BLKÖ:Pol, Vincenz

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Pokorny (Maler)
Band: 23 (1872), ab Seite: 49. (Quelle)
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Pol, Vincenz (polnischer Poet, geb. in Galizien im Jahre 1809). Stammt von deutscher Familie, sein Vater Franz Pohl von Polenburg war galizischer Landrath und im Jahre 1815 mit obigem Prädicate geadelt worden. Der Sohn, das h aus dem Namen weglassend, polonisirte denselben und erlangte als Vincenz Pol den Ruhm eines bedeutenden, jetzt unter den Lebenden – ersten polnischen Dichters. In der Stadt Lublin verlebte er seine ersten Jugendjahre. Lublin bewahrte zu jener Zeit die Traditionen einer erhabenen Vergangenheit. Die Eltern des Dichters unterhielten mit mehreren Häusern freundschaftliche Beziehungen, in denen die nationalen Tugenden noch nicht ausgestorben waren. Die Mutter des Dichters war eine Polin; Karl Graf Scypio hielt ihn zur Taufe und dessen Sohn Johann Graf Scypio, Canonicus an der Kathedrale zu Krakau, ein aufgeklärter und gelehrter Mann, war des Dichters Jugendfreund. Benedict Winnicki, dessen Sohn Silvian des Dichters Spielkamerad gewesen. theilte ihm seine Erlebnisse mit poetischem Schwunge und Energie mit, denn er hatte viel gründliches Wissen, ein bewunderungswürdiges Gedächtniß, und mit seiner Phantasie schmückte er seine Darstellungen aus polnischen und römischen Dichtern aus, deren Schöpfungen er aus dem Gedächtnisse recitirte. Die Uebersiedlung der Eltern Vincenz Pol’s nach Lemberg war für ihn von dem größten Nutzen. Hier besuchte er die Schulen und studirte [50] Jurisprudenz. Nachdem er sich aber mit einem Kreise strebsamer Jünglinge befreundet hatte, welcher sich den Aufschwung der Nationalliteratur zur Aufgabe gestellt hatte, konnte er unter den rastlos Thätigen nicht länger unthätig bleiben. Wem aber der meiste Einfluß auf die geistige Entwicklung des Poeten zuzuschreiben, ist schwer zu sagen. Aus seiner Jugendgeschichte ist nur so viel erkennbar, daß das polnische Element den Dichter von der Wiege an umgab und daß er in demselben lebte und sich entwickelte. Im Jahre 1827 machte er seinen ersten Ausflug in die Welt, und damals war es, wo er in Podolien mit dem bereits erwähnten Benedict Winnicki zusammentraf. Vincenz zählte 14 Jahre, als Adam Mickiewicz mit seinen gesammelten Gedichten einen so großen Ruhm erntete. Der Eindruck und Einfluß, den sie auf Vincenz Pol ausübten, ist schwer zu bestimmen. Die innere Wandlung des Dichters bleibt ein unenthülltes Geheimniß; aber die von Mickiewicz angebahnte Richtung wirkte mächtig auf seine Phantasie und auf die Schöpfungen derselben. Während der Dichter mit seinen Eltern in Lemberg weilte, suchte er sich wissenschaftlich auszubilden, und da die Erziehung im Hause und in der Schule sich in der Sphäre der Anschauungen des Vaters bewegte, so behielt die deutsche Sprache in der Regel die Oberhand. Wir sehen auch den älteren Bruder des Dichters, Pohl von Polenburgs, in den Jahren 1824 und 1825 nicht die schlechtesten Gedichte in deutschen Zeitschriften veröffentlichen. In der „Mnemosyne“, herausgegeben in Lemberg von Alexander Zawadzki, erschienen eine Uebersetzung der „Świtezianka“ von Mickiewicz und Krasicki’s Satyren; derselbe übersetzte auch Kropiński’s „Ludgarda“ und Fredro’s Lustspiel „Zrzędnośč i przekora“. Der Bruder Vincenz wurde aber mit einem Kreise bekannt, welcher den Eifer zur polnischen Literatur in Galizien anfachte, die bis dahin daselbst fast gar nicht existirte. Kamiński, Michalewicz, Bielowski, die