BLKÖ:Mertz, Friedrich Wilhelm von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 17 (1867), ab Seite: 410. (Quelle)
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Mertz, Friedrich Wilhelm von (k. k. Feldmarschall-Lieutenant und Commandant der Festung Komorn im Jahre 1848, geb zu Hanau 28. December 1777, gest. im Jahre 1859). Trat, 19 Jahre alt, am 1. April 1796, als Freiwilliger in die österreichische Armee. Im Jahre 1800 war er zu Brescia Fähnrich, im Jahre 1803 in Wien Unterlieutenant bei den Grenadieren. Nach den Feldzügen von 1805 und 1806 wurde er dem General-Quartiermeisterstabe zugetheilt, im Jahre 1807 mit der Aufnahme der Umgebung Wiens beschäftigt, und im Jahre 1808 auf Triangulirung nach Steiermark, Krain und in das Warasdiner Comitat beordert. Im Jahre 1809 kam er als Oberlieutenant zum General-Quartiermeisterstabe, wurde am 1. April d. J. zum Hauptmann im Carneville’schen Jägercorps befördert, jedoch dem Hauptquartiere des Erzherzogs Karl zugetheilt. Als er am 27. August 1813 bei Dresden durch Umsicht, Tapferkeit und ganz besondere strategische Kenntnisse sich ausgezeichnet hatte, wurde er am 3. October als Hauptmann dem General-Quartiermeisterstabe bei der 4. Armee-Abtheilung beigegeben, und der General der Cavallerie Graf Klenau bestimmte vor der Schlacht bei Leipzig: „Hauptmann Mertz bleibt um meine Person, um mit ihm zu disponiren“. Nach der Uebergabe von Dresden erhielt M. seine Bestimmung zur Rheinarmee. In Folge der Gefechte bei Lyon im Jahre 1814 wurde er auf Allerh. Befehl des Kaisers außer der Reihe zum Major befördert, bei dem Regimente De Vaux eingetheilt, blieb jedoch in Verwendung beim General-Quartiermeisterstabe der Südarmee. Nach dem Friedensschlusse zu Erzherzog Karl-Infanterie versetzt, wurde er Adjutant bei dem commandirenden General Herzog Ferdinand von Württemberg. Einen ihm während des Wiener Congresses von dem Churfürsten von Hessen gestellten Antrag, in hessische Dienste zu treten, lehnte M. ab, wurde aber von dem Churfürsten für sein ausgezeichnetes Verhalten im Felde, dessen Augenzeuge der Erbprinz von Hessen-Homburg gewesen, decorirt. Nachdem er noch den Feldzug von 1815 mitgemacht, kam er im December mit dem Regimente Erzherzog Karl nach Krems. Daselbst mit den Officiersschulen beschäftigt, rückte er im Jahre 1821 zum Oberstlieutenant, im Jahre 1828 zum Obersten bei Wellington-Infanterie Nr. 42 vor und begab sich zu seinem Regimente nach Theresienstadt. Nachdem er vorher [411] noch das österreichische Staatsbürgerrecht erwarb, wurde er mit kaiserl. Diplom vom 29. October 1832 in den erbländischen Adelstand erhoben. Im Jahre 1833 zum General-Major ernannt, erhielt er seine Bestimmung nach Mantua, kam im folgenden Jahre nach Mailand, 1835 nach Pavia und 1836 nach Verona. Im Jahre 1842 wurde er Feldmarschall-Lieutenant und Divisionär in Pesth; 1844 zweiter Inhaber des 12. Infanterie-Regiments Erzherzog Wilhelm und im Jahre 1845 – über sein Ansuchen – als Festungscommandant nach Komorn übersetzt. Bis in sein hohes Alter, während einer fünfzigjährigen Dienstzeit, hatte M. sich durch ausgezeichnetes Verhalten im Felde und durch treue Dienste im Frieden erprobt. Die unheilvollen Tage des Jahres 1848 sollten den Frieden seines Alters in ungeahnter Weise trüben. Als die Bewegung in Ungarn ausgebrochen war, hatte die revolutionäre Partei ihr nächstes Augenmerk auf den Besitz der Festung Komorn, wo Mertz Commandant war, gerichtet. Nachdem das ungarische Ministerium die Macht in seinen Händen hatte – Mertz war den Befehlen desselben untergeordnet worden und mußte dieselben entweder vollziehen oder doch vollziehen lassen – begann es aus eigenen Absichten die Festung nach und nach von allen verläßlichen regulären Truppen zu entblößen, alle Vertheidigungsmittel zu verwahrlosen, alle Anstalten, die Mertz traf, um die noch vorhandenen treuen Truppen mit Verpflegung und Munition[WS 1] gehörig zu versorgen, durch List und Ränke zu hintertreiben; ließ den General mit Emissären umstellen, die alle seine Handlungen, Vorkehrungen, Schritte und Tritte ausspähten, und