BLKÖ:Viszanik, Michael von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 51 (1885), ab Seite: 68. (Quelle)
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Viszanik, Michael von (Arzt, geb. zu Szathmár in Ungarn 1792, gest. in Wien am 3. November 1873). Nach beendeten Vorbereitungsstudien widmete er sich an den Hochschulen Pesth und Wien der Arzeneikunde und erlangte 1821 auf letzterer Universität die medicinische Doctorwürde, bei welcher Gelegenheit er die „Dissertatio inauguralis medica de febri gastrica biliosa“ (Wien 1821, F. Stöckholzer, 8°.) veröffentlichte. Nun begann er als praktischer Arzt im k. k. allgemeinen Krankenhause zu Wien, und zwar zunächst als Secundarius, seine Thätigkeit, worauf er, was bei jüngeren Aerzten nicht eben häufig vorzukommen pflegt, der Reihe nach in fast allen damals bestehenden öffentlichen Heilanstalten Wiens und namentlich auch in der Irrenanstalt Dienste leistete. Als dann die verheerende Ueberschwemmung des Jahres 1830 auf die sanitären Verhältnisse der Residenz, vornehmlich in den der Wassersnoth besonders ausgesetzt gewesenen Vorstädten, nachtheilig wirkte, war er in den meist von armen Leuten bewohnten Vorstädten Roßau, Thury, Lichtenthal, Himmelpfortgrund und Althan als alleiniger Bezirksarzt thätig und hinterließ daselbst durch seine Hilfeleistung in dieser bedrängten Zeit eine bleibende Erinnerung. Ein Gleiches war der Fall, als 1838 Ungarn von Wassersnoth heimgesucht wurde, während deren er in großmüthiger Weise Hilfe spendete. Ferner bemühte er sich um die Förderung des Impfwesens, welches noch immer, namentlich in den unteren Kreisen der Bevölkerung, einem kaum ausrottbaren Mißtrauen begegnete. Und als 1831 die Cholera zum ersten Male in Wien ihre Opfer forderte, in welche sich diese Krankheit wie der Schreck vor derselben theilten, da war es Viszanik, der mit noch einigen Koryphäen seiner Wissenschaft, denen der Honorarsinn noch nicht allen Hochsinn aus der Seele getrieben, mit einer Opferwilligkeit ohne Gleichen in der bestürzten Bevölkerung Hilfe leistete, die Gemüther beruhigte und den gesunkenen Muth aufrichtete. In gleicher Weise wirkte er dann auch in späteren Cholera- und Typhusepidemien. Nun aber kommen wir zu dem Hauptpunkte seiner Thätigkeit, zu seinem Wirken auf einem bis dahin in erschreckender Weise vernachlässigten Gebiete, auf dem des Irrenwesens. Wohl bildeten die Geisteskranken eine besondere Abtheilung des Krankenhauses, aber der Ort, wo dieselben untergebracht waren, hieß wegen seiner Bauart der Narrenthurm, um den sich im Volke eine ganze Kette unheimlichster Erinnerungen, Sage und Geschichte, emporgerankt, und welchen diese sozusagen zu einem Wahrzeichen Wiens gemacht hatten. Auf dieser Abtheilung des Krankenhauses war Viszanik der hilfreiche, trost- und segenspendende [69] Reformator, er schaffte die Fesseln und die Zellenhaft ab, trat für die Beschäftigung der Irren, die geistige Anregung dieser unglücklichen Geschöpfe ein, kurz, rief in Behandlung der Irren jene Reformen ins Leben, deren segensreiche Wirkungen sich bald so bemerkbar machten, daß Viszanik vielfach als der Reorganisator des Irrenwesens in Oesterreich bezeichnet wird. In unserer Alles nivellirenden Zeit, in welcher die Streber und Schreier die Erinnerung an die besten Männer verdunkeln, verwirren oder