Alt-Frankfurter Sprichwörter

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Autor: P.
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Titel: Alt-Frankfurter Sprichwörter
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aus: Die Gartenlaube, Heft 42, S. 723
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[723] Alt-Frankfurter Sprichwörter. Fast gleichzeitig mit der Enthüllung des Stoltzedenkmals in Frankfurt a. M. erfolgte die Veröffentlichung einer Auswahl der nachgelassenen Schriften des Dichters, die den 5. Band seiner Gesammelten Werke bildet. Der kulturgeschichtliche und linguistische Wert, der, wie an den Werken eines jeden volkstümlichen Dialektdichters überhaupt, an denen Stoltzes haftet, tritt hier recht deutlich in der Sammlung „Frankfurt in seinen Sprichwörtern und Redensarten“ hervor, in welcher Stoltze jeden einzelnen Spruch in Bezug auf Herkommen und Bedeutung erläutert. Wir entnehmen derselben einige Beispiele.

Zu den Redensarten, die weit über das Weichbild der einstigen Freien Reichs- und Kaiserkrönungsstadt am Main bekannt worden sind, gehört: „Wenn Frankfurt ausfährt, fährt es vierspännig“ oder genauer „Frankfurt fährt selten aus, fährt’s aber aus, so fährt’s vierspännig.“ Die Veranlassung zu ihrer Entstehung gab der Brand von Hamburg 1842. Als die Kunde davon nach Frankfurt kam, ließ der Senat die „Ständige Bürgerrepräsentation“ und den „Gesetzgebenden Körper“ einberufen und stellte in beiden den Antrag, die Abgebrannten in Hamburg mit einer Summe von 2500 Gulden aus städtischen Mitteln zu unterstützen. Die Bürgerrepräsentation fand diese Summe für die Schwesterstadt viel zu niedrig, und derselben Ansicht war der Gesetzgebende Körper. Hier erhob sich Dr. Reinganum und sagte: „Frankfurt fährt selten aus, wenn es aber ausfährt, so fährt’s vierspännig.“ Die Versammlung faßte darauf den Beschluß, dem Senat von Hamburg für die Abgebrannten sofort die Summe von 100 000 Gulden aus der Stadtkasse zur Verfügung zu stellen. „Frankfurt fährt selten aus, fährt’s aber aus, so fährt’s vierspännig,“ sagt heute der Frankfurter scherzweise, wenn er bei einer Festlichkeit, bei einer öffentlichen Veranstaltung ein übriges thut. –

Die alten Frankfurter haben sich auch einmal das Sprichwort: „Was soll Saul unter den Propheten“ ins Ortstümliche übersetzt, und zwar in: „Wie kimmt e Christ zu em Derk?“ Das bezog sich auf die Figur eines Türken am Haus zum „Türkenschuß“ an der Ecke der Zeil und Hasengasse. Der „Türkenschuß“ war damals ein Wirtshaus und der W[i]r[t] und Besitzer hieß Christ. Dieses Türken, der ein Pistol abschießend dasteht, hat sich der Volkswitz noch in anderer Weise bemächtigt. Beim Umbau des Hauses kam auch an Stelle des alten Türken ein neuer. Der alte hatte nun mit seiner Pistole nach der „Schlimmen Mauer“, jetzt Stiftsstraße, geschossen, während der neue seine Waffe nach „Hinter der Rose“, jetzt Brönnerstraße, gerichtet hält. In den zwanziger Jahren befand sich dort das Etablissement „Vauxhall“, das dann fallierte. Als nun der neue Türke an den „Türkenschuß“ kam und nach „Hinter der Rose“ schoß, sagten die Frankfurter: „Jetz batt’s nix mehr! Häst de friher dem Vauxhall was vorgeschosse!“ – Wie hier äußert sich der behende Witz, der in der reichen Meß- und Handelsstadt allzeit in Flor stand, und die Freude am Wortspiel auch in der Redensart „Geldern leit in Flandern“. Geldern liegt weit von Frankfurt entfernt. Aber der Frankfurter wollte damit gar nicht sagen: Geldern liegt in Flandern, er gebrauchte das Wort leit, weit dieses wie „leiht“ klingt. Wenn es sich um Gelder handelte, die einer vom andern geborgt haben wollte, und jener war weit davon entfernt, das zu thun, so sagte er ihm mit jener Wendung: „Leiht euch in Flandern Gelder und nicht bei mir!“ – „Schaad for den scheene Dorscht!“ ist eine jetzt weitverbreitete Redensart, die ihren Ursprung dem alten Frankfurt verdankt. Sie stammt von drei armen reisenden Handwerksburschen. Eben durchs Thor gekommen, traten sie an den Adlerbrunnen, der sich damals noch nach der Zeil zu am Paradeplatz, dem jetzigen Schillerplatz, befand, und löschten da ihren Durst. Einer nach dem andern trank aus dem großen eisernen Löffel in vollen Zügen, und als sie sich alle drei satt getrunken hatten, sagte der eine seufzend zu dem andern: „Schaad um den scheene Dorscht!“ Sie hätten ihn lieber in Bier gelöscht, wenn sie sich dafür schon das Geld erfochten gehabt hätten. Stoltze fand die Redensart in seiner „Vadderstadt“ schon in frühester Kindheit im Schwange. P.