BLKÖ:Habsburg, Karolina Maria

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 6 (1860), ab Seite: 398. (Quelle)
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151. Karolina Maria, Königin von Neapel (geb. 13. August 1752, gest. zu Schönbrunn bei Wien 8. September 1814). Sie ist eine Tochter des Kaisers Franz I. Stephan und Maria Theresia’s, von 15 Kindern das dreizehnte. Im Jahre 1768 wurde sie mit Ferdinand IV., König von Neapel und Sicilien, vermält. Diese durch ihre Schicksale merkwürdige Fürstin ist von den Geschichtschreibern ganz einseitig aufgefaßt und geschildert worden. Sie besaß Geist und Anmuth, einen lebhaften Charakter und eine Festigkeit in Verfolgung der ihr durch die Ränke des Bändigers der französischen Revolution und seiner Generale entrissenen Rechte, welche ihr vielen Kummer bereiteten und sie selbst zur Flucht nöthigten. An der Seite eines Gemals, welcher auch nicht Eine der Eigenschaften besaß, die ein Regent, soll er seine Pflicht als solcher erfüllen, haben muß, nahm Karolina Maria alsbald die Zügel der Regierung in ihre Hände, war aber schon in der ersten Maßregel, indem sie den alten und einflußreichen Minister Tanucci durch den aus der Fremde nach Neapel gekommenen Abenteurer Acton ersetzte, nicht eben glücklich. Acton, von irländischer Familie, selbst aber in Frankreich geboren, besaß weder ein Vaterland noch den Glauben an ein solches und wirthschaftete demgemäß in Neapel, daß Volk und Adel dort alsbald in hohe Erbitterung geriethen. Als die französische Revolution ausbrach, trieb Acton sein Unwesen immer weiter; die allgemeine Erbitterung stieg, insbesondere als die Steuern, unter denen das Volk bereits seufzte, erhöht wurden, und die Kerker sich zu füllen begannen, weil Jeder, der diesen Zustand unerträglich fand und gesetzliche Mittel vorschlug, ihm abzuhelfen, des Jacobinismus schuldig [399] befunden und verhaftet wurde. Im Jahre 1798 erklärte Neapel der französischen Republik den Krieg. Der österreichische General Mack, der auf den Wunsch des Kaisers Franz den Oberbefehl der neapolitanischen Armee übernommen hatte, fand aber den Geist derselben nicht so geartet, um damit einem Feinde, wie die siegestrunkenen Franzosen, die Spitze bieten zu können. Hier wieder zeigte Acton seine ganze Nichtswürdigkeit; vorerst ließ er die gerechten Bitten Mack’s, die Festungswerke von Capua nur einigermaßen herzustellen, ganz unberücksichtiget; und als schon der König und die Königin zur Flucht auf die englische Flotte sich begeben und Mack wie alle seine Gefährten aufgefordert hatten, sich mit ihnen nach Sicilien einzuschiffen, da ohnehin bei dem Zustande des Heeres keine Rettung möglich war, widersetzte sich Acton diesem Vorhaben und nöthigte den General, sich und den Rest seiner Truppen preiszugeben. Wirklich mußte auch Mack, nachdem seine Soldaten mit den Insurgenten gemeinschaftliche Sache machten, sich an den General Championet ergeben, und wurde darauf verrätherischer Weise als Gefangener behandelt, bis es ihm später gelang, mit seinen Gefährten sich nach England zu retten. Die Königin mit ihrem Gemale, aus ihrem Lande flüchtig, begab sich nun unter Englands Schutz; aber schon im folgenden Jahre gelang es ihr, in ihr Königreich wieder zurückzukehren. Nun wurde über die Empörer strenges Gericht gehalten. Im Jahre 1805 trat die Königin – denn der König war völlig willenlos – in Wien der Coalition bei, die sich gegen Napoleon gebildet hatte; aber ungeachtet der Unterstützung Rußlands ward sie zum andern Male gezwungen, mit ihrem Gemale aus ihrem Königreiche zu fliehen. Erst fand sie bei den Engländern Schutz gegen Murat, als sie sich aber mit Lord Bentinck entzweite, begab sie sich auf einem Umwege – über Constantinopel – nach Wien 1811. Auf dieser Flucht berührte sie Zante und brachte dort längere Zeit zu, von den Griechen vielfache Zeichen der Liebe und Achtung empfangend. Endlich gelangte sie nach Wien, wo sie im kaiserlichen Schlosse Schönbrunn ihren Aufenthalt nahm, aber bald, im Alter von 62 Jahren, starb, ohne die Wiedereinsetzung ihres Gemals auf den Thron beider Sicilien zu erleben. Karolina hatte ein inhaltsreiches Leben gelebt; während Napoleon in seinem 37. Bulletin sie auf eine soldatisch-rohe Weise beschimpfte und sie den unversöhnlichen Haß, den sie gegen ihn und Frankreich fühlte, schwer empfinden ließ, nennt sie Coletta „Donna grande e rispettabile nei precipizii della fortuna“. Königin Karolina war durch Gaben ihres Geistes und als Tochter der großen Maria Theresia berechtigt, eine glänzende Rolle zu spielen, aber dem blutrothen Phantom der Revolution, dessen wachsende Gräuel vor ihren Augen vorübergingen, war sie, ob auch willensstark, Trotz zu bieten unvermögend, sie hatte den Kampf mit ihr aufgenommen und mußte unterliegen.

Taddei (Emanuele), Orazione funebre per la morte di Carolina d’Austria (Napoli 1815, Fol.). – St. Priest (Alexis de), Mémoires diplomatiques et littéraires (Paris 1856). – Zeitung für die elegante Welt, Jahrg. 1825, S. 1253: „Die Königin Caroline von Neapel in Zante” [aus Pouqueville’s Werk über Griechenlands Wiedergeburt, Bd. III, S. 212]. – Nouvelle Biographie générale ... publiée sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris, 8°.) Tome VIII, Sp. 307. – Schlosser (F. C.), Geschichte des achtzehnten Jahrhunderts und des neunzehnten bis zum [400] Sturze des französischen Kaiserreiches (Heidelberg, Mohr, 8°.) 3. Aufl. Bd. III, S. 75; Bd. VI, p. 21 u. f.; 36, 146, 147, 149 u. f.; 150, 160, u. f.; 182, 190, 303, 335, 582, 602, 642, 706, 708; Bd. VII, 886, 889, 901, 1042, 1214. – Posselt’s Annalen, Jahrgang 1802, Bd. III, S. 203. – Porträte. 1) P. Taglionini del.1784, J. E. Mansfeld sc. (8°.); – 2) J. von Trattnern exc. 1768 (Fol.); – 3) J. J. Haid sc. (Schwarzk., Fol.).