BLKÖ:Frank, Jakob

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Frank, Johann Peter
Band: 4 (1858), ab Seite: 318. (Quelle)
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Frank, Jakob (Oberhaupt der jüdischen Secte der Frankisten, geb. im Krakauer Gebiete 1712, gest. 10. Dec. 1791). Führte anfänglich einen andern – jüdischen – Namen und betrieb das Geschäft der Branntweinbrennerei, in dessen Interessen er die Krim, die Türkei und die angränzenden Länder bereiste, und von den Osmanen Frangi, Franki, daher Frank – wie sie jeden Europäer nennen – genannt – diesen Namen als Eigennamen beibehielt. Als er 1750 aus dem Orient heimkehrte, gewann er bald den Ruf eines großen Kabalisten, worauf er sich anfänglich in Podolien niederließ und viele Proselyten, darunter mehrere Rabbiner um sich versammelte. Aus den israelitischen Bewohnern von Landskron, Busk, Opotschno, [319] Zolkiev u. a. Gegenden mehrte sich sein Anhang, den er für seine aus den Ansichten von Sabathei Sevi geschöpfte Lehre gewonnen hatte. Er sammelte seine Lehren in einem Buche und fertigte davon mehrere Abschriften für seine Jünger an, die ihn als einen von Gott Auserwählten betrachteten. Die Rabbiner von Podolien setzten sich seinem Treiben entgegen und benützten seine Reise nach Salonichi, um ihn des Vorhabens auszuwandern zu beschuldigen, was seine Verhaftung zur Folge hatte. Durch seine Verbindungen jedoch gelang es ihm bald, die Freiheit und die Gestattung zu erlangen, seine Lehre unbehindert in Podolien zu predigen. Seine Anhänger nannten sich öffentlich Zohariten, nach dem heiligen Buche, auf das sie glauben und Sohar nannten, auch hießen sie Anti-Talmudisten, weil sie mehrere Lehren des Talmud verwarfen. F. und seine Anhänger genossen den Schutz der Christen, weil viele ihrer Lehren mit jenen des Christenthums übereinstimmten, wodurch die Geistlichkeit hoffte, einen nicht unbeträchtlichen Theil der jüdischen Bevölkerung jener Gegenden für das Christenthum zu gewinnen. Diese Ansicht wußte F. so sehr auszubeuten, daß die Verfolgungen der Talmudisten zunahmen und alle Exemplare des Talmud, welche sich in der Diöcese von Kamieniec vorfanden, verbrannt wurden. Die Sachlage nahm aber eine andere Wendung, als ein zur Untersuchung dieser Angelegenheit von Rom nach Polen geschickter Nuntius daselbst eintraf, einer von Franks Hauptgönnern starb und sein wie seines mittlerweile sehr gewachsenen Anhanges Unfug an den Tag kam. Die Zohariten schickten sich nun auf Rath ihres Oberhauptes an, auszuwandern und flüchteten sich in die Moldau, wo sie viele Mißhandlungen zu erleiden hatten. Dadurch erschreckt, nahmen sie auf Franks Rath zum Schein den christlichen Glauben an, Frank selbst ließ sich taufen, wurde aber nichts destoweniger verhaftet und in Czenstochau gefangen gehalten, wo er blieb, bis die Russen in Polen einrückten (1773). Ungeachtet der Gefangenschaft F.’s wuchs sein Anhang. Nachdem er frei gelassen worden, durchzog er Westgalizien, Mähren, Schlesien, Böhmen, erhielt große Geldsummen, und reiste mit einem prächtigen Gefolge 1778 selbst nach Wien. Dort entwickelte er einen so großen Aufwand, daß er den Verdacht der Behörden wach rief und Befehl erhielt, Wien zu verlassen. Nun begab er sich nach Brünn, ließ sich dort nieder und gewann immer neue Anhänger, welche seine Lehre über alle Theile Deutschlands verbreiteten. Geld floß ihm von allen Seiten zu und die abentheuerliche Weise, mit welcher er öffentlich seine Gebete verrichtete, mehrte den Zudrang zu diesem Possenspiele. Er wagte es nochmals in Wien zu erscheinen, mußte es aber über amtlichen Befehl wieder verlassen (1788), worauf ihm der Landgraf von Hessen gestattete, sich in Offenbach niederzulassen, wo er im Palast des Fürsten selbst seinen Sitz aufschlug. Er führte ein Gefolge von 50 Personen mit sich, legte sich den Rang eines Barons bei, besuchte alltäglich die Kirche und bald wuchs sein Anhang auf tausend Personen, wodurch der Stadt nicht unbedeutende Summen zuflossen. Dabei war sein und seines Anhanges Verhalten tadellos. Seine Schüler übten sich ununterbrochen im Fechten und machten chemische Versuche, deren Resultate übrigens unbekannt geblieben sind. F. starb, 78 Jahre alt, am Schlagfluß, und ein prachtvolles Leichenbegängniß machte den Schluß dieser abenteuerlichen Episode. Nach seinem Grabe wurde gewallfahrtet. Er hatte zwei Söhne Rochus und Joseph, welche in der Revolutionszeit unter dem Namen Frei in Paris lebten und daselbst [320] den Tod unter der Guillotine gefunden haben sollen, und eine Pflegetochter Rachel, welche in der Laufe den Namen Eva erhielt. Noch aber soll die Secte bestehen und ihren Sitz in Warschau haben. F.’s Lehre besteht aus folgenden Hauptsätzen: Jedes Wort des Gesetzes (Thorab) hat einen höheren geheimnißvollen Sinn, dessen einzig richtige Erklärung im Buche Sohar gefunden werden kann; es gibt nur Einen Gott, der 3 Personen hat (Parzouphim), die alle gleich und untheilbar sind. Denn das Buch Sohar sagt: Es gibt zwei und noch Einen, diese machen zusammen drei und diese drei nur Einen. Gott erscheint auf Erden in menschlichen Formen und verrichtet alle der Menschennatur eigenthümlichen Handlungen, jedoch ohne zu sündigen; Jerusalem wird nie wieder aufgebaut werden und der von den Juden erwartete Messias nie kommen, aber Gott selbst wird wieder Fleisch werden, um das Menschengeschlecht zu erlösen. Das Glaubensbekenntniß der Frankisten wurde in Lemberg in rabbinisch-hebräischer und polnischer Sprache gedruckt.

Jost (M. I.), Allgemeine Geschichte des israelitischen Volkes. 2 Bde. (Berlin 1832). – Magazin für die Literatur des Auslandes 1845, Nr. 150 u. f. – Csacki, Dissertation sur les Juifs. – Beer (Peter), Geschichte der jüdischen Secten, 2 Bde. (Brünn 1822). – Hollaenderski (Leon), Les Israelites de Pologne. – Salomon (Maimon), Des Sectes religieuses des Juifs polonais. – Leonhard (K. C. von), Aus unserer Zeit in meinem Leben (Stuttgart 1854, Schweizerbarth, 8°.) I. Abth.. – Frankfurter Konversationsblatt 1854, Nr. 29, S. 114: „Der Sectenhäuptling Frank in Offenbach.“ – v. Meyer, Blätter für höhere Wahrheit II. Bd. S. 381. – VII. Bd. S. 306.[BN 1]

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Frank, Jacob [Bd. IV, S. 318].
    Gartenlaube (Leipzig, Ernst Keil, 4°.) III. Bd. Nr. 5, S. 73: „Zwei fürstliche Geheimnisse neuerer Zeit“. [Band 26, S. 380]