es ihm unmöglich machten, gegen einen überraschenden Hauptschlag der Revolutionspartei die nöthigen Vertheidigungsanstalten zu treffen. Die aus Generalen zusammengesetzte Commission, welche das taktische Gutachten über das Verhalten des unerwartet in Untersuchung gezogenen Feldmarschall-Lieutenants Mertz abzugeben beordert worden, hatte denselben in der Beantwortung der ihr gestellten sechs Fragepuncte als vollends frei von jedem Verschulden erklärt und ihre Erklärung mit ausführlichen Gründen belegt. Es muß in dieser Beziehung auf die in den Quellen angeführte Schrift, welche die Fragepuncte und ihre Beantwortung enthält, hingewiesen werden, wie diese Schrift überhaupt in ihrer schlichten Darstellung ein nur um so ergreifenderes Bild der verzweifelten Lage gibt, in welche der alte General durch den vormärzlichen Schlendrian versetzt war. Kurz, es war ihm nach dem Ausspruche aller Sachverständigen geradezu unmöglich, die Festung den Kaiserlichen zu erhalten, nur sein tactvolles, sich selbst bezwingendes Benehmen hatte unnöthiges Blutvergießen verhütet, und um seine eigene Soldatenehre zu retten, konnte er nichts Entsprechenderes thun, als zur Herstellung seiner durch die aufreibenden Ereignisse der letzten Monate tief erschütterten Gesundheit den erbetenen und erhaltenen Urlaub antreten, und die Festung dem im Range nächstältesten Stabsofficiere übergeben. Durch lügenhafte Aussagen eines Stabsofficiers, dessen Namen Mertz in seiner Vertheidigungsschrift ausdrücklich nennt, wurde M. wider alles Vermuthen, während er sich im Jahre 1849 in Wien befand, zur Verantwortung gezogen. Die Untersuchungsrichter waren die Auditore Czermak und Komers (der gegenwärtige Justizminister), welche die ganze Verhandlung zur Schlußfassung [412] an die Central-Untersuchungscommission einsandten. Diese erstatteten darauf dem Kriegsministerium die Anzeige: „daß Feldmarschall-Lieutenant von Mertz sich vollkommen gerechtfertigt habe“. Da wurde im Juni 1849 die Untersuchung von Neuem aufgenommen, und endlich von einer eigenen Commission am 10. Juli 1850 mit dem Gutachten geschlossen: „daß M. vollständig vorwurfsfrei gehandelt habe“. Nichtsdestoweniger setzte der Untersuchungsrichter, Namens Bardassovich, die Erhebungen fort, und durch obige Gutachten competenter Commissionen unbeirrt, that er den Ausspruch: „Ich werde den Feldmarschall-Lieutenant von Mertz demungeachtet nicht freisprechen“. In der That wurde ein Kriegsgericht zusammengesetzt aus zwei Feldmarschall-Lieutenants, zwei General-Majors, zwei Obersten, zwei Oberstlieutenants, zwei Majoren und zwei Hauptleuten, unter Vorsitz des Feldzeugmeisters von Wocher und unter Vortrag des General-Auditors Bardassovich. Mertz wurde einstimmig freigesprochen. Die Acten gingen nun an das Militär-Appellationsgericht, in diesem sprachen Neun unter Eilf Stimmen ihr: „frei und schuldlos“ aus. Endlich fällte der Oberste Gerichtshof das Urtheil: „Der Feldmarschall-Lieutenant von Mertz wird wegen Vernachlässigung seiner Pflicht als Festungscommandant von Komorn seiner Feldmarschall-Lieutenants-Charge, seiner Pension und des Dienstzeichens 2. Classe verlustigt, und die besitzenden ausländischen Orden zu tragen untersagt. Dieser Spruch war mit 4 gegen 2 Stimmen erfolgt. Von Sr. Majestät dem Kaiser[ wurde dem alten General seine bisherige Pension von 3000 fl. als Gnadengehalt gewährt.

Darstellung der Ereignisse und des Verfahrens, wodurch der K. K. Feldmarschall-Lieutenant von Mertz, zweiter Inhaber des 12. Linien-Infanterie-Regiments Erzherzog Wilhelm, Ritter des Kurfürstl. Hessischen Ordens pour la vertu militaire und des Königl. Franz. Militair-Verdienst-Ordens, vorhin Commandant der Festung Comorn in Ungarn, zu Wien kassirt worden ist. Aus dessen nachgelassenen Papieren zusammengestellt. Als Manuscript gedruckt (Frankfurt a. M. 1860, Druck von J. P. Streng, 79 S. 8°.). – Springer (Anton), Geschichte Oesterreichs seit dem Wiener Frieden 1809 (Leipzig 1864 und 1865, S. Hirzel, gr. 8°.) Bd. II, S. 529 bis 531. –

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Muniton.