BLKÖ:Wallmoden Gimborn, Ludwig Georg Thedel

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Wallishausser, J. B.
Band: 52 (1885), ab Seite: 276. (Quelle)
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Wallmoden Gimborn, Ludwig Georg Thedel (k. k. Feldzeugmeister und Ritter des Maria Theresien-Ordens, geb. zu Wien 6. Februar 1769, gest. daselbst 20. März 1862). Der Sproß einer alten niedersächsischen Familie, über welche die Quellen S. 279 Näheres berichten. Der Vater fungirte zur Zeit, da der [275] Sohn geboren wurde, als hannoverischer Gesandter in Wien, die Mutter Charlotte war eine geborene von Wangenheim. Ludwig erhielt seine Ausbildung in der durch Schiller so berühmt gewordenen Karlsschule in Stuttgart und wurde, als er starb, der „letzte Karlsschüler“ genannt. Nach beendeter Erziehung kam er als Lieutenant in das hannoverische Leibgarde-Regiment. 1790 trat er in preußische Dienste über, machte in denselben die ersten Feldzüge gegen Frankreich mit und erkämpfte sich bei Kaiserslautern 1794 den Orden pour le mérite. Als nach dem Baseler Frieden 1795 Preußen von der Sache der Coalition sich trennte, trat er als Rittmeister bei Vécsey-Huszaren unter Oesterreichs Fahnen. Im April 1797 wurde er Major im Generalstab und im folgenden Jahre Oberstlieutenant im 1. Uhlanen-Regimente. Schon damals stand er im Rufe eines tüchtigen Parteigängers, ward gelegentlich auch zu diplomatischen Sendungen verwendet und im August 1801 zum Obersten und Commandanten des Regiments ernannt, welches er bis zu seiner im April 1807 erfolgten Beförderung zum Generalmajor commandirte. Hierauf nach England entsendet, um mit der dortigen Regierung wegen der Subsidien zu unterhandeln, kehrte er nach glücklichem Abschluß der Verhandlungen noch rechtzeitig zurück, um an den denkwürdigen Schlachttagen des 5. und 6. Juli 1809 bei Wagram theilzunehmen, wo er sich den Maria Theresien-Orden erkämpfte. Es war am zweiten Schlachttage; Masséna, von dem Corps des Feldmarschall-Lieutenants Klenau zurückgeworfen, hatte eine Verstärkung von 10.000 Mann an sich gezogen und erneuerte seinen Angriff. Wallmoden war auf Klenau’s linkem Flügel aufgestellt, mit der Bestimmung, dessen Verbindung mit dem gegen das neue Wirthshaus vorrückenden dritten Armeecorps zu unterhalten. Da fiel er mit dem Regimente Liechtenstein-Huszaren in die rechte Flanke der bei Aspern aufstellten feindlichen Division Boudet mit solchem Erfolge, daß er derselben neun Geschütze wegnahm. Durch diesen vollständig gelungenen Angriff gewann unsere Artillerie freien Spielraum und die Division Boudet, welche des Feindes linken Flügel bildete, wurde zum Rückzuge genöthigt, den sie nun auch an Aspern vorbei theils in die Mühlau, theils über Esslingen nach Stadl-Enzersdorf, dabei noch eine Haubitze einbüßend, ausführte. Neue Lorbern erkämpfte sich Wallmoden auf dem Rückzuge unserer Armee nach Mähren, als er am 9. Juli bei Hollabrunn dem übermächtigen Feinde erfolgreichen Widerstand leistete und durch wiederholte mit den Huszarenregimentern Liechtenstein und Blankenstein ausgeführte Angriffe die feindliche Reiterei in ihren Bewegungen aufhielt. In den Relationen über diese Gefechte wurde General Wallmoden unter den Helden genannt, und der Generalissimus Erzherzog Karl verlieh demselben mit Armeebefehl vom 13. Juli im Namen des Kaisers das Ritterkreuz des Maria Theresien-Ordens. Noch im August desselben Jahres zum Feldmarschall-Lieutenant befördert, ging Wallmoden als Divisionär nach Prag. Oesterreich war nun durch den mit Frankreich abgeschossenen Frieden lahmgelegt. Ein kriegerischer Geist und von Thatendurst erfüllt, fand Wallmoden an diesen politischen Verhältnissen, an dieser Ruhe auf die Dauer nimmer Behagen, und