BLKÖ:Horjah, Nikolaus

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 9 (1863), ab Seite: 272. (Quelle)
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Horjah, Nikolaus[WS 1] (siebenbürgischer Aufrührer,[WS 2] geb. zu Nagy-Aranyos in Siebenbürgen um das Jahr 1740, durch das Rad hingerichtet 28. Februar 1785). Sein eigentlicher Name ist Nikolaus Urß. Horjah bedeutet im Wallachischen einen Vorsänger und da Urß beim Gottesdienste der griechischen Wallachen die Stelle eines solchen versah, so geschah es, daß man ihn nach seinem Amte rief. Bei der großen Bildungsfähigkeit, [273] die er besaß, eignete er sich Kenntnisse an, die ihm bei der Rolle, die er spielte, nützten. So sprach er geläufig deutsch und hatte sich aus der Lecture guter deutscher Schriftsteller – während seines Aufenthaltes in Wien beklagte er sich, daß ihm Klopstock etwas schwer verständlich sei – so zu sagen eine eigene Philosophie gebildet. Vermögenslos zwar und bis 1784 bei nahen Verwandten lebend, brachte ihn eben seine kirchliche Stelle in nahe Berührung mit dem Volke, dessen Leiden er, selbst aus dessen Mitte, genau kannte. Der Haß gegen die Gewaltthätigkeiten der Edelleute verwandelte sich bald in Haß gegen diese überhaupt; dazu gesellten sich das Verlangen nach Eigenthum für sich und seine unterdrückten Landsleute und die Liebe zu einer Freiheit, die weitaus die gesetzlichen Schranken überschreitend, ihn auf jenen Abweg führte, der seinen Sturz und sein entsetzliches Ende zu Folge hatte. Seine geistigen Vorzüge und seine Ueberlegenheit waren Ursache, daß ihn seine Landsleute zum Bauernrichter wählten und als solchen 1784 nach Wien sandten, um vom Kaiser für die im Zarander Comitate gelegene Ortschaft Brad die Marktgerechtigkeit zu erbitten. Horjah erhielt Audienz und wurde vom Kaiser, vor dem er sich auch über den Druck des siebenbürgischen Adels beschwerte, mit günstigen Versprechungen entlassen. Nach seiner Abreise von Wien kam er am 28. October in Brad an, wo auf dem neuen Jahrmarkte die Wallachen in großer Menge versammelt waren. Horjah traf mit ihnen Abrede, daß sie sich in drei Tagen an bezeichneter Stelle auf offenem Felde einfinden sollten, wo er ihnen im Namen des Kaisers wichtige Dinge mitzutheilen habe. Die Versammlung fand Statt und Horjah theilte ihnen nun mehr seinen Anschlag zur Vertilgung des Adels mit und die auf Bewilligung des Marktrechtes bezüglichen Schriftstücke wies er als kaiserliche Patente vor, welche sein Vorhaben billigten. Das unwissende Volk glaubte ihm und auf ein kupfernes von ihm als golden bezeichnetes Kreuz, das er am Halse trug, schwuren nun Alle. Es war beschlossen worden, den Winter über unter den Wallachen neue Anhänger für den Aufruhr zu werben und im kommenden Mai sollten alle Edelleute an einem Tage ermordet werden. Jedoch die Verschwörung wurde noch vor der Zeit entdeckt und Horjah gefangen genommen, aber von seinen Cameraden gewaltsam befreit. Nun war aber Horjah zur Ueberzeugung gekommen, daß, wenn er sich retten wolle, die Sache auch nicht länger aufzuschieben sei und der Aufruhr brach sofort los. An der Spitze von mehr als 15.000 Wallachen begann H. seinen Kampf gegen den völlig unvorbereiteten Adel. Die dabei verübten Gräuel zu schildern sträubt sich die Feder; Hunderte von Edelleuten wurden auf das grausamste ermordet; ganze Familien ausgerottet; manches adelige Fräulein lebendig begraben; andere mit Gewalt an irgend einen wilden Wallachen gebunden, und als grotesker Humor dieser Schandthaten wurden Mönche mit alten Zigeunerinen verheirathet. Die Landesregierung befand sich in einer Verlegenheit sonder Gleichen; ehe gemessene Befehle von Wien kamen, bot man Alles auf, die aufrührerischen Bauern zu besänftigen; der griechische Bischof nebst einigen Commissären begab sich unter sie und suchte sie zu beruhigen, zugleich wurde Militär aufgeboten; die Edelleute aber bewaffneten sich nun selbst gegen die Rebellen und übten gräßliche Rache an jedem Bauer, der in ihre Gewalt gerieth. Nun wurde [274] die Sache noch schlimmer. Die Mäßigung, mit welcher die Regierung vorging, die erst den Aufstand völlig dämpfen und dann an die Bestrafung der Schuldigen gehen