Anmerkungen zu den Sagen von Baden

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Textdaten
<<< >>>
Autor: August Schnezler
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Anmerkungen zu den Sagen von Baden
Untertitel: {{{SUBTITEL}}}
aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 263–278
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Karlsruhe
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons, Google
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[263]
Anmerkungen zu den Sagen von Baden.
Kurze Uebersicht der Geschichte der Stadt Baden.

Der Stadt Baden Ursprung ist vom Dunkel des grauesten Alterthums umwoben, und nur mühsam vermag das Auge des Geschichtsforschers die Nebel zu durchdringen, welche sich über die ersten Ansiedelungen in dieser Gegend gelagert haben. Eine Sage meldet, daß schon zu Zeiten des Römerkönigs Tarquinius Priscus eine Keltische Kolonie sich hier niedergelassen habe; aus Gallien über den Rhein gedrungene beutelustige Schaaren setzten sich theils in den Thälern des Schwarzwalds fest, theils wagten sie sich tiefer in das Herz Teutschlands hinein. Hierauf entspannen sich im Laufe der Jahre blutige Kriege; die Teutschen warfen die fremden Eindringlinge nach und nach wieder zurück, bis endlich die verbrüderten schwäbischen Stämme, – Markomannen genannt, weil sie die Marken (Grenzen) mannlich schirmten, – das Land von den ungebetenen Gästen säuberten und sogar selbst über den Rhein drangen, wo sie bis zu den Voghesen und dem Hardtgebirge hin die Thalebene besetzten.

Die dunkle Gebirgskette, welche sich von der nördlichen Grenze der Schweiz, gleichlaufend mit dem Rheine, bis nach Pforzheim (Porta Hercyniae, die Pforte des Schwarzwalds) hinabzog, hieß der Mark- oder Grenzwald; die Römer nannten ihn silva Martiana oder Hercynia, die Teutschen später Schwarzwald, von dem finstern Bilde seiner Nadelwälder.

Als Cäsar über den Oberrhein kam, wohnten hier die Triboken, die zu einer Heeresabtheilung gehörten, welche mit Ariovist, (Ehrenfest) Herzog der Markomannen, über den Rhein gezogen waren; doch mußten sie dem kaiserlichen Adlerfluge weichen und wieder über den Rhein fliehen. Als die Römer unter Tiberius und Drusus in Teutschland einfielen, zogen die Markomannen nach Böhmen und gründeten daselbst ein neues Reich. Nach der großen Befreiungsschlacht im Teutoburger Walde sah sich Teutschland endlich von dem Joche der Römer befreit, denen nur noch das sogenannte römische Zentland (agri decumates) übrig blieb, nemlich der Strich, welcher sich vom Rhein bis an den Neckar und die Donau erstreckt, wovon Baden einen Theil der Grenze bildete.

Baden wurde nun der Hauptort des Landes; nach den ältesten aufgefundenen Denkmalen zu folgern, sind die Kaiser Hadrian und Antonin die Gründer der Stadt gewesen und schlugen zuweilen hier ihren Hofhalt auf. Trajan that Vieles für den Flor der jungen Thaleskönigin, [264] brachte ihre Heilquellen in Aufnahme und erhob sie zur Stadt; vom Kaiser Bassianus Caracalla, nach Andern erst später vom Kaiser Alexander Severus, welche beide den Zunamen Aurelius führten, erhielt sie den Namen Aurelia, civitas aquensis. Von ihrem damaligen Glanze sprechen noch die ausgegrabenen Mauertrümmer, Steinbilder, Altäre, Meilenzeiger, Gefäße u. s. w. Mit Argentoratum (Straßburg), Saletio (Selz) und Pforzheim war es durch Heerstraßen verbunden, von denen, außer der Bergstraße, die eine geradaus nach dem Rheine, die andere über die Höhen in den tieferen Schwarzwald zog. Die erste, fünfte, achte und vierzehnte Legion hatte in diesen Mauern ihr Standquartier. Unter Kaiser Probus wurden hier die ersten Weinreben gepflanzt.

Aber nicht lange mochte die Herrlichkeit Aurelia’s gewährt haben; sie versank vor dem Andrange der teutschen Völker, die mit gewaffneter Hand ihre Freiheit von den Fremdlingen zurückforderten, deren Zwingburgen, Kastelle und Wartthürme brachen und die Brandfackel in die zierlichen Tempel und Villen schleuderten; damals verschwand auch, mit noch viel anderen ähnlichen Ansiedelungen, unsre heitre Quellenstadt fast spurlos, als wäre sie nie da gewesen.

Die Alemannen wohnten nun, etwa vom Jahr 237 nach Christi Geb., in dieser Gegend, und die Oos und die Murg bildeten die nördliche Grenze ihres Gebietes. An Aurelia’s Stelle sehen wir im Laufe der Zeit einen Ort sich erheben, den wir zuerst in einer Urkunde Dagobert’s II. vom Jahr 675 als eine Ostfränkische Besitzung unter dem Namen „Badin“ erwähnt finden; späterhin begegnet er unserm Blick als der Hauptort des Oosgau’s (auch Uffgau, Ußgau), sogenannt von dem Bergwasser, das bei seinem Ursprung Beinnersbach, weiter Oosbach und zuletzt Oelbach heißt. Das über den Trümmern der Römerherrschaft gegründete Herzogthum Alemannien hatte sich nämlich nicht allzulange behaupten können, ohne an die mächtigen Nachbarn, die Franken, wenigstens den Schein der Selbstständigkeit zu verlieren. Die Oberherrlichkeit der Merovinger verdrängte die uralten Götter, die Anbetung des Kreuzes griff siegend Platz und veränderte allmälig Gesinnung und Sitten.

Der bezeichnende Punkt in der Uebergangsperiode von der Barbarei zum Mittelalter ist die Regierung Karls des Großen, unter dessen Nachfolgern das von ihm gegründete Reich sich trennte. In diesen Zeiten der Verwirrung stund kein Besitz fest, und wir sehen die Quellenstadt, wie andere Orte auch, ihre Herren öfters wechseln. Ludwig der Teutsche gab Baden wieder an die Mönche von Weißenburg, denen es voreinst König Dagobert geschenkt hatte.

Unter Otto dem Großen kam der Oosgau an das Herzogthum Schwaben; im Jahr 1036 verlieh Heinrich III. bei der kaiserlichen Pfalz zu Baden, die wahrscheinlich auf dem Balzenberg gestanden, ein Erbgut an das Stift Speyer.

Eine Urkunde Otto’s III. ist von Baden aus ausgestellt.