beiden Chłędowski, Chlibkiewicz, Jaszowski, die beiden Borkowski[WS 1] und einige andere bildeten die dünngesäete Pflanzschule der Erwecker des abgestorbenen literarischen Lebens. Der junge Dichter begriff und erfaßte wohl seinen Beruf, doch es gebrach ihm noch an der gehörigen Kraft. Als Chłędowski im Jahre 1830 den „Haliczanin“ herauszugeben beabsichtigte, hatte unser Dichter Erzählungen zu dieser Sammlung vorbereitet, die aber derselben nicht einverleibt wurden. Das achtmonatliche Drama in Warschau, das mit der tragischen Katastrophe auf den Ruinen der ganzen Nation endete, hatte seine Seele mit dämonischer Gewalt und magischem Zauber ergriffen, der aber später in bitter enttäuschte Hoffnungen zerfloß. Und wenn auch der zwanzigjährige Jüngling bei diesem Drama nicht thätig mitwirkte, so sang er doch am Lagerfeuer den ermatteten Brüdern, belebte ihren niedergedrückten Geist und berauschte die Hinsinkenden mit Entzücken. Die Frucht dieses Lagerlebens war jene bedeutende und in der polnischen Literatur einzige Sammlung „Pieśni Janusza“ (Lieder), deren Auflage vom J. 1833 vergriffen wurde und deren 2. und 3. Band erst 30 Jahre später erschienen. Nach den unglücklichen Ereignissen, welche die ganze Nation in Trauer hüllte, kehrte der Dichter nach Galizien zurück und durchstreifte es nach allen Richtungen, das Volk und die Natur zu seinem Studium [51] machend. Außer diesen polnischen Kriegsliedern schrieb er auch deutsch, und aller Wahrscheinlichkeit nach ist er der Herausgeber der „Volkslieder der Polen, gesammelt und übersetzt von W. P.“ (Leipzig 1833); sie enthalten 30 Lieder aus den Karpathen; in den „Blättern für Unterhaltung und Literatur“ sind sie lobend erwähnt worden. Gleichzeitig veröffentlichte er seine Lieder in polnischer Sprache in der Zeitschrift: „Biblioteka Ossolińska“ (1833, Nr. 7). In den Jahren 1834 und 1835 besuchte Vincenz Pol zum ersten Male das Tatragebirge und die Umgegend von Krakau. An diesen Ausflug nach dem anmuthigsten Theile des Landes schließen sich ergänzend Reisen, die der Dichter später durch alle polnischen Provinzen gemacht hatte. Auf dem literarischen Felde waren durch geraume Zeit die Früchte dieses Wanderlebens nicht zu bemerken. Erst 1839 trat er in den „Rozmaitości lwowskie“ mit der poetischen Erzählung: „Wypadki Imci pana Benedykta Winnickiego“, d. i. Abenteuer des Herrn B. Winnicki, auf Der Vers ist schön und glatt, fleißig gefeilt und mit großer Sorgfalt ausgearbeitet, doch durch die zwölfzählige Silbenzahl etwas schleppend und ermüdend. Es ist ein meisterhaft gelungenes und durchaus originelles Bild der alten polnischen Szlachta, voll historischen Colorits und geistreicher Composition. Dieß die Vorzüge, welche den Werth des an Inhalt und Umfang sonst armen Bildes erhöhen. Pol wohnte zu dieser Zeit im Kreis Sanok auf den Gütern Xaver Krasicki’s in Bachorz, wo er der Landwirthschaft oblag, und im Jahre 1837 sich in Most bei Lemberg mit dem Fräulein Cornelie Olszewska, der Pflegetochter ihres Onkels Joseph Zieńkiewicz vermält hatte. Der jährliche Besuch des Tatragebirges in den Jahren 1838 bis 1843 erweckte in ihm die Liebe zur Geographie und Naturwissenschaft. Mit aller Energie und Leidenschaft machte sich der Dichter Humboldt’s und Ritter’s geniale Forschungen und Errungenschaften auf diesem Gebiete der Wissenschaft zu eigen und legte selbst Hand an ein geographisches Werk von gewaltigen Dimensionen. Von den Forschungen und Arbeiten dieser Periode sind nur wenige Fragmente vorhanden, welche in