Aufruf an die hochfürstliche Brandenburgische Landesregierung zu Anspach, von einem Menschenfreunde in der Gegend von Rothenburg, die Ausrottung eines kinderabtreibenden Mittels betreffend
Es muß dieß jedem aufmerksamen Beobachter sehr auffallen. Man fragt daher billig: wie geht dieß zu? – Ich will sagen, was mich meine Nachforschungen hierüber gelehret haben.
Es gibt unter den Landleuten mehrere junge Pursche, welche zwar den Trieb der thierischen Geschlechtsliebe befriedigen, jedoch aber den Naturzweck derselben – die Erzeugung der Kinder, umgehen wollen, die daher bey der ausserehelichen Begattung auf eine eigne Weise[1] sich benehmen, und sich gegen das Mädchen, das sie an sich ziehen wollen, berühmen, daß sie die Kunst verständen, ihr beyzuwohnen, und sie doch nicht zu schwängern.[2] – Allein man begreift leicht,| daß diese unseelige Kunst bey dem Drang der Leidenschaft und in dem Augenblicke der Wollust nicht sehr anwendbar ist, und daß dadurch das obige politische Problem nur immer für wenige Fälle aufgelöset werden kann.Nur das ist mir lange ein Räthsel und Gegenstand geheimer Nachforschungen gewesen, welcher menschenfeindliche Dämon wohl solchen Weibspersonen diese unseeligen Künste lehren, und ihnen die Arzeneymittel dazu darreichen möge, da dieß doch von einem gewissenhaften, nachdenkenden, und ehrliebenden Arzt, Apotheker oder Bader nicht zu vermuthen ist. Ich habe wohl bald erfahren, daß hier eine lasterhafte Weibsperson der andern Rath mittheile, und daß immer eine sich an die andere von gleicher Gesinnung und mehrerer Erfahrung wende. – Aber woher die Arzeneymittel nehmen?
Ganz von ungefähr ist mir etwas bekannt geworden, welches mir hievon einigen Aufschluß gibt. Es findet sich in Cadolzhofen, einem zum Pfarramt Binzwang gehörigen Filial-Kirchdorf, im Anspachischen| Oberamt Colmberg, in dem Garten des dasigen Schultheißen, ein sonst ausser botanischen Gärten in unsern Gegenden höchst seltener Seven-Baum, oder, wie die gemeinen Leute ihn nennen, Segel-Baum, welchen des jetzigen Besitzers Vater, der vor langen Zeiten Fahnenschmid gewesen, zum Behuf seiner Pferdcuren vormahls gepflanzet hat. Es ist bekannt, daß die Herba Sabinae das stärkste Pellens aus dem Gewächsreiche ist. Diese Notiz ist, wer mag wissen, durch wen? bis zu dem Landvolk gekommen, und hier finden lasterhafte Personen es sich ganz leicht gemacht, einen kinderabtreibenden Absud sich ganz insgeheim zu bereiten, ohne eine Apotheke nöthig zu haben, wo ihnen dergleichen so leicht nicht würde abgereichet werden.Ausserdem wäre auch sehr zu wünschen, daß einsichtsvolle Menschenfreunde ausführbare Mittel an die Hand geben möchten, wie der Pest des Kinderabtreibens, die im Finstern schleichet, von welcher sich aus Patriotismus hier öffentlich reden zu müssen geglaubt habe, angemessen, behutsam und nachdrücklich, begegnet werden könne. Vorschläge dieser Art werden von den Herausgebern dieses Journals dankbarlich angenommen und eingerücket werden.
- ↑ Retrahunt membrum virile ante emissionem seminis; peruetusta sane ars; quae proprie Onani illius facinus est, de quo Genes. 38,9. legimus.
- ↑ Ich erinnere mich, in gewissen Inquisitions-Acten [235] gelesen zu haben, daß ein Adulterant durch Eingeständniß dieses Umstands seine That zu einem bloßen Attentat herabwürdigen wollte, und habe mich sehr gewundert, daß das Justiz-Collegium in dem Strafurtheil über diesen Punct so schnell wegging und ihn bloß mit der gewöhnlichen Adulteranten-Strafe belegt. – Sollte nicht hierauf besonders inquiriret und diese Sache als unnatürliches Vergehen besonders bestrafet worden seyn?