[265] Als das Land an das erlauchte Haus der Zähringer gekommen, brachte eine Tochter dieses Stammes das Schloß zu Baden an Heinrich den Löwen, von dem es Friedrich der Rothbart durch Tausch erwarb. Von Kaiser Friedrich aber erhielt Schloß und Ortschaft zu Lehen aufgetragen Markgraf Hermann III., dessen Nachkommen hier ihren Wohnsitz aufschlugen und fortan von der Besitzung den Namen Baden führten, der späterhin von dem Regentenhaus auch auf das ganze Land überging.

Unter den Markgrafen hob sich Baden wieder aus Schutt und Asche neu verjüngt empor und behauptete bald den eine Zeitlang an Kuppenheim verlorenen Rang des Hauptortes im Oosgau; es wurde wieder mit Mauern umgeben, gegen welche im Jahr 1330 der Straßburger Bischof vergebens Sturm lief. Sonst wissen wir wenig von den Schicksalen der Stadt und ihrer Heilquellen, bis zum Ende des 15. Jahrhunderts, da Markgraf Christoph die alte Burg auf der Höhe verließ und das von ihm erbaute neue Schloß bezog (1479). Doch wurde jenes Stammhaus in baulichem Stand erhalten und erlag erst im Jahr 1689 bei der allgemeinen Verwüstung des Landes durch die Franzosen.

Markgraf Christoph brachte seine geliebte Badestadt wieder zu dem hohen Ruhme, dessen sie zur Römerzeit sich erfreut hatte. Kaiser und Reich, so wie der Landesherr selbst, hatten ihr große Freiheiten verliehen, und eine strenge, weise Badeordnung sicherte und zähmte die zahlreichen Gäste, welche sich alljährlich im Greiffen, Baldreit und Leuen zusammenfanden. Zank, Hader und blutige Händel waren bei Geldbuße, Stadtverweisung und Todesstrafe untersagt; eben so scharf wurden Frevel gegen Frauen und Jungfrauen geahndet; ausgemachte Trunkenbolde, Taugenichtse und Grobiane wurden gewaltsam entfernt. Dafür sah man aber auch Fürsten, Grafen und Herren die Menge jeden Sommer in das Bad ziehen. Schon damals zählte man oft bei 3000 Badegäste, worunter viele der vornehmsten Fremden; Pfalzgraf Otto Heinrich der Großmüthige baute neben dem Gast- und Badehaus „zum Vogel Greiff“ ein neues Badehaus; „zum Trompeter“. Auch reiche Bürger strömten von nah und ferne herbei; gelehrte Männer und Dichter schrieben und sangen das Lob der unschätzbaren Heilquellen, etc. – Siehe das Weitere im Universallexikon von Baden etc. – v. Chezy’s Rundgemälde von Baden etc.


Zu „Badens Entstehung“, und „Die Sage von Badens Ursprung“. (Seite 173 und 176.)

Ueber den Ursprung Badens und des Wildbades findet sich in Al. Schreiber’s „Sagen aus den Rheingegenden u. s. w.“ (Heidelberg, 1839) S. 146 folgende Sage:

Einst hüteten Hirten ihr Vieh in der Nähe des Herrenwieser- oder Mummelsee’s. Da stieg ein schwarzer Stier aus demselben hervor und gesellte sich zu den andern Rindern. Aber alsbald kam ein kleines [266] Männlein aus dem See nach, in Rattenpelz gekleidet, um den Stier zurück zu holen. Da dieser jedoch nicht gehorchen wollte, bat das Männlein zwei von den Hirten, sie möchten ihm behülflich seyn, den Stier wieder einzufangen und in den See zurück zu treiben. Diese waren sogleich dazu bereit und es gelang ihnen, den wilden Stier bis an den Rand des See’s zu treiben, wo er sich augenblicklich in die Fluthen stürzte und nicht mehr zum Vorschein kam. Das Männlein im Rattenpelz aber sagte zu den Hirtenknaben: „Hier schenke ich Jedem von euch als Zeichen meiner Dankbarkeit einen Stein; wohin ihr ihn werfen mögt, da wird auf der Stelle ein warmer Quell entspringen, der heilsame Kräfte besitzt gegen mancherlei Krankheiten.“ – Die Knaben nahmen vertrauensvoll die Steine und bewahrten sie lange Zeit auf, ohne davon Gebrauch zu machen. Zufällig kam später einer dieser Hirten in das Thal, wo jetzt Baden liegt und ruhte sich auf dem Hügel aus, in dessen Innern die meisten Heilquellen der Stadt kochen. Da gedachte er plötzlich des Steines, den er vom Seemännlein erhalten hatte, nahm ihn aus der Tasche und ließ ihn den Felsen, auf dem er saß, hinabkollern, und siehe da! wo der Stein auffiel, öffnete sich ein Spalt im Felsen, aus welchem heißes Wasser heraussprudelte. So entstanden der „Ursprung“, die „Höllenquelle“ und die „Klosterquelle“ in Baden-Baden. Der andere Hirt aber warf seinen Stein im oberen Enzthale nieder, worauf die Quellen entsprangen, welche jetzt das Wildbad bilden.

(Obige Sage gehört zum Theil zum Märchenkreise des Mummelsee’s. Sie wird u. A. auch erzählt in Lud. Klüber’s „Beschreibung von Baden, bei Rastatt u. s. w.“ (Tübingen, 1810. Bd. 2. Seite 194.)


Zu den „Sagen vom alten Schloß.“ Von Seite 180 an.

