BLKÖ:Stezitzky, Georg und Nikolaus

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 38 (1879), ab Seite: 329. (Quelle)
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Stezitzky, Georg u. Nikolaus (Violin-Virtuosen, Geburts- u. Sterbeort und Jahr unbekannt). Lebten beide im 18. Jahrhundert. Die dem Autor des Lexikons zugänglichen Quellen berichten einstimmig, daß beide berühmte Virtuosen auf der Violine, Georg aber auch ein bedeutender Componist und nicht nur Violin-, sondern auch Waldhorn-Virtuose war. Nach ihrem Namen zu urtheilen, waren es Böhmen, doch gedenkt Dlabacz in seinem „Allgemeinen historischen Künstler-Lexikon für Böhmen“ ihrer ebensowenig, als ihr Name sonst in irgend einem Lexikon berühmter Musiker, mit Ausnahme des „Neuen hist.-biograph. Lexikons der Tonkünstler“ von Ludwig Ernst Gerber, der jedoch nur Georg anführt, zu finden ist. Ueber Georg aber meldet er, daß er Virtuose auf der Violine und vortrefflicher Componist für Violine und Waldhorn, und um 1730 in Diensten des Grafen Trauttmansdorff in Böhmen gewesen sei. Auf einem prachtvollen Musikfeste, welches Franz Wenzel Graf Trauttmansdorff auf einem seiner Güter, dem Kaiser Karl VI. und dem Könige Friedrich Wilhelm I. von Preußen zu Ehren veranstaltet hatte, wirkten neben der berühmten Sängerin Bordoni (verehelichten Hasse), dem Violinvirtuosen Mauro Alessi, auch noch die Brüder Georg und Nikolaus Stezitzky mit, ein Umstand, der jedenfalls für die Bedeutenheit der beiden Künstler spricht. Wie es den Anschein hat, waren beide Brüder Mitglieder der Capelle des Grafen Trauttmansdorff. Der Erfolg der beiden Künstler bei diesem Feste war so groß, daß Fürst Joseph Wenzel Lichtenstein, der im Herbst 1737 zum kaiserlichen Botschafter am kön. französischen Hofe ernannt worden, den Grafen Trauttmansdorff bat, ihm die beiden Brüder nach Paris mitzugeben. Graf Trauttmansdorff nahm keinen Anstand, dem Fürsten zu willfahren, aber als die Brüder sich mit Instrumenten versehen sollten, zeigte es sich, daß die Violine Georgs eine sehr mittelmäßige war, da er eigentlich nur das Waldhorn spielte. Alessi, der wohl mehrere treffliche Amati-Geigen besaß, wollte keine derselben verkaufen und verlangte, nachdem er sich doch dazu herbeiließ, eine so ungeheuere Summe, daß man [330] die Sache fallen ließ. Nun meldete sich ein alter Mann mit einem Instrumente, das er für eine echte Jakob Stainer Geige erklärte, die auch innen an der üblichen Stelle die eingebrannten Worte: Jakobus Stainer in Absam, prope Oenipontum 1676“ enthielt. Als ihm nun Graf Trauttmansdorff die Geige abkaufen wollte, meinte der alte Mann, wenn er die Geige verkaufe, sei es auch um seinen Lebensunterhalt geschehen, denn diese Geige setze ihn in den Stand, sich durch sein Spiel denselben zu verdienen. Nun so will ich Ihnen das ersetzen, erwiderte Graf Trauttmansdorff, was verlangen sie? Die Unterhandlungen begannen. An Geld erhielt der alte Mann nur 300 fl. in Silber, und monatlich 10 fl. so lange er lebe. Alles Uebrige bestand in Naturalien, und zwar neben der täglichen Officiantentafel, freier Wohnung, Holz und Licht, aus Wein, Bier, Früchten, Hasen u. s. w. Die Geige erhielt nun Georg Stezitzky von dem Grafen Trauttmansdorff, und mit dieser Geige begab sich Stezitzky nach Paris. Nach Georgs Tode erbte die Geige sein Bruder Nikolaus, dem hohe Anbote für dieselbe gemacht wurden, der sie aber alle aus Pietät für den Grafen Trauttmansdorff, dessen Geschenk die Geige war, ablehnte. Als aber Nikolaus Stezitzky starb, kam die Geige durch Kauf in den Besitz des kurpfälzischen Hofmusikers Zart, aus dessen Besitz in den des Concertmeisters der großherzoglich badischen Hofcapelle in Mannheim Ferdinand Fränzl[WS 1], und von diesem zuletzt in den eines Herrn Chrönsel in Wien. Herr Chrönsel lieh nun diese Geige im J. 1854 bei Gelegenheit der Feierlichkeiten her, welche anläßlich der Vermälung Seiner Majestät des Kaisers Franz Joseph mit Elisabeth Herzogin in Bayern stattfanden. Diese Stenitzky’sche Geige aber ist eben jene Geige Stainer’s, von der erzählt wurde, daß sie 30.000 fl. gekostet [vergleiche den Artikel Jakob Stainer, [Bd. XXXVII, S. 97 u. f.], diese fabelhafte Summe, die zuletzt schon so landläufig wurde, daß man sie überall anführte, wenn von Stainer’schen Geigen die Rede war, reizte zu archivalischen Forschungen, welche den Betrag von 9797 fl. ergaben, der wirklich im Ganzen für diese Geige Stezitzky’s verausgabt worden. Denn jener alte Mann, von dem der Graf Trauttmansdorff die Geige gekauft, lebte noch 16 Jahre, und sein jährlicher Gehalt nebst seinem Unterhalt, der in Geld berechnet wurde, machte im Ganzen obige Summe, 9797 fl. aus. Immerhin ein ansehnlicher Betrag, der sich freilich, genau betrachtet, auf eine jährliche Leibrente von etwas über 600 fl. reducirt.

Zellner’s Blätter für Theater, Musik u. s. w. (Wien, kl. Fol.) 1857, Nr. 13: „Eine theuer bezahlte Geige“. – Gemeinnützige Blätter. Redigirt von Jos. Janisch (Ofen. 4°.) Jahrg. 1841, S. 243: „Eine theuere Geige“.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Ignaz Fränzl (Wikipedia).