Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden/Vorrede zu der Wurster Kirchen-Ordnung von 1534

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Das Pater-Kleid und der Pater-Busch zu Visselhövede Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden (1856)
von Friedrich Köster
Gemälde aus dem Schulleben
Der Text ist in Antiqua gesetzt. Wegen einer besseren Lesbarkeit wurde auf eine Formatierung in dicktengleicher Schrift verzichtet.
[121]
18.
Vorrede zu der Wurster Kirchen-Ordnung von 1534
[1].

Als de gnedige und barmhertige Gott, dessen Name hochgelavet in Ewicheit sy, düssen unsen Wusterlande de Gnade wedderfaren laten, dat dat Pausdom en Ende namen, ofschon de leidige Duvel unde syne Helpershelper de Kristglovigen Minschen dessarhalven noch verfolget, syn de Stende des Landes avereen gekamen, ene kristliche Ordnung verfaten to laten, de na Gades Wort ingerichtet, ys ok in so fern to Stande kamen, als wy nu sehen unde Gott davor to danken hebben. Unse gnedige Gott unde Vater heft to dissen Tyden sine Baden mit sulken Gaven utgetziert, de Evangelisten gaen mit groten Scharen in de Werlt, unde erheven ere Stemme; Man mag wol indenken wesen, wo wy et hier vorfunnen hebben, als wy von Gade beropen syn, hir Kristum lutterlik to verkundigen. Wy hadden ok nieks uttorichten vermogt, wo uns de allmächtige Gott nicht bistaen hadde. Dat Volk satt in Unwetenheit unde Schadewen des Dodes. Dit mogen de erkennen, de na uns hir kamen, wo wy te vorderat de Ban gebraken, dat se nu seker to gaen in Stande syn. De Wurster syn wol vor velen hundert Jaeren ut Heyden Kristen worden dor den Deenst des groten Kaiser Karl ende syner Nafolger; alleen se syn mit den Jaeren von Kristus luttern Wort up Minschengesette und Gebade geföhret. Se syn wedder tor vorigen Unwetenheit kehret, unde mehr Heydenminschen, als Kristen wesen. Nu kann en ider, Gott sy Loff, in Düdescher [122] unde vornehmliker Sprake syne Stemme hören, unde salig werden. Wy lesen ok de hillige Scripture in dat Neddersassische avergesettet[2], de so rein ende fyn ys, dat se vel kostbarer, als Gold, to achten, unde de uns der werdige und hillige Mann Gades, Lutherus, in Handen gegeven. Der syn ok vele redlicke Lüde hier to Lande, de düt dürbare Bok gekoft, unde darin flietigen forschen unde lesen. Godt erholde dat Wort up ere lateste Nakamen, als wy nig twyfeln willen, unde late uns davor danknamiger werden. Darum beflitigen wy uns ok als Dener unses Heren, welkem wy am Evangelio denen, olde unde junge so to unterwysen, als et unse Beroep will, unde wy et vor Gade verantworten willen, unde na der Vermanung des hilligen Apostels Paulus dohen sehen, dat allens ordentlik by uns togae: woto Gedt synen Segen uns verlenen wolle. So willen wy denn, als ok dat ganze Land to Wursten angenamen, dat Gades Wort na synen Willen schall verkundigt werden, ok de hilligen Sacramente recht handhavet syn, ane Tosatt der Minschen. Bliven unse Nakamen daby bet an den Dag, wenn de Here kamen ward, de Levendigen unde Doden to richten, weren se wol fahren unde salig werden. Wy bekennen uns ok to de Confessie, de int Jaer 1530 unsen gnedigen Kaiser Karl to Augsburg is overgeven. Desgliken nehmen wy den Catechismum Lutheri, seel. Gedächtnisses, an, unde willen dat de Jugend na dissem Bok in unsern Kerken unde Scholen schall underwiset weren. Als ok Godt ward Gnade verlenen, unde de Stende dahen sehen willen, dat doegtsame Mannen bestellt werden, de sulk Lehramt in Kerken unde Scholen föhren. Un ok allerdings et nodig deit, de Kerkengöder to verbetern, unde nich to verschlimmern, da de Arne so grot, der Arbeiter weinig, unde wat wy seien, segt Paulus, werden wy ok arnen. Alle godtfurchtige Minschen wollen sik dat allgemene Beste to Harten gaen laten, unde unse Vermahnunge folgen. Als den ok dit ganze Kerkenbok, darin ene Ordnung entholden is, von uns Gade, dem allmächtigen, to Lave unde Ehren, is verfatet. De entholde dat reine Licht des [123] Evangelii up unse Nakamen. Amen. Geschreven am Dage des hilligen Lehrers Martini to Dornem, des Jares 1534.

Bertramus Schramm,
Karkhere to Dornem.
Desgeliken Hermannus Oettinger,
Karkhere ter Kappel.


  1. Aus Pratje’s historischen Sammlungen, Band 3. Seite 209. Die Kirchen-Ordnung selbst ist nie gedruckt worden, und daher verloren gegangen. Die Vorrede dazu aber hat der Pastor zu Cappeln Johannes Brandts oder Brandes handschriftlich aufbewahrt. Wie erbaulich und rührend ist doch dieses glaubensfeste, in schwerer Zeit abgelegte Bekenntniß der beiden ehrwürdigen Männer, Schramm und Oettinger! Daß Luther schon 1534 „seligen Gedächtnisses“ heißt, ist ohne Zweifel späterer Zusatz von Brandts.
  2. [273] Z. 3 v. o.: Diese niedersächsische Bibel, welche unter Bugenhagen’s Aufsicht übersetzt und zu Lübeck 1532 gedruckt worden, ist deßhalb merkwürdig, weil sie zwei Jahre früher herauskam als selbst die obsächsische Luthers, welche vollständig erst 1534 zu Wittenberg erschien. Sie wird daher (s. Lessing’s Werke, herausgeg. von Lachmann. Theil 11. Seite 304) das Ei vor der Henne genannt. Ein Exemplar derselben befindet sich auf der Prediger-Bibliothek zu Stade.
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