Hier schauten vor mehr als einem halben Jahrtausend hinaus die Hermanne, die Gründer des Hauses Baden, die mit den Kaisern aus dem Heldenstamm der Hohenstaufen in die Kriege nach Wälschland und als Kreuzritter nach Palästina zogen; Antiochia in Syrien ist Hermanns IV. Grabstätte. Seine Gemahlin Irmentraud, Heinrich des Schönen Tochter, leitete von hier aus den Bau des Jungfrauenklosters Lichtenthal. Von hier aus zog Hermann V., um Gemahl der Erbtochter von Oesterreich zu werden; derselbe, dessen unglücklicher Sohn Friedrich mit seinem Jugendfreunde Konradin unter dem französischen Mordbeil fiel (1248). Markgraf Rudolf I. bekämpfte von hier aus den großen König Rudolf von Habsburg, wehrte sich ritterlich gegen dessen drückende Uebermacht und ward ein neuer Stammvater seines Hauses. Unter seinen Nachkommen kriegte der tapfere Markgraf Bernhard in zahlreichen Fehden, besonders mit den Städten Straßburg, Freiburg und Breisach, und ward ein wahrer Mehrer seines Landes. Markgraf Jacob der Friedfertige, Gründer des Stifts Baden (1453), hielt streng auf den Landfrieden, säuberte das Land von [267] den Straßenräubern und ersetzte aus seinem eigenen Beutel jeden Verlust, den Jemand durch sie in seinem Gebiet erlitt; den Lindenschmidt den berüchtigten Raubritter, ließ ohne Zweifel Er einfangen und in der Stadt Baden an einen hohen Galgen hängen, wie das alte Volkslied besagt, das wir Seite 203 mitgetheilt haben. Unglücklich im Kriege war Karl I.: bei Seckenheim machte ihn Friedrich der Siegreiche von der Pfalz zum Gefangenen und entließ ihn erst gegen ein schweres Lösegeld; doch war er ein glücklicher Gemahl und Vater. Seine Gemahlin Catharina, Kaiser Friedrichs III. Schwester, munterte ihren Sohn in einem noch vorhandenen Brief auf: „er solle mit andern jungen Edelleuten sich den Ritterschlag erwerben durch tapferes Verhalten im Turnier; Jedem, der dies thue, wolle sie ein feines Hemd und goldgestickt Wamms zur Ritterweihe verehren und hoffe, als eine treue Mutter mit Spinnen wohl so viel zu gewinnen, daß ihr Sohn möge ritterlich bestehen.“ Und dieser ihr Sohn, Markgraf Christoph, war auch einer solchen Mutter würdig. Als Kurfürst Philipp von der Pfalz vom Kaiser und andern Fürsten hochbedrängt und Markgraf Christoph aufgefordert wurde, sich dessen Unterdrückern anzuschließen, um das von seinem Vater an die Pfalz Eingebüßte wieder zu gewinnen, so wie auch Bayern und Würtemberg damals Stücke von der Pfalz an sich rissen, so sprach er: „Nein, mein Vater hat dem Philipp von der Pfalz Treue versprochen auch in meinem Namen, und nichts wäre eines teutschen Fürsten unwürdiger, als dieses Wort zu brechen, jetzt da Philipp ins Unglück gekommen ist. Ehr’ und Eid gilt bei Uns mehr, denn Land und Leut![1]

Also waren die Fürsten, die hier ihren Sitz hatten, die Stammväter des Hauses, das jetzt Baden beherrscht. Christoph war der Letzte, der das alte Schloß bewohnte. Er baute gegen Ende des 15. Jahrhunderts das neue, dicht über der Stadt Baden gelegene. Nach ihm theilten seine Söhne das Land. Der Aelteste und dessen Nachkommen blieben oder herrschten zu Baden, daher die Linie der Markgrafen von Baden-Baden, die später zu Rastatt ihren Sitz nahmen; der jüngere Sohn Markgraf Christophs und seine Erben wohnten zu Pforzheim und später in Durlach, daher die Linie Baden-Durlach, die nun seit mehr als einem Jahrhundert Karlsruhe zu ihrer Residenz gemacht hat.


Zu „Die graue Frau von Hohenbaden.“ Seite 180.

Außer der grauen Frau in den alten Burgtrümmern von Baden läßt die Sage auch eine weiße Frau im neueren Schlosse spucken.

Wenige unserer Volkssagen waren so allgemein verbreitet, als die von der weißen Frau, und an keine andere hat sich der Glaube so [268] lange, selbst unter den gebildeten Ständen zum Theil noch, bis auf die Gegenwart erhalten. Hinsichtlich der Abkunft dieser räthselhaften Dame weichen die Erzähler von einander ab. Einige lassen sie aus dem berühmten Hause Meran in Südtyrol abstammen und machen sie zur Gemahlin des Grafen Heinrich oder Otto von Orlamünde, die, als Wittwe, und einem Buhlen zu Gefallen, ihre beiden Kinder gemordet haben soll. Andere versichern, auf dem Schlosse Neuhaus in Böhmen sey ihr Bildniß vorhanden, ganz in derselben Tracht, in der sie zu erscheinen pflege. Dieses Bild stellte aber die gegen Ende des 15. Jahrhunderts verstorbene Bertha von Rosenberg vor, welche an Johann von Lichtenstein verheirathet gewesen.

Es ist bekannt, daß diese weiße Frau noch jetzt in den Residenzschlössern von Berlin, Bayreuth, Darmstadt, Mannheim, Karlsruhe, Baden-Baden u. s. w. umgehen soll, und immer will man sie kurze Zeit vor dem Hinscheiden einer Person aus den ihr verwandten fürstlichen Familien gesehen haben. Jung Stilling führt in seiner „Theorie der Geisterkunde“ das Zeugniß eines Regenten dafür an, den er zwar nicht nennt, dessen Unbefangenheit und strenge Redlichkeit aber verbürgt werden.

Da jedoch die weiße Frau nur in ihr verwandten Fürstenhäusern erscheint, so ist anzunehmen, daß die Gräfin von Orlamünde und die Gräfin von Rosenberg in der Tradition zu Einer und derselben Person gemacht wurden. Wahrscheinlich aber ist es die Erstere, welche in Berlin und Weimar, die Zweite hingegen die, welche in Karlsruhe und früher in Baden-Baden sich zeigte. Das Haus Baden ist nicht mit Orlamünde, wohl aber mit den Grafen von Rosenberg verwandt, da die jüngste Tochter des Markgrafen Philibert von Baden an einen Grafen von Rosenberg vermählt war.

Bertha von Rosenberg, oder die weiße Frau, von welcher wir hier erzählen, wurde im Jahr 1449 mit Johann von Lichtenstein in Steiermark verheirathet. Die Ehe war höchst unglücklich, und Bertha trennte sich von dem ausschweifenden Gatten, gegen den sie einen unauslöschlichen Haß im Busen trug. Später lebte sie zu Neuhaus in Böhmen, wo sie ein Schloß erbaute, wobei ihre Unterthanen lange und schwere Frohnarbeit verrichten mußten, so daß sie oft Verwünschungen gegen die grausame Gebieterin ausstießen, bis sie endlich versprach, sobald das Schloß vollendet seyn würde, ihnen „einen süßen Brei“ aufzutischen, was damals so viel hieß, als: ein reichliches Gastmahl. Sie hielt Wort und verordnete, daß künftig alljährlich ein solches Gastgebot gehalten werden solle, eine Anordnung, der noch bis auf unsere Zeiten treulich nachgekommen worden ist.

