BLKÖ:Mumelter von Sebernthal, Franz Joseph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 19 (1868), ab Seite: 454. (Quelle)
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Mumelter von Sebernthal, Franz Joseph (Geschichtsforscher, geb. zu Botzen 2. Februar 1762, gest. zu Wien 1. December 1798). Sein Vater Georg war ein wohlhabender Gutsbesitzer in Südtirol, starb aber, als sein Sohn erst drei Jahre alt war. Die Erziehung desselben, wie die ganze Wirthschaft fiel nun auf die Witwe Maria, eine geborne Staffler. Diese ließ den Sohn, der einen geweckten Geist und schöne Talente besaß, für die wissenschaftliche Laufbahn ausbilden. Franz Joseph begann im Jahre 1773 den Besuch des Gymnasiums in Innsbruck, welches er im Jahre 1778 beendete. In seinen Studien zeigte M. großen Eifer, dabei las er mit Vorliebe die lateinischen Classiker, die besten deutschen Schriftsteller, darunter Geschichtschreiber und anderes zur Geschichte Gehöriges. Das ihm von seinem Vater hinterlassene nicht unbedeutende und durch die tüchtige Wirthschaft der Mutter ansehnlich vermehrte Vermögen setzte ihn in die Lage, nicht nur ganz für sich und die Wissenschaft zu leben, sondern sich auch mit den erforderlichen Mitteln dazu, nämlich mit einer auserlesenen Büchersammlung zu versehen. Im Jahre 1779 begann er an der Innsbrucker Hochschule die philosophischen, im Jahre 1781 die rechtswissenschaftlichen Studien. Als im Jahre 1782 diese Hochschule von Kaiser Joseph II. aufgehoben und in ein Lyceum verwandelt wurde, begab sich Mumelter zur Erlangung der juridischen Doctorwürde nach Wien. Dort fand er bei einem Landsmannes, dem Domherrn Triangi aus Trient, die gastlichste Aufnahme und blieb mit seinen Landsleuten, die das Haus des Domherrn zu besuchen pflegten, in stetem Verkehre. Dabei setzte er seine Studien, vornehmlich jene der modernen Sprachen, fleißig fort, hörte die Collegien des Hofrathes Sonnenfels und erlangte nach den abgelegten strengen Prüfungen im Jahre 1786 an der Wiener Hochschule die juridische Doctorwürde. Um diese Zeit bereits beschäftigte er sich mit kritisch-historischen Arbeiten, und sein „Versuch einer systematischen Reichsgeschichte“ [die bibliographischen Titel von Mumelter’s Schriften folgen auf S. 456 u. d. f.] richtete schon damals die Aufmerksamkeit der Fachmänner auf den strebenden und tüchtigen Südtiroler. Insbesondere war es [455] Sonnenfels, der ihn bald in seine Nähe zog und ihn mit Männern, welche damals die Zierde und der Stolz Wiens waren, wie Born [Bd. II, S. 71][WS 1], van Swieten, Kressel [Bd. XIII, S. 201][WS 2], Gebler [Bd. V, S. 118], Schmidt, Zippe, Daiser, Sperges und Anderen, bekannt machte. Durch eine mit vorzüglichem Erfolge abgelegte Concursprüfung aus der Geschichte und durch eine historische Arbeit über die Hierarchie gewann er die besondere Zuneigung van Swieten’s, der ihm die Anwartschaft auf ein Lehramt eröffnete. Sonnenfels bediente sich Mumelter’s als Mitarbeiters an den von Kaiser Joseph II. ihm aufgetragenen Verbesserungen des deutschen Styls der Gesetze, welche von Zeit zu Zeit erschienen, und Mumelter galt in vorgenannten Kreisen von Koryphäen der Wiener Hochschule und in Studiensachen maßgebender Persönlichkeiten bald als ein ganz erfreulicher und annehmbarer Zuwachs zu jenen Kräften, durch deren Gewinnung man kein geringes Ziel, nämlich die Hebung der geistigen Cultur im Kaiserstaate in’s Werk zu setzen, beabsichtigte. Indessen setzte Mumelter – bis sich ihm ein bestimmtes Feld für seine Thätigkeit darbot – seine literarischen Arbeiten, darunter eine über geistliche Gerichtsbarkeit, eine andere über Ursprung und Wachsthum der päpstlichen Macht u. dgl. m. fort. Als in dieser Zeit, 1786, die Regierung die Absicht hatte, an der Wiener Hochschule eine Professur der