BLKÖ:Stirnbrand, Franz

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Stitz, Joseph
Band: 39 (1879), ab Seite: 57. (Quelle)
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Stirnbrand, Franz (Bildnißmaler, geb. um das Jahr 1794). Im Jahre 1796 wurde bei Dreikreizen[WS 1], zwischen Linz und Ebersberg[WS 2], wo eben ein kroatisches Regiment im Durchmarsche gelagert hatte, ein kleines Kind in einem Straßengraben liegend gefunden – ob von einem Soldatenweibe weggelegt oder in dem Tumulte des Aufbruches beim plötzlich anbefohlenen Abmarsch vergessen und verloren, wußte man nicht; der Pfleger Reser in Zellhof[WS 3] nahm sich des verlassenen Kindes an und übergab es der Obhut seiner Köchin. Als eines Tages sich Niemand bei dem etwa drei Jahre alten Kinde in der Stube befand, nahm dasselbe eine Wergrupfe, wie man solche besonders im Mühlkreise zum Spinnen vorgerichtet hat, um den Hals und lief in die nebenanstoßende Küche; durch Zufall entzündete sich das Werg am nahen Herde bei offenem Feuer, und so war im Augenblick der ganze Kopf in Feuer; zum großen Glück trat im selben Moment die Köchin in die Küche und hatte die Geistesgegenwart, ihre Schürze dem Kinde sogleich über den Kopf zu werfen und so durch Zusammendrücken das Feuer zu ersticken. 1798 nahm sich die verwitwete Frau Major von Berner, eine Schwester Reser’s, des Knaben an, führte ihn mit sich nach Enns und erzog ihn daselbst. 1805 ward er wieder nach Linz gebracht und in die Lehre zum Lackirer und Schildmaler Rieger gegeben, der den begabten Burschen recht liebgewann und bei dessen am 2. April 1808 erfolgter Taufe auch Pathe stand. Da man trotz aller Nachforschungen nicht in Erfahrung bringen konnte, ob der Knabe vor seiner [58] Aussetzung getauft worden sei, so wurde dieser Act, um das Sichere dem Ungewissen vorzuziehen, jetzt nachträglich an demselben vorgenommen. Der Knabe erhielt den Namen des Heiligen, der auf den Tag der Taufe fiel, Franz, und weil er sich als Kind besonders die Stirne verbrannt hatte, den Namen Stirnbrand, welchen er von dieser Zeit an führte. Da er Talent zum Zeichnen hatte und mit den Gestalten seiner Phantasie die Wände zu bekritzeln liebte, wollte man diesem seinem Schaffensdrange eine entsprechende Richtung geben und brachte ihn zu dem Zimmermaler Hefner in Linz. Da er aber bei demselben im Kunstfache wenig profitiren konnte, so übergab man ihn dem damals im guten Rufe stehenden Maler Anton Hitzenthaler [Bd. IX, S. 59], welcher ein Schüler des Kremser Schmidt [Band XXX, S. 291] war. Nachdem er sich hier ziemlich gut ausgebildet hatte, kam er nach Frankfurt am Main in eine Blechwaarenfabrik, wo er namentlich damit beschäftigt wurde, die damals üblichen Zuckerdosen, Tassen und auch Schnupftabakdosen mit weiblichen Bildnissen nach vorgelegten Mustern zu bemalen. Hierdurch gewann er eine große Fertigkeit im Bildnißmalen, wozu er überhaupt schon in Linz frühzeitig Anlagen entwickelt hatte, wie dies auch Pillwein in einer seiner Schriften, jedoch ohne weitere Bemerkung, anführt. Im Jahre 1813 ging der etwa 18jährige Kunsthandwerker nach Stuttgart, warf sich ausschließlich aufs Porträtfach und war darin so glücklich, daß er sich bald einen Namen erwarb und viele Bestellungen erhielt. In dieser Zeit besuchte er wieder Oesterreich und hielt sich, wie es scheint, auch in Linz auf, da ihn Pillwein unter jenen Künstlern anführt, welche