Der Geist der Gräfin Bertha erscheint meist bei Nacht, bisweilen auch am lichten Tag. Sie trägt ein schneeweißes Gewand nach dem Schnitt ihrer Zeit; ihr Antlitz umwallt ein feiner durchsichtiger Schleier, der gewöhnlich von einem matten Strahl beleuchtet ist. Besonders grauenvoll – [269] versichern Alle, die sie gesehen haben wollen – soll der starre stechende Blick ihrer großen schwarzen Augen seyn, welche sie fest und unbeweglich auf Diejenigen richtet, denen sie begegnet, indem sie langsam und schweigend, nur von ihren seidenen Gewändern umrauscht, an ihnen vorüber schreitet. Bis ins innerste Mark bohre sich dieser eisige Blick und erfülle die Seele mit Entsetzen. Wer einmal in diese Augen geblickt, dem werde sein Lebenlang der schreckliche Eindruck bleiben. – Manchmal wird sie auch mit einem Kind an der Hand gesehen.

Ihr Erscheinen bedeutet immer den Tod eines Gliedes der fürstlichen Familie oder sonst ein schweres Unglück, welches derselben droht. Kurz vor dem Tode von Kindern aus dem regierenden Stamme will man sie vor dem Lager derselben stehend und über die Schlummernden hingebeugt erblickt haben. Sie zeigt sich bald in den Gemächern und Gängen, bald in der Kapelle, ja selbst in dem Garten des Schloßes.

(Vergl. „Sagen aus Baden und der Umgegend.“ Karlsruhe, 1834. S. 1 u. ff. – Ferner Gebrüder Grimm’s „teutsche Sagen.“)

Eine Sage von einer weißen Frau, welche bei dem Badort Langensteinbach, zwei Stunden von Ettlingen, in den Trümmern einer gothischen Kapelle umgehen soll, theilt Wilhelm von Chècy in seinem „Rundgemälde von Baden-Baden“, (Karlsruhe, 1839, Creuzbauer) S. 119 u. ff. mit. Wir werden dieselbe am gehörigen Orte einreihen.


Zu: „Das Kreuz auf dem Friedhofe.“ S. 195. u. ff.

Dies Kreuz trägt die Inschrift: „Nicolaus von Leyen“ mit der Jahreszahl 1462, und zeugt durch kunstsinnige Arbeit von der Meisterschaft seines Bildners. Ueber die Entstehung dieses Kunstwerks gehen mehrere, von einander ziemlich abweichende Sagen, von denen wir zwei verschiedene Versionen mitgetheilt haben.

Ueber diesen Meister Nicolaus sagt Strobel in seiner „Geschichte des Elsaßes,“ Thl. III. S. 460:

„Ein sehr ausgezeichneter Künstler war der Steinmetz Nikolaus von Leyen, der auch von Leyden heißt, und seinem Familiennamen nach Lerch hieß. Als er in den Jahren 1463 und 1464 die später sogenannte alte Kanzlei vollendet hatte, sah die Straßburger Bürgerschaft mit großem Behagen oberhalb einer im Hof befindlichen, sehr schönen Thüre, außer dem Stadtwappen noch die von ihm verfertigten Büsten des letzten Grafen von Lichtenberg und der schönen Barbara von Ottenheim, die beide damals sehr häufig nach Straßburg kamen. (Diese beiden herrlichen Bilder befinden sich jetzt in der Vorhalle der dortigen Bibliothek.) Von seiner Hand ist auch der trefflich in Stein ausgeführte Christus am Kreuz auf dem Kirchhofe der Stadt Baden; die dabei befindliche Jahrzahl 1467 (?) ist zugleich das Datum, an welchem der Künstler Straßburg verließ. Friedrich III. berief ihn nach Wien, um den berühmten Sarkophag dieses Kaisers (Siehe Morgenblatt, 1833, Kunstblatt Nr. 14, S. 55 und 56) zu verfertigen, der in der dortigen Stephanskirche [270] aufgestellt ist, aber erst späterhin, nämlich im Jahr 1518, fünfundzwanzig Jahre nach unsers Künstlers Tod, vollendet wurde.“

Ein anderer Elsäsischer Gelehrter, Bibliothekar Lud. Schneegans in Strasburg, ist gegenwärtig mit einer größeren literarischen Arbeit über den Künstler beschäftigt.

Als ein würdiges Gegenstück des kunstreichen Friedhofskreuzes mag auch das Denkmal des Markgrafen Leopold Wilhelm (welcher 1671 in Ungarn im Türkenkrieg gefallen, und nicht mit dem berühmten Türkenbezwinger Ludwig Wilhelm zu verwechseln ist) in der Stiftskirche zu Baden angeführt werden. Jedes dieser Kunstwerke hat A. v. Maltiz in einem Sonette gefeiert.

(Vergl. E. Brauer’s „Sagen und Geschichten der Stadt Baden etc.“ Karlsruhe u. s. w.“ S. 160 u. ff.)


Zu „Christoph von Baden.“ S. 41.

Er regierte von 1475 bis 1526 und wohnte auf dem von ihm vollendeten neuen Schlosse zu Baden. (Siehe die Note zum alten Schloß S. 266.)

Er war ein ausgezeichneter Fürst im Kriege wie im Frieden, hochgeachtet von seinen Zeitgenossen und besonders vom Kaiser Max I., dem er wesentliche Dienste leistete.

(Vergl. A. Schreiber’s „Badische Geschichte,“ S. 168, und Jos. Bader’s „Badische Landesgeschichte,“ S. 385 u. ff. und S. 390.)


Zu „Ludwig von Baden.“ S. 188.

Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden, gewöhnlich Prinz Louis von Baden genannt (geb. 1654, gest. 1707), ausgezeichnet als Feldherr neben einem Prinz Eugen und Malborough, ist der Drittletzte in der Reihe der Fürsten der Baden-Badenschen (Bernhardinischen) Linie, welche mit seinem jüngern Sohne im Jahr 1771 ausstarb. Seine siegreichen Feldzüge gegen die Türken sichern ihm einen glänzenden Nachruhm, so lang eine Geschichte bestehen wird. Er nahm Theil an der glorreichen Entsetzung Wiens i. J. 1683, und gewann im treuen Dienste seines nicht immer dankbaren Kaisers viele wichtige Schlachten, worunter namentlich die Vernichtungsschlacht bei Salankemen (Szlankament) i. J. 1691 hervorzuheben ist. Als Erinnerungsmaale an jene drangvolle Zeit, in welcher die Osmanen auf dem Höhenpunkt ihrer Macht, aufgehetzt von Ludwig XIV., bis zur Hauptstadt des teutschen Reiches vordrangen, verdienen der Türkenweg bei Baden (angelegt, wie behauptet wird, von gefangenen Türken) und die reiche Sammlung türkischer Trophäen im Rastatter Schloß (türkisches Kriegs- und Lagergeräth mannigfacher Art) hier Erwähnung.