verschiedenen polnischen Journalen aus den Jahren 1842, 1844 bis 1847 zerstreut abgedruckt zu finden sind. Seine in Prosa verfaßten Erzählungen gab er um jene Zeit in Wien heraus. [Die bibliographischen Titel seiner Werke folgen S. 53 am Schlusse der Biographie.] Etwas früher schon, im Jahre 1843, erschien im Posener „Noworocznik“ das Gedicht: „Historya F. Kilińskiego“, d. i. Die Geschichte des F. Kiliński. Dieses Poem hat den Namen des Dichters mit Blitzesschnelle nach allen Richtungen, soweit die polnische Zunge klingt, bekannt gemacht, und es ist in der Thal ein Ereigniß in der polnischen Literatur. Pol hat in diesem Gedichte einen noch unbetretenen Weg eingeschlagen, ohne weder viel nach seinen Vorgängern zu fragen, noch sich an Muster, welche für Meisterstücke gehalten werden und es auch sind, zu halten. Es kam ihm nicht in den Sinn, mit Mickiewicz, Zaleski, Goszczyński, Słowacki und Krasiński rivalisiren zu wollen. Der Weg, den er einschlug, war von Niemandem gebahnt, Jedem noch unbekannt. Dieser Weg war die Einfachheit und in der natürlichen Darstellung dieser Einfachheit lag die Größe der Begeisterung. Solcher Natur ist auch sein „Lied von unserem Lande“, ein ureinfaches, Jedermann zugängliches, das Gemüth so gewaltig packendes und [51] in seiner natürlichen Einfachheit doch nicht nachzuahmendes Gedicht. Vincenz Pol, der jährlich die Karpathen besuchte, lauschte den Gesängen aus Triften, in Thälern und auf Bergen, er erfaßte mit dem Gedächtniß ihren Ton, ihren geistigen Duft und Gehalt, daß ihm keine Nüance entging, und prägte sie mit jenem artistischen, nur dem Genius angebornen Sinn zu seinem ausschließlichen Eigenthum. Und diese Lieder hüllte er in das einfachste Versmaß, das dennoch so süß und melodisch wie Musik dahinfließt. Durch dieses innige Verweben der Form mit dem Gehalte ist ein scheinbar so einfaches, schlichtes Gedicht entstanden, daß Jeder versucht wird, etwas Aehnliches hervorzubringen, und dennoch scheitert gerade an dieser täuschenden Leichtigkeit jede Nachahmung. Wer immer es nur wagte, in Vincenz Pol’s Fußtapfen zu treten, hat gründlich Fiasco gemacht. Das Erscheinen des bukolischen altpolnischen Volksliedes Vincenz Pol’s war ein langersehntes Bedürfniß, dem gerade in dem günstigsten Momente abgeholfen ward. Zu jener Zeit grassirte nämlich eine wahre Manie, Mickiewicz nachzuahmen, und indem man einen noch höheren Aufschwung als der Meister selbst nehmen und noch in tiefere Tiefen, als sein Geist herabsteigen wollte, verfiel man in eine manierirte Extase, wodurch man sich jeder Ursprünglichkeit entäußerte. Es war kein Mangel an echt poetischer Begeisterung, aber man erlahmte und erlag, indem man seinen Geist in sklavische Fesseln legte. Wladislaus Wężyk und Roman Zmorski übertrafen alle in dieser Nachahmungssucht. Unwissende, denen die Natur jeden Begriff wahrer Poesie versagt hatte, hatten ihre Freude daran und die Journale ausposaunten sie als Messiase einer neuen poetischen Epoche, Messiase, die heute bereits vergessen sind. Weniger wahntrunken geberdeten sich Richard Berwiński, G. Ehrenberg, Ed. Wasilewski, sahen aber in Byron’s Dichtungen und Mickiewicz’s „Dziady“ das Ziel aller Dichtung. Obschon man ihnen, namentlich aber Wasilewski, Kraft des Gedankens und des Gefühls und Schwunges nicht absprechen kann, vermochten sie dennoch eine gewisse Grenze, über die sie hinaus wollten, nicht zu überschreiten, denn sie blieben fortwährend Sklaven der Form und des Gehalts, die vom Meister vorgezeichnet und angewandt waren. Jene