österreichischen Geschichte, des österreichischen Staatsrechtes und der Staatenkunde zu errichten, ward Mumelter für dieselbe in Aussicht genommen und bereits angewiesen, ein Vorlesebuch dafür zu entwerfen. Jedoch kam dieses Project nicht zu Stande und Mumelter wurde einstweilen Repetitor der politischen Wissenschaften für die Stiftlinge des Theresianischen Collegiums, wofür er in Rücksicht seiner Fähigkeit und Verwendung vom Hofe fünfhundert Gulden erhielt. In den Jahren 1788 und 1789 las M. öffentlich an der Wiener Hochschule über die Geschichte der österreichischen Monarchie, welche Vorträge allgemeine Anerkennung fanden. Im letztgenannten Jahre erhielt er nun den Auftrag, den Entwurf eines Staatsrechtes der österreichischen Monarchie zu schreiben und wurde ihm nach Vollendung dieser Arbeit die ordentliche Anstellung als Professor dieses Gegenstandes zugesagt. Aber auch dießmal blieb es wieder bei der Zusage, denn die Absicht, eine solche Lehrkanzel zu errichten, wurde aufgegeben, dafür jedoch M. im Jahre 1790 als wirklicher Professor der allgemeinen Weltgeschichte an der Universität zu Wien mit einem Jahresgehalte von zwölfhundert Gulden angestellt. Diesen Posten behielt M. bis an sein leider für die Wissenschaft viel zu früh eingetretenes Lebensende. Innerhalb dieser letzten Periode seines Lebens, nämlich von dem Antritte seines Lehramtes bis an seinen Tod, erschienen mehrere historische Arbeiten M.’s im Drucke; ein auf größeren Umfang angelegtes Werk, eine allgemeine Weltgeschichte, wurde anfänglich durch seine Kränklichkeit und zuletzt durch seinen Tod unterbrochen. Im Jahre 1790 zog der berühmte Verfasser der Geschichte der Deutschen, Hofrath Mich. Schmidt, zu Mumelter und verlebte die letzten vier Jahre bei demselben. Schon im Jahre 1786, in welchem Mumelter von Kaiser Joseph II. in den Adelsstand erhoben und ihm die Führung des von seinem größten Weingarten bei Botzen entlehnten Prädicates „von Sebernthal“ gestattet wurde, hatte sich Mumelter [456] mit einer Wienerin, einem Fräulein von Bauernfeld, verheirathet, aus welcher Ehe eine Sohn hervorging, der bei dem Tode des Vaters erst eilf Jahre alt war. Mumelter war bereits im Jahre 1796 leidend und mußte den ganzen Winter über das Haus, längere Zeit sogar das Bett hüten, im Frühjahre 1797 erholte er sich so weit wieder, daß er manche unterbrochene Arbeit fortsetzen und manches Neue beginnen konnte. Nun schien sich ungeachtet mancher bedenklichen Zwischenfälle im Ganzen seine Gesundheit zu kräftigen, und er selbst fühlte sich so wohl, daß er mit Schreyvogel, den er in den letzten Lebensjahren kennen gelernt, den Plan einer allgemeinen Zeitung für die österreichische Monarchie entwarf, und sich M. ernstlich mit den Vorarbeiten zu dieser wichtigen und in mehr als einer Hinsicht interessanten Unternehmung beschäftigte. Am 1. December 1798 begab er sich wie gewöhnlich des Morgens in die Universität, um seine Vorlesung zu halten, und als er um acht Uhr über die Treppe des Universitätshauses stieg, stürzte er, vom Schlage getroffen, nieder und gab auf der Stelle seinen Geist auf. Bei der späteren Oeffnung der Leiche fand man, daß die Sprengung der Gehirnhaut seinen plötzlichen Tod verursacht habe. Mumelter war erst 36 Jahre alt, die Wiener Hofzeitung vom 8. December 1798 meldet Mumelter’s Tod mit folgenden Worten: „Die Wissenschaften und die hiesige Universität haben durch den am 1. dieses Monats erfolgten plötzlichen Hintritt des Lehrers der allgemeinen Geschichte Franz Joseph Mumelter von Sebernthal einen empfindlichen Verlust erlitten.... Seine literarischen Arbeiten, meistens historischen und politischen Inhalts, sind rühmlich bekannt, sie zeigen insgesammt von seinen Einsichten, seinen reichhaltigen gelehrten Kenntnissen und seinem Fleiße, und machen es um so beklagenswerther, daß ein frühzeitiger Tod diesen hoffnungsvollen Mann von seiner rühmlichen und nützlichen Laufbahn abgerufen hat.