit dem Rittergute Sorga 1745 an Christian von der Planitz in dessen Besitze es bis gegen 1780 blieb. Später werden noch als Herren auf Auerbach und Sorga genannt: der geheime Finanzrath und Kreishauptmann Max Gottfried Edler von der Planitz, sowie die Herren Carl Gotthold, Carl Gotthelf Alexander und Carl Gottlob Edle von der Planitz. Zur Zeit ist Besitzer der Rittergüter Auerbach oberen Theils und Sorga Herr Rittmeister Heinrich von Bünau.

Vor der Reformation stand Sorga mit Auerbach in kirchlicher Hinsicht unter der alten Parochie Dobenau. Der deutsche Orden hatte nämlich im vierzehnten Jahrhundert den letzten Grafen von Eberstein auf Plauen und Dobenau dergestalt zu umstricken gewusst, dass der alte schwache Herr ihm das Schloss Dobenau bei Plauen, ein uraltes Besitzthum der Familie, schenkte. Die geistlichen Herren errichteten nun auf Dobenau ein Archidiakonat oder Consistorium, welches nicht nur die Kirchen und Pastorate des Ordens, sondern auch dessen Lehne und Vasallen zu überwachen hatte. Das Diakonat stand unter dem Bischof von Naumburg, an welchen alle Appellationen ergehen mussten; die Comthure zu Plauen aber nannten sich jetzt auch Archidiakonen von Dobenau, und führten als solche im Wappen Johannes den Täufer mit einem Lamme und dem Ordenskreuze. Als 1517 die Kirchenreformation begann und auch im Voigtlande viele Anhänger fand, war Comthur des Ordens zu Plauen Georg Euler, der sofort der neuen Lehre huldigte und selbige zu verbreiten suchte, wobei er von einem Mönche des Plauenschen Dominikanerklosters, Georg Raute, treulich unterstützt wurde. Namentlich wirkte Raute, der ein vortrefflicher Kanzelredner war, mit vielem Erfolg für die Reformation, wodurch er sich freilich, wie ein in der Superintendentur zu Plauen noch vorhandenes Trostschreiben Luthers beweist, bitteren Hass und Verfolgung von seinen bisherigen Ordensbrüdern zuzog. Nachdem Herzog Johann den eifrigen Mönch 1525 zum evangelischen Nachmittagsprediger zu Plauen bestellt hatte, verliess dieser das Kloster, welches noch bis zum Jahre 1533 bestand. Schon 1529 erschien zu Plauen eine churfürstliche Commission unter dem Namen einer Kirchenvisitation, welche aus Christoph Edlen von der Planitz, Amtmann zu Plauen und Voigtsberg, Asmus Spiegel zu Grunau, Joseph Levin Metzsch zu Mylau, Magister Georg Spalatin, Pfarrer zu Altenburg, Johann Reymann, Pfarrer zu Werda und Michael Albert, Bürgermeister zu Altenburg, bestand. Diese Herren sprachen die Voigtländer vom alten katholischen Glauben los und verwiesen sie zum Heile ihrer Seelen an die gereinigte Lehre. Im Jahre 1533 kamen sie wiederum nach Plauen, um das Dominikanerkloster und das dem Kloster Kronschwitz gehörige Dort Strassberg, sowie alle Klostergüter und Besitzungen des deutschen Ordens im Voigtlande aufzuheben und vorläufig unter Sequestration zustellen, welches Schicksal auch das Archidiakonat und Consistorium zu Dobenau betraf. Bei dieser Aenderung mag es indessen nicht ganz ruhig zugegangen sein, denn wie der Pirnaische Mönch berichtet, weigerten sich die Brüder des Dominikanerklosters dasselbe zu verlassen, und so kam es, dass Peter Weingelt, ein Rathsherr, das Kloster erbrechen und die Mönche hinauswerfen liess. Der Pöbel, welcher diesem unerquicklichen Schauspiele beiwohnte, blieb dabei nicht lange unthätig indem er das Kloster und dessen Kirche ausraubte, die nahe Klostermühle zerstörte und die Mönche mit Schlägen traktirte. Die geistlichen Herren hatten sich den Unwillen des Volkes nicht nur durch ihren hartnäckigen Widerstand bei ihrer Ausweisung, sondern namentlich dadurch zugezogen, dass sie kurz vorher verkündigt hatten, der einst in diesem Kloster verstorbene Prior Heinrich von Plauen, welcher in grosser Demuth und Heiligkeit [56] gelebt, beginne Wunderwerke zu verrichten, eine Behauptung, die sich nachher als unwahr erwies. –

