Allerhöchster Erlaß, betreffend die Kaiser Wilhelm-Stiftung für die Angehörigen der deutschen Reichs-Postverwaltung

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Titel: Allerhöchster Erlaß, betreffend die Kaiser Wilhelm-Stiftung für die Angehörigen der deutschen Reichs-Postverwaltung.
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Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1872, Nr. 29, Seite 373–376
Fassung vom: 29. August 1872
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 13. September 1872
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(Nr. 879.) Allerhöchster Erlaß, betreffend die Kaiser Wilhelm-Stiftung für die Angehörigen der deutschen Reichs-Postverwaltung. Vom 29. August 1872.

Auf Ihren Bericht vom 23. August 1872 will Ich hierdurch mit der Mir durch das Reichsgesetz vom 20. Juni 1872, betreffend die Verwendung des Ueberschusses aus der Verwaltung der französischen Landesposten durch die deutsche Reichs-Postverwaltung während des Krieges gegen Frankreich in den Jahren 1870 und 1871 (Reichs-Gesetzblatt Seite 210), zur Verfügung gestellten Summe von Einhunderttausend Thalern eine Stiftung begründen, welche den Zweck hat, die Wohlfahrt der Angehörigen der Reichs-Postverwaltung zu fördern, insbesondere den Beamten dieser Verwaltung, ihren Familien und Hinterbliebenen zur Hebung ihrer sittlichen und geistigen Bildung, sowie zur Förderung ihres materiellen Wohls Unterstützungen zu gewähren. Ich verleihe dieser Stiftung auf Ihren Antrag den Namen: „Kaiser Wilhelm-Stiftung für die Angehörigen der deutschen Reichs-Postverwaltung“ und ertheile dem anliegenden Statute derselben hierdurch Meine Genehmigung. Diese Meine Order und das Statut der Stiftung sind durch das Reichs-Gesetzblatt zu veröffentlichen.

Regensburg, den 29. August 1872.
(L. S.)  Wilhelm.

 In Vertretung des Reichskanzlers:
  Delbrück.

An den Reichskanzler.


__________________


Statut
der Kaiser Wilhelm-Stiftung für die Angehörigen der deutschen
Reichs-Postverwaltung.
(Gesetz vom 20. Juni 1872 – Reichsgesetzbl. S. 210).

§. 1.

Die Stiftung führt den Namen:
Kaiser Wilhelm-Stiftung für die Angehörigen der deutschen Reichs-Postverwaltung.
Sie hat Domizil in Berlin und Gerichtsstand vor dem Berliner Stadtgericht. [374]

§. 2.

Zweck der Stiftung ist:
die Wohlfahrt der Angehörigen der deutschen Reichs-Postverwaltung zu fördern, insbesondere den Beamten dieser Verwaltung, ihren Familien und ihren Hinterbliebenen zur Hebung ihrer sittlichen und geistigen Bildung, sowie zur Förderung ihres materiellen Wohls Unterstützungen zu gewähren.

§. 3.

Zur Theilnahme an den Wohlthaten der Stiftung sind die Angehörigen der deutschen Reichs-Postverwaltung, und zwar sowohl Beamte als Unterbeamte und Postillone in und außer Diensten, sowie die Familien und Hinterbliebenen derselben nach Maßgabe der vorhandenen Mittel befähigt.

§. 4.

Die Verwaltung der Stiftung wird durch das General-Postamt unentgeltlich bewirkt. Dasselbe hat die Stiftung nach außen zu vertreten und für die sichere zinsbare Anlegung des Stiftungsvermögens, sowie für die bestimmungsmäßige Verwendung der Stiftungseinkünfte zu sorgen.

§. 5.

Das Stiftungsvermögen wird aus der durch das Reichsgesetz vom 20. Juni 1872 (Reichsgesetzbl. S. 210) aus den Ueberschüssen der Verwaltung der französischen Landesposten durch die deutsche Reichs-Postverwaltung während des Krieges gegen Frankreich in den Jahren 1870 und 1871 überwiesenen Summe von Einhunderttausend Thalern gebildet.
Dem Stiftungsvermögen wachsen zu:
1) künftige Zuwendungen und Geschenke, welche der Stiftung gemacht werden, sofern von den Donatoren nicht ausdrücklich eine anderweite Verwendung angeordnet ist;
2) Stiftungseinkünfte, welche dem Stiftungsvermögen überwiesen werden (§. 10).

§. 6.

Das Stiftungsvermögen darf zur Erreichung der Stiftungszwecke in seinem Kapitalbestande nicht angegriffen werden.

§. 7.