“ Mumelter’s im Drucke erschienene Schriften sind in chronologischer Folge: „Versuch einer systematischen Reichsgeschichte, im Kleinen. I. Band. Von den ältesten Zeiten bis Heinrich IV.“ (Wien 1786, 8°.), in diesem Versuche schlägt M. einen neuen, von dem bis dahin üblichen, ganz abweichenden Weg in der Geschichtsbehandlung ein. Die Abtheilung nach bestimmten Epochen und die Darstellung nach Jahrhunderten und den Regierungsjahren einzelner Regenten verwerfend, sucht er nachzuweisen, warum die damalige politische, kirchliche, wissenschaftliche u. s. w. Verfassung Deutschlands so und nicht anders und wie sie das, was sie ist, geworden sei. Wie Deutschland ein Staat wird (von den ältesten Zeiten bis zum Vertrage von Verdun), wie er wächst (bis Heinrich IV.), wie er unter die päpstliche Oberherrschaft geräth (bis Karl IV.), wie er sich aus dieser wieder herausreißt und durch eigene Gesetze hilft (bis Karl V.), den Fortgang der Religionsstreitigkeiten (bis Leopold I.) und wie die Errungenschaft der allgemeinen Toleranz der erste Sonnenstrahl einer ganz neuen Zeit wird (bis Joseph II.), dieß Alles entwickelt M. in anregender Weise, und diese Arbeit, wenngleich nur ein Versuch, erregte doch und mit Recht die Aufmerksamkeit der Wiener Gelehrten und Wissenschaftsfreunde; – „Abänderungen der geistlichen Gerichtsbarkeit“ (Wien 1786, 8°.), diese dem Hofrath von Sonnenfels gewidmete Arbeit wurde durch die Aufhebung der weltlichen Gerichtsbarkeit der Consistorien und des privilegirten [457] Gerichtsstandes der Clerisei in den k. k. Staaten veranlaßt und wurde ihrer Gediegenheit wegen mit Sarpi’s Abhandlung über die Benefizien verglichen; – „Sätze aus den sämmtlichen Theilen der Rechtsgelehrsamkeit, nach einem historischen Leitfaden geordnet“ (Wien 1786, 8°.); – „Ueber die Verdienste österreichischer Regenten um das deutsche Reich“ (ebd. 1790); wie in der Gegenwart, in welcher die Herren Sybel, Häusser u. A. Oesterreich in jeder Weise verunglimpfen und auf Kosten Preußens herabsetzen, so gab es auch schon damals bei der zwischen Joseph II. und einigen Fürsten Deutschlands herrschenden Spannung Sykophanten und Pamphletisten genug, welche das Benehmen mehrerer österreichischer Fürsten gegen das deutsche Reich auf hämische Art in ein gehässiges Licht zu stellen suchten. Gegen diese Pamphlete ist Mumelter’s Schrift gerichtet, in welcher er die österreichischen Fürsten wider die parteiischen Vorwürfe der Protestanten wegen ihres Benehmens in den Religionsstreitigkeiten vertheidigt; – „Rede eines Professors an seine Zuhörer über die freywilligen Kriegsbeyträge. Gehalten am 26. Jänner 1793 u. s. w.“ (Wien 1793, Gaßler, 8°.); – „Neuer Versuch über die allgemeine Geschichte“. Erster Band. 1. u. 2. Abthlg. (ebd. 1794 u. 1795, 8°.). Außer den bisher angeführten selbstständig erschienenen Schriften Mumelter’s gibt es noch andere, bei denen er sich bald mehr, bald weniger an ihrer Herausgabe betheiligte, so z. B. an Johann Schwerdling’s „Allgemeinen Weltgeschichte in Bildern“. Anfänglich trat M. diesem Unternehmen nur bei, später übernahm er es vielmehr ganz auf seine Rechnung. Plan und ein großer Theil des vollendeten Textes tragen deutlich das Gepräge Mumelter’s, wenn auch zugestanden werden muß, daß die Idee nicht von ihm ausgegangen ist. Im Ganzen sind vier Bände mit dreihundert siebenundneunzig historischen Kupferstichen, siebenundzwanzig Kupferstichen mit Bildnissen und neun Landkarten erschienen; – zu des Freiherrn von Daiser „Unpartheyischen Betrachtungen über die Vorrechte und Vortheile der Kaiserkrone“ (Wien 1790), die Mumelter auch zum Drucke beförderte, schrieb