BLKÖ:Ohligs, Bernhard Wilhelm

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 21 (1870), ab Seite: 48. (Quelle)
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Ohligs, Bernhard Wilhelm (Industrieller, geb. zu Münster in Westphalen 31. October 1810, gest. zu Wien im J. 1869). In seiner Vaterstadt Münster beendete er die Gymnasialstudien, dann bildete er sich in verschiedenen commerciellen und industriellen Etablissements Westphalens und der Rheinprovinzen durch mehrere Jahre in technisch-praktischer Richtung aus und kam im Jahre 1833 nach Wien, wo er im Jahre 1836 in die Dienste der Kaiser Ferdinands-Nordbahn trat und in denselben in bald technischer, bald administrativer Verwendung bis zum Jahre 1842 verblieb. Im letztgenannten Jahre, nachdem er die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt, gründete er ein selbstständiges Geschäft und war zugleich Agent der Freiherr von Rothschild’schen Berg- und Eisenwerke. Im J. 1847 erwarb er das bürgerliche Handelsrecht und besorgte bis 1849 die commercielle Leitung der fürstlich Metternich’schen [49] Eisenwerke. Im letztgenannten Jahre übernahm er für eigene Rechnung das Waffenfabriksgeschäft seines Schwiegervaters, welchen Geschäftszweig er seither unter der Firma B. W. Ohligs-Haußmann in erweiterter Weise betrieb und dabei vorwiegend die Kunstrichtung dieses Gewerbes im Auge hatte. Seit dem Jahre 1852 Mitglied der niederösterreichischen Handels- und Gewerbekammer, war er durch seine Referate über die wichtigeren gewerblichen Fragen und als Verfasser verschiedener volkswirthschaftlicher Aufsätze auch schriftstellerisch thätig. Seine Fachtüchtigkeit hatte auch seine Berufung als Mitglied in die Ministerial-Commission zur Berathung des Gewerbegesetzes und als Beurtheilungscommissär der deutschen Industrie-Ausstellung vom Jahre 1854 veranlaßt, worauf er in den Kammerverhandlungen über das Gewerbegesetz und die Ausstellung ausführliche Berichte erstattete. Zur Förderung commercieller Kenntnisse brachte er schon im Jahre 1855 als Repräsentant des bürgerlichen Handelsstandes einen Plan auf Erweiterung der Wiener Gremialschule ein, ohne jedoch damit durchdringen zu können; aus das hin gründete er allein und selbstständig den Verein der Wiener Handels-Akademie und brachte durch seine energische Thätigkeit mit Hilfe anderer einsichtsvoller Gesinnungsgenossen in verhältnismäßig kurzer Zeit eine aus freiwilligen Beiträgen entstandene Summe von nahezu 400.000 fl. auf, welche zum Baue und zur Stiftung der Handels-Akademie, dieses im gedeihlichsten Fortschritte begriffenen Institutes verwendet wurde. Im Jahre 1858 zum Vorstande des ehemals bürgerlichen ritterlichen Scharfschützencorps in Wien gewählt, erwirkte er die behördliche Genehmigung zur Bildung eines zeitgemäßen, „Wiener Scharfschützen-Gesellschaft“ genannten Vereins und seiner Statuten; hielt die alten Rechte dieser seit 1848 unterdrückten Gesellschaft gegen die Commune aufrecht; erwirkte, daß derselben für die eingezogenen gesellschaftlichen Schießlocalitäten durch Ankauf des ehemaligen Lazaristenklosters sammt Park vor der Mariahilfer Linie ein Ersatz geleistet und endlich durch den Gemeinderath die vollständige Wiederherstellung der Schießstätten und Gebäude beschlossen wurde. Als sich zur Errichtung des Erzherzog Karl-Monumentes, dessen Ausführung auf Staatskosten genehmigt worden, ein Comité bildete, wurde O. Mitglied desselben und entfaltete auch nach dieser Richtung hin eine energische Thätigkeit. Als in Folge des Umschwungs der politischen Verhältnisse im Jahre 1861 Wien eine aus freier Wahl hervorgegangene Vertretung erhielt, wurde auch O. im I. Wahlbezirke (Innere Stadt) in den Gemeinderath gewählt. Bei Gelegenheit, als sich mehrseitig das Verlangen kundgab, daß gleich wie London, Paris, München, auch Wien eine allgemeine Industrie-Ausstellung im Jahre 1866 veranstalten solle, trat O. mit einer Schrift, betitelt: „Gegen die Wiener Welt-Ausstellung im Jahre 1866. Ein motivirter Antrag an die n. ö. Handels- und Gewerbekammer“ (Wien 1863, Manz, gr. 8°.) auf, und in der That, wenn die projectirte Ausstellung nicht unterblieben wäre, hätte der österreichisch-preußische Krieg eine traurige Episode dieses Völkerschauspiels gebildet. O. lebte als k. k. Hof-Waffen-Fabrikant mit der Erzeugung von Luxus-, Feuer- und Blankwaffen in Stahl, Silber und Gold beschäftigt in Wien. O. starb nach längerem Leiden, und wie es heißt, mitunter an den Wirkungen tiefgefühlter Kränkung, [50] daß bei seiner aufopfernden energischen Thätigkeit für Gründung der Handelsakademie Andere den Lohn einheimsten, der eigentlich ihm gebührte.

Die neuen Väter der Großcommune Wien, hervorgegangen aus der freien Wahl und dem Vertrauen ihrer Mitbürger im Jahre 1861. Von Moriz Bermann und Franz Evenbach (Wien 1861, 8°.) S. 13.