BLKÖ:Mercy d’Argenteau, Florimund Graf

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 17 (1867), ab Seite: 391. (Quelle)
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Mercy d’Argenteau, Florimund Graf (Staatsmann, Geburtsort und Jahr unbekannt, gest. zu London 25. August 1794). Ein Adoptivsohn des in der Schlacht vor Parma bei Croisetta (29. Juni 1734) gebliebenen Florimund Claudius Grafen Mercy, verband er mit seinem ursprünglichen Familiennamen d’Argenteau den seines Adoptivvaters Mercy, und schrieb sich fortan Mercy d’Argenteau. Der Graf widmete sich der diplomatischen Laufbahn und erfreute sich der besonderen Gunst des Grafen Kaunitz [Bd. XI, S. 70], mit dem er als Gesandtschafts-Cavalier nach Paris kam, worauf er von dort als Gesandter an den Türmer Hof geschickt wurde. Im Jahre 1786 wurde er während der Abwesenheit des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen zum interimistischen Statthalter in den österreichischen Niederlanden ernannt. Auf diesem Posten gab er, bei Ausbruch der Unruhen, von Kaiser Joseph dazu angewiesen, um die Bewegung zu beschwichtigen, bis auf Weiteres die Bewilligung der sogenannten Joyeuse entrée. Bald darauf wurde der Graf abberufen. Nun kam er als Gesandter an den französischen Hof nach Paris, und war im Anbeginn mit dem Marquis von Stainville zugleich accreditirt, fungirte aber seit 1780 allein. Hier spielte er in der Revolution von 1789 eine einflußreiche Rolle als Haupt-Rathgeber der unglücklichen Königin Marie Antoinette, mit der er in jenen verhängnißvollen Tagen in ununterbrochenem Briefwechsel stand. Er setzte Alles daran, um die arme königliche Familie zu retten, jedoch blieben seine Bemühungen erfolglos, mögen vielleicht, da die Umsturzpartei durch ihre Spione so ziemlich genau von seinen Schritten in Kenntniß war, das Ihrige zum unglücklichen Ausgange des Schicksals Maria Antoinettens, und in nicht kleinem Theile, beigetragen haben. Die Revolutionspartei behauptete den Bestand eines sogenannten „österreichischen Comité’s“, das es sich zur Aufgabe gemacht hatte, der Revolution mit allen nur denkbaren Mitteln entgegen zu arbeiten, und die königliche Familie und ihre Anhänger in allen Unternehmungen zu fördern. Die Bemühungen dieses vermeintlichen Comité’s bildeten zu wiederholten Malen den Gegenstand von Anklagen desselben vor der Nationalversammlung, und hatten zur Folge, daß auch über Mercy d’Argenteau, der allgemein für den Chef desselben angesehen ward, Beschwerden laut wurden. Ein Beweis des wirklichen Bestandes eines solchen Comité’s konnte jedoch nicht geführt werden. Als bei dem wachsenden Fortschritte der Revolution die Anwesenheit des österreichischen Gesandten in Paris immer bedenklicher wurde, entschloß sich der Graf, abzureisen. Die Unruhen, welche damals in den österreichischen Niederlanden sich zeigten, dienten dem Grafen zum Vorwande einer Reise dahin. So verließ er denn im September 1790 Paris, und begab sich nach Brabant, wo er mit den Seemächten, welche in alten Verträgen den Besitz der niederländischen Provinzen dem Hause Oesterreich garantirt hatten, in dieser Angelegenheit Unterhandlungen anknüpfte. Jedoch soll dieß nur ein Vorwand gewesen sein, und der eigentliche Zweck seines Aufenthaltes in den Niederlanden darin bestanden haben, um die Mittel zu einer [392] Gegenrevolution in Frankreich herbeizuführen, wie er denn auch als derjenige angesehen wird, der die Grundzüge zum Vertrage von Pillnitz entworfen hat. Der neuesten Zeit war es vorbehalten, über seine Stellung zur unglücklichen Königsfamilie in Paris, und namentlich von der Correspondenz Marie Antoinettens mit dem Grafen den Schleier zu lüften. Die Herausgabe von Briefen der unglücklichen Königin, welche sie in jenen bedrängnißvollen Tagen geschrieben, durch Feuillet de Conches in Paris, hatte zur Folge, daß auch von den Schätzen unseres kaiserlichen Haus-, Hof- und Staatsarchivs Einiges in die Oeffentlichkeit gelangte, denn hauptsächlich durch obiges Werk von Feuillet de Conches wurde die Herausgabe der zwei folgenden Briefsammlungen durch Alfred Ritter von Arneth veranlaßt: „Maria Theresia und Maria Antoinette. Ihr Briefwechsel. Zweite vermehrte Auflage. Mit Briefen des Abbé de Vermond an den Grafen Mercy“ (Wien 1866, Braumüller, gr. 8°.) und „Maria Antoinette, Joseph II. und Leopold II. Ihr Briefwechsel“ (Wien 1866, ebd. , gr. 8°.), in welch letzterem Werke namentlich viele der in Feuillet de Conches’ Werke fehlenden Briefe der Königin an Mercy und Mercy’s an die Königin enthalten sind. Nachdem der Graf Mercy d’Argenteau sich, wie oben gemeldet wurde, einige Zeit in Brüssel aufgehalten, kam er als Gesandter nach London, wo er aber bald, und zwar früher noch starb, ehe sein Lieblingsproject, eine Coalition der Mächte Europas gegen die französische Republik, sich verwirklichte. Die französischen Quellen rächen sich an dem Grafen für den energischen Widerstand, welchen er den Seligkeiten des Republikanismus von 1789 bis 1793 entgegenstellte, durch Herabsetzung seines sittlichen Charakters, indem sie ihn als Lüstling, als einen Cavalier ohne Zucht und Sitte verläumden, was freilich nicht mit dem Hofberichte übereinstimmt, den der preußische Baron Fürst über Mercy erstattet, welchem zufolge er „ein trockener Mann war, der immer in Sentenzen redet, und selbst, als er der Gräfin Kinský den Hof machte, selten seine Stirne entwölkte“.

Biographie nouvelle des Contemporains etc. Par MM. A. V. Arnault; A. Jay; E. Jouy; J. Norvins (Paris 1821 et s., librairie historique, 8°.) Tome XIII, p. 221. – Nouvelle Biographie générale ... publiée par MM. Firmin Didot frères sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris 1830 et s. , 8°.) Tome XXXV, p. 47. – Dictionnaire biographique et historique des hommes marquans de la fin du dix-huitième siècle … (Londres 1800, 8°.) Tome III, p. 12. – L’Indépendance belge (in Brüssel erscheinendes politisches Journal) 1864, Nr. 256, im Feuilleton: „Les et caetera du temps présent. La reine Marie Antoinette. Le comte Mercy d’Argenteau“ [daselbst heißt es von dem Grafen in einem viel unbefangeneren Tone, als er sonst aus französischen Quellen vernehmbar ist: „Un secret instinct avertit la reine Marie Antoinette du danger, mais voyant le Roi si calme et la nation si confiante, elle contient sa plainte et prudente, elle recherche avec soin les meilleurs conseils des plus habiles conseillers. Un de ceux là, principal entre tous par son intelligence et son bel esprit, par sa prudence et son dévouement sans bornes, M. le comte Mercy d’Argenteau, qui représentait l’empereur à la cour de Versailles, était devenu peu à peu le confident de la Reine“].