Richtung der Poesie brachte eine Classe von Kritikern hervor, welche darin ein Ausarten der Poesie erblickten und diesen sind theilweise jene endlosen Ausfälle auf Mickiewicz als dem Begründer dieser Schule in den Zeitschriften zuzuschreiben, in die sich die Schüler mit aller Gewalt drängten, als wenn ihn eine Schuld träfe, daß Jeder Mickiewicz und Niemand er selbst sein wollte. Die Entnationalisirung, der Byronismus und das Germanisiren, das ihm zur Last gelegt wurde, hat nicht er, sondern haben seine Nachahmer verschuldet, welche in ihm nur die eben angeführten Ausschreitungen erblickten und, indem sie der Macht seines nationalen Geistes nicht inne wurden, sich bald mit ersterem schmückten, bald mit letzterem, als einem schönen Gewande, sich bekleideten. Um die ganze Bedeutung Vincenz Pol’s und seiner Rückkehr zur reinen, ewig wahren Natur vollkommen zu würdigen, waren diese Bemerkungen nothwendig. Nach dem „Lied von unserem Lande“ veröffentlichte Vincenz Pol 1846: „Lebens- und Reisebilder“, von unvergleichlicher Schönheit, welche eine wahre Reaction auf dem [53] Gebiete der Dichtkunst heraufbeschworen. Nicht nur der Vorwurf selbst ist ein einfacher, gewöhnlicher, mit gutherziger Einfalt erzählt, die oft an’s Naive streift, sondern auch, was die Gedanken und Bilder betrifft, entfernt er sich nie von seiner Heimat. Bald nach der Gründung der agronomischen Gesellschaft im Jahre 1843 wurde Pol von dem Fürsten Leo Sapieha aufgefordert, sich nach Schlesien, Mähren, Niederösterreich, Steiermark und Tirol zu begeben, um ähnliche Institute zur Prüfung und Belehrung in Augenschein zu nehmen. Nach der Rückkehr überreichte er der agronomischen Gesellschaft seine Reiserelation. Das Jahr 1846 bildet den traurigsten Abschnitt in des Dichters Leben. All seine goldenen, heißersehnten Jugendträume sah er in graue Nebel zerfließen. Während dieser Zeit übersetzte er die sieben Psalmen David’s, die sich aber von der Kritik keiner günstigen Aufnahme zu erfreuen hatten. 1847 und 1848 redigirte der Dichter in Lemberg die literarische Zeitschrift der Ossoliński’schen Bibliothek. Im J. 1850 bestieg er die Lehrkanzel an der jagiellonischen Universität, wo er allgemeine und vergleichende Geographie, Ethnographie u. s. w. las. Um uns aber über die Wirksamkeit des Dichters als Universitätsprofessor eines weiteren einzulassen, mangelt uns einerseits der Raum, andererseits war sie keineswegs von so namhafter, geschweige denn nachhaltiger Bedeutung. Das bedeutendste Werk, das er nach dem Jahre 1853 veröffentlichte, ist unter vielen anderen das Gedicht: „Mohort“. Im Jahre 1857 kam er nach Wien, wo er eine Sammlung seiner Gedichte herausgab. Seine Landsleute verehrten ihm hier einen Ehrenbecher und ließen ihm zu Ehren ein Bändchen Gedichte drucken, die seine Verherrlichung zum Zwecke hatten. Seit dem Jahre 1859 hat er sich in Lemberg niedergelassen. Hier folgen nun die bibliographischen Titel seiner Werke, zuerst der poetischen, dann der wissenschaftlichen und zuletzt die stenographischen Copien seiner Vorträge, nur war es mir nicht möglich, immer die Druckorte und Druckjahre aufzufinden. Poetische Werke: „Pieśni Janusza“, d. i. Lieder des Janusz. Bd. 1–3 (Leipzig und Paris 1833 und 1864); – „Przygody J. A. Benedykta Winnickiego w podróży jego z Krakowa do Nieświeża 1766 r.