Archiv für die zeichnenden Künste/Jahrgang 7-8/Notizen über Hieronymus van Aeken, genannt Bosch, und Alart Du Hameel

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Autor: J.D. Passavant
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Titel: Notizen über Hieronymus van Aeken, genannt Bosch, und Alart Du Hameel
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aus: Archiv für die zeichnenden Künste mit besonderer Beziehung auf Kupferstecher- und Holzschneidekunst und ihre Geschichte, Jahrgang 7-8 (1862): S. 88-92.
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Erscheinungsdatum: 1861
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Notizen über Hieronymus van Aeken, genannt Bosch, und Alart Du Hameel.
Von J. D. Passavant.

Durch einen Irrthum Immerzeel’s in seinem Buche „De Levens en Werken der Kunst-Schilders etc.“ Vol. I p. 77, verfielen alle nachfolgende Kunstschriftsteller und ich selbst in die falsche Angabe des Familiennamens, Agnen, des Hieronymus Bosch und seines Sterbejahrs von 1518. Nach genauer Untersuchung der Urkunden hiess er aber Hieronymus van Aeken und starb im Jahr 1516 in Herzogenbusch. Diese Berichtigungen verdanken wir Hrn. Alexandre Pinchart in Brüssel, welche er in dem „Bulletin de l’Academie royale de ßelgique“ 2de Serie, Tome IV No. 5. bekannt gemacht hat und deren wesentlichen Inhalt mit einigen Zusätzen im Interesse der Kunstgeschichte hier mitgetheilt werden.

In einem Register der Archive des Departement du Nord zu Lille, welches die Bezeichnung No. F 190 de la Chambre des Comptes, trägt, befindet sich folgende Stelle über eine Zahlung auf Befehl des Erzherzogs Philipp des Schönen vom Monat September 1504:

„A Jéronimus Van Aeken, dit Bosch, paintre, demourant à Bois-le-Duc, la somme de XXXVI livres, à bon compte sur ce qu’il pourroit estre deu sur ung grant tableau de paincture, de IX pieds de haut et de XI pieds de long, où doit estre le jugement de Dieu, assavoir paradis et enfer, que Monseigneur avait ordonné faire pour son trés-noble plaisir.“

Nähere Angaben über dieses Gemälde des Jüngsten Gerichts und sein Schicksal sind nicht bekannt. Zwei Bilder ähnlichen Gegenstandes, das eine ein Flügelbild im Berliner Museum, und [89] eine Tafel in dem zu Madrid, erreichen kaum die Hälfte des oben angegebenen Maasses.

Um sichern Aufschluss zu erhalten, wie die von Immerzeel angegebene Stelle, wo er den Namen des Künstlers Hieronymus Agnen und dessen Tod als im Jahr 1518 angegeben, im Originaltext laute, wandte sich Hr. Pinchart an den Archivaren Hrn. van Zuylen in Herzogenbusch und wurde ihm die Auskunft, dass in dem Register der „Illustre Lieve-Vrouwe broederschap“ mit dem Titel: „Nomina decanorum et prepositorum“ die Stelle also laute:

„0bitus fratrum Ao 1516 Hieronimus Aquen als Bosch insignis pictor.“

Diese Angabe findet sich auch in einem andern Register der Namen und Wappen der Mitglieder derselben Brüderschaft, wo auch fol. 76 der Umriss eines leer gelassenen Wappens folgende Unterschrift hat:

„Hieronimus Aquens, alias Bosch, seer vermaerd schilder. Obiit 1516.“

Sodann trifft man den Namen „Jeronimus van Aken (sic) noch in Rechnungen der Brüderschaft von 1483—1489, 1493—1494, 1498—1499, 1504, 1508—1509, 1511—1512. Unter dem letzten Datum ist notirt, dass er für die Brüderschaft das Modell zu einem Kreuz gezeichnet und dafür 20 Stüber erhalten habe.

Obige Angaben seines Aufenthaltes in Herzogenbusch von 1488 bis 1512, also fast bis zu Ende seines Lebens, lassen nicht glauben, dass er einen längern Aufenthalt in Spanien gemacht, wie behauptet worden, indem man in Madrid mehrere seiner ausgezeichnetsten Gemälde im Museum daselbst antrifft; sie dürften vielmehr Erwerbungen des Königs Philipp II. sein. Jedenfalls ist anzunehmen, dass das ausgezeichnete Bild der Anbetung der Könige im Madrider Museum in den Niederlanden gefertigt worden, da bei dem neben dem Apostel Petrus knieenden Donatar sich die Worte „een vor al“ befinden. Auch wissen A. Ponz und Juan Augustin Cean Bermudez nichts Bestimmtes von einem Aufenthalt des Meisters in Spanien und sagt letzterer selbst, dass der Padre Sigüenza nirgends angebe ihn gesehen zu haben.