Das Vertrauen der Stände des teutschen Reiches führte den Türkenbezwinger zur Hülfe gegen den westlichen Erbfeind an den Oberrhein. [271] Wegen Mangel an kräftiger Unterstützung mußte er sich zwar auf weise Vertheidigungsmaßregeln beschränken, entwickelte aber auch hierin seine seltene Heerführergabe. Noch sind die Ueberbleibsel der verschanzten Linie, die er vom Rhein aus am Schwarzwald gegen Heilbronn zu anlegte, Zeugen seiner Thätigkeit. Die Anlegung Rastadts zu einer Festung, welche unlängst durch Bundesbeschluß zur Ausführung kam, war schon sein Gedanke. Niemals war Markgraf Ludwig in einer Schlacht überwunden worden; wenige der berühmtesten Feldherren stehen ihm hierin gleich; darin aber viele, daß ihm, neben hoher Auszeichnung, Undank in reichem Maße zu Theil wurde.

(Vergl. „Der durchl. Fürsten und Markgrafen von Baden Leben, Regierung, Großthaten und Absterben.“ Frankfurt und Leipzig, 1695, Thl. II. J. Bader „Badische Landesgeschichte,“ S. 529, 530. – Frhr. Phil. Röder von Diersburg: „Des Markgrafen Ludwig von Baden Feldzüge wider die Türken,“ Bd. I, S. 62, 91 ff.; Bd, II. S. 154 ff., 193. Urkund. Anh. S. 433.)

Schon oben ward erwähnt, das Markgraf Ludwig seinen Fürstensitz von Baden nach Rastadt verlegte. Es geschah dies im Jahr 1706. Der Bau des prächtigen Schloßes hatte schon im Jahr 1697 begonnen. Daß dies Schloß im Jahr 1714 und 1797–1799 Sitz einer für das teutsche Reich verhängnißvollen Friedensunterhandlung wurde, ist allgemein bekannt.

Markgraf Ludwigs Gemahlin war die strengfromme Markgräfin Sibylle, Tochter des letzten Herzogs von Sachsen-Lauenburg. Das im Jahr 1725 erbaute Lustschloß Favorite, eine Stunde von Rastatt gelegen, ein sehenswerthes Musterwerk des altväterischen Geschmacks (der in neuester Zeit als Rococo wieder zu Ehren kam) zeugt von ihrem Kunstsinn, die dabei angelegte Einsiedelei von ihrer strengen Frömmigkeit. Wär’ es nach ihrem Sinne gegangen, so würde nicht der heidnische Donnergott mit den kriegerischen Blitzen, sondern irgend ein friedsamer Schutzheiliger auf der Kuppel des Rastatter Schloßes prangen.

(Vergl. Klüber’s „Beschreibung von Baden,“ Thl. II, S. 100–117. – Kolb’s „Lexikon von Baden“, Bd. I. S. 289, Bd. II, S. 81. – Ed. Brauers „Sagen und Geschichten der Stadt Baden u. s. w.“ S. 179 und 180.)


Zu „Kellers Bild und Kreuz.“ S. 199 und 201.

Der Ursprung dieser Sage mag in der Zeit der Ausgrabung und Aufstellung der römischen Alterthümer, woran der Boden der Badener Gegend so reich war, zu suchen seyn. Diese, der heidnischen Götterwelt erwiesene Ehre mußte dem Volke, nach den damals herrschenden Begriffen, als ein frevelhaftes Beginnen erscheinen.


Zu „Der Lindenschmidt.“ S. 203.

Dies alte Volkslied aus dem Ende des 15. Jahrhunderts findet sich in Uhland’s “Alte deutsche Volkslieder“, Th. 1, S. 358, darin noch ein zweites Volkslied vom Lindenschmidt mitgetheilt ist; ferner in [272] Fr. v. Erlachs „Volkslieder der Teutschen“ (aus dem „Knaben Wunderhorn“ entlehnt). Die Begebenheit fällt in die Zeit des Kaisers Maximilian I., als durch den ewigen Landfrieden vom Jahr 1495 dem Unwesen der Privatfehden und dem Faustrecht gesteuert werden sollte. Lindenschmidt war der Name, unter welchem ein durch Kraft und Tapferkeit, Gewandtheit und List ausgezeichneter Raubritter in den Gegenden der Rheinpfalz berüchtigt war. Der im Lied erwähnte Junker Kaspar ist Kaspar von Frondsberg, der Bruder des berühmten Georgs, Anführer der Heere des schwäbischen Bundes.


Zu „Fremersberg.“ S. 269.

Der Fremersberg zieht sich von dem Thälchen bei Baden, durch welches der Mühlbach fließt, bis an die Heerstraße von Sinsheim nach Steinbach hin. An der Waldspitze, wo sich eine schöne Aussicht in das Elsaß öffnet, baute im Jahr 1411 ein Einsiedler, Bruder Heinrich genannt, eine Klause und eine Kapelle. Im Jahr 1415 gesellten sich noch einige Brüder zu ihm und die Klause wurde vergrößert. Als der berühmte Johann von Capistran in Teutschland einen Kreuzzug gegen die Türken predigte, hielt er sich eine Zeitlang bei diesen Einsiedlern auf, und seine Zelle wurde später in eine Kapelle verwandelt. Ein Zufall gab Veranlassung zur Umwandlung der Einsiedelei in ein Kloster. Markgraf Jakob verirrte sich einst, wenige Jahre vor seinem Tode, auf der Jagd und wußte in der nächtlichen Finsterniß keinen Pfad und keine Richtung mehr zu finden. Er stieß in sein Hüfthorn und seine Hunde huben ein lautes Gebell an. Das hörten die Eremiten, gingen ihm mit Fackeln entgegen, führten ihn in ihre Wohnung und bereiteten ihm ein Nachtlager. Aus Dankbarkeit verwandelte der Markgraf die Klause in ein Kloster und besetzte dasselbe mit Franziskanern aus dem Oberland, um 1451. Dieses Kloster entging glücklich den fürchterlichen Zerstörungen von Melac’s Mordbrennerbanden. In der letzten Zeit starben die Mönche aus bis auf drei, und als auch von diesen noch zwei den Zoll der Natur bezahlten, wurde das Kloster aufgehoben und das Gebäude auf den Abbruch versteigert.

(Siehe „Freiburger Wochenblatt“. Jahrgang 1827. S. 4.)
(Die Seite 64 mitgetheilte Sage spielt, was die Hauptscene, nämlich den Teufelsspuck betrifft, in dem sogenannten „Klopfengraben“ bei der Yburg. Siehe die Note zu „Yburgs Fall“ S. 157.)


