BLKÖ:Scheibler, Karl Freiherr von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Scheibe, Theodor
Band: 29 (1875), ab Seite: 163. (Quelle)
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Scheibler, Karl Freiherr von (k. k. Feldmarschall-Lieutenant und Ritter des Maria Theresien-Ordens, geb. zu Eupen im damaligen preußischen Regierungsbezirke Aachen 6. September 1772, gest. zu Josephstadt 29. Jänner 1843). Einer der durch persönliche Bravour, Kaltblütigkeit in Ausführung seiner Unternehmungen und Scharfsinn in seinen Dispositionen ausgezeichnetsten Helden der kaiserlichen Armee. Scheibler hatte anfänglich in der preußischen Armee gedient. Warum er dieselbe verließ, ist nicht bekannt. Im Jahre 1799, damals 26 Jahre alt, trat er als Lieutenant in das kaiserl. Uhlanen-Regiment Graf Merveldt Nr. 1. Von der Zeit seines Eintrittes in die kaiserliche Armee bis zur Beendigung der bereits in das dritte Decennium andauernden Kriege im Jahre 1815 hat S. eine solche Reihe von Waffenthaten ausgeführt, daß hier, um die Grenzen der diesem Werke gestellten Aufgabe nicht zu überschreiten, nur deren wichtigste und auch diese nur obenhin angedeutet werden können. Was seine dienstliche Laufbahn betrifft, so ist dieselbe bald beschrieben. Noch im Jahre seines Eintrittes in die kaiserliche Armee wurde er tapferkeitshalber Oberlieutenant, im November 1800 wieder in Würdigung seiner Tapferkeit bereits Rittmeister. Im Jahre 1805 ernannte ihn Kaiser Franz wieder für eine Waffenthat zum überzähligen Major in seinem Regimente, 1809 wurde er Oberstlieutenant, worauf er 1810 mit Obersten-Charakter quittirte, 1813 aber als supernumerärer Oberst im 7. Uhlanen-Regimente wieder eintrat und im Jahre 1815 zu Cheveauxlegers Nr. 6 (Uhlanen Nr. 10) transferirt wurde. In der Friedensepoche im October 1823 erfolgte seine Ernennung zum General-Major, im Jahre 1832 zum Feldmarschall-Lieutenant; als solcher wurde er im Jahre 1836 Festungscommandant in Legnago, bald darauf in Josephstadt, und starb als solcher im Alter von 70 Jahren. Scheible’s Waffenruhm beginnt in den letzten Märztagen nach der Schlacht bei Stockach (25. März 1799), als er mit einem Streifcorps von 40, später 60 Uhlanen im Rheinthale betraut wurde. Bald wurde er der Schrecken aller feindlichen Posten am Rheine, seine Tapferkeit und Kühnheit vor dem Feinde, sowie seine Unermüdlichkeit im Regimente und bei der ganzen Avantgarde wurden sprichwörtlich. Der französische General Legrand setzte 300 Livres Dem aus, der Scheiblern gefangen einbrächte. Am 18. April bei Niederschopfen, am 21. bei Ichenheim, im Mai bei mehreren kleinen Handstreichen, so bis 29. Juni, hatte er 150 Reiter, darunter 3 Officiere, zu Gefangenen gemacht und 200 Pferde erbeutet. Am 30. Juni griff er bei Offenbach, nachdem unsere von feindlichen Dragonern verfolgten Vorposten in die Stadt gesprengt kamen, sofort die vor der Stadt befindliche starke französische Haupttruppe in ihren Flanken, im Rücken und in der Fronte, welch’ letzteren Angriff er persönlich ausführte, so [164] erfolgreich an, daß der Feind die Flucht ergriff und 1 Rittmeister, 1 Lieutenant, 28 Mann gefangen und 42 Pferde erbeutet wurden. – Einen ganz überraschenden Ueberfall führte er am 28. November d. J. aus, wo er bei Unter-Grumbach bis mitten in das feindliche Lager kam und mit den Seinen erst dann erkannt wurde, als er die Attaque begann. Das ganze Lager, eine große Menge Gewehre und 134 Cavalleriepferde waren die Beute dieses Handstreiches. – Zwei Tage später schlug er sich mit einer Verwegenheit ohne Gleichen bei Bruchsal durch, als er den Auftrag hatte. die Verbindung der beiden Colonnen zu erhalten, welche unter Befehl des Feldzeugmeisters Grafen Sztáray am 30. November zum Entsatze der Festung Philippsburg marschirten und er auf der einen Seite einer über 1000 Reiter starken Cavallerie-Abtheilung und auch auf der andern Seite mehr oder minder großen feindlichen Trupps