Hr. Pinchart hat auch Nachforschungen anstellen lassen, ob Hieronymus van Aeken etwa ein Fremder gewesen und zu zu Herzogenbusch das Bürgerrecht erhalten habe; allein in den Archiven, in welchen diejenigen Personen, die es erhalten, eingeschrieben sind, findet sich sein Name nicht, so dass er aus dieser Stadt gebürtig zu sein scheint. In dem Register No. 13005 in 18o ist jedoch ein gewisser Laurent van Aken (sic) verzeichnet, welcher 1464 das Bürgerrecht in Herzogenbusch erhielt und vielleicht des Hieronymus Vater war. Kaum ist es der Mühe werth, einen der unendlich vielen Irrthümer des Hrn. Viardot zu berichtigen, wonach unser Meister ein westphälischer Maler gewesen wäre.

[90] Dass Hieronymus van Aeken auch in Kupfer gestochen habe, wird von Vielen in Abrede gestellt und angenommen, dass die Blätter nach seinen Compositionen mit Bos oder Bosche bezeichnet, Arbeiten des Alart Du Hameel seien, gleich denen, welche den Namen des letzteren tragen. Zu beachten ist dagegen, dass in den Registern, wie wir gesehen, zu dem Namen Hieronymus van Aeken die Angabe: „alias Bosch“ beigefügt ist, er also auch diesen Namen muss getragen haben. Auch auf dem Gemälde der Versuchung des h. Antonius im Museum zu Madrid (No. 456) hat sich der Meister Jeronimus Bosch unterzeichnet. Es ist daher die Annahme nicht unbegründet, welche ihm die Fertigung der mit Bos oder Bosche bezeichneten Kupferstiche zuschreibt. Sämmtliche Blätter, wenn auch in der Behandlung des Grabstichels im Allgemeinen sich ähnlich, haben doch die Verschiedenheit, dass einige derselben etwas Feineres, als die Andern haben und sind namentlich die mit dem Namen des Alart Du Hameel bezeichneten, etwas roher behandelt. Dem sei indessen wie ihm wolle, so können die Namen beider Künstler bei den ihnen zugehörigen Kupferstichen nicht von einander getrennt werden, da letzterer zum mindesten mehrere der Blätter nach den Zeichnungen des Malers gestochen hat.

Dagegen müssen wir der Annahme, dass Hieronymus van Aeken auch in Holz geschnitten habe, entschieden entgegentreten, denn gibt es auch einige alte Holzschnitte nach seinen Compositionen, so ist doch gerade das bedeutendste Blatt dieser Art, die Versuchung des h. Antonius darstellend, mit der Jahrszahl 1522 versehen, also erst sechs Jahre nach des Meisters Tod gefertigt.

Ueber Alart Du Hameel, wie er sich selbst geschrieben, oder Alart Du Hamel, wie sein Name in den Documenten vorkommt, theilt Hr. Pinchart einige interessante Nachrichten mit. Zuförderst ergibt es sich, dass er ein ausgezeichneter Architekt und Bildhauer war, der nur in seinen Musestunden sich mit dem Kupferstich nach seinen eigenen oder seines Landsmannes Hieronymus’ Compositionen beschäftigte. Ihm wurde die Leitung des Baues der Johanniskirche in Herzogenbusch, eine der schönsten in den Niederlanden, seit 1478 und vielleicht selbst früher, bis gegen 1495 übertragen. In diesem Zeitraum wurde der südliche Kreuzesarm vollendet und das Mittelschiff der Kirche zu bauen angefangen.[1] Auch für die Kapelle der „lllustre lieve Vrouwe broederschap“ neben dem Chor der S. Johanneskirche, machte er den Plan, welcher unter der Leitung seines Schwagers Jan Heyns ausgeführt wurde, während Hieronymus van Aeken um 1493 oder 1494 die Zeichnungen zu einigen Glasmalereien für sie fertigte, [91] welche die Glasmaler Wilhelm Lombard und Heinrich Buekink ausgeführt haben.

