BLKÖ:Lobkowitz, Johann Georg Christian Fürst

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 15 (1866), ab Seite: 342. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Georg Christian von Lobkowitz (Feldmarschall) in der Wikipedia
Georg Christian von Lobkowitz in Wikidata
GND-Eintrag: 122236300, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Lobkowitz, Johann Georg Christian Fürst|15|342|}}

Lobkowitz, Johann Georg Christian Fürst (k. k. Feldmarschall und Ritter des goldenen Vließes, geb. 10. August 1686, gest. zu Wien 4. October 1755). Der Stifter der zweiten (oder jüngeren) fürstlichen, noch blühenden Linie des Hauses L. Der jüngste Sohn des Fürsten Ferdinand August Leopold [s. d. S. 320, Nr. 16] aus dessen zweiter Ehe mit Maria Anna Wilhelmine Markgräfin von Baden-Baden. Der Fürst widmete sich aus Neigung dem Waffendienste und begann im Jahre 1707 unter seinem Vetter, dem Markgrafen Ludwig von Baden, und unter Prinz Eugen , beide damals die ersten Feldherren in Europa, die Schule des Krieges. Unter ihnen focht er in den Kriegen am Rhein, in den Niederlanden und in Ungarn. Im Jahre 1716 war der Fürst Oberstlieutenant im Kürassier-Regimente seines schon im folgenden Jahre im Kampfe gebliebenen älteren Bruders Joseph und glänzte durch seine Tapferkeit in den Schlachten bei Peterwardein und Belgrad. Nach dem Falle seines Bruders Joseph wurde Fürst Johann Georg Christian Oberst und erhielt dessen Kürassier-Regiment. Später kam er zur Armee nach Italien und stand im Jahre 1729 als General-Feldwachtmeister bei den Truppen im Königreiche Neapel. Im Jahre 1732 wurde er an des Feldmarschall-Lieutenants Ottocar Grafen Starhemberg Stelle Gouverneur von Sicilien und im Jahre 1733 Feldmarschall-Lieutenant. Einen Einfall, den die Spanier in die Insel versuchten, schlug er mit den Waffen ab und trieb die Spanier in die Flucht. Bei einem zweiten Ueberfall, bei welchem der Feind mit großer Uebermacht erschienen war, hielt er die von fast allen Vertheidigungsmitteln entblößte Citadelle Messina durch sieben Monate auf das heldenmüthigste und erzwang sich durch seine wackere Haltung vor dem Feinde, die Gewährung freien Abzugs mit allen kriegerischen Ehren. Im Jahre 1734 wurde der Fürst General der Cavallerie und Gouverneur in der Lombardie, Parma und [343] Piacenza. Auf diesem Posten blieb er bis zum Ausbruche des Türkenkrieges und wurde nun, 1739[WS 1], abberufen, um an Stelle des General-Feldzeugmeisters Grafen Wallis als Commandirender nach Siebenbürgen zu gehen, welches damals die Türken bedrohten. In der That war im Fürsten der rechte Mann gewählt worden, er begegnete eben so geschickt den Ausfällen an der Grenze, als er alle Versuche zur Erregung innerer Unruhen vereitelte. Siebenbürgen war während dieser Zeit trefflich berathen. Aber seine Thätigkeit und Umsicht wurde bald auf wichtigeren Posten nöthiger. Als Maria Theresia, bald nachdem sie ihrem Vater in der Regierung gefolgt, von ihren offenen und versteckten Feinden in treuloser Weise angegriffen wurde, erhob sie den Fürsten zum Feldmarschall und Oberbefehlshaber aller, in hastiger Eile bei Pilsen versammelten Kriegsvölker, welche die Aufgabe hatten, Böhmen und das Land ob der Enns vor allen feindlichen Einfällen zu schützen. Die Feinde, verbündete Sachsen, Bayern und Franzosen, zählten eine Armee von 52.000 Mann. Dieser Uebermacht war das schwache undisciplinirte österreichische Heer nicht gewachsen und der Fürst außer Stande, den Zug der Gegner nach Prag zu verhindern. Er führte nun sein Heer dem Großherzoge von Toscana zu, mit dem er sich in Neuhaus vereinigte. Obwohl Feldzeugmeister Graf Ogilvy, welcher in Prag befehligte, Nachricht gegeben hatte, daß er, wenn nicht Verstärkung sofort eintreffe, die Stadt nicht halten könne, war nichtsdestoweniger das