wollte, wurde vom Adel falsch und als Einverständniß der Regierung ausgelegt. Die Regierung mußte also sofort energisch einschreiten. Die Generale Jankovich und Fabris langten mit kaiserlicher Vollmacht auf dem Schauplatze der Rebellion an; alle Ortschaften wurden mit Truppen besetzt und die Rebellen zogen sich in die Gebirge zurück, nicht nur sich vertheidigend, sondern, wo sie hinkamen, neue Gesellen werbend. Bereits waren das ganze Zarander und Hunyader Comitat im Aufstande. Als aber Horjah sah, daß die Maßregeln der Regierung sehr ernst waren, kehrte er mit einem Male seinen Plan um und wollte sich nunmehr mit dem mißtrauisch gewordenen Adel gegen den Kaiser verbinden. Sein Vorhaben mißlang und den vorrückenden kaiserlichen Regimentern ergaben sich nach und nach freiwillig die Rebellen und baten um Gnade. Nur ein kleiner Haufe hielt sich noch an Horjah, den dieser aufforderte Gnade zu suchen, während er selbst sich mit einigen Cameraden durch die Flucht rettete. In den Dickichten einer Waldung hielt sich Horjah mit seinem Hauptgehilfen Iwan Klotschka nach Anderen Kloska, auch Golatzka, einem wallachischen Priester, etwa 40 Jahre alt, verborgen. Am 24. December 1784 wurde ein Steckbrief gegen ihn erlassen. Da gelang es dem Oberstlieutenant Kray durch seinen Diener, einen Wallachen, sechs der früheren Anhänger Horjah’s zu gewinnen; diese machten nun auf ihren ehemaligen Hauptmann Jagd und nahmen ihn sammt seinem Gefährten Klotschka gefangen. Am 3. Jänner 1785 wurden beide auf die Festung Karlsburg gebracht. Mit ihrer Gefangennehmung war auch der Aufstand beinahe erstickt. Die Gräuel dieses Aufruhrs waren entsetzlich. 62 Dörfer der Hunyader Gespanschaft wurden eingeäschert, 132 Edelhöfe verwüstet und die Zahl der Ermordeten konnte nicht genau ermittelt werden, wurde aber auf 4000 gerechnet. Horjah hatte sich bereits im weiteren Verlaufe des Aufruhres Rex Daciae et Montium, Josephus III. Terror Hungarorum in seinen Decreten genannt. Das auf Tod lautende Urtheil wurde an Beiden am 25. März 1785 vollzogen; u. z. wurden Jedem bei lebendigem Leibe die Arme und Beine viermal zerschmettert, dann ihnen, während sie noch lebten, die Leiber aufgeschnitten und die Eingeweide herausgenommen. Während dieser gräßlichen Hinrichtung wirbelten die Trommeln, um die Flüche, welche die Gemarterten ausstießen, zu ersticken. Zwei Tausend Wallachen, welche am Aufstande Theil genommen, mußten in einem geschlossenen Kreise der Hinrichtung beiwohnen, 150 von ihnen wurden aber überdieß den Gespanschaftsgerichten zu verschiedenen Bestrafungen überwiesen. So endete diese fürchterliche Episode in der Geschichte Siebenbürgens. Horjah zählte etwa 54 Jahre, war von mittlerer Größe, schlanken Leibes, trug die in jener Gegend übliche Landestracht, einen langen bis auf die Knie reichenden, auf beiden Seiten blau ausgeschlagenen Kittel, enge ungarische Beinkleider, Zischmen an den Füßen und eine schwarze Pelzmütze auf dem Kopfe.

Horja und Klotska, Oberhaupt und Rathgeber der Aufrührer in Siebenbürgen; physiognomische Skizze, historisch und charakteristisch behandelt nebst der Geschichte dieses Aufruhrs (Karlsburg und Hermannstadt 1785, 8°.) [daselbst befinden sich auch die Schattenrisse [275] Horjah’s und seines Genossen]. – Kurze Geschichte der Rebellion in Siebenbürgen (Straßburg 1785, 8°., mit Portr.). – Baur (Samuel), Gallerie historischer Gemälde aus dem achtzehnten Jahrhundert. Ein Handbuch für jeden Tag des Jahres (Hof 1805, G. A. Grau, 8°.) Theil I, S. 449 (25. März). – Mailáth (Johann Graf), Geschichte des österreichischen Kaiserstaates (Hamburg 1850, Perthes, 8°.) Bd. V, S. 150. – Leidenfrost (Karl Florian), Historisch-biographisches Handwörterbuch der denkwürdigsten, berühmtesten und berüchtigsten Menschen aller Stände, Zeiten und Nationen (Ilmenau 1825, Voigt, 8°.) Bd. III, S. 127. – Vehse, Oesterreichs Hof und Adel. Bd. VIII, S. 225, 238–243. – Porträte. 1) J. Adam fec. (8°.), ganze Figur; – 2) zugleich mit Klotska, Artaria exc. (4°.).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vergleiche dazu den 2. Artikel: Ursz, Nicola (Juon Hóra).
  2. Horea-Aufstand in Siebenbürgen 1784 (Wikipedia).