BLKÖ:Schedius, Ludwig von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Scheder, Ferdinand
Nächster>>>
Schedivy
Band: 29 (1875), ab Seite: 149. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Johann Ludwig von Schedius in der Wikipedia
Johann Ludwig von Schedius in Wikidata
GND-Eintrag: 117113506, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Schedius, Ludwig von|29|149|}}

Schedius, Ludwig von (Schriftsteller, geb. zu Raab in Ungarn 20. December 1768, gest. zu Pesth 12. November 1847). Entstammt einer protestantischen, aus dem Braunschweig-Lüneburgischen nach Ungarn übersiedelten Familie. Es war nämlich im Jahre 1647 ein Christoph Schedius Prediger der evangelischen Gemeinde in Modern gewesen. Nachdem ihn die Moderner vertrieben hatten, war er mit einem Sohne und seiner Frau zuerst nach Breslau, dann nach Bojanov in Polen gewandert, wo er sich niedergelassen und ein Weingeschäft begründet hatte. Später kehrte er nach Modern zurück und lebte ganz zurückgezogen von der Welt. Von ihm ist ein Andachtsbuch, betitelt: „Geistliche Himmelsleiter“, im Drucke erschienen. – Ein Nachkomme dieses Christoph S., der im Jahre 1660 von Kaiser Leopold [150] in den Adelstand erhoben worden, ist der obige Ludwig von Schedius. Den ersten Unterricht bis zum Alter von 13 Jahren erhielt er daheim unter Leitung seiner Mutter, welche ihn dann an das evangelische Lyceum nach Preßburg, später nach Oedenburg brachte, wo der tüchtige Schwartner sein Lehrer war und nicht unwesentlich auf seine Entwickelung einwirkte. Anfänglich entschlossen, sich der theologischen Laufbahn zuzuwenden, begab sich S. zur Vollendung seiner Berufsstudien nach Deutschland, und zwar im Jahre 1788 nach Göttingen. Daselbst aber trieb er statt der theologischen mit Vorliebe philologische, historische und politische Wissenschaften, wurde Mitglied des philologischen Seminars unter Heyne und machte in den Ferien fleißig Ausflüge, um die bedeutenderen literarischen Anstalten und Gelehrten Deutschlands jener Zeit kennen zu lernen. Im Jahre 1790 gewann er mit seiner Abhandlung: „Commentatio de Sacris opertis Christianorum, sive de disciplina, quam vocant arcani …“ (Göttingen 1790, 4°.) den Preis. Im November 1791 kehrte er in sein Vaterland zurück, wo er sich sofort um die Lehrämter der Aesthetik und Philologie an der Pesther Hochschule bewarb und sie auch im März 1792 erhielt. Auf diesem Posten wirkte er, mit der Wissenschaft stetig fortschreitend, in ersprießlichster Weise. Vornehmlich förderte er das gründliche Studium der Philologie der alten classischen Literatur und der bis dahin wenig betriebenen griechischen Sprache; er hatte in den Jahren 1793 und 1794 unentgeltlich daraus Unterricht ertheilt, nachdem er sie dann viele Jahre supplirt, wurde sie im Jahre 1806 systemisirt. Aber auch der Aesthetik suchte er Freunde und Anhang zu gewinnen und schrieb aus diesem Anlasse seine „Principia philocaliae“ [die Titel seiner Schriften folgen S. 152]. Ueberdieß war er auch sonst schriftstellerisch thätig und seine Arbeiten erschienen vielfach zerstreut[WS 1] in der Urania, Pesther deutschen Zeitung, in den lateinischen Ephemeriden, Vaterländischen Blättern, in Hormayr’s Archiv u. a., und er selbst begründete mehrere periodische Blätter, wie den „Literarischen Anzeiger von Ungarn“, den „Pester Meßkatalog“ und die „Zeitschrift von und für Ungarn“, welche aber, so tüchtig sie sonst redigirt waren, wegen Mangels an Theilnahme in kurzer Zeit aufhörten zu erscheinen. Auch nach pädagogischer Richtung entfaltete S. eine wohlthuende und ungemein fördernde Thätigkeit. Er nahm Zöglinge aller Confessionen in sein Haus auf, bildete sie zu braven und kenntnißreichen Staatsbürgern und gewann