BLKÖ:Czartoryska, Isabella Fürstin

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 3 (1858), ab Seite: 89. (Quelle)
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Czartoryska, Isabella Fürstin (geb. zu Warschau 1744, gest. zu Wysock in Galizien 17. Juni 1835). Gemalin des Fürsten Adam Kasimir. Sie ist eine geb. Gräfin Flemming, genoß eine sehr sorgfältige Erziehung, machte in frühen Jahren viele Reisen, brachte an mehreren europäischen Höfen zu, bis sie sich in der zweiten Hälfte ihres Lebens auf ihren Landsitz Puławy zurückzog. Puławy liegt im Königreiche Polen an der Weichsel. Hier stellte sich die Fürstin für ihr ferneres Leben zwei Aufgaben: vorerst die Bewerkstelligung einer möglichst großen Sammlung von Denkmälern, welche auf das [90] untergegangene Polen Bezug hatten, dann die Verbesserung des Zustandes des ihr unterthänigen Landvolkes. Den in der Nähe ihres Landsitzes wohnenden Unterthanen war sie eine wahrhafte Mutter; sie verbesserte das äußere Leben der Leute, gewöhnte sie an Ordnung und Reinlichkeit, machte sich, um auf das Innere derselben zu wirken, mit ihren Eigenschaften, Neigungen, Verhältnissen bekannt und wurde aber auch von ihnen wie eine Mutter geliebt und verehrt. Als Kaiser Alexander das neue Königreich Polen begründet hatte, dehnte die Fürstin ihren Wirkungskreis noch weiter aus, und wollte durch Schriften im Volkston verfaßt, ihre Leute allmälig heranbilden. Aus diesem Anlaß gab sie den „Pielgrzim z Dobromila“, d. i. Der Pilger aus Dobromil, heraus. Der Pilger ist ein Mann, der nur um eine Stufe in der Bildung höher steht, als die Landleute, denen er die Regierung der polnischen Könige in leicht faßlicher Weise beschreibt. Dem Werke waren ländliche Scenen beigegeben, welche die Verbesserung manches eingewurzelten Fehlers, die Abschaffung manches Aberglaubens zum Zwecke hatten. Das Buch verräth tiefe Vertrautheit der Fürstin mit den Zustanden und dem Charakter des Landvolkes. Der zweite Band enthielt ähnliches wie der erste; nur kamen noch die Lebensbeschreibungen der polnischen Heiligen hinzu. Die Erzählungen im ersten Theile sind von ihrer Tochter (s. u.) verfaßt. Außer diesen hauptsächlichen Lebensrichtungen waren aber insbesondere die Gartenkunst und Obstbaumzucht Gegenstände, denen die Fürstin große Sorgfalt widmete. In Puławy legte sie einen großen englischen Garten an, welcher sich an die Weichsel lehnte und worin die Fürstin alle Reize einer dem Boden günstigen Natur mit der Kunst geschickt zu verbinden verstand. Um die Cultur der Gärten im Lande zu verbreiten, schrieb sie auch das Werk: „Myśli różne o sposobie zakładania ogrodów przet J. C.“, d. i. Verschiedene Gedanken über die Methode Garten anzulegen, 2 Aufl. (Breslau 1808, Korn. gr. 4°., 54 S. Text, mit K. K.), in einem anmuthigen Style mit tiefem Gefühl, worin eine seltene Liebe zur Natur athmet, in der sie Heilung für manche Seelenleiden findet. Delille in seinem Gedichte „Les Jardins“ richtet an Puławy und seine Besitzerin die schöne Apostrophe:

„Fortuné Pulawy, qui seul obtins des dieux
Les charmes que le ciel partage à d’autres lieux“
.

