BLKÖ:Tóth von Felsö-Szopor, August Raphael

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Tóth, Andreas
Band: 46 (1882), ab Seite: 228. (Quelle)
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Tóth von Felsö-Szopor, August Raphael (Oberst der ungarischen Honvéd-Armee in den Jahren 1848 und 1849, geb. zu Marczali im Somogyer Comitate Ungarns im Jahre 1812). Der Sproß einer ungarischen mittellosen Adelsfamilie. Vergebens suchen wir dieselbe in Iván Nagy’s Adelswerke „Magyarország családai czimerekkel és nemzékrendi táblákkal“, worin Band XI, S. 281, nur einer Familie Tóth von Szopor mit wenigen Zeilen gedacht ist. Nach den uns zugänglichen Quellen dürfte Tóth in einer der militärischen Lehranstalten Oesterreichs, also wahrscheinlich in einer der vormärzlichen Cadetencompagnien, seine Ausbildung erhalten haben, da er sich weder unter den Zöglingen der Wiener-Neustädter Militär-, noch der Ingenieur-Akademie verzeichnet findet. Aus der Anstalt, in welcher er ausgebildet wurde, trat er in die Armee, und wir sehen ihn im Jahre 1843 als Oberlieutenant bei Prinz von Preußen-Infanterie Nr. 34 in Lemberg, wo gleichzeitig auch [BLKÖ:Wurzbach-Tannenberg, Constantin Ritter von|Schreiber]] dieses Artikels als Lieutenant bei Nugent-Infanterie diente. In Folge seiner Kenntnisse und seiner Geschicklichkeit ward Tóth dem österreichischen Generalstabe zugetheilt. Als er aber nach mehrjähriger Thätigkeit in demselben, vornehmlich im Gebiete der Mappirung und militärischen Landesbeschreibung, ungeachtet seiner Tüchtigkeit die Eintheilung in das Corps nicht erreichen konnte – auch einer der Krebsschäden der vormärzlichen Aera, in welcher gewisse Corps Keinen aus der Linie in ihre Mitte zuließen, das Corps als ihre ausschließliche Domäne betrachtend – bat er um Rückversetzung in sein Regiment und kehrte in dasselbe als Capitän zurück. Kurz vor Ausbruch der Revolution im Jahre 1848 vermälte er sich mit einer Wienerin. Das Infanterie-Regiment Prinz von Preußen war ein ungarisches und hatte seine Werbestation zu Kaschau. Das ungarische Ministerium nahm sofort das Verfügungsrecht über die nationalen Regimenter und ihre Officiere in Anspruch. So sah sich denn auch Tóth im September 1848 aus Galizien nach Ungarn beordert, wo er, bekannt durch sein Talent und seinen vortheilhaften militärischen Ruf, bald als Major und Chef mit der Organisation des 31. Honvéd-Bataillons betraut wurde. Nachdem er dieselbe in kurzer Zeit voller Sachkenntniß beendet hatte, kam er mit seiner Truppe unter das Commando Bem’s, dessen operativer Schauplatz Siebenbürgen war, und bewährte im Feldzuge seine militärische Tüchtigkeit bei zahlreichen Anlässen. Als dann im December 1848 mit des kaiserlichen Generals Urban Niederlagen bei Apahida und Papfalva ein großer Theil Siebenbürgens in Bem’s Gewalt gelangte, traf dieser Anstalten, sich in dem eroberten Lande einzurichten, und ernannte Tóth zum Militär-Gouverneur desselben mit dem Sitze in Klausenburg. In dieser Eigenschaft unterstützte Tóth die Maßnahmen seines Chefs auf das wirksamste, die Mußestunden aber, die er trotz der sich oft sehr drängenden Verhältnisse erübrigte, füllte er mit literarischen Arbeiten aus. So sind die in jenen Tagen im „Neuen [229] Siebenbürger Boten“ erschienenen Aufsätze, welche die Lage Ungarns und dessen Verhältniß zum Auslande nach