BLKÖ:Tandler, Ritter von Tanningen, Joseph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Tandler, Albert
Band: 43 (1881), ab Seite: 46. (Quelle)
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Tandler, Ritter von Tanningen, Joseph (Schriftsteller, geb. zu Prag am 12. Jänner 1807). Neben zwei Schwestern der einzige Sohn des Joseph Jacob [s. d. S. 45]. Den ersten Unterricht erhielt er im Elternhause, in Prag besuchte er das Gymnasium und die höheren Schulen. Zwischen zwei Klöstern, im Verstecke sorglich gepflegter Obstbäume, in unmittelbarer Nähe des abgeschlossenen Waldstein’schen Gartens stand das Haus seines Großvaters von mütterlicher Seite, bei welchem er wohnte. Auf die poetische Stimmung des Knaben übte der Zauber dieses Aufenthaltes nicht unwesentlichen Einfluß. Auch wurde in der Familie die Poesie immer hoch gehalten. Dies beides und der Umstand, daß Joseph als Gespiele des Töchterleins der im nachbarlichen Hause wohnenden Fürstin von Hohenzollern-Hechingen den allegorischen Festspielen, welche in deren Familie zuweilen aufgeführt wurden, beiwohnen durfte, nährten in ihm den Hang zur Poesie, der sich auch bald in Versen Luft machte. Erst 15 Jahre alt, sah er eines seiner Lieder in Musik gesetzt, ja sogar in der Zeitschrift „Hyllos“ veröffentlicht. Von nun an schickte er öfter kleine Beiträge, meist anonym oder pseudonym, an Professor Gerle [Bd. V, S. 155], der damals die Zeitschrift „Der Kranz“ redigirte, und später an Caroline von Woltmann, von beiden freundlichst zu weiterem Schaffen ermuntert. Als Hörer der Philosophie schloß er sich an die zu dieser Zeit eben sich bemerkbar machenden jüngeren Schriftsteller Joseph Wenzig und Rößler, welch Letzterer unter dem Pseudonym Karl Hugo aufgetreten war [Bd. XXVI, S. 259] an, lernte auch Egon Ebert [Bd. III, S. 414], Marsano [Band [47] XVII, S. 10] u. A. kennen. Als er 1826 seinen Vater durch den Tod verlor, trat an ihn die Nothwendigkeit heran, das Studium seiner Berufsgegenstände als Hauptaufgabe zu betrachten, wobei ihm auch sein Vormund, der als juridischer Schriftsteller bekannte Professor Ritter von Kopetz [Bd. XII, S. 432] väterlich zur Seite stand. Nebenbei hatte der Jüngling auch das Zeichnen in den Bereich seiner Lieblingsbeschäftigungen gezogen und dieserhalb schon früher als Volontair die Zeichenschule der Prager Malerakademie besucht. Später genoß er darin noch den Unterricht des Theatermalers Antonio Sacchetti [Band XXVIII, S. 14] und des trefflichen Landschafters A. Piepenhagen [Band XXII, S. 269], so daß er es im Landschaftsmalen bald so weit brachte, dem, was an Poesie in ihm lebte, nun auch im Bilde Ausdruck zu geben, wie er es bereits in Worten versucht hatte. Nachdem er im September 1829 die juridischen Studien beendet, trat er sofort in den Staatsdienst, und zwar zunächst im Finanzfache, da er beim Gefällen-Inspectorate in Teplitz am 4. December 1829 den ersten Diensteid ablegte. Schon im folgenden Jahre wurde er nach Prag zur Cameral-Landesverwaltung einberufen und im Präsidialbureau verwendet; Ende 1831 für mehrere Monate einer Forst-Systemalcommission als Actuar zugetheilt, empfand er bald Neigung für die Domänenverwaltung, worauf denn auch 1838 seine Ernennung zum Concipisten in der Domänenabtheilung erfolgte. Im Jahre 1843 sah er sich zum Bezirkscommissär zweiter Classe ernannt. Die Muße seines amtlichen Berufes ging in literarischen Arbeiten auf, von denen weiter unten die Rede ist; aber auch in seinem Fache begann er damals schriftstellerisch zu wirken, und so erschien in F. Schopf’s „Archiv für Civil-Justizpflege“ sein Aufsatz: „Ob bei Gefällsübertretungen das Ansuchen um die Ablassung vom ordentlichen Verfahren gegen den Beschuldigten auch von dem Haftenden mit Erfolg gestellt werden könne“ [1837, Bd. I, S. 331]; dann in der Kudler-Stubenrauch’schen „Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit“: „Bemerkungen über Zurechnung und Strafbarkeit der Theilnehmung an Gesetzübertretungen“ [1842, Bd. I, S. 185] und „Bemerkungen über die Unterbrechung der Verjährung nach dem Strafgesetze über Gefällsübertretungen“ [1843, Bd. I, S. 169]. Als Verfasser dieser Arbeiten wurde hie und da sein Vater bezeichnet, was aber schon mit der Zeit nicht übereinstimmt, da derselbe bereits 1826 gestorben war. 1847 erfolgte seine Ernennung zum Bezirkscommissär erster Classe und fast gleichzeitig zum Cameralsecretär für das Domänendepartement, welches er unter den schwierigen Verhältnissen der Jahre 1848 und 1849 als selbständiger Referent leitete. Da er bei seinen amtlichen Arbeiten oft genug mit den Angelegenheiten der Religions- und Studienfonde beschäftigt war. wurde er 1850 als Ministerialsecretär in das Ministerium für Cultus und Unterricht berufen, in welchem er das Referat über die Landesschulbehörden zugewiesen erhielt. 