bald den Ruf eines tüchtigen Erziehers. Im Jahre 1810 wurde er zum Schulinspector der evangelischen Gemeinde A. C. in Pesth gewählt und begründete die Schule dieser Gemeinde, über welche er eine besondere Schrift veröffentlichte und aus welcher, als aus einer ganz unansehnlichen Lehranstalt, sich eines der vorzüglichsten Gymnasien Ungarns entwickelt hat. Die Vorsteher der evangelischen Gemeinde in Ungarn forderten nun S. auf, einen allgemeinen Plan für die protestantischen Schulen Ungarns auszuarbeiten. S. vollendete diese Arbeit, welche in Druck gelegt und in den meisten Schulen als Grundlage angenommen wurde. Hier aber ist noch ein besonderer, von S. selbst als unerläßliche Bedingung bei Annahme seines Planes bezeichneter und bei allen Reformen des Unterrichtswesens wohl zu beherzigender Punct zu erwähnen, nämlich die ausdrückliche Erklärung [151] des Verfassers, daß sein Plan alle zehn Jahre einer neuen Revision unterworfen werden soll. Als im Jahre 1796 die gelehrte Gesellschaft für Siebenbürgen gestiftet worden, erwählte man S. zu deren Secretär für Ungarn. Nun trachtete er noch durch andere literarische Vereine das geistige Leben Ungarns zu fördern, und insbesondere lag ihm die Gründung einer naturhistorischen Gesellschaft sehr am Herzen. Obwohl ihm nun in dieser letzteren Richtung das Gelingen seiner Bestrebungen zu winken schien, so scheiterte doch sein Plan an äußeren Hindernissen, und erst viele Jahre nach seinem Tode konnte eine solche Gesellschaft in’s Leben treten. Ungleich wichtiger und von Erfolg begleitet waren seine Bemühungen zur Herstellung einer ordentlichen Karte Ungarns, welche bis dahin fehlte. Er hatte sich zu diesem Zwecke mit dem damaligen k. k. Huszaren-Lieutenant, nachmaligen Obersten Johann von Lipszky [Bd. XV, S. 234] und mit dem Adjuncten der Ofener Sternwarte, Emerich Daniel Bogdanich [Bd. II, S. 24], in Verbindung gesetzt, mit Triesnecker, Zach und anderen Astronomen eine darauf bezügliche Correspondenz eingeleitet und nach mehrjährigen, nicht geringen Mühen alle Schwierigkeiten überwunden, und in den Jahren 1806 bis 1808 die Karte Ungarns in 12 Folioblättern zu Stande gebracht, welche als die beste der bis dahin erschienenen bezeichnet wird. Zu dieser Karte wurde überdieß ein vollständiges Repertorium ausgearbeitet als Vorläufer jenes großen geographischen Werkes, zu welchem er ein halbes Jahrhundert hindurch Materialien mit unglaublicher Emsigkeit und Genauigkeit gesammelt. Andere dringendere und nicht minder wichtigere Arbeiten, zuletzt der Tod, hatten ihn gehindert, die letzte Hand an dieses Werk zu legen. Im Jahre 1832 verband er sich mit dem Ingenieur Blascheneck zur Herausgabe einer General-, Post- und Straßenkarte Ungarns, dieser in ihrer Act einzigen musterhaften Arbeit. Auf den zu diesem Zwecke unternommenen Reisen hatte S. alle Gegenden Ungarns, Croatiens, Slavoniens und Siebenbürgens besucht, in den Jahren 1802 und 1807 noch literarische Reisen nach Deutschland und Italien, letztere bis Neapel und Paestum ausdehnend, unternommen. S., den die Naturgeschichte immer mächtig angezogen hatte, richtete namentlich auf die praktische Seite derselben sein Augenmerk, und seine bereits im Jahre 1800 begonnenen Versuche mit der Seidenzucht waren so günstig ausgefallen, daß er eine eigene Seidenzuchtanstalt errichtete, eine, die zweckmäßige Besorgung des Seidenbaues und die Localverhältnisse des Landes besonders berücksichtigende Anleitung dazu herausgab und zur Nachahmung ermunterte. So geschah es denn, daß er im Jahre 1810 nach Wien berufen wurde, um einen Plan zur Beförderung dieses Zweiges der Staatswirthschaft in Ungarn auszuarbeiten. Als im J. 1811 das große städtische Theater in Pesth