er die Vorrede, in welcher er über die fehlerhafte Art der meisten Schriftsteller in der Behandlung des deutschen Staatsrechtes sich aussprach; – und zu dem „Manifest aller Völker gegen die französische Revolution, von einem ausgewanderten Franzosen“ (Wien 1792, Gaßler, sind die Anmerkungen des deutschen Uebersetzers aus Mumelter’s Feder. Von seiner „Einladung zu freywilligen Beyträgen für ein Denkmal, welches die in Wien wohnenden gebornen Tiroler und die von Tirol abstammenden oder durch die Matrikel der Landschaft einverleibten Familien ihren ebenso tapferen als treuen Landsleuten in Wien zu errichten gedenken“, ist ein Bruchstück im ersten Jahrgange des Tiroler Almanachs abgedruckt. Noch sind zwei Arbeiten Mumelter’s bekannt, die bereits weit vorgeschritten und für den Druck bestimmt waren, aber ungedruckt geblieben sind, und zwar der „Versuch einer pragmatischen Geschichte der päpstlichen Macht vom heiligen Peter bis Pius VI.“, in welchem Versuche er diesen Gegenstand in drei Hauptepochen, in der ersten vom h. Peter bis Gregor VI., also die Geschichte der Entstehung und des Wachsthums der päpstlichen Macht; „der zweiten von Gregor VI. bis zur großen Kirchenspaltung, also die Geschichte der höchsten Stufe derselben, und in der dritten von der großen Kirchenspaltung bis auf unsere [458] Zeiten, also die Geschichte des Abnehmens der päpstlichen Macht, behandelt. Wie viel von dieser Arbeit M. vollendet, ist nicht bekannt. Die zweite Arbeit war eine „Vollständige Geschichte der Hierarchie“, gleichfalls in drei Epochen, und zwar: I. von den Zeiten der Apostel bis auf die Streitigkeiten über den Bilderdienst; II. von den Streitigkeiten über den Bilderdienst bis auf die große Kirchenspaltung des Abendlandes, und III. von dieser bis auf die neue Zeit. Jede Epoche war wieder in Hauptperioden abgetheilt, in welchen die Veränderungen, welche die Hierarchische Verfassung erlitten hatte, geschildert waren. Ob diese beiden Werke oder die Fragmente derselben, und ob sonst noch Etwas im Nachlasse sich vorgefunden und wohin derselbe gekommen, ist nicht bekannt. Mumelter war ebenso als Lehrer beliebt, wie als Geschichtsforscher, als welcher er neue Bahnen einschlug, seiner Gründlichkeit und Vorurtheilslosigkeit wegen geachtet, und durch seinen frühzeitigen Tod erlitt die vaterländische Geschichtschreibung in der That einen herben Verlust.

Adelstands-Diplom ddo. 9. Juli 1787. – Tiroler Almanach (von Freih. v. Hormayr) (Wien, 8°.) Jahrgang 1803, S. 232 bis 249: „Mumelter“. – Der deutsche Antheil des Bisthums Trient. Topographisch-historisch-statistisch und archäologisch beschrieben u. s w. (Brixen 1866, A. Weger’s Buchhandlg., 8°.) Bd. I, S. 101. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 736. – Staffler (Joh. Jac.), Das deutsche Tirol und Vorarlberg, topographisch mit geschichtlichen Bemerkungen (Innsbruck 1847, Felic. Rauch, 8°.) Bd. II, S. 866. – Deutscher Merkur, herausgegeben von Wieland, Jahrgang 1799, S. 87 u. f. – Allgemeiner literarischer Anzeiger, heraus von Alter, Jahrg. 1800, S. 1195. – Meusel (Johann Georg), Lexikon der vom Jahre 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller (Leipzig 1808, Gerh. Fleischer, 8°.) Bd. IX, S. 459. – Porträt. Unterschrift: Mumelter. Kpst. o. A. d. Z. u. St. Wien, bei A. Gaßler (8°.). – Wappen. In Blau ein goldener, aufrecht vor sich schreitender, in der vorgeworfenen rechten Pranke ein silbernes hohes Tatzenkreuz vor sich tragender Löwe. Auf dem Schilde ruht ein gekrönter Turnierhelm, aus der Krone des Helms wächst der vorbeschriebene goldene Löwe mit dem Kreuze hervor. Die Helmdecken sind blau, zur Rechten mit Gold, zur linken mit Silber unterlegt.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Bd. II, S. 11
  2. Vorlage: Bd. XIII, S. 241