so trat er mit Erlaubniß seines Monarchen 1812 in russische Dienste, in welchen er das Commando über die von den Generalen Dörenberg, Tettenborn [277] und Tschernitscheff befehligten leichten Truppen im nördlichen Deutschland übernahm, welche unter dem Namen „Russisch-deutsche Legion“ an der Nieder-Elbe operirten. Zugleich wurde er zum königlich großbritannischen General ernannt. Seine Aufgabe bestand nun darin, die rechte Flanke der Hauptarmee nach dem Uebergange über die Elbe zu decken und gleichzeitig durch Entsendungen im Rücken des Feindes demselben alle Zufuhren abzuschneiden und Verwirrung zu verbreiten. Die Gesammtstärke seiner drei Detachements betrug etwa 6600 Mann Fußtruppen, 4734 Pferde und 9 Geschütze. Der Lösung der ihm übertragenen Aufgabe stellten sich nicht geringe Schwierigkeiten entgegen. Erstens waren die Truppen aus den verschiedenartigsten Elementen zusammengesetzt und von zu geringer Stärke, namentlich machte der Mangel an Infanterie sich fühlbar; dann hatten die Anführer der getrennten Detachements sich ihre Selbständigkeit vorbehalten, Alles Umstände, welche ihm das Commando sehr erschwerten. Nichtsdestoweniger löste er seine Aufgabe glücklich, that dem Feinde großen Abbruch und erwarb sich den Ruhm eines der geschicktesten Parteigänger der neueren Zeit. Während des Waffenstillstandes, welcher der Schlacht bei Bautzen (20. und 21. Mai 1813) folgte, bezog Wallmoden Cantonirungsquartiere im Mecklenburgischen und Lüneburgischen und benützte diese Waffenruhe zur Organisirung und Verstärkung seines Corps, welches er, die Besatzung Stralsunds abgerechnet, auf die Höhe von über 28.000 Mann mit 60 Geschützen brachte. Nach Wiederaufnahme der Feindseligkeiten erhielt er den Auftrag, sich vor dem Corps des Marschalls Davoust, welches 47.000 Mann stark ihm gegenüber stand, wenn dasselbe die Offensive ergriffe, fechtend zurückzuziehen. Mitte August drang Davoust in zwei starken Colonnen gegen Mölln und Lauenburg vor. Wallmoden lieferte ihnen zahlreiche Gefechte und erreichte dadurch den Zweck, den Gegner im Vorrücken aufzuhalten und ihm überhaupt empfindlichen Abbruch zu thun. Ein ganz entscheidendes Treffen lieferte er dem Feinde am 16. September 1813 bei Görde, wo die Division Pecheux, welche Davoust über die Elbe geschickt hatte, um die mit Magdeburg verlorene Communication herzustellen, fast ganz aufgerieben wurde. Ein auf der Wahlstatt am 7. Juli 1819 errichtetes Monument bewahrt die Erinnerung an diese Waffenthat Wallmoden’s. Nach der Schlacht bei Leipzig blieb Hamburg für die Franzosen der wichtigste Punkt an der Elbe. Während der beiden letzten Monate des Jahres 1813 entwickelten sich nun in der Nähe dieser Stadt Ereignisse, welche Napoleon den letzten Alliirten[WS 1] im Norden, Dänemark, raubten, wodurch Davoust auf die Vertheidigung von Hamburg eingeschränkt wurde. Vom Anfang December operirte nun Wallmoden vereinigt mit dem Kronprinzen von Schweden bei dem Eindringen in Holstein. Während des am 15. December 1813 mit Dänemark abgeschlossenen Waffenstillstandes cantonirte er mit seinem Corps zwischen der Eider, Nordsee und Elbe und erhielt nach dem am 15. Jänner 1814 mit Dänemark unterzeichneten Frieden den Auftrag, Hamburg einzuschließen. Im Februar jedoch von dem hannoverischen General Lyon abgelöst, brach er mit der russisch-deutschen Legion nach Düsseldorf auf, überschritt dort am 13. März den Rhein und bezog am 27. d. M. die Cantonirungen bei Lüttich und Löwen, von wo aus das Corps zur Unterstützung [278] des Herzogs von Sachsen-Weimar bestimmt wurde. Er vereinigte sich nun bei Lenze mit der Brigade des sächsischen Generals von Gablenz, um die Beobachtung von Lille und Valenciennes zu übernehmen. In dieser