“, d. i. Begebenheiten des Benedict Winnicki auf seiner Reise von Krakau nach Nieswicz im Jahre 1766 (2. Ausg. Lemberg 1843, Milikowski, 12°.); – „Mohort“, d. i. Mohort, eine Ritter-Rhapsodie; ein Fragment davon in deutscher Uebersetzung brachte „Die Krakauer Zeitung“ 1858, Nr. 19 u. 20; – „Lyriczne Poezye“, d. i. Lyrische Gedichte (Posen 1847); – „Drobne poezye“, d. i. Kleine Gedichte (Krakau 1856); – „Wit Stwosz“, d. i. Veit Stoß, ein Gedicht (ebd., 8°.); – „Czarna krówka, legenda z naszych czasów“, d. i. Die schwarze Kuh, eine Legende aus unserer Zeit (Bochnia 1857, Pisz, 8°.); – „Pachole hetmańskie“, d. i. Der Hetmansjunker, ein episches Gedicht, 2 Bde. (Warschau 1862. 8°.); – „Pieśń o ziemi naszéj“, d. i. Das Lied von unserem Lande (Posen 1843, 1852, 1865; Warschau 1859; Lemberg 1867, Wild, 8°., und oft noch herausgegeben); – „Z wyprawy Wiedeńskiej, rapsod rycerski“, d. i. Von der Belagerung Wiens, eine Ritter-Rhapsodie (Lemberg 1865, Wild, 8°.). – „Karty z krwawego rocznika“, d. i. Blätter aus einem blutigen Album (Lemberg?); – „Powódź“, d. i. Die Ueberschwemmung, ein Drama [54] in drei Acten; – „Stryianka“, d. i. Die Muhme (Warschau 1861, 8°.); – „Widzenie Janusza“, d. i. Die Visionen des Janusz (1848); – „Słowa i Sława“, d. i. Wort und Ruhm (1848); – „Legiendy o świętym, Janie Kantym“, d. i. Legenden von dem h. Johann Kantius (Krakau 1868, 8°.), zum Besten der akademischen Kirche zu St. Anna in Krakau. Prosaische Werke und nach stenographischen Aufzeichnungen gedruckte Vorträge: „Obrazy z podróży i życia“, d. i. Bilder von der Reise und aus dem Leben (Lemberg 1848, Milikowski); – „Studja do geografii Polskiéj“, d. i. Vorstudien zu einer Geographie Polens (Universitäts-Vorlesungen); – „Północne stoki Karpat“, d. i. Der nördliche Stock der Karpathen (Univ. Vorl.); – „Północny wschód Europy“, d. i. Geographie von Nordost-Europa (Univ. Vorl.) (Krakau 1851, 8°.); – „Obrazy z życia i natury“, d. i. Bilder aus dem Leben und der Natur (Univ. Vorl.) (Krakau 1869); – „Geografia ziemi świętej“, d. i. Geographie des gelobten Landes (Univ. Vorl.); – „Rok myśliwca“, d. i. Waidmannsjahr (Posen 1869, Żupański); – „Rozprawy archeologiczne“, d. i. Archäologische Abhandlungen; – „Rolniczne zapiski“, d. i. Agronomische Aufzeichnungen; – „Pamiętniki literatury polskiej XIX. wieku“, d. i. Denkwürdigkeiten aus der polnischen Literatur des 19. Jahrhunderts, zwanzig Vorträge (Lemberg 1866, 8°.); – „O muzyce kościelnéj“, d. i. Vorträge über Kirchenmusik (Lemberg 1865, Wild, 8°.) – und „O geografii handlowéj“, d. i. Vorlesungen über Handelsgeographie (Lemberg 1867, Wild, 8°.). Eine Sammlung seiner poetischen Werke kam unter dem Titel: „Poezye Wincentego Pola“ (Wien 1857, 8°.), in vier schön gedruckten und geschmackvoll ausgestatteten Bänden heraus, deren erster den Winnicki, der zweite den Mohort, der dritte eine Auswahl seiner kleineren Dichtungen und der vierte den Veit Stoß enthält. Was nun Pol’s Dichtungen betrifft, so sind sie reich an Bildern, die er seiner eigenen Heimat entlehnt und an denen er den geistigen Gehalt, die Seele und den poetischen Schmelz erkannte. Dieser ausschließliche Gebrauch von Vergleichen und Bildern, deren sich das Volk selbst bedient und das Verschmähen alles dessen, was der Nation fremd ist – das Verschmähen sogar in Momenten, wo die Phantasie versucht ist, alle Schätze des Himmels und der Erde zu plündern ist das charakteristische Merkmal der Poesie Vincenz Pol’s, ein so eigenthümlicher, ureigener Typus seiner Muse, daß sie schon deßhalb nicht nachgeahmt werden kann und der poetische Duft derselben bei der Uebersetzung in fremde Sprachen unter der Feder zerfließt. Ein zweites, nicht minder in’s Gewicht fallende Merkmal, welches seine