1854 kam er als Statthaltereirath und Referent für Cultus und Unterricht nach Ofen, wo er für Hebung des Unterrichts nach Kräften wirkte, der Universität und technischen Lehranstalt zu besseren Räumlichkeiten und reichhaltigen Lehrmitteln verhalf, für eine entsprechende Ausstattung und finanzielle Ordnung des Nationalmuseums, für [48] Begründung neuer Mittelschulen und Vermehrung der Volksschulen sorgte. In Würdigung seiner Wirksamkeit für die Schulen Ofens, insbesondere für die neugegründete Oberrealschule, ertheilte ihm 1860, schon im Momente der Auflösung des deutschen Regimes, die Stadt Ofen das Ehrenbürgerrecht. Auch fungirte Tandler seit Einführung der Staatsprüfungen als Präses der staatswissenschaftlichen Prüfungscommission. Mit den deutschen Beamten verließ auch er das Land und ging nach Wien, wo er die Muße der Disponibilität zu literarischen Arbeiten benützte. 1863 kam er im Staatsministerium, Abtheilung für Cultus und Unterricht, in Verwendung, wurde im folgenden Jahre zum Sectionsrath ernannt und forderte als administrativer Baureferent mehrere Werke der trefflichen Architekten, welche das so lange im Kasernenstyl verkümmert gebliebene Bauwesen Wiens hoben, so unter Anderm den Bau des akademischen Gymnasiums, der Elisabethkirche, des chemischen Laboratoriums, des Museums für Kunst und Industrie. Als Referent für technische Hochschulen wirkte er an deren Neugestaltung mit, und seit 1865 fungirte er auch als Mitglied der Centralcommission für Erhaltung der Baudenkmale. Im Jahre 1867 zum Ministerialrath vorgerückt, trat er 1870 nach vierzigjähriger Dienstleistung, zu gleicher Zeit mit dem Ritterkreuze des Leopoldordens ausgezeichnet, in den bleibenden Ruhestand über. Neben dieser sein Berufsleben reich ausfüllenden Wirksamkeit blieb er unaufhörlich schriftstellerisch und humanistisch thätig. So schrieb er für die von Dr. Glaser redigirte Zeitung: „Ost und West“ und ließ in der „Bohemia“ seine ersten Novellen unter dem Pseudonym Florus Retland erscheinen, denn im Vormärz liebte man schriftstellernde Beamte nicht. Später, namentlich nach seiner Entfernung aus Ungarn, wurde er ein fleißiger Mitarbeiter an Journalen und veröffentlichte literarhistorische Artikel und Novellen in der „Pesth-Ofener Zeitung“, „Wiener Zeitung“, Stuttgarter „Modezeitung“, den Stuttgarter „Sonntagsblättern“, dann den „Dioskuren“, an deren Redaction er sich von 1872 bis 1875 betheiligte, in der „Heimat“, „Sonn- und Montagszeitung“, „Alte und neue Zeit“, in den „Westlichen Blättern für Cincinnati“ u. s. w. Im Buchhandel erschienen in diesen Jahren: „Gesungenes und Verklungenes“ (Wien 1864, 8°.); – „Spruchbüchlein“ (Wien 1875, Waldheim, 8°.), zweite vermehrte Paul Heyse gewidmete Auflage (Preßburg und Leipzig 1880, A. Drodtleff, 12°.); – „Aphorismen über die Seele“, zweite Aufl. (Wien 1879), zuerst in den Heften 6–9 des Jahrganges 1879 der „Reform“ abgedruckt. Schon in die erste Zeit seiner Beamtenlaufbahn fällt sein Vorschlag für die Errichtung von Arbeitervermittlungsanstalten, welcher von dem böhmischen Landespräsidium gutgeheißen und empfohlen wurde. Damals war er auch als wirkendes Mitglied in dem Vereine zum Wohle entlassener Sträflinge und hilfsbedürftiger Kinder thätig: in späteren Jahren nahm er größeren Antheil am Vereinsleben, und zwar als Ausschußmitglied des Vereins zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse, der anthropologischen Gesellschaft, des österreichisch-ungarischen Beamtenvereins, welch letzterem er ein Stiftungscapital von 2000 fl. zuwies, mit dessen Interessen eine erwerbsunfähige Beamtenstochter zu betheilen ist. Als ihn vor Jahren die Bürgerschaft der Stadt [49] Arnau im Gitschiner Kreise Böhmens bat, ihr wegen Errichtung eines Gymnasiums mit seinem Rathe beizustehen, that er dies, und die Stadt erhielt auch ein Untergymnasium bewilligt, dessen Kosten in der Folge der Staat übernahm. Die Arnauer lohnten ihm seine Mitwirkung an diesem Erfolge durch Verleihung des Ehrenbürgerthums. Zur Zeit lebt Tandler in Wien, mit Sichtung und Ordnung seiner literarischen Arbeiten beschäftigt, von denen er eine Sammlung seiner Novellen und Erzählungen zur Herausgabe vorbereitet. Als Ritter des Leopoldordens wurde er mit Diplom ddo. 12. December 1873 in den österreichischen Ritterstand mit dem Prädicate von Tanningen erhoben. Am 15. April 1874 vermälte er sich mit der Tochter Gabriele des k. k. Ministerialrathes[WS 1] Regner von Bleyleben.