Aufstellung erreichte ihn die Nachricht von der Einnahme von Paris und der Beendigung der Feindseligkeiten. Sein Corps wurde aufgelöst, und er selbst trat, von fast allen Potentaten mit Orden geschmückt, am 24. Mai 1815 in österreichische Dienste zurück. Im August 1816 übernahm er das Commando der im Königreiche Neapel zur Aufrechthaltung der Ruhe befindlichen k. k. Truppen. Als dann im Juli 1820 neue Unruhen daselbst entstanden, ließ Oesterreich zu deren Unterdrückung ein Armeecorps von 60.000 Mann unter Frimont [Bd. IV, S. 363] dahin aufbrechen. In diesem Heere befehligte Wallmoden eine Division und bildete mit ihr den linken Flügel. Ihm gegenüber führte General Pepe ein Corps von 10.000 Mann, dasselbe wurde im Gefechte bei Rieti geschlagen und auseinandergesprengt, da die Milizen bei den ersten Kanonenschüssen davonliefen. Nach Niederwerfung der Rebellion rückte Wallmoden am 24. März 1821 in Neapel ein und erhielt hierauf den Oberbefehl über die Truppen, welche von da aus nach Sicilien übergeschifft wurden, um auch dort die gestörte Ruhe wieder herzustellen. Bis 1827 führte er den Oberbefehl in ganz Sicilien und erwarb sich durch die Umsicht, den Tact und die Besonnenheit, mit welchen er diesen schwierigen Posten versah, die Hochachtung der gesammten Bevölkerung. Nach der Räumung des Königreichs beider Sicilien kam er zur Armee im lombardisch-venetianischen Königreiche, wurde im September 1838 General der Cavallerie und 1848 Adlatus des Feldmarschalls Radetzky, in welcher Eigenschaft er mit bekannter Bravour und rastlosem Eifer, ein damals bereits 79jähriger Krieger, allen Schlachten und Gefechten dieses glorreichen Feldzuges beiwohnte. Wegen fühlbarer Abnahme der Kräfte sah er sich genöthigt, im November 1848 um den Ruhestand nachzusuchen, der ihm auch in auszeichnender Weise gewährt wurde. Im September 1816 hatte ihm der Kaiser die Inhaberstelle des 6. Kürassier-Regiments verliehen. Die Jahre nach seiner Versetzung in den Ruhestand verlebte der General größtentheils in Wien bis wenige Wochen vor seinem Tode als Freund der Geselligkeit und eines durch geistiges Leben erhöhten Verkehres. Wie bei seinem verewigten Freunde Radetzky war auch bei ihm ein Beinbruch der Anlaß der Todeskrankheit, doch gingen seinem Ende keine großen Leiden voran. Um die österreichische Armee besitzt Wallmoden unläugbare Verdienste; dieselbe verdankt ihm besonders die Ausbildung der leichten Infanterie und die Verbesserung des Tirailleursystems. Seinem Aeußern nach eine eigenthümlich kriegerische Gestalt, war er immer und überall ein tüchtiger Feldherr. In den kühnen und glatten Windungen des Parteigängerkrieges, in der Kunst mit verhältnißmäßig geringen Streitkräften den überlegenen Gegner wider dessen Willen zum Kampfe zu nöthigen, sich dann gleichsam an ihm festzusaugen und wiederum im rechten Augenblicke ihn trotz aller Gegenversuche von sich abzustreifen, wird er kaum noch übertroffen worden sein. Obgleich er in verschiedenen Armeen gedient, so zog ihn sein treues Soldatenherz doch immer wieder zu Oesterreich zurück, das in ihm eine der edelsten und imposantesten Erscheinungen verlor, deren die österreichische Armee bis [279] zum letzten bosnischen Kriege in ganz eminenter Weise aufzuweisen hat. Kurz vor seinem Hinscheiden ließ der greise Held zwei in der Kunstwelt hochberühmte und gepriesene Frauen, Fanny Elsler und Amalie Haizinger, welche Beide zu den Zierden seiner gesellschaftlichen Abendunterhaltungen gehörten, zu sich bitten und nahm Abschied von ihnen. Graf Wallmoden ist unvermält geblieben; das Geschlecht der Grafen Wallmoden-Gimborn erlosch vor wenigen Jahren mit dessen Halbbruders Karl Gemalin, Gräfin Karoline Zoë, geborenen Gräfin Grünne-Pinchard.