Zu „Die Rettung des Klosters Lichtenthal.“ S. 232.

Klüber im mehrerwähnten Werke, Thl. II., S. 20. – Schreiber in dem Buch: „Baden im Großherzogthum mit seinen Heilquellen“ u. s. w. S. 166, und Kolb im „Lexikon von Baden,“ Bd. II., S. 214 theilen diese Erzählung mit.

Auf welch barbarische Weise die Franzosen unter Marschall Duras auf Befehl des allerchristlichsten Königs Ludwig XIV. und seines [273] Kriegsministers Louvois im Jahr 1689 auch in Baden und der Umgegend hausten, ist ausführlich beschrieben in dem Werke: „Der durchlauchtigsten Fürsten und Markgrafen von Baden Leben, Regierung, Großthaten und Absterben u. s. w., Frankfurt und Leipzig 1695,“ S. 54–77. (Dies weniger gekannte Buch, und nicht Sachs’ Badische Geschichte, wie neulich in öffentlichen Blättern hervorgehoben wurde, ist wohl die älteste in teutscher Sprache erschienene badische Geschichte.)

„Alle Gotteshäuser“ – heißt es darin – „stunden in vollem Brand, und die Glocken mußten in den Flammen gleichsam in Thränen zerschmelzen, und in diesem Feuer alle kranke, elende und mühselige Leute, die nicht von der Stelle fliehen konnten und sich noch mit einiger Hoffnung auf des Königs Gnade speisten, elendiglich begraben werden. Es war ein solches grausames Spektakel, dergleichen wohl niemals kaum gesehen worden: der Himmel war klar und heiter und wurde in Kurzem mit einer schwarzdicken Rauchwolke als mit einem Trauerkleide verfinstert und die helle Sonne verbarg ihren Glanz. – Das arme Christenvolk war gezwungen, aus diesem Jammer in die Wälder zu fliehen und sich in den Höhlen und Wohnungen der wilden Thiere zu verbergen“ etc.

Das Kloster Lichtenthal wurde 1245 von Irmengard, Wittwe des Markgrafen Hermann V. von Baden, einer gebornen Pfalzgräfin bei Rhein, Tochter Herzogs Heinrich des Schönen und Enkelin Heinrichs des Löwen von Braunschweig, dem Sinn und Vorhaben ihres verstorbenen Gatten gemäß, gestiftet. Ihre Gebeine nebst denen vieler Fürsten und Fürstinnen des Badischen Hauses ruhen an dieser Friedensstätte. So manchen Gefahren glücklich entgangen, fiel das Kloster zu Anfang unseres Jahrhunderts dem allgemeinen Loose der Secularisirung anheim, aber der hochherzige Fürst Karl Friedrich stiftete es „wegen stets bezeugter dankbarer Treue und Anhänglichkeit an das Haus Baden, und weil das Erdbegräbniß der badischen Ahnen sich darin befindet,“ bald darauf von Neuem, und so konnte dasselbe denn am 1. Mai 1845 das Fest seines 600jährigen Bestehens feiern.

(vergl. Klüber und Kolb am angeführten Orte. – J. Bader, „Badische Landesgeschichte,“ S. 157, so wie dessen Schriftchen: „Die Stifter des Klosters Lichtenthal sind auch Gründer der Markgrafschaft Baden.“ – M. v. Schenkendorf und F. F. v. Maltiz u. A. haben das liebliche Lichtenthal besungen.)

Im Hofe des Klosters befindet sich auch seit mehreren Jahren die v. Stulzische Waisenanstalt, hervorgerufen durch die Stiftung eines wackern Mannes, der in Kippenheim (Bezirksamt Ettenheim) von mittellosen Eltern geboren, sich in der Fremde durch Fleiß und Betriebsamkeit ein glänzendes Vermögen erwarb und seines alten Heimathlandes mit freigebiger Dankbarkeit gedachte.

(Siehe Ed. Brauer’s „Sagen und Geschichten“ etc. S. 183.)

[274] In Mone’s „Anzeiger“ 1839 etc. heißt es unter der Ueberschrift: „Todesvorzeichen“ vom Kloster Lichtenthal:

„Das Kloster Lichtenthal ist von dem badischen Fürstenhause gestiftet und viele Mitglieder desselben liegen in der alten Kirche begraben. Steht einem Gliede dieses Hauses ein Todesfall bevor, so erlöscht in der Kapelle jedesmal die ewige Lampe.“


Zu „Der Wasserfall von Geroldsau.“ S. 227.

Ich glaubte diese Romanze, als aus der Feder einer talentbegabten einheimischen Dilettantin, hier füglich einreihen zu dürfen, konnte mir aber eben so wenig versagen, in Bezug auf Form und Metrum, bedeutende Veränderungen mittelst der Feile darin zu treffen, was mir hoffentlich die Frau Verfasserin nicht als ungalantes Verfahren auslegen wird.

Der Herausg.     


Zu „Die Hütte bei Eberstein.“ S. 230.

Der alten Sage nach soll an der Stelle jener Hütte ein Kloster errichtet worden seyn, welches Kloster Engelberg genannt wurde. Die Geschichte berichtet weder das Jahr ihrer Entstehung, noch das seiner Zerstörung. Mit dem Gebäude scheint auch alle Kunde von seiner Geschichte untergegangen zu seyn, und wie von jenem keine Spur mehr zu finden ist, so sucht man auch vergebens in den alten Chroniken nach einer Erwähnung dieses Frauenklosters. Nur im Munde des Volkes hat sich noch Weniges erhalten. Weiße Gestalten sollen an der Stelle, wo das Gebäude stand, in der Mitternachtstunde umherwandeln, und lieblicher Gesang auf der Höhe sich hören lassen.

(Siehe „Sagen aus Baden und der Umgegend.“ Karlsruhe, 1834.)


Zu den „Sagen von der Yburg.“ S. 242.

