BLKÖ:Santner, Karl

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Santner, Anton
Band: 28 (1874), ab Seite: 206. (Quelle)
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Santner, auch Sandtner, Karl (Compositeur, geb. zu Salzburg 26. Jänner 1819). Sohn eines k. k. Beamten. Die erste musikalische Ausbildung erhielt S. in dem Salzburger Capellenhause, dem jetzigen Mozarteum. Da er ein ungewöhnliches Musiktalent besaß, machte er frühzeitig Compositionsversuche, in Folge deren ihm der damalige Capellmeister J. J. Fuetsch [Bd. V, S. 28], der selbst ein tüchtiger Generalbassist war, Unterricht im Generalbasse ertheilte. Um mit der Anleitung in der Theorie [207] des Contrapunctes auch das praktische Studium in den Werken der älteren Meister verbinden zu können, dazu verhalf ihm die Munificenz des damaligen Fürsterzbischofs Augustin Gruber [Bd. V, S. 377], der ihm die Benützung des erzbischöflichen Musikarchivs gestattete. In der Folge übersiedelte S. mit seinem Vater nach Linz, wo er seine Studien beendete, zugleich aber auch seiner Lieblingskunst, der Musik, aus welcher er in den freien Stunden Unterricht ertheilte, mit Eifer oblag. Sein Vorhaben, sich ausschließend der Musik zu widmen, war unausführbar geworden, und so betrat er denn die Beamtenlaufbahn. Ohne die einzelnen Phasen derselben eingehend zu verfolgen, sei nur bemerkt, daß S. bei den österreichischen Strafanstalten zu Linz, Garsten und Suben diente, im Jahre 1857 Verwalter im Strafhause zu Garsten wurde, wo sich damals über 800 Sträflinge in Verwahrung befanden. Als im Jahre 1866 die Strafanstalt Suben für Sträflinge aus den besseren Ständen und für weniger verdorbene jugendliche Sträflinge errichtet wurde, erhielt S. von dem damaligen Justizministerium den Auftrag, die Einrichtung und Leitung derselben zu übernehmen, welcher er auch bis zum Jahre 1870 als Verwalter vorstand, in welchem Jahre er, krankheitshalber den schweren aufreibenden Beruf aufzugeben genöthigt, in den Ruhestand übertrat. Die Zeitungen meldeten auch im Jahre 1869, daß S. von einem Schlaganfalle getroffen worden, der für sein Leben fürchten ließ. Von demselben aber hatte S. allmälig sich erholt, zog sich in seine Vaterstadt Salzburg zurück, wo er in einiger Zeit die Stelle des Chordirectors im Benedictinerstifte St. Peter übernahm, welche er zur Stunde noch bekleidet. Kehren wir nun zur musikalischen Thätigkeit S.’s zurück, denn diese, nicht die eines Strafhausverwalters, gibt ihm eine Stelle in diesem Werke, so ist zu erwähnen, daß S. auch während seiner beamtlichen Laufbahn seiner Muse treu blieb und dieselbe mit allem Eifer betrieb. Die Bekanntschaft mit dem bekannten Kirchencomponisten Rob. Führer [Bd. V, S. 5] blieb nicht ohne Einfluß auf S.’s musikalische Richtung und Entwickelung. Indem er die contrapunctischen Studien fleißig fortsetzte, trat er auch als Compositeur auf und sah seine Arbeiten so beifällig aufgenommen, daß er sich immer zu neuen Schöpfungen angeregt fühlte, für welche sich auch bald Verleger fanden. S. war auf verschiedenen musikalischen Gebieten thätig. Er schrieb über die Theorie der Musik mehrere gute Handbücher, componirte für weltlichen Gesang, für die Kirche und selbst einige Werke größerer Gattung, wie Oratorien und Opern. Besonders beliebt wurden seine Compositionen für den Männergesang, von denen mehrere bei dem Musikverleger Franz Glöggl in Wien im Drucke erschienen. Außerdem