geniale Auffassung des charakteristischen der Volkspoesie bekundet, ist das Verflechten von Sprichwörtern. Vincenz Pol drängen sich die Verse in Sprichwörterform oder sprichwörtlichen Redewendungen ganz ohne sein Zuthun, ohne sein Wissen und Willen auf. Die Sammler polnischer Sprichwörter finden hier einen unerschöpflichen Schatz. In Volksliedern sind diese Wendungen nur zu häufig und gewöhnlich; in der menschlichen Natur ist nämlich jene Sucht, jene Leichtigkeit, allgemeine Wahrheiten in das kürzeste und prägnanteste Wort zusammenzufassen, begründet. Das allgemeine Entzücken, welches die erste Sammlung von Pol’s Gedichten hervorgerufen, ist diesem bündigen [55] und kräftigen Ausdruck der Wahrheiten zuzuschreiben. Noch ein anderes typisches Merkmal von Vincenz Pol’s Poesie ist sein unendlich leichter, fließender, improvisirter Vers. Im Volke liegt die Anlage, einen ähnlichen Vers zu erzeugen, doch es ist auf die künstlerische Ausbildung der Form nicht allzusehr bedacht. Das angeborne Talent schöner Formgestaltung der südlichen Völker ist bei dem polnischen Volke nur im Volksliede anzutreffen. Unser Dichter feilt weder, noch ist er schwierig in der Wahl des Verses; derselbe ist nicht mit dem schön gemeißelten Verse Zaleski’s und Siemieński’s zu vergleichen, er nimmt und gibt den Vers in demselben Zuschnitte, wie er in der ersten Eingebung der Begeisterung erzeugt ward, gleichsam improvisatorisch. Diese Leichtigkeit, womit dem Dichter der Vers zuströmte, diese Sorglosigkeit um seine künstlerische Form hat aber den Nachtheil im Gefolge, daß der Reim oft nachlässig herbeigezogen erscheint, was namentlich in den kleineren, in den letzten Jahren veröffentlichten Gedichten leider nur zu oft vorkommt. In Handschrift besitzt der Dichter außer anderen Arbeiten ein größeres Gedicht aus der polnischen Geschichte; „Der Cecorer Feldzug“, das er, nachdem es im Jahre 1864 sammt dem Hause in Polanka, wo Pol damals wohnte, ein Raub der Flammen geworden, neuerdings bearbeitet hat.

Oesterreichische Revue (Wien, Gerold, kl. 8°.) V. Jahrg. (1867), 12. Heft, S. 63. – Slavische Blätter, herausgegeben von Abel Lukšić (Wien, 4°.) Jahrg, 1865, S. 176, 227. – Fremden-Blatt. Von Gust, Heine (Wien, 4°.) 1865, Nr. 271. – Dziennik literacki, d. i. Literaturblatt (Lemberg), 1869, Nr. 45: „Sprawa Wincentego Pola“. – Postęp, d. i. Fortschritt, 1860, Nr. 3. – Strzecha, d. i. das Dach (Wien), 1868, S. 19. – Czas, d. i. die Zeit (Krakau), 1858, Nr. 161; 1864, Nr. 9. – Noworocznik narodowy, d. i. National-Kalender (Wien, Sommer), 1864, S. 19. – Woycicki (K. Wl.), Historyja literatury polskiej w zarysach, d. i. Geschichte der polnischen Literatur in Umrissen (Warschau 1845, Sennewald, gr. 8°.) Bd. IV, S. 285. – Rycharski (Lucyan Tomasz), Literatura polska w historyczno-krytycznym zarisie, d. i. Die polnische Literatur im historisch-kritischen Grundriß (Krakau 1868, Himmelblau, gr. 8°.) Bd. I, S. 75 u. 77; Bd. II, S. 116, 125, 170, 184, 188, 189, 370.[BN 1]Porträte. 1) Im „Noworocznik narodowy“ 1864, S. 19; – 2) im „Postęp“ 1860, Nr. 3 [dieser und der vorige Holzschnitt ziemlich schlecht]; – 3) in der „Strzecha“ 1868, auf einem Blatte mit Ign. Kraszewski, Anton Małecki und Godebski.

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Pol, Vincenz [Bd. XXIII, S. 49].
    Siemieński (Lucyan), Wincenty Pol i jego poetyczne utwory, d. i. Vincenz Pol und seine poetischen Werke (Krakau 1873, J. M. Himmelblau, 8°.) S. 1–57 Pol’s biographische Skizze. [Band 26, S. 400]

Anmerkungen (Wikisource)