BLKÖ:Czakó, Sigmund

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Czajkowski, Georg
Band: 3 (1858), ab Seite: 81. (Quelle)
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Czakó, Sigmund (ungarischer Dramendichter, geb. zu Dézs in Siebenbürgen 1820, schoß sich zu Pesth am 14. Dec. 1847 eine Kugel durch den Kopf).[BN 1] Ist der Sohn adeliger begüterter Eltern, und genoß eine gute Erziehung. Sein Vater bekleidete längere Zeit das Ehrenamt eines Cassiers des Szolnoker Comitates, woselbst er auch seine Besitzungen hatte. Er besaß aber die unglückliche Leidenschaft, die Kunst des Goldmachens ermitteln zu wollen. Die traurige Folge davon war, daß er seinen Forschungen nicht allein sein eigenes Vermögen opferte, sondern dazu auch Comitatsgelder verwendete. Um diese zu decken, mußte er Gelder von Wucherern aufnehmen. Dies ging so lange, bis auch die Deckung in der genannten Art nicht mehr möglich war, die Defecte aufkamen und der reiche, einst geachtete Edelmann brodlos u. arm wurde, den endlich nur der Tod von seinem Elende erlöste. Sein Sohn Sigmund studirte anfänglich in Klausenburg. Noch als Gymnasiast trug er sich mit dem Gedanken, eine Religionsreform zu bewerkstelligen; die Anbetung der Natur war sein Hauptprincip. Unter seinen Schulkameraden machte er Proselyten, und als die Sache aufkam, mußte er die Anstalt verlassen. Er setzte nun seine Studien in Wien fort, konnte sie jedoch nicht beendigen, weil nach dem Unglück seines Vaters ihm alle Hilfsmittel fehlten. Der an Bequemlichkeit gewöhnte Jüngling fühlte schwer diesen harten Schlag und stand nun verlassen in der Welt. Mit 18 Jahren begab er sich nach Enyed, wo reiche Stiftungen für Mittellose letztere in den Stand setzen, ihren Studien obzuliegen. Unter so traurigen Umständen begann Czakó, der Sohn, seine höheren Studien zu Groß-Enyed. Schon war sein Gemüth zerfallen, und Menschenhaß und Mißtrauen hatten sich desselben bemächtigt. Freudlos und unwillig setzte er seine Studien fort, begann auch schon damals zu schreiben und in jene Zeit fällt die Abfassung seines Drama’s, betitelt: „Káldor.“ Zu gleicher Zeit trieb er Musik und Gesang; C. besaß eine schöne Baritonstimme, die ihm manchmal kleine Einkünfte verschaffte. Mit Hilfe derselben und von dem kleinen Erlös, den ihm Unterrichtertheilen eintrug, fristete er dürftig sein Leben. Nach beendeten Studien begab er sich von Enyed nach Maros-Vásárhely und trat als praktischer Jurist bei der k. Gerichtstafel ein. Nun begann sein Elend von Neuem, denn jetzt erhielt er kein Stipendium mehr, und eben als seine Noth schon sehr groß war, ersuchte ihn Dr. Joseph Engel, ihm bei Bearbeitung seines neuesten Werkes: „Ueber die Wurzelwörter in der ungarischen Sprache“ gegen ein mäßiges Honorar behilflich zu sein. Da kam in den J. 1839 und 1840 eine ungarische Operngesellschaft nach Maros-Vásárhely C. versuchte es als Dilettant aufzutreten, gefiel und seine Wahl, sich der Schauspielkunst zu widmen, war entschieden. Mittlerweile hatte Dr. Engel mit dem obigen Werke den Preis von 100 Ducaten der ungar. Akademie gewonnen, welcher Umstand für C., der wesentlichen Antheil an dieser Arbeit besaß, sehr ermuthigend war. Doch an Subsistenzmitteln fehlte es bei dem dürftigen Einkommen als Schauspieler noch immer. Er wanderte mit der Truppe von Ort zu Ort, seine Versuche nach Pesth zu kommen mißglückten, erst durch Vermittlung des Schauspielers Fáncsy wurde er mit sehr kleiner Gage in den Chor aufgenommen. Sein früheres Drama „Káldor“, das er [82] zur Aufführung zu bringen suchte, wurde nirgends angenommen. 1842 schrieb er das zweite: „Maler und Vampyr“, welches das gleiche Schicksal mit dem ersten theilte. Noch verlor er – so schwer ihn dies traf – nicht allen Muth; neuerdings ging er an die Arbeit, machte zu diesem Zweck ernste Studien und vollendete, das dritte Drama: „Kalmár és tengerész“, d. i. Kaufmann und Seefahrer. Er reicht das Stück ein, es wurde angenommen, und bei seiner Aufführung (1844) gefiel es so sehr, daß C. mit demselben in die Reihe der besten Dramatiker Ungarns trat. Durch Verwendung des kunstsinnigen Grafen Ged. Ráday wurde C. seines Choristenstandes enthoben, seine Gage verbessert und ihm die Umarbeitung und neue Scenirung älterer Stücke übergeben. Von diesem Erfolge ermuntert, ging C. an eine neue Arbeit, und vollendete 1845 das Drama: „Vegrendelet“, d. i. Ein Testament, welches bei der Aufführung einen noch glänzenderen Erfolg erlebte, als das frühere. Diesen zwei Arbeiten folgten nun zwei neue: „Leona“, d. i. Leone und „A könyelmüek“, d. i. Die Leichtsinnigen, welche aber vom Publicum kalt, von der Kritik strenge aufgenommen wurden. Dies brachte den ohnehin gemüthskranken Dichter zur Verzweiflung. Auf Zureden seiner Freunde ermannte er sich und beschloß ein Drama zu schreiben, welches die erlittene Doppelscharte auswetzen sollte. Er vollendete das historische Drama: „Der Ritter Janosch“. Als er es aber seinen Freunden vorlas, stimmten diese nicht mit seinen Ansichten überein und entdeckten wesentliche Fehler an dem Stücke. Dies wirkte so niederschlagend auf C., daß er ohne die Aufführung abzuwarten, sich mit der größten Kaltblütigkeit plötzlich – am 14. Dec. 1847 – in der Wohnung des damaligen Redacteurs des „Pesti Hirlap“, Anton Csengeri, erschoß. Natürlich suchte man sorgfältig nach allen Motiven dieses Selbstmordes. So viel ist gewiß, daß er schon längere Zeit mit solchen Ideen sich herumgetragen hatte. Die Mittheilungen, welche Moriz Jókai von C. machte, bestätigen, daß zu diesen Einflüssen eines leidenden Naturells sich beschränkte Geldverhältnisse, Schulden, eine unglückliche Liebe, Zerwürfnisse mit seinen Collegen und mit seinem frühern Wohlthäter Grafen Ráday gesellten. In Handschrift hinterließ er ein historisches Drama: „Ladislaus der Heilige“. – Die ersten Dramen: „Kaufmann und Seefahrer“; – „Das Testament“ und „Leone“. sind auch im Drucke erschienen. C.’s Dramen zeigen deutlich den Einfluß der französischen Schule, denn es sind weniger nationale als vielmehr französische Dramen in ungarischer Sprache; doch sind sie alle Schöpfungen eines wirklich dichterischen Genius und voll poetischer Kraft.

