Aufforderung (Lavant)
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Aufforderung.
Von Rudolf Lavant †
Ein halber Mann, dess‘ Tage schwinden
In selbstischer Befangenheit, ―
Du sollst im Busen mitempfinden
Den hohen Wellenschlag der Zeit!
Durch das Geäder schleicht das Blut, ―
Du sollst voll tiefen Ingrimms hassen
Und lieben mit der Seele Glut!
Du sollst zur Linken oder Rechten
Du sollst mit blanker Waffe fechten,
Getreuen Muts, in Glück und Not!
Der Fahne treu, die du erkoren,
Sollst du, gebeugt von keiner Pein,
In jedem Atemzuge sein!
Sei ganz, was deine Pflichten fordern,
Was diese große Zeit begehrt!
Laß hell die Glut, die heil’ge lodern,
Und wenn im Kampf die Jahre schwanden,
Sei stolz auf deines Hauptes Schnee;
Du hast in Reih und Glied gestanden
Mit den Soldaten der Idee!
Doch diesen einen halte wert!
Ein Tempel sind die engsten Räume
So oft er freundlich wiederkehrt.
Hat er vom Staub des Kampfgefildes
Dann frisch zurück, in rauhes, wildes,
Erbittertes Gefühl der Schlacht!
Anmerkungen (Wikisource)
[Bearbeiten]- Das Gedicht erschien erstmalig 1884 mit neun Strophen unter dem Titel „An unsere Leser“ im „Berliner Volksblatt, Organ für die Interessen der Arbeiter / Illustrirte Sonntags-Beilage“.
- Auszüge aus dem Gedicht befinden sich in: „Die Philosophie Spinoza’s“. Erstmals gründlich aufgehellt und populär dargestellt von J. Stern. Stuttgart J.H.W. Dietz Verlag, 1890, Seite 176.