BLKÖ:Wallenburg, Jacob von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Wallée, Ludwig
Band: 52 (1885), ab Seite: 250. (Quelle)
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Wallenburg, Jacob von (Orientalist, geb. in Wien 10. September 1763, gest. daselbst 28. Juni 1806). Der Sproß eines alten Adelsgeschlechtes, unter dessen Ahnen ein Veit von Wallenburg 1529 in dem von den Türken belagerten Wien oberster Kriegszahlmeister war, erhielt er seine Ausbildung an der orientalischen Akademie in Wien und kam 1782 als Sprachknabe, wie die ausgemusterten Zöglinge dieses Institutes hießen, nach Constantinopel. Dort unter Peter Philipp Herbert’s [Bd. VIII, S. 352] Leitung wurde seine wissenschaftliche Eignung für den diplomatischen Dienst im Orient vollendet. 1789 zum Dolmetsch, 1802 zum Hofsecretär ernannt, fand er in diesen Eigenschaften Gelegenheit, bei dem schwierigen Demarcationsgeschäfte an der Unna und bei den Entschädigungsangelegenheiten der Barbaresken seine vielfache praktische Geschicklichkeit darzuthun. 1806 ward er als Rath in die k. k. geheime Hof- und Staatskanzlei berufen, aber noch im nämlichen Jahre durch den Tod dem Staate entrissen, in dessen Dienste er bereits Tüchtiges geleistet und noch ungleich mehr zu leisten versprach. In einer biographischen Nachricht über ihn heißt es wörtlich: „Wallenburg starb als Opfer der Anstrengung, mit der er sich unablässig seinen Arbeiten weihte, und doch war nie einem kühner strebenden Geiste das Schicksal so hindernd in den Weg getreten, wie dies bei ihm der Fall war“. In seinem zwanzigjährigen Dienste, sowohl auf verschiedenen politischen Reisen und Sendungen, vornehmlich während des Türkenkrieges 1788–1790 unmittelbar unter den Augen Kaiser Josephs II., dann bei dem Friedenscongresse zu Szistow in der wichtigen Stelle eines k. k. Dolmetsches, als nicht minder in der Staatskanzlei, entfaltete er eine im hohen Grade verdienstliche Thätigkeit. Ausgebreitete politische, statistische, seemännische und Handelskenntnisse, dann eine vertraute Bekanntschaft mit dem Orient, der Türkei und mit Aegypten kamen ihm bei seinen Arbeiten und im Verkehr mit den Orientalen sehr zu Statten. Mit vollendeter Kenntniß der classischen Sprachen verband er die der vorzüglicheren europäischen, dann mehrerer slavischen und die der neugriechischen, türkischen, arabischen und insbesondere der persischen Sprache. Im Jahre 1792 begann er die Uebersetzung des „Mesnewi“, eines persischen Lehrgedichtes über verschiedene Materien der Moral, Religion, Rechtsgelehrsamkeit und Politik, verfaßt von dem Stifter des Derwischordens der Mewlewi, Molla Dschelaleddin Mahmud, und brachte diese Arbeit in sechs Jahren zu Stande. Was unmöglich war getreu wiederzugeben, erklärte er in umschreibenden Anmerkungen und lieferte so einen ganzen Commentar und ein Glossarium [251] des „Mesnewi“. Bei seiner Ankunft in Wien sollte die Uebersetzung und der nach verschiedenen Exemplaren richtig gestellte Text gedruckt werden, aber der Brand des Jahres 1799, welcher halb Pera zerstörte, vernichtete Text und Uebersetzung. Das zweite Werk, an welches er alle seine geistige Kraft wandte, war die Uebersetzung des berühmten „Schahnameh“ von Firdusi, von welcher sich einige Proben in den „Fundgruben des Orients“ befinden. Die ausführlichsten Berichte über diese vorbereitete Uebersetzung gab Wallenburg’s Freund A. de Bianchi in seinem Werke: „Notice sur le Schah-Namé de Ferdoussi et traduction de plusieurs pièces relatives à ce poëme. Ouvrage postume de M. le conseiller de Wallenbourg précédé de la Biographie de ce savant“ (Vienne 1810, 8°.). Wallenburg’s Absicht und innigster Wunsch, dieses Werk des größten persischen Dichters dem Abendlande zugänglich zu machen, wurde durch seinen frühzeitigen Tod vereitelt. Wenige Tage vor demselben sprach er zu Bianchi, der dies erzählt: „ich wünschte mein Leben nur verlängern zu können, um zu sehen, wie mein Vaterland sich von den Wunden erholt, welche die Geißel des Krieges ihm geschlagen, um die Erziehung meiner Kinder zu vollenden und mein „Schahnameh“ zu beendigen und gedruckt zu sehen“. Auch war Wallenburg einer der thätigsten Mitarbeiter an Franz Meninski’s berühmtem „Lexicon arabico-persico-turcicum“, das von Jenisch in vier Foliobänden in zweiter Auflage zu Wien 1780 herausgegeben hat.

Die k. k. orientalische Akademie zu Wien, ihre Gründung, Fortbildung und gegenwärtige Einrichtung. Von Victor Weiß Edlen von Starkenfels (Wien 1839, C. Gerold, 8°.) S. 53. – Oberdeutsche allgemeine Literatur-Zeitung, 1806, Juli, S. 189. – Baur (Samuel). Allgemeines historisch-biographisch-literarisches Handwörterbuch aller merkwürdigen Personen, die in dem ersten Jahrzehnt des neunzehnten Jahrhunderts gestorben sind (Ulm 1816, Stettini, gr. 8°.) Bd. II, Sp. 678 [nach diesem gest. am 28. Juni 1806]. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1837, 8°.) Bd. VI, S. 27 [nach dieser gestorben am 29. Juni 1806]. – Majláth (Johann Graf). Geschichte des österreichischen Kaiserstaates (Hamburg 1850, Perthes, gr. 8°.) Bd. V, S. 178. – Neue Annalen der Literatur des österreichischen Kaiserthums (Wien, Doll, 4°.) I. Jahrg. (1807) Intelligenz-Blatt, März, Sp. 126.