Das Stiftungsvermögen ist anzulegen:
1) in zinstragenden Schuldverschreibungen des Reichs oder der Bundesstaaten, beziehungsweise in solchen Schuldverschreibungen, für deren Sicherheit das Reich oder ein Bundesstaat Garantie leistet;
2) in solchen Schuldverschreibungen von zum Reiche gehörigen Provinzial-, Kreis- oder Gemeindeverwaltungen, in welchen nach Maßgabe des in Berlin geltenden Civilrechts das gerichtlich verwaltete Vermögen bevormundeter Personen angelegt werden darf;
3) in Hypotheken auf Grundstücke zu pupillarischer Sicherheit.
In welchem Verhältniß die Anlegung in den verschiedenen zulässigen Werthobjekten erfolgt, bestimmt das Ermessen der Verwaltung. [375]

§. 8.

Die geldwerthen Dokumente und der Baarbestand des Stiftungsvermögens werden bei der Ober-Postkasse in Berlin nach den Vorschriften über die Verwaltung der Ober-Postkassen aufbewahrt.

§. 9.

Zur Verwendung für die Zwecke der Stiftung sind die Stiftungseinkünfte bestimmt.
Dieselben bestehen:
1) in den Zinsen des Stiftungsvermögens;
2) in solchen Zuwendungen und Geschenken, welche von den Donatoren ausdrücklich zur Verwendung unter den Stiftungseinkünften bestimmt werden.

§. 10.

In welchem Verhältniß die Stiftungseinkünfte zur Erreichung der Stiftungszwecke zu verwenden sind, unterliegt dem Ermessen der Stiftungsverwaltung, soweit nicht statutenmäßig oder von den Donatoren ausdrückliche Bestimmung getroffen ist.
Die Stiftungsverwaltung hat darüber zu entscheiden, ob und inwieweit Stiftungseinkünfte, welche im Laufe des betreffenden Jahres nicht zur Verwendung gelangt sind, den Einkünften der folgenden Jahre zuzurechnen oder dem Stiftungsvermögen zur Verstärkung des Kapitalbestandes zu überweisen sind.

§. 11.

Die Auswahl unter den zur Theilnahme an den Wohlthaten der Stiftung befähigten Personen bei Bewilligung von Unterstützungen steht der Stiftungsverwaltung zu. Dieselbe ist berechtigt, in geeigneten Fällen die Unterstützung durch Gewährung von Darlehen aus den Stiftungseinkünften eintreten zu lassen.

§. 12.

Beamte der Reichs-Postverwaltung, welche eine besondere Befähigung dargethan haben, können durch Reisestipendien aus den Stiftungseinkünften in den Stand gesetzt werden, zum Nutzen des Postdienstes durch Aufenthalt in fremden Ländern ihre Sprachkenntnisse zu erweitern und die Post- und Verkehrseinrichtungen des Auslandes zu studiren.
Zu Reisestipendien ist jährlich höchstens der Gesammtbetrag von 800 Thalern zu verwenden; jedoch kann, wenn diese Summe im Laufe eines Jahres nicht erreicht worden ist, der Minderbetrag in den folgenden Jahren ohne Anrechnung auf den Jahresbetrag ausgeschüttet werden. [376]

§. 13.

Angehörige von Reichs-Postbeamten können, wenn sie würdig und geeignet sind, durch Stipendien aus den Stiftungseinkünften in ihren Studien auf Universitäten oder anderen höheren wissenschaftlichen, technischen oder artistischen Lehranstalten unterstützt werden.
Die Verwendungen zu diesem Zwecke dürfen jährlich den Gesammtbetrag von 800 Thalern nicht übersteigen.
Bei fortgesetzter Würdigkeit und Bedürftigkeit können den Benefiziaten die Stipendien auf zwei Jahre, und ausnahmsweise unter ganz besonderen Umständen auf drei Jahre verliehen werden.

§. 14.

An Hinterbliebene von Reichs-Postbeamten können aus den Stiftungseinkünften Beihülfen zur Aufnahme in Erziehungsanstalten, Waisenhäuser oder Alterversorgungs- und Krankenhäuser gewährt werden.
Zur Erreichung dieses Zweckes kann die Stiftungsverwaltung, wenn sie es für angemessen erachtet und die Mittel dazu ausreichen, dauernde Freistellen in geeigneten Erziehungs- oder Versorgungsanstalten begründen.

§. 15.

Durch die speziellen Festsetzungen der §§. 12 bis 14 sollen andere Arten der Verwendung der Stiftungseinkünfte zur Erfüllung des im §. 2 ausgesprochenen Zweckes der Stiftung nicht ausgeschlossen sein.

§. 16.

Ueber die Verwaltung des Stiftungsvermögens, sowie über die Verwendung der Stiftungseinkünfte wird jährlich von der Ober-Postkasse in Berlin Rechnung gelegt. Die Rechnungsrevision findet bei der Rechnungs-Revisionsbehörde des Deutschen Reichs statt.