Vorrücken unserer Truppen gegen Prag nicht genug beschleunigt worden und als Lobkowitz mit seinen Kriegern eben über Beneschau gegen Prag vordrang, kam die Nachricht von dem Falle Prags (25. auf den 26. November 1741). Während nun der Prinz Karl von Lothringen sich gegen die Preußen und Sachsen nach Mähren wendete, blieb Fürst L. in Böhmen, stellte sich bei Budweis auf und machte Anstalten, die Franzosen bei Hluboka (Frauenberg), wo sich die Franzosen in das alte Schloß zurückgezogen hatten, zu belagern. Indessen waren Broglie und Belleisle[WS 2] von Pilsen her zum Entsatze der in Frauenberg Belagerten herbeigeeilt. Bei Sahay kam es zu einem heißen Kampfe, in welchem Lobkowitz geschlagen wurde und sich wieder nach Budweis zurückziehen mußte. Die Niederlage bei Sahay war Ursache, daß der Zwiespalt, welcher zwischen dem Fürsten als Oberbefehlshaber und dem unter ihm stehenden General, Feldmarschall-Lieutenant Grafen Browne herrschte, in greller Weise hervortrat. Browne tadelte die von Lobkowitz im, wie nach dem Kampfe ergriffenen Maßregeln so rücksichtslos, daß der Fürst in höchster Aufregung sofort einen Kriegsrath berief, dessen Ausspruche er sich unterwerfen wollte und den Großherzog selbst bat, sein Benehmen strenge zu untersuchen. Der Hofkriegsrath fand in des Fürsten Benehmen nichts, was zu einer Untersuchung Anlaß böte, mißbilligte aber ausdrücklich das Benehmen des Grafen Browne, dem er, wenngleich mit Anerkennung der Pflicht, im Kriegsrathe seine Meinung offen zu sagen, doch Ruhe und Gelassenheit anempfahl. Interessant ist der Ausspruch Friedrich’s II. über dieses Gefecht, indem er bemerkte: „daß man in Rom über die Schlacht bei Pharsalus nicht so viel gesprochen habe, als über dieses unbedeutende Gefecht in Paris“, welcher gesellschaftliche Klatsch wohl durch diesen bald offenkundig [344] gewordenen Zwiespalt der Generale veranlaßt worden. Nach diesem unglücklichen Treffen bei Sahay zog sich L. mit seinen Truppen wieder nach Budweis zurück und vereinigte sich später bei Sobieslau mit dem Heere des Prinzen Karl, mit welchem vereint er die Feinde aus Krumau, Pisek und Pilsen vertrieb. Dieser günstigen Wendung des Waffenglückes sollte die Belagerung Prags folgen, aber das Heranrücken einer 50.000 Mann starken französischen Armee, welche Maillebois befehligte, rief den Prinzen mit dem größten Theile seiner Macht diesem entgegen, während Lobkowitz mit seinem etwa 20.000 Mann starken Corps zurückblieb, um Prag einzuschließen und die im Lande zerstreuten kleinen Besatzungen des Feindes aufzuheben. Belleisle verließ in der Nacht vom 16. auf den 17. December 1742 Prag, wo zwar noch an 6000 Mann feindliche Truppen, aber lauter kranke oder solche Soldaten, die den nunmehr folgenden Winterfeldzug nicht auszuhalten im Stande waren, zurückblieben. Fürst L., sonderbarer Weise von dem Zustande der in Prag zurückgebliebenen feindlichen Truppen nicht gehörig unterrichtet, unterhandelte nun mit dem Commandanten von Prag, welcher wider alles Vermuthen mit seinem Corps freien Abzug aus Prag mit allen Kriegsehren erhielt und ihn am 2. Jänner auch antrat, 2000 Kranke in den Spitälern zurücklassend. Indessen verfolgte General Festetics das von Belleisle geführte Armeecorps, dessen Rückzug im starken winterlichen Froste, ohne die nöthigen Lebensmittel und unter der hartnäckigen Verfolgung der das Corps stets umschwärmenden Huszaren des General Festetics, ein Entsetzen erregendes Bild darbot. Fürst L. rückte dann gegen die Oberpfalz vor, die er auch einnahm. Im folgenden Jahre, 1743, kam der Fürst zur Armee nach Italien und vertrieb die Spanier aus Rimini. Auch wäre es ihm bald gelungen, den König von Neapel (Don Carlos) und den Herzog von Velletri zu Gefangenen zu machen, wenn nicht beide durch den französischen Gesandten noch