Der Weg zu diesen Schloßtrümmern führt von Baden aus über den Beitig, hinter dem Selighof, von der Fahrstraße ab, links empor im Walde, dann durch eine Schlucht, der Klopfengraben genannt, und endlich in gemächlicher Windung aufwerts bis zur Ruine, von welcher, außer dem noch wohl erhaltenen Thurme, zu dessen Zinne eine hölzerne Treppe leitet, wenig mehr übrig ist; den andern Thurm zerstörte ein Blitzstrahl zur größeren Hälfte, und das übrige Gemäuer, mit einem Portal, zeugt noch von dem nicht unbedeutenden Umfange der Burg. Die Aussicht von der Plattform des Thurmes, östlich über das Gebirg und westlich in das weite lachende Rheinthal, ist durch ihren Contrast überraschend und außerordentlich reich. Der Ursprung dieser Veste ist ein bisher ungelöstes Räthsel; kaum Vermuthungen wagt die Geschichte darüber. Die feste Bauart und die Lage auf einem [275] in die Rheinebene ziemlich weit vorspringenden und sie weithin beherrschenden Bergkegel, sprechen von hohem Alterthum. Vielleicht stund hier ebenfalls schon ein römischer Wartthurm, oder ein treuer Wächter der alemannischen Marken sandte von hier aus den sorgsamen Blick in die Ferne. Wir finden den Berg nicht früher erwähnt als im Jahr 1382, und zwar nur nebenbei in dem Lehensbriefe, den Kaiser Wenzel dem Markgrafen Bernhard von Baden ertheilte. Markgraf Georg Friedrich soll die Yburg auf’s Neue hergestellt und befestigt haben. Im Jahr 1698 war sie jedoch wieder gänzlich unbewohnbar gemacht worden.

Auf dem Badener alten Schlosse haust, dem Volksglauben nach, kein Gespenst mehr als die weiße Frau; die Ebersteinburg ist ganz frei von allem Spucke, aber die Yburg ist der Platz, wo Geister und Kobolde ihr Wesen treiben, und alle die bösen Teufel, welche vor Zeiten, in Säcke gebunden, von Mönchen heraufgeschleppt und in diese Mauern gebannt wurden. (Siehe Spindlers Mährchennovelle „Der Teufel im Sack“ in seinem Taschenbuch „Vergißmeinnicht für 1846.“) – Ein einzelner Kobold pflegt im Klopfengraben zu spucken; aber er ist von ziemlich friedlicher Gesinnung und hat es nur, gleich dem Gespenst an der Kanderner Straße, auf Weinbenebelte abgesehen, die er gerne vom Wege seitab in das Bächlein führt.

Merkwürdig ist der Umstand, daß der Ursprung von noch zwei alten Schlössern, welche den gleichen Namen führen, und deren eine in der Schweiz, die andere in Westphalen liegt, eben so vom Dunkel der Zeit verhüllt ist, als der unsrer Yburg.

(Vergl. W. v. Chezy „Rundgemälde von Baden“ etc. S. 73.

In Bezug auf J. Hubs Ballade „Fortunat von Baden“ (Siehe S. 249 dieses Buches) führen wir hier noch an, was Al. Schreiber in seinen „Sagen aus den Rheingegenden etc.“ über Fortunats Leben und Treiben auf der Yburg erzählt:

„Gegen das Ende des 16. Jahrhunderts wurde sie von einem Kastellan bewohnt, und der unglückliche Markgraf Eduard Fortunat, ein Sohn der schönen Cäcilie von Schweden und Enkel Gustav Wasa’s, hatte darin sein alchymistisches und magisches Laboratorium aufgeschlagen, wo er unter Beihülfe zweier Italiener, des Paolo Pestalozzi von Chiavenna und des Muscatello von Chio den Stein der Weisen hervor zu bringen, Tag und Nacht, wiewohl vergebens, sich abmühte und allerlei andere Versuche anstellte. Unter Anderm verfertigte Pestalozzi aus Wachs ein Bild des Markgrafen Ernst Friedrich von Durlach, des geschwornen Feindes Eduard Fortunats. Dabei wurden die gewaltigsten Zauberformeln gesprochen, welche bewirken sollten, daß eine Kugel oder ein Pfeil, die auf das Bildniß abgeschossen würden, auch zugleich das Bildniß selbst, sey es noch so weit entfernt, träfen. Als das Wachsgebilde fertig war, heftete man es an eine Thüre und ein Pistol wurde darauf abgedrückt. Die Kugel drang nicht allein [276] durch die Brust des Bildes, sondern auch durch die dünnen Bretter der Thüre, und in diesem Augenblick erscholl ein markerschütternder Geschrei im Nebengemache. Die schöne achtzehnjährige Tochter des Kastellans, die Buhlgenossin des Markgrafen, lag, von der Kugel mitten durch das Herz getroffen, in ihrem Blute zu Boden gestreckt, und seit dieser Zeit trieb allnächtlich ein solcher Geisterspuck auf der Yburg sein Wesen, daß ihre Bewohner sie verlassen mußten. Die Burg selbst versank allmälig in Trümmer. Mehrere Jahre später – berichtet die Sage – beschworen die Kapuziner in Baden alle Kobolde und Hausgespenster aus der Gegend in einen großen Sack und trugen sie darin auf die Yburg, wo sie losgelassen und in den Ruinen festgebannt wurden, weßhalb sich noch jetzt nur selten ein Mensch bei nächtlicher Weile in die unheimlichen Räume der allen Burg hinaufwagt.“

In der Zeitschrift „Curiositäten der Vor- und Mitwelt etc.“ 8. Bd. S. 397 u. ff. lesen wir Nachfolgendes über Fortunat:

„Da der mörderische Anschlag auf das Leben des Markgrafen Ernst Friedrich zu Baden weltbekannt wurde und derselbe sich genöthigt sah, was er gegen das Benehmen, Treiben und Thun des Markgrafen Eduard Fortunatus zu sagen hatte, öffentlich auszusprechen, so erschien nachfolgende merkwürdige Schrift im Drucke:

„Gründlicher, Wahrhafter und Bestendiger Bericht: Was sich zwischen dem Markgrafen Ernst Friedrich zu Baden etc. und zwischen Markgraf Eduardi Fortunati Dienerschaft und von ihm selbst verloffen“ etc. 1595. 4.

In dieser Schrift heißt es:

„Nicht allein weltkundig muß es, sondern bewiesen soll es auch werden, daß Markgraf Eduard Fortunatus zweimal dem Markgrafen Ernst Friedrich nach dem Leben gestanden, zuletzt auch noch den Burgvoigt zu Norbug, Franz Löcher, anreizen wollen, die That zu vollbringen. Es sah sich daher der Markgraf Ernst Friedrich genöthigt, Kaiserl. Majestät Alles zu berichten und zum Beweise fortzufahren, der Untersuchung Platz und Raum zu lassen. Da ergab sich dann, daß, als der Markgraf Ernst Friedrich, nach Recht, den obern Theil des Markgrafenthums in Besitz nahm, sein Vetter, der Markgraf Eduard Fortunatus, sogleich Mordanschläge gegen ihn und seinen Bruder, den Markgraf Georg Friedrich, mit bösem Sinne faßte. Aber der Himmel verhinderte die Ausführung der Mordanschläge und es wurden als Verbrecher eingezogen die Eduard’schen Diener: Paul Pestalotzi aus Chiavenna und Franz Muscatello aus Vicenza, nach Durlach geführt und denselben der Prozeß gemacht.