Magyar irók. Életrajz-gyüjtemény. Gyüjték Ferenczy Jakab és Danielik József, d. i. Ungar. Schriftsteller. Sammlung von Lebensbeschreib. Von Jakob Ferenczy u. Joseph Danielik (Pesth 1856, Gust. Emich) S. 87. – Wiener Theaterzeitung, redigirt von Ad. Bäuerle (Wien, 4°.) L. Jahrg. 1856, Nr. 223, 224, 225: „Die dramatischen Schriftsteller Ungarns“, von L. R. „IV. Sigmund Czakó.“ – Pester Sonntagsblätter, redigirt von Ritter von Levitschnigg. 1855, Nr. 49, S. 721: „Ungarns Dichter und ihr Loos“ von Jokai. – Jokai (im genannten Aufsatze) erzählt, daß Czakó sich schon längere Zeit vor dem Selbstmorde von ihm Pistolen erborgt, dieselben aber den folgenden Tag zurückgegeben habe, mit den Worten: sie seien nicht gut, weil der Schuß nicht durch drei Breter dringe. „Eines Abends, „fährt Jókai fort, „gingen wir gerade aus dem Gasthause heim, auf dem Wege sagte er zu mir: „Du wirst sehen, ich erschieße mich noch.“ Und am andern Tage schoß er sich durch den Kopf. Der Ertrag einer Abendunterhaltung hätte einen der größten Dichter Ungarns retten können. Doch wer denkt daran? Ihr fragt, wo er begraben liegt? Weiß Gott! Schon zwei Jahre nach seinem Tode konnte man sein Grab nicht finden. Auch das ist verwüstet, verwesen. Grabstein wurde ihm keiner [83] gesetzt, und sein Grabmal aus Holz wurde verbrannt. Dies ist der ungarischen Dichter Loos! …“

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Czakó (sprich Zakoh), Sigmund, ungarischer Dramatiker [s. d. Bd. III, S. 81].
    Kertbeny (K. M.), Silhouetten und Reliquien (Wien und Prag 1861, Kober und Markgraf, 8°.) Bd. I, S. 136. [Band 11, S. 386]