rechtzeitig von der drohenden Gefahr unterrichtet worden wären. Nach dieser fehlgeschlagenen Unternehmung zog sich nun der Fürst nach Rimini zurück, jedoch hatte sein Corps in den ungesunden Gegenden der pontinischen Sümpfe bedeutend durch Krankheiten gelitten. Bis zum Jahre 1746 blieb der Fürst in Italien, im genannten Jahre rief ihn die Kaiserin von dort ab und versetzte ihn an des Grafen Traun Stelle zur Armee, welche unter des Prinzen Karl Oberbefehl zur Fortführung des Krieges gegen Preußen bestimmt war. Dort sollte er die Kriegstüchtigkeit der österreichischen Reiterei, welche sich seit mehreren Jahren schon, insbesondere aber seit der Schlacht bei Hohenfriedeberg, wesentlich verringert hatte, wieder auf besseren Fuß setzen. Aber für diese Aufgabe, die vor allem einen in der Armee beliebten Führer voraussetzt, war der Fürst nicht der rechte Mann. Schon in Italien hatte er sich bei den Truppen nicht beliebt zu machen gewußt, bei dem Heere in Böhmen noch weniger. Und es war in dieser Hinsicht so weit gekommen, daß am Tage der Schlacht sein eigenes Beispiel, denn er setzte sich persönlich der größten Gefahr aus, nicht das Geringste mehr fruchtete. Bald darauf, nachdem die Kaiserin durch den in einer vertraulichen Sendung, um die Verhältnisse im böhmischen Heere zu beobachten, zu diesem Heere [345] abgeschickten Grafen Harrach genauen Bericht über die Zustände desselben erhalten hatte, erfolgte seine Abberufung. Zuletzt fungirte der Fürst als commandirender General in Ungarn. Der Fürst war seit dem Jahre 1739 Ritter des goldenen Vließes. Seit 11. November 1717 mit Marie Henriette Gräfin Waldstein vermält, entsprangen dieser Ehe sieben Söhne und eine Tochter, von denen Fürst August Anton Joseph [s. d. S. 314, Nr. 5] diese jüngere fürstliche Linie des Hauses Lobkowitz fortpflanzte. Ueber den Ursprung, des Majorates dieser jüngeren fürstlichen Linie siehe S. 330: II. Hervorragende Sproßen des Fürstenhauses Popel- und Hassenstein-Lobkowitz, Nr. 48, Ulrich Felix Graf Lobkowitz.

Arneth (Alfred Ritter von), Maria Theresia’s erste Regierungsjahre (Wien 1863, Braumüller, gr. 8°.) Bd. I, S. 234, 249, 250, 333, 341, 344; Bd. II, S. 41, 45, 47, 48, 72–74, 122, 123, 133, 135–138, 214, 220, 221, 223, 242, 253, 277, 278, 331, 332, 335, 338–342, 352, 355–337, 380–383, 461, 473, 476, 481, 511, 520, 540, 543, 544; Bd. III, S. 18, 48, 49, 51–55, 73, 80, 114, 119, 142, 150, 410, 411, 434. – Taschenbuch für die vaterländische Geschichte. Herausgegeben von Jos. Freih. von Hormayr (Stuttgart, Frankh). Neue Folge, I. Jahrg. (1830), S. 228 u. 280 [nach diesem gestorben am 4. August 1755]. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 472 [nach dieser gest. am 9. October 1753]. – Neues Archiv für Geschichte, Staatenkunde, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) II. (als Fortsetzung des Hormayr’schen XXI.) Jahrg. (1330), S. 109 u. 146 [nach diesem gest. am 4. October 1755]. – Nouvelle Biographie générale ... publiée par MM. Firmin Didot frères, sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris 1850 et seq., 8°.) Tome XXXI, p. 422 [nach diesem gest. 9. October 1753]. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Bd. XIX, Abtheilung 2, S. 682 (nach diesem gar erst im Jahre 1702 geboren, gestorben 9. October 1753. Der Ort der Niederlage Lobkowitz’s bei Sahaj in Böhmen heißt daselbst irrig Sahé). – Leidenfrost (Karl Florentin Dr.), Historisch-biographisches Handwörterbuch der denkwürdigsten, berühmtesten und berüchtigtsten Menschen aller Stände, Zeiten und Nationen (Ilmenau 1825, Voigt, 8°.) Bd. III, S. 462 [nach diesem auch erst im Jahre 1702 geboren und am 9. October 1753 gestorben].

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 1839.
  2. Charles Louis Auguste Fouquet de Belle-Isle (Wikipedia).