„Es lebte aber dieser unselige Markgraf Eduard Fortunatus ein solch dissolutes Sattelleben,[2] daß er sich selbst nicht scheuete, [277] den Plackereien in eigener Person beizuwohnen, seiner Fürstlichkeit ganz vergessend. Er ritt zur Rauberei mit seinen Dienern auf die Straßen, versteckte sich in die Kornfelder, fiel heraus und beraubte die Reisenden ohne Scheu und Scham; warf die Fuhrleute nieder, beraubte die Kaufleute und nahm was er bekommen konnte. Das that er Alles frei und öffentlich, ließ die Beraubten binden und zählte in ihrer Gegenwart das ihnen abgenommene Geld, was er alsdann nach Wohlgefallen mit seinen Raubgesellen theilte. Dabei kam es auch zu Mordthaten, wie an einem wälschen Krämer geschehen, der erschossen wurde. Mit den ihm abgenommenen Sachen schmückte der Markgraf sein Schloß aus.

„Wie nun immer eine schlechte Handlung die andere nach sich zieht, so hat Markgraf Eduard auch sich des Falschmünzens unterfangen, welches in den Rechten sowohl als in der Kaiserl. Peinlichen Halsgerichtsordnung hoch verboten ist. Aus einer sonderbaren Mixtur von Metallen, welche der Malefikant Franz Muscatello zu bereiten wußte, wurden Ferdinandische Thaler, Klippenthaler, Portugaleser von 10 Dukaten Werth, etc. geprägt, dieselben auf der Frankfurter Messe ausgegeben und die Leute damit betrogen. Er, der Markgraf selbst, war zugegen, wenn gemünzt wurde, und zog das zu Augsburg erkaufte Preßwerk mit eigener Hand. Die Stempelschneider zu bekommen, brauchte er Gewalt und hielt sich Alles für erlaubt.

„Ja, er ließ sich von dem leidigen Satan so weit treiben, führen und einnehmen, daß er einem seiner Vettern durch ein von Muscatello zubereitetes Giftwasser, als er sie zu Gaste bat, das Leben nehmen wollte. Eben das war er zu thun gesonnen, als Markgraf Ernst Friedrich nach Ettlingen kam, um dort ein Passionsschauspiel vorstellen zu sehen. Dieses Giftwasser, dessen noch eine gute Portion auf dem Schlosse zu Baden gefunden worden, hat seinen wirklichen Effect an vielen Personen gethan, wie die urzichtlichen Aussagen sub Rubrica de Veneno beweisen und darthun. So war auch noch ein anderes Gift vorhanden und gebraucht worden in Gestalt eines unschädlich scheinenden, weißen Salzes.

„Dabei ist es aber nicht geblieben. Sondern es hat Markgraf Fortunatus auch ein teuflisch-zauberisches Mittel zur Hand genommen, welches der Malefikant Pestalotzi vollführen sollte, den Markgraf Ernst Friedrich zu tödten; Siehe die ursichtlichen Aussagen sub Rubrica de Imagine. Das sollte geschehen durch ein sonderlich dazu geformtes Bildniß, welches des Markgrafen Ernst Friedrichs Person repräsentiren und nach Ausweisung seiner negromantischen und zauberischen, bei ihm gefundenen Bücher, mit Beschwörungen und anderen teufelischen Zierlichkeiten und Solennitäten hat zugerichtet werden sollen. Zu dem Ende sandte der Markgraf Fortunatus seinen eigenen Hofkaplan und Meßpriester, Marko del Furno, nach Trarbach mit seinem eigenhändigen, mit seinem Wappen verpetschirten Brief an [278] den Malefikanten Pestalotzi; der Hofkaplan aber, als er des Briefes Inhalt erfahren, mißbilligte Alles und mochte nicht einwilligen. Ja, es ist gewiß, daß die erschreckliche und verfluchte Sünde der Negromantie und Zauberei bei dem Markgrafen Fortunato und seinen Complicibus im Schwange ging und für keine Sünde gehalten wurde; wie auch der Probst Born von Madrigal zu Baden ausgesagt und bekräftigt hat. Es hatte auch Fortunatus einen Eid von Pestalotzi genommen und sich mit ihm zu dem greulichen Bubenstück verbunden, und mit dem Verlust ihrer Seelen, ihres Heils und ihrer Seligkeit dem leidigen Satan sich selbst zum ewig verfluchten Pfande gesetzt.“

Es folgen nun die Beilagen und Beweise, die Verrechnungen und Aussagen, nach welchen Pestalotzi und Muscatello nach rechtlichem Ausspruch geviertheilt werden sollten. Der Markgraf Ernst Friedrich begnadigte sie aber dahin, daß sie enthauptet wurden. Jedoch wurden ihre Leichname geviertheilt und an den Straßenecken aufgehangen.

Pestalotzi hatte gar sonderbare Examina auszuhalten, in denen er u. A. aussagte: „Er sey verheirathet und sein Weib heiße Lagora. Die mit ihm umherziehende Dirne, Madama genannt, sey mehr des Markgrafen Fortunati Concubine als seine eigene. Er müsse aber auf Befehl dieselbe mit sich führen auf seinen Namen. Er wisse nicht, ob er oder der Markgraf des Kindes Vater sey. Die magischen Bücher habe sein Herr aus Löwen erhalten. Die Falschmünzerei sey gut gegangen. Das Vergiften sey verunglückt. Das Bildniß sey gefertigt worden von Leim und Jungfernwachs, dann angezündet und der 108. Psalm darüber gesprochen worden. Es habe diese Incantation aber nichts gefruchtet.“ Uebrigens agnoscirte Pestalotzi das ihm vorgezeigte Giftpulver, die Bildform und die Münzformen.

Muscatello bekannte gleichfalls, was er gethan. Er hatte (als geübter Italiener in diesen Münz- und Giftkünsten) das Metall zur falschen Münze verfertigt, das Gift gemischt etc. und gravirt einen gewissen Capitain Paul gar sehr. Dieser wollte das Vergiften übernehmen, wie er sagte. Ein gewisser Bernardo Compostini gab die Bereitung des Giftes an, welche man jedoch vorsichtigerweise nicht mitgetheilt hat.“


  1. Siehe auch das Gedicht von Ed. Brauer „Christoph von Baden.“ S. 187.
  2. Ein Sattelleben, ein Stegreifleben führen, hieß im Mittelalter bei den Edelleuten: vom Raube leben.