dem 14. April 1849 zum Gegenstande hatten, sämmtlich aus seiner Feder geflossen. Später erhielt er das Commando eines besonderen Corps, mit welchem er gemeinschaftlich mit General Vetter den kaiserlichen Truppen wiederholt kleine Niederlagen bereitete, ohne jedoch den für die Kaiserlichen siegreichen Ausgang des Feldzuges verhindern zu können. Nachdem die Revolution niedergeschlagen war, gerieth auch Tóth in die Gewalt der Kaiserlichen. Er wurde vor ein Kriegsgericht gestellt und zu achtzehnjährigem Festungsarrest in Eisen verurtheilt. In Folge einer der mehreren bei verschiedenen festlichen Anlässen von Seiner Majestät dem Kaiser erlassenen Amnestien erhielt er seine Freiheit wieder. Ueber Tóth’s Lebensschicksale nach Entlassung aus der Kerkerhaft ist mir nichts bekannt. Im Jahre 1860 tritt er mit einem Male als militärischer Schriftsteller mit mehreren theils größeren, theils kleineren Schriften auf, aus deren einer wir schließen dürfen, daß er mit einem militärischen Lehramte in Ungarn betraut ist. Die Titel der größeren Schriften sind: „A magyar katonai nevelés és a Ludoviceum felállitásának ügye“, d. i. Die ungarische Militärerziehung und die Angelegenheit der Errichtung des Ludoviceums (Pesth 1869, Heckenast, gr. 8°.); – „Szózat Magyarország harczratermett ifjuságához. A hadtudományi tanfolyam megnyitásakor a pesti magyar kir. egyetemen elmondta“, d. i. Anrede an Ungarns kriegerische Jugend. Zur Eröffnung des militärischen Curses an der königlich ungarischen Universität gesprochen (ebd. 1869, gr. 8°.), – „A helyszinrajz és földképkészités történelme, elmélete és jelen állása. Utazási eredmény“, d. i. Geschichte, Theorie und gegenwärtiger Stand der Topographie und Chartographie (Pesth 1869, Aigner und Rautmann, gr. 8°., VI und 344 S.). Mehrere kriegswissenschaftliche Arbeiten kleineren Umfangs zählt Joseph Szinnyei’s ungarisch-historische Bibliographie „Hazai és külföldi folyóiratok magyar tudómányos Repertóriuma“ (Pesth 1874, gr. 8°.) S. 142, 515, 635, 639 und 658 auf. Tóth’s Biographen schildern denselben als eine der ersten militärischen Capacitäten der ungarischen Armee, dem jedoch vom Schicksal der seinen Talenten entsprechende Wirkungskreis versagt blieb. In seiner äußeren Erscheinung während der Revolutionsjahre bezeichnen sie ihn als einen höchst interessanten, in den Augen der Klausenburger Damen sehr liebenswürdigen Mann, der nur den einen Fehler besaß, daß er sich bereits, und zwar erst seit wenigen Monaten, verheiratet hatte. Republicaner aus Ueberzeugung, war er Aristokrat in den Manieren. Verschlossen, zurückhaltend, war er wählerisch in seinem näheren Umgange, ehrgeizig bis zum Uebermaß, und dieser Ehrgeiz, so schreibt Czecs, der Historiker des Bem’schen Feldzuges in Siebenbürgen, ließ ihn sogar zuweilen die Ressorts der Intrigue gebrauchen. Dabei aber erwies er sich stets als ein durch und durch ehrlicher und aufrichtiger, warmer, redlicher Patriot.

Czecs (Johann). Bem’s Feldzug in Siebenbürgen in den Jahren 1848 und 1849 (Hamburg 1850, Hoffmann und Campe, 8°.) S. 375. – Magyarország és nagyvilág, d. i. Ungarn und die große Welt (Pesther illustr. Blatt, gr. 4°.) 1868, S. 403. – Honvéd törzstisztek Albuma (Pesth) 1870, Seite 51.
Porträt. Unterschrift: „Tóth Ágoston honvéd ezredes“. Holzschnitt Pollak’s im „Magyarország és nagy világ“, 1868, S. 400.