erbaut wurde, übernahm er die Leitung desselben, führte sie bis 1817 und wirkte sowohl hiedurch, als auch durch die Förderung der Kunstvereine mächtig auf die Läuterung des Geschmackes des großen Publicums. Die im letztgenannten Jahre ausgebrochene große Theuerung und dadurch entstandene Noth rief seine Thätigkeit nunmehr auf ein neues Feld. Es hatte sich zur Linderung der davon betroffenen ärmeren Volksclassen unter dem Schutze der Erzherzogin Hermine, Gemalin des Erzherzogs Palatin Joseph, ein [152] Frauen-Verein gebildet und auf Schedius fiel die Wahl zum Secretär dieses Vereins, welches Amt er bis zum Jahre 1833 versah, in welchem an die Stelle des Vereins eine eigene Wohlthätigkeits-Commission trat, zu deren Mitgliede aber S. auch ernannt wurde. Bei der im Jahre 1826 stattgehabten Errichtung eines Blindeninstitutes in Pesth wurde S. auch in die zu dessen Verwaltung aufgestellte Commission, welche unter Aufsicht des Pesther Comitates gestellt war, gewählt. Ueberdieß war er Gerichtstafel-Beisitzer mehrerer Comitate und wurde im Jahre 1831 zum königlichen Rathe ernannt. Die Titel der von ihm herausgegebenen Schriften sind, außer der schon erwähnten Dissertation und einiger Gelegenheitsschriften, in chronologischer Folge: „Der dankbare Jüngling“ (Preßburg 1782, 8°.); – „Litterärischer Anzeiger für Ungarn für das Jahr 1797 und 1799“ (4°.); – „Bücher-Messkatalog von Ungarn für das Jahr 1799“ (Pesth, 8°.); – „Beschreibung der elektrischen Lampe von Joseph Damin. Aus dem Lateinischen übersetzt“ (1799, 4°.); – „Freudenchor zur Vermälung Sr. k. Hoheit des Erzh. Joseph, Palatin der Ungarn, mit Ihrer Kais. Hoheit Alexandra Pawlowna“ (Ofen 1800, 8°.); – „Plan zu einer ungarischen Gesellschaft für Naturkunde, Oekonomie und Medicin“ (1802, 8°.); – „Thayloris systema generale Stenographiae. Latine interpretati sunt S. Schedius et A. Haliczky“ (Pesth 1802, 8°.); – „Zeitschrift von und für Ungarn zur Beförderung der vaterländischen Geschichte, Erdkunde und Literatur“, 6 Bände, 1802–1804 (kl. 8°.); – „Vollständiger Unterricht über die verständigste und leichteste Art des Seidenbaues für das Königreich Ungarn. 1. Abtheilung: Von der Maulbeerbaumzucht. L. Abtheilung: Von der Seidenraupenzucht“ (Pesth 1802 u. 1810, 8°.); das zweite Heft gab er in Gemeinschaft mit Joseph Blaskovics [Bd. I, S. 427] heraus; – „Zur Secular-Feyer von Leopold I. allergnäd. ertheilten Bestättigung und Erneuerung aller Freyheiten der kön. Freystadt Pest am 24. October 1803“ (Pesth, 4°.); – „Patriotische Worte an Ungarns Adel. Aus dem Ungrischen übersetzt“ (Pesth 1809); – „Die Schule der evangelischen Gemeinde A. C. in Pest“ (1816, 8°.); – „Ueber die von dem wohlthätigen Frauen-Verein in Pest gegründete Erwerbe-Anstalt oder das Versorgungshaus für arbeitswillige Arme“ (Pesth 1816, 8°.); – „Compendiaria graecae Grammatices Institutio in usum Sem. Patav. olim edita, nunc novis curis emendata et aucta“ (Budae 1818, 8°.); – „Oratio qua viro Excell. et Ill. Josepho de Ürmeny, reg. Litt. Univers. Ungar. Praesidi etc. parentavit. Pestini die VI. Idus Junii 1825“ (ibid. 1825, 4°.); – „Principia Philocaliae seu doctrina pulcri ad Scientiae formam exigere conatus est“ (Pest 1828, 8°.). Von Schedius’ in periodischen oder anderen Fachschriften zerstreut erschienenen Aufsätzen sind anzuführen eine „Geschichte der Posten in Ungarn“, abgedruckt in Crusius Post-Lexikon (Wien 1804, 8°.) Theil IV, Bd. 1; – seine Vorreden zur ungar. Uebersetzung des Diable boiteux von Le Sage; – zu Alex. Horányi’s „Scriptores Piarum Scholarum“ und zu C. A. Gruber’s „Vanino Ornano“ (Pesth 1812), dann noch einige Aufsätze in magyarischer Sprache, in der Zeitschrift „Urania“ abgedruckt. Es ist eine achtunggebietende