Am 70. Geburtstag von Hermann Allmers

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Textdaten
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Autor: J. Pr.
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Titel: Am 70. Geburtstag von Hermann Allmers
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 7, S. 116
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[116] Am 70. Geburtstag von Hermann Allmers, der am 11. Februar gefeiert wird, darf die „Gartenlaube“ unter den Glückwünschenden nicht fehlen. Auch unseren Lesern ist der wegekundige, schönheitkündende Wandersmann, der von seinen Streifzügen durch die grünen Marschen des deutschen Nordens wie seinen frohgenossenen Schlendertagen im Weichbilde Roms und seiner Campagna gleich lebensvollen und farbenfrischen Bericht zu geben verstanden hat, ein guter alter Bekannter. „Marschenbuch“ und „Römische Schlendertage“ – wohl wecken die Titel der beiden Hauptwerke des urwüchsigen Poeten aus altem Friesenstamme gar entgegengesetzte Vorstellungen. Hier: Sankt Peter und Engelsburg, Vatikan und Quirinal, Capitol und Palatin, dazwischen die großartige Trümmerstätte des alten Forum, die in solchen Wahrzeichen aufragende Welthauptstadt dreier Kulturepochen! – und dort die weithin sich dehnenden schweigsamen Hochgrasflächen des niederdeutschen Marschlands mit ihren weidenden Herden, den von Meerwasser durchflossenen, von Dünen und Deichen geschützten Kanälen: kaum läßt sich ein größerer Gegensatz denken für den poetischen Stimmungs- und Landschaftsmaler. Und doch hat Allmers hier wie dort den echten Lokalton getroffen, hat sein kraftvolles Charakterisirungsvermögen im Süden wie im Norden sich gleich erfolgreich bewährt. Nur in einem sind die Bücher doch auf einen gemeinsamen Ton gestimmt, gerade so wie seine vielen Lieder und Balladen: sie spiegeln treulich Allmers’ scharfumkantete, heißempfindende Persönlichkeit wieder mit ihrer festgewurzelten Heimathliebe neben der stürmischen Wikingersehnsucht nach der Schönheit des Südens, seine naturfrische Persönlichkeit, wie sie aufgewachsen ist in aufrechter Selbständigkeit in der weltabgeschiedenen Stille des uralten Hofs seiner Väter zu Rechtenfleth in der Osterstader Marsch an der unteren Weser, wo er vor siebzig Jahren zur Welt kam und wo er noch heute im frohbewußten Besitz seiner markigen Manneskraft lebt. Von früh an haben sich die beim Volksthum Einkehr haltende germanische Wanderlust und ein Schönheitssinn, dessen Ideale die Kunst der Antike geschaffen hat, als die treibenden und bildenden Kräfte erwiesen, die seinem menschlichen und litterarischen Charakter das so bestimmte wie sympathische Gepräge gaben. So ließ er dem „Marschenbuch“ die „Römischen Schlendertage“, dem Drama „Elektra“ das Buch über „Die Pflege des Volksgesanges im deutschen Nordwesten“ folgen. Und so zog es ihn nach langer Rast in der nordischen Heimath vor zwei Jahren erst wieder nach Rom, um dort mit ungeschwächter Sinnes- und Herzenskraft noch einmal die Schlenderpoesie seiner schönsten Jugendzeit zu erleben.

Damals war es dem Schreiber dieser Zeilen vergönnt, den reckenhaft gebauten Marschlandssohn persönlich kennenzulernen und ihn – nach Verdienst – vielfach gefeiert zu sehen als erfolgreichen Vermittler des deutschen Geistes mit dem italienischen. Und da sah er denn auch, wie das starke Heimathsgefühl in Allmers sich mitten in seiner Bewunderung der Schönheit des Südens geltend machte; so hingebend sein Blick an den Kunstmalen und Gedächtnißstätten der Ewigen Stadt weilte, am begeistertsten schwoll ihm die Rede und löste sich die von Natur schwere Zunge, wenn wir aus dem Straßengewirr in die Campagna hinaus bogen, wenn sich dem ins Weite schauenden Blick das Bild der Stadt mit dem Petersdom als Ganzes darbot, ringsum aber andächtige Stille herrschte, die tiefe Stille der campagna romana, der – Marschen der Tiberlandschaft. „Eccola Roma“ („sieh’, das ist Rom“) brach es dann stürmisch von seinen Lippen, wie einstmals, als er diesen Ausruf an die Spitze eines seiner schönsten Kapitel aus der römischen Schlenderzeit stellte. Wie ich ihn so entzückt dastehen sah, hochaufgerichtet, ein germanischer Mann vom Fuß bis zum Scheitel, mußte ich vergleichend an jene nordischen Barbaren denken, die einst als Eroberer, Zerstörungslust in den Augen, auf das prangende Städtebild hier niederschauten, und dann des gewaltigen Umschwungs, der seitdem germanische Barbarenenkel zu den begeistertsten Verkündigern und Deutern der Schönheit und Bedeutung des alten und des neuen Roms gemacht hat. Unter diesen wird Allmers bleibend eine hervorragende Stellung behaupten. J. Pr.