gegenüberstand. Für den Feind war dieser Coup Scheibler’s um so empfindlicher, als General Ney eben dem Streifcorps „das Handwerk zu legen“ beabsichtigt hatte und bei dieser Einschließung Scheibler mit seinen Leuten förmlich abgefangen werden sollte. Ueberhaupt führte S. in dieser Zeit eine Menge glücklich combinirter und scharfsinnig ausgedachter Handstreiche, Ueberrumpelungen, Täuschungen und Ueberfälle aus; eine klare und volksthümlich gehaltene Darstellung derselben würde ein ganz treffliches Lesebuch für die Mannschaftsschulen bilden. Neue und glückliche Handstreiche vollführte er im November 1800, einige Tage nach Aufkündigung des Waffenstillstandes. Mit einem Detachement von 100 Uhlanen gegen Nürnberg entsendet, um die Verbindung mit dem Corps des Feldmarschall-Lieutenants Baron Simbschen aufzusuchen, erhielt er am 28. November die Nachricht, daß das 7. französische schwere Reiter-Regiment von Nürnberg aus im Anmarsche sei. Sofort war sein Plan gefaßt. Mit seinen Uhlanen bezog er nahe der Straße ein Versteck an einer Stelle, wo felsiger und morastiger Grund der Reiterei jede Entwickelung unthunlich machte. Dort erwartete er das Regiment, ließ es vorüberziehen, und nun warf er sich mit allem Ungestüm auf die nichts weniger als eines Angriffes sich versehende Colonne. Panischer Schrecken ergriff das Regiment, das spornstreichs die Flucht ergriff und von S. mit seinen Uhlanen eine Stunde weit verfolgt wurde. 3 Officiere und 42 Mann hatte er gefangen genommen und fast eben so viele Todte und Verwundete blieben auf der Straße liegen. Er selbst wurde im Kampfe mit dem französischen Regiments-Adjutanten, den er übrigens überwand, verwundet. – 3 Wochen später hob er in Oettingen mit großer Bravour und List einen General und seine Begleitung auf, nahm außerdem 30 Franzosen gefangen und über 50 Pferde Beute. Für diese Waffenthat, wie auch in Würdigung seiner sonstigen heldenmüthigen Bravour, wurde ihm in der 66. Promotion (vom 18. August 1801) das Ritterkreuz des Maria Theresien-Ordens zuerkannt. – Seine alte Verwegenheit bewies er im Feldzuge des Jahres 1805. Als im November gen. J. die Franzosen Linz und Urfahr besetzten und Scheibler in Mauthausen Kenntniß erhielt, daß der Feind die nöthigen militärischen Vorsichtsmaßregeln vernachlässige, brach er von Mauthausen am 3. November auf und machte den Franzosen mit [165] 150 Grenzern und 100 Reitern um Mitternacht in Urfahr einen Besuch. 5 Officiere, 53 Mann nahm er gefangen, an 30 Pferde erbeutete er, alle Brückenarbeiten des Feindes zerstörte er, nahm viele beladene Schiffe dem Feinde ab; in Linz, wo Kaiser Napoleon sich befand, machte dieser Handstreich große Bestürzung; Kaiser Franz aber beförderte S. zum überzähligen Major im Regimente. – Einige Wochen später, am 29. November, führte er vor Tabor einen ähnlichen Handstreich aus, indem er die feindliche Vorhut, aus einer starken Huszaren-Abtheilung bestehend, welcher in einiger Entfernung die Infanteriecolonne mit mehr als 300 Packwagen folgte, sofort mit seinem Detachement angriff, den Schwadronschef mit 21 Mann gefangen, an 30 Pferde als Beute mitnahm und solche Bestürzung bei dem Gegner hervorbrachte, daß die ganze Infanterie-Colonne in der Flucht ihr Heil suchte. – Am 17. April 1809 bestand er bei Pfaffenhofen gegen das weitüberlegene Corps des Generals, nachmaligen Marschalls Oudinot ein Gefecht, wodurch derselbe drei Tage lang von der Vereinigung mit der französischen Armee abgehalten wurde; am 21. April d. J. stand er bei Maßburg einem zehnfach überlegenen Feinde gegenüber und hielt denselben zum Nutzen unseres fünften und sechsten, im Rückzuge begriffenen Armeecorps lange auf, erbeutete auch bei dieser Gelegenheit 42 Pferde; am 1. Mai nahm er dem Feinde zwei unserer Kanonen wieder ab; am Schlachttage von Aspern führte er eine glänzende Attaque auf die feindliche Recognoscirung aus. – Eine seiner glänzendsten, mit seltener Bravour ausgeführten Waffenthaten