Fremden-Blatt. Von Gustav Heine (Wien, 4°.) 1862, Nr. 81, in dem „Briefe eines Müßiggängers“. – Wiener-Zeitung 1862, Nr. 68, S. 625: „Graf von Wallmoden-Gimborn“. – Oesterreichischer Militär-Kalender für 1866, herausgegeben von Dr. J. Hirtenfeld (Wien, 8°.) XIV. Jahrg., S. 222. – Breslauer Zeitung 1862, Nr. 143 im Feuilleton. – Donau-Zeitung (Wien Fol.) 21. März 1862, Nr. 70. – (Hirtenfeld). Militär-Zeitung (Wien, 4°.) 1862, Nr. 27, S. 190. – (Hormayr’s) Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst (Wien, 4°.) VIII. Jahrg. (1817) S. 133. – (Hormayr) Lebensbilder aus dem Befreiungskriege. I. Ernst Friedrich Herbert Graf v. Münster (Jena 1845, Fromman, 8°.) zweite vermehrte Auflage, I. Abtheilung, S. 27 und 285. – Brosien (Hermann Dr.. Lexikon der deutschen Geschichte (Leipzig 1882, Bibliographisches Institut, 8°.) S. 433. – Männer der Zeit. Biographisches Lexikon der Gegenwart (Leipzig 1862, Karl B. Lorck, 4°.). Zweite Serie, S. 244. – Hirtenfeld (J.). Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1867, Staatsdruckerei, 4°.) S. 1027. – Szöllösy (Johann Nepomuk). Tagebuch gefeierter Helden und wichtiger Krieger. Ereignisse der neuesten Zeit u. s. w. (Fünfkirchen 1837, gr. 8°.) S. 117 [nach diesem geb. am 9. Februar 1769]. – Thürheim (Andreas Graf). Die Reiter-Regimenter der k. k. österreichischen Armee (Wien 1863, Geitler, gr. 8°.) III. Bd.: Die Uhlanen, S. 20, 22, 23, 51, 52 und 175. – Geist der Zeit. (Wien, Hurter, 8°.) 1817, September-Heft, S. 440–468: „Der Feldzug des Kronprinzen von Schweden in Holstein und Schleswig im Jahre 1813–1814 (sie statt 1813–1814). Mit besonderer Rücksicht auf das Corps des Generals Wallmoden“. – Oesterreichische militärische Zeitschrift. Herausgegeben von Schels (Wien, 8°.) 1827, Bd. III, S. 3 und 117: „Geschichte des Armeecorps unter Generallieutenant Wallmoden in den Niederlanden 1813“. – Biographie des hommes vivants (Paris 1819, Michaud, 8°.) Tome cinquième, pag. 531. – (Schlosser’s) Geschichte des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts bis zum Sturz des französischen[WS 2] Kaiserreiches (Heidelberg, Mohr, 8°.) III. Auflage, Bd. V, S. 624, 649, 717, Bd. VI, S. 536, 537, 542, Bd. VII, S. 954, 1005. – Sammler (Wiener Plagiat-Blatt, 4°.) 1814, S. 115: Charade auf seinen Namen.
Porträts. 1) Kriehuber lith. (Wien, Neumann. Fol.). – 2) Gez. und lith. von Ed. Kaiser (Wien, Paterno, gr. Fol.). – 3) J. G. Mansfeld sc. (Fol.). – 4) Lithographie ohne Angabe des Zeichners und Lithographen (4°.).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Allirten.
  2. Vorlage: französichen.