schrieb er viele Lieder und Duo’s für Gesang mit Pianofortebegleitung, und im Vereine mit mehreren anderen bekannten Componisten gab er drei Sammelwerke für Gesang heraus, welche in periodischen Heften erschienen: „Die deutsche Liederhalle“, eine Sammlung von Liedern, „Die Liedertafel“, eine Sammlung von Vocalquartetten und Chören, und eine „Sammlung leicht ausführbarer Kirchenmusik“, welche Werke sich bald der lebhaftesten Theilnahme in den Kreisen, für welche sie bestimmt waren, erfreuten. In der Folge trat er wegen Ueberhäufung mit Berufsgeschäften von der Leitung dieser musikalischen Sammelwerke zurück. Von [208] Santner’s größeren Compositionen, insofern dieselben in die Oeffentlichkeit gelangt sind, sind außer mehreren „Marienchören“ anzuführen das Oratorium: „Das Grab des Herrn“, das im Jahre 1861 in der Domkirche zu Salzburg von dem durch viele Dilettantenkräfte verstärkten Mozarteum zur Aufführung gebracht wurde; und die Operetten: „Der Fürst der Berge“, im Friedrich Wilhelmstädter Theater in Berlin, und „Der Sergeant als Braut“, von einer Dilettantengesellschaft in Salzburg, beide im Jahre 1869 gegeben. Wie schon oben bemerkt worden, blieb auch die Theorie der Musik von S. nicht ungewürdigt und es erschien von ihm ein „Handbuch der Tonsetzkunst. Kurzgefasster Unterricht im Generalbasse, der Harmonielehre und des Contrapunctes. Nebst einem Anhange: Bemerkungen über die alten Kirchentonarten und ihren Gebrauch“ (Leipzig 1866, M. Schäfer, gr. 8°.); ferner: „Winke über die Figuration der Violine“. Selbst in seinen amtlichen Beruf als Strafhausverwalter griff seine Musikliebe nicht unharmonisch, ihm jedoch in den letzten Jahren seine dienstliche Stellung ziemlich erschwerend, hinein. Er war nämlich bemüht, durch die Musik die mit der bürgerlichen Gesellschaft zerfallenen Sträflinge und mitunter durch die Zwangshaft verhärteten Gemüther milder zu stimmen, und seine Bemühungen sollen von nicht unwesentlichen Erfolgen begleitet, manche Sträflinge in der ihnen bis dahin fremden Kunst gebildet und so durch Kenntniß eines Instrumentes in die Lage gesetzt worden sein, sich nach überstandener Haft einen neuen Erwerbszweig zu gründen. Daß unter solchen Umständen die sonst strenge Strafhausordnung vielleicht manche mit dem Reglement nicht recht stimmende Veränderung erlitten und S. dadurch in Conflicte mit seinen Vorgesetzten gerathen sein mag, läßt sich kaum bezweifeln; wie denn auch seine Pensionirung, da er erst 50 Jahre alt war und 33 Dienstjahre hatte, mit diesen Vorgängen seiner Zeit in Verbindung gebracht wurde. In der Musikwelt erfreut sich S.’s Name eines guten Klanges und seine Fachgenossen haben seine Bestrebungen anzuerkennen nicht unterlassen, denn über 20 in- und ausländische Musik- und Gesangvereine haben S. zum Ehrenmitgliede ernannt, ja selbst in die neue Welt sind seine Lieder-Compositionen gedrungen und, wie aus Mittheilungen in New-Yorker Blättern erhellt, beifälligst aufgenommen worden.

Engl (Joh. Evang.), Gedenkbuch der Salzburger Liedertafel zum 25jährigen Stiftungsfeste am 22. November 1872 (Salzburg, 8°:) S. 291. – Neues Wiener Tagblatt 1869, Nr. 312; 1870, Nr. 76. – Fremden-Blatt. Von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1869, Nr. 128 u. 287. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1869, Nr. 1692, in den „Theater- und Kunstnachrichten“. – Allgemeine Volks-Zeitung (Wien) 1870, Nr. 141. –