Kehrein (Joseph), Biographisch-literarisches Lexikon der katholischen deutschen Dichter, Volks- und Jugendschriftsteller im 19. Jahrhundert (Zürich, Stuttgart und Würzburg 1871, Leo Wörl, gr. 8°.) Bd. II, S. 199. – Brümmer (Franz),, Deutsches Dichter-Lexikon. Biographische und bibliographische Mittheilungen über deutsche Dichter aller Zeiten (Eichstätt und Stuttgart 1877, Krüll’sche Buchhandlung, schm. 4°.) Bd. II, S. 410. – Blätter für literarische Unterhaltung (Leipzig, Brockhaus, 4°.) 1865, Nr. 42. [Diese schreiben: „Der Dichter gehört der österreichischen Schule an; man merkt dies an den etwas volleren Klängen, an den etwas reichen Farben, in welche seine Lieder sich kleiden; doch überwuchert diese Bildlichkeit selten die einfache Blüte der Empfindung. Die Sammlung enthält folgende Abschnitte: „Lust am Lied“, in welchem sich die gedankenvollsten und schwunghaftesten Gedichte finden; – „Leben und Lieben“ mit vielem Sinnigen, Warmen und nur einzelnem Ueberschwenglichen; – „Natur“, in Waldbildern und Blumenstücken, farbenprächtig und stimmungsvoll. – und „Legenden, Balladen und Romanzen“, unter denen uns die humoristischen am meisten zusagten.“] – Die Wiener Reform, 1864, Nr. 26. [Daselbst heißt es: „Diese Gedichte sind wirkliche und ungetrübte Poesie, sind ein Hymnus, der in der Reinheit seines Accords, in der Einfachheit der Weise, in der Natürlichkeit und Unmittelbarkeit seines Motivs, in der Unschuld seiner Intention nicht selten an die Poesien der A. Droste von Hülshoff erinnert. Der Grundton lyrischer Bewegung ist dem Verfasser jenes sanfte Lied, welches noch nachbebt, wenn die Schmerzen schon überwunden sind.“] – Hausblätter. Herausgegeben von Hackländer und Höfer (Stuttgart 1865). Erstes Quartal. [Diese berichten: „Das ist eine Sammlung von Gedichten, in der wir einmal wieder mit voller Theilnahme und wahrer Freude lesen können. Ueberall tritt uns ein zartes und tiefes Empfinden entgegen; die Sprache ist rein und edel, die Bilder sind stets mit Geschmack gewählt, und nirgends stoßen wir auf die Künstelei oder sogenannte Tiefsinnigkeit, die neuerdings so häufig uns für Poesie ausgegeben wird.“]
Wappen. In Schwarz ein mit drei – grün, blau und rothen – Schildchen belegter schrägrechter goldener Balken, der beiderseits von je einem ebenfalls schrägrechts liegenden goldenen Tannenzapfen begleitet ist. Auf dem Schilde ruhen zwei gekrönte Turnierhelme. Auf der Krone des rechten steht ein geschlossener schwarzer Flug, welcher von einem goldenen wie im Schilde belegten Balken durchzogen ist. Aus der Krone des linken Helmes wächst ein goldener Greif, der in den Pranken ein goldenes Tannenreis emporhält. Die Helmdecken des rechten Helmes sind schwarz, jene des linken blau, sämmtliche mit Gold unterlegt.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Mininisterialrathes.