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Aus einem Malerleben

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Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Aus einem Malerleben
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 14, S. 224
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1867
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Jean-Auguste-Dominique Ingres
Blätter und Blüthen
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[224] Aus einem Malerleben. Der unlängst in Paris verstorbene berühmte Maler Ingres war in vieler Beziehung ein Original. So ist unter Anderm die Geschichte seiner Verheirathung höchst eigenthümlicher Art. Als junger Mann lernte er in Rom eine französische Familie kennen, die dicht bei der Villa Medici wohnte und den jungen Landsmann sehr herzlich aufgenommen hatte, so daß er seine meisten Freistunden dort zubrachte. Er hörte die Leute oft von einer hübschen, jungen Cousine sprechen, welche jenseits der Alpen geblieben war und in einer kleinen Stadt der Champagne ihre Heimath hatte. Man rühmte die Sanftmuth und Liebenswürdigkeit des jungen Mädchens, und auf diese Lobsprüche hin verliebte sich der Maler sterblich in dasselbe, hielt um ihre Hand an und schickte ihr ein selbstgemaltes Portrait von sich, wofür er als Gegengabe ein Bildniß der Dame bekam. Kurz darauf wurde sie in Person nach Rom berufen; die Liebe aus der Ferne befestigte sich in der Nähe und sie ward die Gattin des Künstlers, der später oft lächelnd sagte.: „Ich habe mich mit meiner Frau auf den Anblick ihres Portraits hin verlobt; das ist gewiß der größte Beweis von Vertrauen, den ich – der heutigen Malerkunst geben konnte!“ Er hat diese Ehe nie zu bereuen gehabt, denn Frau Ingres ist stets der gute Engel ihres Mannes geblieben und ihr gehörte auch sein letzter Liebesblick.

Ueberhaupt erzählt man sich viele Seltsamkeiten von diesem ungewöhnlichen Mann, der siebenzig Jahre lang mit den Ideen, dem Geist, der Mode und der Kritik seines Jahrhunderts gekämpft hat und durch diesen Kampf groß geworden ist. Der Herzog von Luyères hatte ihn einst ersucht, den Speisesaal in seinem Schlosse Dampierre mit mehreren Fresken zu zieren, und Ingres sagte zu, aber nur unter der Bedingung, daß kein Mensch die Arbeit vor ihrer Vollendung sehen dürfe. So vergingen fünf Jahre, während deren sich der Herzog damit begnügte, von Zeit zu Zeit durch das Schlüsselloch das Fortschreiten der Arbeit zu beschauen. Eines Tages aber wurde er von der Neugierde getrieben und betrat mit einem Freunde den geheimnißvollen Saal. Am Tage darauf zerstörte Ingres die ganze, der Vollendung nahe Malerei.