und vornehmlich auf das Praktische gerichtete Thätigkeit, welche sich uns in dem vorstehenden Menschenleben, indessen Handlungen und Schriften entgegenstellt. Und mit dem Gesagten ist lange noch nicht erschöpft, was Schedius Alles gethan, versucht, angeregt und ausgeführt [153] hat. Die Ungarn haben kaum unter ihren eigenen Landsleuten, Széchényi nicht ausgenommen, Jemand aufzuweisen, der seine Lebensaufgabe, das allseitige Wohl seiner Mitmenschen durch Veredlung zu fördern, so energisch aufgefaßt und durchgeführt, und dem zugleich das seltene Glück zu Theil geworden, seine rastlosen Bemühungen mit dem gelungensten Erfolge gekrönt zu sehen. Durch ein halbes Jahrhundert hat er mit dem hellen Bewußtsein dessen, was er wollte, die Fahne des Fortschritts erhoben gehalten und war auf das Eifrigste bemüht, die deutsche Cultur mit dem kräftigen und gesunden Nationalleben in Ungarn zu vereinigen. Die Ungarn erkannten auch diese Thätigkeit des unermüdlichen Humanisten an. Die ungarische Akademie ernannte ihn im Jahre 1831 zu ihrem Ehrenmitgliede, und in der Abwesenheit der übrigen Präsidenten führte er nicht selten den Vorsitz, ferner war er Vice-Präsident der Kisfaludy-Gesellschaft, Decan der philosophischen Facultät der Pesther Hochschule. Von ausländischen Gesellschaften aber hatten ihn die gelehrte Gesellschaft in Göttingen, ferner die kaiserlich russische in Charkow und die Gesellschaft der Wissenschaften in Jena unter ihre Mitglieder aufgenommen.

Kertbeny (K. M.), Silhouetten und Reliquien. Erinnerungen an Albach, Bettina u. s. w. (Prag 1863, I. L. Kober, 8°.) Bd. II, S. 92. – Neuer Plutarch, oder Biographien und Bildnisse der berühmtesten Männer und Frauen aller Nationen und Stände u. s. w. Vierte Auflage. Mit Verwendung der Beiträge des Freiherrn Ernst von Feuchtersleben neu bearbeitet von Aug. Diezmann (Pesth, Wien und Leipzig 1858, C. A. Hartleben, kl. 8°.) Vierte Aufl. Bd. IV, S. 187. [Was mit diesem Machwerk – denn diese vierte Auflage ist viel schlechter, als die früheren, die auch nicht viel nütz sind – Feuchtersleben’s Name zu schaffen hat, ist nicht recht ersichtlich, wenn er nicht ein Lockvogel sein soll. An dem ganzen Werke sind nur die netten Stahlstiche etwas werth, der Text ist armselig.] – Frankl (L. A. Dr.), Sonntagsblätter (Wien, 8°.) Jahrg. 1847, S. 428. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1836, Beck, 8°.) Bd. IV, S. 512. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für das gebildete Publicum (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Zweite Abtheilung. Bd. VII, S. 544. – Fejér (Georgius), Historia Academiae scientiarum Pazmaniae Archi-Episcopalis ac M. Theresiae regiae literaria (Budae 1835, typ. Universitatis, 4°.) p. 161. – Vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiserstaat (Wien, 4°.) 1808, S. 219. – Magyar irók. Életrajz-gyüjtemény. Gyüjték Ferenczy Jakab és Danielik József, d. i. Ungarische Schriftsteller. Sammlung von Lebensbeschreibungen. Von Jacob Ferenczy und Joseph Danielik (Pesth 1856, Gustav Emich, 8°.) I. Theil, S. 405. – Toldy (Ferenc), Irodalmi beszédei. Első kötet. Gyász- és emlekbeszédek 1833–1855 (Pest 1873, Mor. Ráth, 8°.) Bd. I, S. 239. – Toldy (Ferenc), Irodalmi arcképei s ujabb beszedeí, kiadta Tárkányi, d. i. Literarische Porträte von Franz Toldy, herausgegeben[WS 2] von Tárkányi (Pesth 1856, G. Emich, 8°.) S. 106. – Porträte. 1) Auf einem Blatte mit König Ludwig Philipp, Louis Napoleon, Franz Kazinczy, Ferdinand Wolf und Franz Jos. Hartleben. Stahlstich von Karl Mayr’s Kunst-Anstalt in Nürnberg (8°.); – 2) Einsle p., Ehrenreich sc. (4°.).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: zersteut.
  2. Vorlage: herausausgegeben.