hier vorübergehend verweilten, und von denen manche gute Porträte hie und da in Privathäusern anzutreffen seien. Später machte er Reisen im südlichen Deutschland, der Schweiz und nach Paris. Von 1820 bis 1824 blieb er in Karlsruhe und im letzteren Jahre unternahm er eine Studienreise nach Rom. Nach zweijährigem Aufenthalte daselbst kehrte er nach Stuttgart zurück und genoß hier bereits einen so hervorragenden Namen als Künstler, daß er einen ehrenvollen Ruf nach Ludwigsburg erhielt, woselbst er innerhalb vier Jahre fast sämmtliche Mitglieder der königlich würtembergischen Familie malte, unter welchen Gemälden namentlich jenes der seit 1816 verwitweten Königin Charlotte Mathilde, Tochter Georgs III. von England, sehr gerühmt wird. 1830 kehrte er nach Stuttgart zurück, wo er nun bleibend seine Wohnstätte aufschlug. Sein Ruf als Porträtmaler stieg noch fortwährend, und seinen Bildnissen begegnete man öfter in den Ausstellungen deutscher Städte. So hatte er im Jahre 1823 zu Karlsruhe sechs Bildnisse ausgestellt; ebenso in den Jahren 1827 und 1832 mehrere derselben und 1854 in der Kunstausstellung zu Mainz ein blendendes Bild: „Die Spanierin“, welches gegentheilige Urtheile hervorrief. Zu seinen gelungensten Arbeiten zählt man seine „Vier Jahreszeiten. Dargestellt durch vier schwäbische Mädchen in Nationaltracht“. Dieselben sind in vier Großfolio-Blättern von Edinger lithographirt, bei Voigt und Günther in Leipzig im Druck erschienen. Sein Bildniß des Leibarztes C. F. von Jäger hat Küstner lithographirt (Fol.) und jenes der Königin Pauline von Würtemberg Fleischmann (gr. 8°.) in Kupfer gestochen. Das Urtheil der Kritik [59] war im Anbeginn dem Künstler wenig günstig, ja geradezu abträglich, später aber arbeitete sich Stirnbrand durch, legte die ihm vorgerügten Mängel ab und lieferte vortreffliche Bildnisse, insbesondere dann, wenn conventionelle Rücksichten und Forderungen ihm freien Spielraum ließen. Nagle geht so weit, den Ausspruch zu thun, daß in Stirnbrand’s Bildern Form, scharf bezeichneter Ausdruck, glückliche Anordnung, Stimmung u. s. w. so günstig zusammenwirken, daß viele seiner Arbeiten classischen Werth behalten, S. malte aber nicht blos Bildnisse, sondern auch Studienköpfe, Idealköpfe und Costume-Figuren. Im Jahre 1864 war er zu Stuttgart noch künstlerisch thätig. Mit vorstehender Skizze sind alle irrigen Angaben in Nagler und Müller-Klunzinger auf Grund authentischer Mittheilungen berichtigt.

Kunst-Blatt (Stuttgart, Cotta, 4°.) 1823, Nr. 48, im Artikel: „Kunst- und Industrie-Ausstellung in Karlsruhe im Mai 1823. – Dasselbe, 1823, S. 276. – Dasselbe, 1827, Nr. 53, im Artikel: „Die Kunst-Ausstellung in Karlsruhe“. – Dasselbe, 1832, Nr. 81, S. 323: „Oeffentliche Kunst-Ausstellung in Karlsruhe im Mai 1832“. – Rheinische Blätter Beiblatt zum Mainzer Journal, 1854, Nr. 245, S. 972: „Die Kunstausstellung in Mainz“. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, E. A. Fleischmann, 8°.) Bd. XVII, S. 374. – Die Künstler aller Zeiten und Völker.... Begonnen von Prof. Fr. Müller, fortgesetzt und beendigt von Dr. Karl Klunzinger und A. Seubert (Stuttgart 1860, Ebner und Seubert, gr. 8°.) Bd. III, S. 607.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. „Drei Kreuzen“, Abzweigung der Achaz-Willinger-Strasse von der Wiener Strasse in Linz.
  2. Ebelsberg (Wikipedia).
  3. Schloss Zellhof (Wikipedia).