Die eingezogenen Güter des deutschen Hauses zu Plauen wurden einem Beamten übergeben, welcher die Zinsen einzunehmen, Besoldungen an Holz, Getreide und Geld zu verabreichen und Belehnungen vorzunehmen hatte; später aber verwaltete dieses Amt der Magistrat zu Plauen, der es mit der Kämmerei vereinigte und durch einen sogenannten Deutschenstuhlschreiber versehen liess. Die Bestellung der vom Ordenshause abhängigen Kirchenlehen aber verblieb dem Comthur und Superintendenten zu Plauen; doch wurde auch darin im Laufe der Zeit manche Abänderung getroffen. So erlangte der Magistrat zu Plauen das Patronat über das Pastorat der Kirche zu Plauen selbst, sowie über das Archidiakonat und Diakonat an solcher, über sämmtliche Schullehrer der Stadt und die niederen Kirchendienste. Zuletzt wurden die den ehemaligen Ordenshäusern zu Plauen und Adorf gehörig gewesenen Rechte und Güter (1667) dem Magistrate zu Plauen zur Unterhaltung des Kirchen- und Schulwesens überlassen, jedoch unter der Bedingung, dass der Landesregierung von deren Verwendung Rechenschaft abgelegt werden sollte. – Der letzte Comthur des deutschen Ordens und erste Superintendent zu Plauen, Georg Euler, starb 1538 und ihm folgte im Amte sein Freund Georg Raute. Bis in die neuere Zeit führten die Superintendenten zu Plauen den Titel Comthur und trugen über dem Priestergewande eine Albe mit darauf gesticktem Ordenskreuze.

Ausser Sorga sind in die Kirche zu Auerbach eingepfarrt: die Dörfer Beerhaide, Hauptbrunn, Hohengrün, Brunn, Dresselsgrün, Schnarrtanne, Laubberg und Hahnenhaus, Vogelsgrün, Wernesgrün, Ritzengrün, Hinterhain, Rempesgrün, Mühlgrün, Krinitzleithen, Rebesgrün, Reimtengrün und die Waldhäuser, Georgengrün, Reiboldsgrün und Zöbisch. Die Kirche gehört zu den schönsten Gotteshäusern Sachsens. Sie wurde bei dem grossen Brande am 9. October 1834 gänzlich zerstört, in den Jahren 1836 bis 1839 in gothischem Style wieder aufgebaut und am 1. December 1839 eingeweiht. Die Erhabenheit und edle Einfachheit der Bauart sind von überraschender Einwirkung, auch zieren die Kirche ein treffliches von Schröttel in Dresden gegossenes Geläute und eine von Jehmlich in Dresden erbaute Orgel. Die Collatur über Kirche und Schule zu Auerbach üben die Rittergutsbesitzer zu Auerbach aus; über die Dorfschulen aber steht solche den Gemeinden zu.

O. Moser.     




Nosswitz.


Das Dorf Nosswitz liegt eine kleine halbe Stunde von dem Städtchen Elsterberg am linken Ufer der Elster, welche sich hier vielfach krümmt und die Reussische Grenze bildet, dem Dorfe Sachswitz gegenüber am Rande eines reizenden Thalkessels, den der Casselwitzer Berg, auf Reussischem Gebiet gelegen, schliesst. Zum Orte gehören fünfundzwanzig Häuser mit hundertfunfzig Einwohnern, eine Mahl- und Bretmühle, sowie ein Ziegel- und Kalkofen.

Der erste bekannte Besitzer von Nosswitz war 1275 Ritter Conrad von Elsterberg, welcher der Kirche zu Greiz eine Mark Silber zu einer Seelenmesse für seine Schwester Magdalena schenkte. In der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts gehörte Nosswitz Hermann von Elsterberg, 1514 Heinrich von Elsterberg, 1440 aber dem Ritter Heinrich von Bünau und 1498 Rudolphen von Bünau, der 1505 bei einem Besuche auf dem Schlosse zu Elsterberg durch einen Schlagfluss seinen Tod fand. Im Jahre 1560 wird Heinrich von Bünau auf Elsterberg und Kleingera als Besitzer von Nosswitz genannt und 1624 gehörte das Gut dem Obersten Carolus Bose, dem reichsten Edelmanne Sachsens, bei dessen Familie das Rittergut lange Zeit geblieben ist. In neuerer Zeit kam Nosswitz an die Familie von Metzsch, aus der es noch 1828 der Premierlieutnant von Metzsch zu Auerbach besass, später erlangte es der Freiherr von Mannteufel und zur Zeit ist dessen Eigenthümer Herr Cabinetsrath H. A. von Grün zu Greiz.

Nosswitz ist mit noch funfzehn Ortschaften und verschiedenen einzelnen Häusern in die Kirche zu Elsterberg eingepfarrt, an der zu Ende des sechszehnten Jahrhunderts der bekannte Pastor Scotus, ein ebenso aufgeklärter als gelehrter Mann und vormaliger Freund und Schüler Melanchthons wirkte. Wegen seiner eifrigen Vertheidigung des Crypto-Calvinismus wurde er nach dem Tode Churfürst Christians I. vertrieben. Den Kirchendienst verrichten hier drei Geistliche, ein Pastor und zwei Diakonen, von denen Letztere abwechselnd das Pastorat der beiden Filiale Steinsdorf und Hohendorf versehen. Die Collatur ruht auf dem Rittergute Elsterberg.

G.     




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Anmerkungen der Vorlage

  1. a b c handschriftliche Korrektur: Raab
Heft 6 des Voigtländischen Kreises Nach oben Heft 8 des Voigtländischen Kreises
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