Alart Du Hameel war mit Margaretha van Auweninge verheirathet, welche 1484 gestorben und in der Johanneskirche begraben ist. Ihr Grabstein mit ihrem darauf eingehauenen Bildniss und einer Inschrift sieht man noch an der Mauer im Innern der Kirche eingelassen. Im Jahr 1495 liess sich unser Meister in Löwen nieder und wurde am 25. Juni desselben Jahrs zum Stadmeester mit einem jährlichen Gehalt von 12½ Gulden ernannt, indem der berühmte Architekt des dortigen Stadthauses Matheus van Layens gestorben war. Er arbeitete auch an der damals im Bau begriffenen St. Peterskirche[2]. In den Rechnungen der Stadt Löwen von 1501 fol. 47 wird er als „Meester Alart de Hamel der stadt werckman steenhouwer“[3] aufgeführt, was keinen Zweifel lässt dass er zugleich Architekt und Bildhauer war.

Zum letzten Mal geschieht seiner Erwähnung in den Rechnungen von 1503 und Matheus Keldermans tritt 1504 an seine Stelle als Werkmeister der Stadt Löwen. Wahrscheinlich starb er in diesem Jahr, jedenfalls lebte er nicht mehr im Jahr 1510, indem in den Rechnungbüchern der genannten Brüderschaft er unter den Jahren 1509—1510 als gestorben angegeben ist.[4]

Hr. Pinchart fügt seinen Notizen noch hinzu, dass von 1484 bis 1490 in Herzogenbusch ein Buchdrucker Namens Gerhard Leempt aus Nimwegen sich aufgehalten und dass Hieronymus van Aeken und Alart du Hamel sich dessen Presse dürften bedient haben, um ihre Kupferplatten abzudrucken, dass dann aber bis zum Jahr 1511 kein Buchdrucker mehr in jener Stadt gewesen und schliesst daraus, dass ihre Stiche in jene Zeit fallen müssten. Indessen kann auch angenommen werden, dass diese Künstler eine kleine Handpresse zu ihrem Gebrauch besessen und sie auf dieser ihre Kupferstiche gedruckt haben. Ein solches Beispiel treffen wir selbst noch in unsern Tagen, indem der Maler Joseph Bucher aus Feldkirch eine solche von ihm selbst eingerichtete Presse mit sich führt, um seine Radirungen eigenhändig abdrucken zu können.

Bartsch beschreibt in seinem Peintre graveur VI p. 354 sechs Blätter, welche er dem Alart du Hameel zuschreibt, wenn er auch zugibt, dass sie zum Theil nach Zeichnungen des Hieronymus Bosch gestochen sind. In unserm Peintre graveur II S. 284 sind [92] noch sieben unzweifelhafte und zwei ihm zugeschriebene Blätter aufgeführt, von denen jedoch Renouvier in seiner „Histoire de l’origine de la gravure etc.“ das mit dem Christus zwischen der h Jungfrau und Johannes, welches Duchesne in seiner „Voyage d’un iconophile“ zuerst bekannt gemacht (bei uns No. 14) für eine rohe Arbeit in der Art des Israhel van Meckenen hält. Dagegen fügt er dem Werk des Meisters ein Blatt bei, welches er im Britischen Museum gefunden, nämlich:

Ein liebendes Paar bei einem Springbrunnen.
Der junge Mann spielt die Laute und das bei ihm stehende Mädchen hält eine Blume. Auf einem gothischen Springbrunnen steht ein pissender Amor; unten kauert ein alter Narr bei einem Gitterwerk. Mit dem Namen Bosche und dem Monogramm bezeichnet.

Renouvier glaubt auch den Kupferstich eines St. Michael, welcher den Satan bewältigt, dem A. du Hameel zuschreiben zu dürfen. Allein als wir dieses Blatt im Pariser Cabinet untersuchten, schien es uns bestimmt einem Schüler des Meisters von 1466 anzugehören und haben wir es bei den Blättern jener Schule im II. Band S. 91 unter No. 46 beschrieben.




  1. Hermans, Geschiedenis over dem bouw der St. Janskerk te’s Hertogenbosch. Haag 1853.
  2. Van Even, Les Artistes de l’Hôtel-de-ville de Louvain. Louvain 1855, und von demselben: Louvain momental [sic! monumental].
  3. Schriftliche Mittheilung des Hrn. E. van Even an Hrn. Pinchart. S. dessen Notes etc. p. 9 Note 3.
  4. Desgleichen. Die Notiz lautet: Van den testamente ende vuyterste wille wylen meesters Alarts du Hamel, doen hy leefde, lodgemeester in den Bosch: vj gulden.