Unter den Gebäuden in Puławy war seiner Zeit der Sibillen-Tempel berühmt, so hieß der Tempel, wo die Alterthümer und Reliquien der Könige von Polen aufbewahrt wurden. In einer Kiste von Ebenholz mit Gold beschlagen, darauf mit einer Platte von Malachit mit einer polnischen Inschrift von Diamanten, waren die Ringe, Pettschaften, Ketten u. dergl. m., alles, was sich in den Königsgräbern von Krakau vorgefunden hatte, gesammelt. Puławy hat nach der Hand auf höhern Befehl aufgehört, die dort gesammelten Alterthümer wurden nach Petersburg gebracht und das Schloß selbst wurde in ein Mädchen-Pensionat verwandelt. Doch besteht von den durch die Fürstin gesammelten Kostbarkeiten ein von ihr selbst verfaßter „Catalogue raisonné“, worin sie in französischer Sprache die Umstände erzählt, unter denen sie während ihrer mannigfaltigen Reisen durch Europa diesen oder jenen Gegenstand acquirirte und viele Anecdoten und Beschreibungen von Personen, mit denen sie zusammenkam, hinzufügte. Dieses interessante Manuscript befindet sich im Besitze der Familie. 50 Jahre hatte die Fürstin unter so wohlthätigen, das Wohl ihrer Landleute so erfolgreich fördernden [91] Beschäftigungen, in ländlicher Zurückgezogenheit zugebracht, da zwangen sie die Wirren des J. 1831, ihren Aufenthaltsort zu verlassen. Sie suchte in Galizien ihre Zuflucht und fand sie auf einer der Besitzungen ihrer Tochter, vermälten Herzogin von Würtemberg, in Wysock, wo die edle Frau wenige Jahre darauf ihr durch reiches Wohlthun gesegnetes Leben endete. Maria Anna[WS 1] (geb. 15. März 1768, gest. zu Paris 21. Oct. 1854). Tochter der Vorigen, vermälte sich 1784 mit dem Herzog Ludwig[WS 2] von Würtemberg, welche Ehe 1792 geschieden wurde. Bemerkenswerth ist es, daß ihr eigener Sohn aus dieser Ehe Adam[WS 3], damals General in russischen Diensten, in den Kämpfen des J. 1831 gegen Polen, das Schloß Puławy beschießen ließ. Die Fürstin verließ das Land, wo ihre Güter confiscirt wurden. Als ihr der Prinz von Würtemberg eine Jahrespension von 20,000 fl. antrug, erwiederte sie: „Monsieur je n’ai pas l’honneur de vous connaître; je n’ai plus de fils, et je tiens peu à la fortune“. Sie brachte einige Zeit in Neapel zu, siedelte sich aber dann in Galizien an und lebte auch längere Zeit in Wien. In Galizien stiftete sie ein Kloster barmherziger Schwestern. In früherer Zeit beschäftigte sie sich auch mit Literatur und gab einen Roman: „Malvina, oder der Instinkt des Herzens“ in polnischer Sprache (Warschau 1818) heraus.

Mała Encyklopedia polska, d. i. Kleine polnische Encyklopädie. II. Heft. – Magazin für die Literatur des Auslandes. Redacteur: Lehmann (Berlin 1840, kl. Folio) S. 543: „Isabella Czartoryska.“ – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für gebildete Stände (Hildburghausen 1845, Bibl. Inst., Lex. 8°.) VII. Bd. 3. Abtheil. S. 575. – Straszewicz, Les Polonais et les Polonaises du 29[WS 4] Novembre 1830. – Nouvelle Biographie générale ... publiée sous la dir. de M. le Dr. Hoefer (Paris 1853) XII. Bd. Sp. 744. [Bemerkenswerth ist das Bild, welches die Fürstin Mutter Isabella von ihrer Tochter Maria Anna (nachmaligen Herzogin von Würtemberg) in einem Briefe bald nach der Trennung der Ehe entwirft: „Une âme céleste, un caractère angélique, une figure charmante, des talents, des vertus et bien des malheurs, voilà son histoire.“]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Maria Anna Czartoryska (Wikipedia).
  2. Ludwig von Württemberg (Wikipedia).
  3. Adam von Württemberg (Wikipedia).
  4. Vorlage: 19.