ist die in der Nacht vom 8. Juli 1809 erfolgte Erstürmung der feindlichen Schanze, welche auf der von der Enns bei ihrem Einflusse in die Donau gebildeten Landspitze aufgeführt, mittelst eines tiefen Grabens abgeschnitten und mit Pallisaden verstärkt war. Die Schanze war von Bayern besetzt und wurde von ihnen auf das Hartnäckigste vertheidigt; aber ungeachtet des ununterbrochenen feindlichen Geschützfeuers wurde S. mit den Seinen Herr der Schanze; nun aber entspann sich in der Schanze selbst der Kampf mit der Besatzung, welche verzweifelte Gegenwehr leistete. Aber S. blieb Sieger, nahm einen Officier mit 44 Mann gefangen, während der Rest der Besatzung theils todt, theils schwer verwundet war, außerdem hatte er zwei Geschütze sammt Bespannung und Munition erbeutet. Sein eigener Verlust betrug im Ganzen 12 Tobte und Verwundete. – Scheibler’s letzte Waffenthat fällt in das Jahr 1813. Damals bereits Oberst, hatte er am 22. December Befehl erhalten, mit 150 Huszaren, 90 bayerischen Cheveauxlegers und zweien 400 Mann starken Pulks Kosaken über Colmar vorzudringen und die Festung Schlettstadt zu beobachten. Mir dieser im Ganzen schwachen Truppe wurde S. vor Saint Croix nächst Colmar von einem französischen, 4000 Mann starken Reitercorps, welches General Milhaut befehligte, in einen furchtbaren Kampf verwickelt. Die Darstellung dieses merkwürdigen Kampfes, in welchem S. von allen Seiten von feindlicher Cavallerie umschlossen war, sich durchschlagen und endlich gegen das Gros der feindlichen Cavallerie lange vertheidigen mußte, entzieht sich unserer Aufgabe. S. hatte sich durchgeschlagen und dem Feinde mit seiner Tapferkeit so imponirt, daß dieser den weiteren Kampf aufgab und seinen Rückzug antrat. Scheibler hatte [166] in diesem Gefechte zwei Hiebe und eine Stichwunde erhalten. Im Vorstehenden ist nur ein flüchtigster Abriß der Kämpfe dieses merkwürdigen Parteigängers, dessen Leben eine eingehende Schilderung von berufener Feder verdiente, gegeben. In den Feldzügen der Jahre 1799 bis 1813 hatte er zusammen 1770 Feinde aller Waffengattungen zu Gefangenen, 980 Pferde Beute gemacht, mehrere feindliche Kanonen erobert und zwei unserer vom Feinde genommenen Kanonen zurückerobert, mehr als vierthalbtausend österreichische oder Soldaten unserer Alliirten, die in feindlicher Gefangenschaft sich befanden, befreit, die vielen Todten und Verwundeten nicht zu rechnen. Scheibler wurde im Jahre 1814 den Statuten des Maria Theresien-Ordens gemäß in den Freiherrnstand erhoben.

Freiherrnstands-Diplom ddo. 19. October 1814. – Hirtenfeld (J.), Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1857, Staatsdruckerei, kl. 4°.) S. 659, u. f., 1743. – (Thürheim, Andreas Gf.) Die Reiter-Regimenter der k. k. österreichischen Armee (Wien 1862, gr. 8°.) I. Band: Die Kürassiere und Dragoner, S. 365, 391; III. Band: Die Uhlanen, S. 15–18. – Porträt. Das ungemein seltene Porträt dieses Helden hat Lütgendorf Vater 1820 gestochen. Es stellt S. im Profil vor, das Octavblatt ist mit Lütgendorf’s Monogramm: 1820 bezeichnet. – Wappen. Ein in Silber und Gold senkrecht getheilter Schild mit blauem einwärts gebogenen Spikel. Im rechten silbernen Felde ein roth gekleideter Arm, dessen Hand ein blankes Schwert hält. Im linken goldenen Felde ein blauer aufspringender Widder. Im Spikel steht eine Burg mit schwarzen Mauerstrichen, drei gezinnten Thürmen und offenem Thore. Auf dem Schilde ruht die Freiherrnkrone, auf welcher drei gekrönte Turnierhelme sich erheben. Der rechte Helm trägt einen blauen, mit der Burg des Spikels belegten Flug; aus der Krone des linken Helms wächst der Widder des goldenen Feldes; die Krone des mittleren Helms trägt den aufgerichteten roth gekleideten Arm mit Schwert des silbernen Feldes. Die Helmdecken des mittleren Helms sind roth mit Silber, jene des linken und rechten blau mit Gold unterlegt. Devise. Unter dem Schilde auf fliegendem Bande die Worte: Virtus alta petit.