gar zu streichen suchen, ist Viszanik schon so weit in die Dunkelheit gerückt worden, daß wir auch nicht einmal seinen Namen in Dr. Bernhard Hirschel’s „Compendium der Geschichte der Medicin von den Urzeiten bis auf die Gegenwart“ (Wien 1862, gr. 8°.) verzeichnet finden. Und doch war er es, der auf eigene Kosten eine Reise ins Ausland unternahm, um die verschiedensten Irrenanstalten fremder Länder zu besuchen und ihre Einrichtungen zu studiren. Und an den Heimgekehrten erging von Seite der Regierung die Aufforderung, den Plan zur Herstellung eines neuen Irrenhauses zu entwerfen, welches dann auch nach demselben auf dem sogenannten Brünnlfelde ausgeführt wurde, und er auch war es, der die Arbeiten an dem neuen Baue mit aller Energie betrieb. Aber dabei blieb er nicht stehen, er widmete seine liebevolle Fürsorge auch den geheilt aus den Irrenanstalten Entlassenen und gründete zu ihrem Besten einen besonderen Verein, dessen Wirksamkeit die segensreichsten Resultate herbeiführte. Auch verdankt ihm seine Existenz ein zweiter nicht minder ersprießlich wirkender Verein, nämlich jener zur Unterstützung der Witwen und Waisen derjenigen Aerzte, die nicht der Wiener Witwensocietät einverleibt waren, und deren Hinterlassene also auf Unterstützung durch dieselbe keinen Anspruch haben. In der Folge wurde Viszanik zum Primararzt des allgemeinen Krankenhauses ernannt, für sein humanistisches Wirken vom In- und Ausland vielfach ausgezeichnet und ihm bei seinem Uebertritte in den Ruhestand der Hofrathstitel verliehen. Bei seiner umfassenden berufsärztlichen praktischen Wirksamkeit blieb ihm zur schriftstellerischen Thätigkeit in seinem Fache nur wenig Zeit übrig. Daher haben wir außer der schon erwähnten Inaugural-Dissertation von ihn nur noch anzuführen: „Die Anomalien der Schutzpocken in Bezug auf die Erhaltung und Fortpflanzung eines reinen, schützenden Impfkeims. Mit einer einleitenden Uebersicht der Leistungen des k. k. Schutzpocken-Hauptinstitutes in Wien“ (Wien 1840, Gerold, gr. 8°.); gemeinschaftlich mit Aug. Friedr. Zöhrer; – „Leistungen und Statistik der k. k. Irrenheilanstalt in Wien seit ihrer Gründung 1784 bis 1844. Mit 1 Tabellen in gr. 8°. und gr. 4°.“ (Wien 1845, Mörschner’s Witwe und Bianchi, gr. 8°.); – „Die Irrenheil- und Pfleganstalten Deutschlands, Frankreichs sammt der Cretinenanstalt auf dem Abendberge in der Schweiz, mit eigenen Bemerkungen“ (Wien 1845, C. Gerold und Sohn, gr. 8°.); – „Unterrichtsgrundzüge zur Bildung brauchbarer, verlässlicher Irrenwärter“ (Wien 1850, gr. 8°.). Viszanik fungirte wiederholt als Decan der medicinischen Facultät der Wiener Hochschule. Ein Freund der Studenten, war er noch lange deren Liebling, als er bereits außer jeder Verbindung mit der Facultät stand, und der Nachruf, in welchem er mit Wärme und voll Gefühl in seiner Wirksamkeit geschildert wird, enthält auch die schöne Zeile: „Viszanik war ein immer bereiter Helfer für alle Bedürftigen“.

[70] Illustrirtes Wiener Extrablatt, 1872, Nr. 223: „Der alte Viszanik todt“.
Porträt. Unterschrift: Facsimile des Namenszuges: „Dr. Michael von Viszanik, | k. k. Primararzt und Decan der medicinischen Facultät“. Unterhalb: „Aus Liebe und Verehrung von den Secundarärzten und Doctoranden der Medicin gewidmet“. Dauthage 1860 (lith.). Gedruckt bei Jos. Stoufs in Wien (Fol.).